Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Freiheitsstrafe
auf 18
(achtzehn) Monate herabgesetzt.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20. März 1958 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Josef A des Vergehens des Betrugs nach § 146
StGB (1) und des Verbrechens (im Urteil irrig Vergehens) der versuchten schweren Nötigung nach § 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (2) schuldig erkannt. Darnach hat er am 8. Jänner 1984 in Klagenfurt mit Bereicherungsvorsatz den Taxilenker Kurt B über seine Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit getäuscht und ihn zu einer Taxifahrt nach St. Peter am Wallersberg verleitet, wodurch dieser an seinem Vermögen einen Schaden von 1.200 S erlitt (1) und (nach Ankunft) in St. Peter am Wallersberg (Gemeinde Völkermarkt) Kurt B durch Vorhalten einer Revolverattrappe gegen den Kopf, verbunden mit der öußerung 'raus' versucht, diesen durch (gefährliche) Drohung mit dem Tod zum Verlassen seines Personenkraftwagens und zum überlassen desselben zu nötigen (2).
Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte der Sache nach lediglich in bezug auf die tatsächlichen und rechtlichen Annahmen zur Qualifikation der schweren Nötigung nach § 106 Abs 1 Z 1 StGB mit einer ziffernmäßig auf die Gründe der Z 4, 5, 9 lit c und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an.
Rechtliche Beurteilung
Mit der Verfahrensrüge (§ 281 Abs 1 Z 4 StPO) wird moniert, daß der in der Hauptverhandlung gestellte Antrag auf Einvernahme des Sachverständigen Hofrat Dr. C abgelehnt wurde und dadurch der Beweis, daß er zum Zeitpunkt des Beginns der Fahrt (mit dem späteren Tatopfer) eine Blutalkoholkonzentration von 0,8 bis 1 %o gehabt haben muß und daher in seiner Zurechnungsfähigkeit eingeschränkt war (S. 122), nicht geführt werden konnte.
Zunächst stellt eine Berauschung, wenn sie die Zurechnungsfähigkeit des Täters nicht ausschließt, sondern bloß - wie im Beweisantrag ausdrücklich angeführt wird - einschränkt, keinen für die Schuldfrage, die rechtliche Unterstellung der Tat und die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes entscheidenden Tatumstand dar. Daß eine die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließende Berauschung allenfalls als Milderungsgrund bei der Strafbemessung (§ 35 StGB) in Betracht kommen könnte, ist unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 4 (wie auch Z 5) StPO
unerheblich (Mayerhofer/Rieder, E. 64 zu § 281 Abs 1 Z 4 StPO). Im übrigen unterstellte das Gericht bei Beurteilung des Alkoholisierungsgrads ohnehin, daß beim Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 0,8 bis 1 %o vorgelegen haben könnte, zog daraus aber im Einklang mit der eigenen Verantwortung des Josef A und dem in der Hauptverhandlung einverständlich verlesenen Gutachten des Sachverständigen Prim.Dr.D (ON. 12 in Verbindung mit S. 116) den Schluß, daß diese Alkoholisierung 'keineswegs eine relevante Einschränkung der Zurechnungsfähigkeit bewirken' konnte (S. 141). Ob ein Sachverständigengutachten schlüssig und für die Feststellung der Zurechnungsfähigkeit ausreichend ist, hat das Gericht in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) zu beurteilen (EvBl 1959/128, 13 0s 114/79, 9 0s 4/84 u.v.a.). Wenn die Beschwerde nun vermeint, es sei zweifelhaft, ob der Angeklagte 'zurechnungsmäßig imstande war, einen Tätervorsatz im Hinblick auf eine Todesdrohung überhaupt noch zu fassen bzw. zu erfassen', setzt sie sich über diese grundsätzlich unanfechtbare Beweiswürdigung hinweg.
Gesetzliche Voraussetzung für die Einholung des Gutachtens eines weiteren Sachverständigen wäre gemäß § 126 Abs 1 StPO in Verbindung mit § 125
StPO, daß das Gutachten des vernommenen Sachverständigen dunkel oder unbestimmt ist, mit sich selbst oder den erhobenen Tatumständen in Widerspruch steht oder Schlüsse enthält, die aus den angegebenen Vordersätzen nicht folgerichtig gezogen sind, sofern die dadurch entstandenen Bedenken nicht durch eine nochmalige Vernehmung des (bereits bestellten) Sachverständigen zu beseitigen waren. Diesen Erfordernissen entspricht aber die eingangs zitierte Antragstellung nicht, weil weder die persönliche Vernehmung des Sachverständigen Dr. D beantragt noch konkrete Mängel seines Gutachtens aufgezeigt wurden. Der Beweisantrag verfiel daher zu Recht der Abweisung. In inhaltlicher Vermengung der Ausführungen zur Mängelrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO) und der nominell auf Z 9 lit c und 10, inhaltlich aber nur auf Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Rechtsrüge versucht der Nichtigkeitswerber die Feststellungen des Gerichts über Sinn und Tragweite des als Todesdrohung gewerteten tatsächlichen Verhaltens als widersprüchlich und unzureichend begründet hinzustellen und die objektive Eignung der wörtlich gar nicht ausgesprochenen Drohung mit dem Erschießen als Todesdrohung in Zweifel zu ziehen. Weder aus der Sicht des formellen, noch des materiellen Nichtigkeitsgrunds kommt den Einwänden Berechtigung zu. Das Gericht stellt - zusammenfassend dargestellt - fest, daß Josef A den Taxifahrer Kurt B ca. 2 Stunden lang in der Nacht zu verschiedenen Orten in der Umgebung von Klagenfurt dirigierte, um an ihm eine strafbare Handlung zu begehen. Als der Taxifahrer schließlich seinen Fuhrlohn forderte, zog er eine einem echten Trommelrevolver zum Verwechseln ähnliche Waffenattrappe aus seiner Manteltasche und richtete diese (mit teilweise ausgestrecktem rechten Arm) aus einer Entfernung von etwa 30 cm gegen den Kopf des sitzenden Kurt B. Durch zwei Minuten hindurch hielt er ständig die Waffenattrappe gezielt gegen den Kopf des Taxilenkers, der durch diese Bedrohung große Angst empfand, daß ihn der sehr nervös wirkende Angeklagte mit dem von ihm für echt gehaltenen Trommelrevolver erschießen würde. Er erhob deshalb die Hände (zum Zeichen seiner Willfährigkeit) und war auch bereit, ihm Geld zu geben. Er redete in der Folge auf den Angreifer ein, keinen Blödsinn zu machen, und entschloß sich schließlich, als sich eine günstige Gelegenheit ergab, mit dem Auto zu flüchten, fürchtete aber auch da noch, daß ihm der Angeklagte nachschießen werde (S. 131 bis 135). Bei diesen (im Urteil detailliert ausgeführten) Feststellungen stützten sich die Tatrichter auf die Aussage des Zeugen Kurt B, der einen vertrauenswürdigen und persönlich glaubwürdigen Eindruck hinterließ, während der Rechtsmittelwerber seine (zeitweise geständige) Verantwortung immer wieder wechselte, so daß sie schließlich als widerlegt angesehen wurde, soweit sie nicht mit den im wesentlichen gleichlautenden Angaben des Zeugen B übereinstimmte (S. 142, 143). Die Beschwerde behauptet einerseits, aus der Tatsache, daß sich der Zeuge B in Diskussionen mit dem Angeklagten einließ und auch selbst niemals expressis verbis angab, er habe Todesangst verspürt, sei abzuleiten, daß eine derartige Drohung gar nicht vorlag, und andererseits sei es überhaupt zweifelhaft, ob gegen den Kopf (und nicht gegen die Brust) gezielt worden sei. Sie bringt damit aber einen formellen Begründungsmangel nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, sondern versucht lediglich, die vom Gericht aus der (auch vom Beschwerdeführer weitgehend zugestandenen) Gesamtsituation des Bedrohten denkrichtig abgeleiteten Schlüsse in Zweifel zu ziehen und für sich günstigere Sachverhaltsdarstellungen zu erreichen. Ein derartiges Vorbringen läuft letztlich auf die Bekämpfung der Beweiswürdigung hinaus (Mayerhofer/Rieder, E. 144 bis 150 zu § 281 Z 5 StPO). Wenn der Beschwerdeführer aber aus dem Fehlen einer konkreten wörtlichen Bedrohung ableiten will, daß ihm zu Unrecht eine Todesdrohung unterstellt werde, ist er lediglich darauf zu verweisen, daß es auf die Form der Bedrohung, ob in Worten, Gesten oder tatsächlichen Vorkehrungen, niemals ankommt und es Aufgabe des Gerichts ist, Sinn und Tragweite derartiger Handlungsweisen im Einzelfall festzustellen (Kienapfel, BT. I RN. 798 zu § 105 StGB, Leukauf-Steininger 2
, RN. 20 zu § 74 StGB).
Bei der Prüfung der Rechtsfrage, ob das gezielte und den Eindruck des zu erwartenden Erschießens hervorrufende Vorhalten einer als solcher nicht erkannten Trommelrevolverattrappe auf 30 cm Entfernung gegen den Kopf des zur Nachtzeit in eine einsame Gegend dirigierten Taxifahrers geeignet war, nicht nur allgemein begründete Besorgnisse hinsichtlich seiner körperlichen Integrität einzuflößen, sondern darüberhinaus auch die Befürchtung erweckt, getötet zu werden, ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen. Es kommt dabei darauf an, ob der Bedrohte bei unbefangener Betrachtung der Situation den Eindruck gewinnen konnte, der Täter sei in der Lage und auch willens, das angedrohte übel (hier die Tötung durch Erschießen) zu verwirklichen (LSK. 1975/218, 1976/192, Leukauf-Steininger 2 , RN. 18 zu § 74 StGB). Nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung ist hingegen, daß der Bedrohte, sei es aus außergewöhnlichem Mut, aus Gelassenheit oder übergroßer öngstlichkeit, in seiner Einschätzung der Lage von jener Beurteilung abweicht, die ihr ein Durchschnittsmensch angedeihen ließe. Ebenfalls ist es nicht von wesentlicher Bedeutung, ob die Drohung mit einer funktionsfähigen Waffe oder mit einer, einer solchen täuschend ähnlichen Waffenattrappe bewirkt wurde (Kienapfel,
BT.
I, RN. 803, 840 zu § 105 StGB, 11 0s 27/76, LSK. 1976/55). Da somit § 105 Abs 1 StGB in Verbindung mit § 74 Z 5 StGB nicht einmal voraussetzt, daß eine Drohung im Einzelfall die Besorgnis erweckt, ist es um so weniger erforderlich, daß eine solche den Bedrohten tatsächlich zu dem vom Täter verlangten Verhalten veranlaßt hat. Vermag die Drohung trotz ihrer objektiven Eignung, begründete Besorgnisse einzuflößen, nicht das vom Täter bezweckte Verhalten des Opfers zu bewirken, dann ist die Nötigung nicht vollendet, sondern nur versucht (13 0s 10/83).
Daß die vom Erstgericht festgestellte, vom Rechtsmittelwerber bewußt und gewollt geschaffene Situation des Taxilenkers Kurt B den dargestellten rechtlichen Kriterien entsprach, wurde im Urteil lebensnah dargelegt und kann auch ernstlich nicht bezweifelt werden. Der Oberste Gerichtshof vermag somit in der rechtlichen Beurteilung der Tat als versuchte schwere Nötigung nach § 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB einen Subsumtionsfehler nicht zu erblicken. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte Josef A nach § 106 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe und wertete bei der Strafzumessung als erschwerend die zwei Minuten lange Dauer der subjektiv als qualvoll empfundenen Todesdrohung, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, mildernd hingegen das Teilgeständnis beim Betrug und den Umstand, daß es im Fall der Nötigung beim Versuch geblieben ist.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die bedingte Nachsicht und/oder die angemessene Herabsetzung der Freiheitsstrafe, allenfalls auch deren Umwandlung in eine Geldstrafe an. Grundsätzlich ist festzuhalten, daß das Erstgericht die drei ausschließlich gegen die körperliche Integrität gerichteten Vorstraftaten - übrigens zu Unrecht - nicht als erschwerend gewertet hat (§ 71, 33 Z 2 StGB), sodaß die diesbezüglichen Berufungsausführungen, die sogar den Milderungsumstand nach § 34 Z 2 StGB reklamieren, jeder Berechtigung entbehren. Es kann aber auch von einer Unbesonnenheit des Angeklagten nicht die Rede sein, wenn er in verbrecherischer Absicht die Dienste eines Taxilenkers in Anspruch nimmt, diesen stundenlang herumdirigiert und dann massiv zu nötigen versucht. Die (im Hinblick auf die Vorstraftaten auch vorwerfbare) geringfügige Alkoholisierung bewirkte keine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der Zurechnungsfähigkeit. Die Tatsache, daß kein Schaden herbeigeführt wurde, findet in dem ohnehin berücksichtigten Milderungsumstand, daß es beim Versuch geblieben ist, volle Deckung. Richtig ist allerdings, daß die Todesdrohung und die damit immer verbundene seelische Belastung grundsätzlich in der Qualifikation des § 106 Abs 1 StGB umfaßt ist, allerdings kann die subjektiv sicher als lange empfundene Dauer der Bedrohung als Erschwerungsumstand gewertet werden (§ 32 Abs 3 StGB). Es soll aber auch nicht übersehen werden, daß Josef A, wenngleich er zuletzt kein reumütiges Geständnis abgelegt hat, doch durch seine Aussagen wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat (§ 34 Z 17 StGB). Zusammenfassend ergibt sich, daß der Unrechtsgehalt der letztlich als erwiesen angenommenen Tat wie auch die Schuld des Angeklagten offenbar aus der ursprünglichen rechtlichen Einschätzung des Straffalles heraus (siehe die Anklageschrift ON. 17) vom Erstgericht doch etwas überbewertet wurden. Der Oberste Gerichtshof sah sich daher zu der aus dem Spruche ersichtlichen Reduzierung der verhängten Freiheitsstrafe veranlaßt. Dieses Strafausmaß verbietet die (ohnehin nur am Rande begehrte) Verhängung einer Geldstrafe anstelle der Freiheitsstrafe. Die einschlägige, wenn auch nicht sehr schwerwiegende Vorbelastung widerspricht einer Gewähr für zukünftiges Wohlverhalten (§ 43 Abs 2 StGB) und schließt daher eine bedingte Strafnachsicht aus.
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