Spruch:
Das Urteil des Bezirksgerichtes Stockerau vom 23. Februar 1984, GZ 1 U 28/84-21, verletzt, soweit die Strafe ohne Anwendung des § 11 Z 1 JGG ausgemessen wurde und die Anrechnung der Vorhaft unterblieb, das Gesetz in den Bestimmungen des § 11 Z 1 JGG und des § 38 Abs. 1 Z 1 StGB.
Gemäß § 292 StPO wird dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem Strafausspruch aufgehoben und im Umfang der Aufhebung zu Recht erkannt:
Günter A wird gemäß § 287 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 11 Z 1 JGG zu einer Freiheitsstrafe von 2 (zwei) Wochen verurteilt. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird die ausgesprochene Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB wird die Vorhaft vom 3. September 1983, 4,00
Uhr bis 6. September 1983, 15,20 Uhr, auf die Strafe angerechnet.
Text
Gründe:
Aus den Akten 1 U 28/84 des Bezirksgerichtes Stockerau ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der am 5. März 1966 geborene jugendliche Hilfsarbeiter Günter A wurde am 3. September 1983 um 4,00 Uhr am Tatort in Tulln von Gendarmeriebeamten wegen des Verdachtes des unmittelbar zuvor begangenen Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs. 1, 129 Z 1 StGB festgenommen und dem kreisgerichtlichen Gefangenenhaus St. Pölten eingeliefert. Der Untersuchungsrichter verhängte über ihn die Verwahrungshaft gemäß § 175 Abs. 1 Z 2 und 4 StPO, aus welcher der Beschuldigte am 6. September 1983 um 15,20 Uhr wieder entlassen wurde (S 3, 9 und 24 in ON 2 und ON 3).
Nach Zuweisung der Strafsache (§ 63 StPO) an das Bezirksgericht Stockerau wurde A mit Urteil dieses Gerichtes vom 23. Februar 1984, ON 21, des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 (§ 125) StGB schuldig erkannt und nach dieser Gesetzesstelle zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Wochen verurteilt. Obwohl die Strafsache als Jugendstrafverfahren im Sinne des VII. Hauptstückes des Jugendgerichtsgesetzes geführt wurde, wurde die Strafe unter Außerachtlassung der materiellen Bestimmung des § 11 Z 1 JGG bemessen und überdies die vorerwähnte Vorhaft entgegen § 38 Abs. 1 Z 1 StGB nicht angerechnet.
Das Urteil ist in Rechtskraft erwachsen.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtanwendung des § 11 Z 1 JGG, durch welche Norm für die Ahndung von Jugendstraftaten das Höchstmaß und das Mindestmaß der in den Strafgesetzen sonst angedrohten zeitlichen Freiheitsstrafen auf die Hälfte herabgesetzt wird, gereicht dem Verurteilten - ebenso wie das Unterbleiben der Vorhaftanrechnung - zum Nachteil im Sinn des § 292 StPO. Sie ist nämlich selbst dann geeignet, den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 11 StPO zu verwirklichen, wenn das Gericht, wie hier, eine Strafe verhängt hat, die an sich auch bei Bedachtnahme auf § 11 JGG hätte ausgesprochen werden können (EvBl 1976/189, 1977/63).
Bei der unter Beachtung der Vorschrift des § 11 Z 1 JGG vorzunehmenden Strafneubemessung waren die drei, bei kriminologischer Betrachtung zur nunmehrigen Rauschtat als einschlägig (§ 71 StGB) zu beurteilenden Vorstrafen erschwerend (SSt 46/48, LSK 1978/184) und das Geständnis mildernd, sodaß der Oberste Gerichtshof unter Berücksichtigung des Alters des Verurteilten zum Tatzeitpunkt von 17 1/2 Jahren eine (bedingt nachgesehene) Freiheitsstrafe von zwei Wochen als schuldangemessene Sanktion erachtete, auf welche auch die Vorhaft anzurechnen war. über die von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobene Beschwerde war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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