OGH 7Ob578/84

OGH7Ob578/8428.6.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen E***** R*****, geboren am ***** 1981, infolge Revisionsrekurses des ehelichen Vaters E***** R*****, vertreten durch Dr. Hans‑Jörg Schachner, Rechtsanwalt in Melk, gegen den Beschluss des Kreisgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 16. April 1984, GZ R 178/84‑65, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Scheibbs vom 14. März 1984, GZ P 127/81‑61, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00578.840.0628.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Der am ***** 1981 geborene E***** R***** stammt aus der Ehe der A***** R***** und des E***** R***** sen., die diese nachträglich am 23. 12. 1981 miteinander geschlossen haben. Die Ehe wurde am 13. 4. 1983 rechtskräftig geschieden. Mit Beschluss vom 21. 10. 1982 wurden der Mutter die elterlichen Rechte und Pflichten bezüglich des Minderjährigen zuerkannt, doch verblieb der Minderjährige bisher bei seinem Vater. Mehrere Versuche, das Kind zu seiner Mutter zu bringen, sind gescheitert.

Aufgrund eines Antrags des Vaters, die elterlichen Rechte ihm zuzuerkennen, bestellte das Erstgericht einen Sachverständigen mit dem Auftrag, ein Gutachten über die Eignung der beiden Elternteile zur Pflege und Erziehung unter Berücksichtigung der Gesamtsituation der betreffenden Familien zu erstatten.

Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Rekursgericht den erwähnten Beschluss des Erstgerichts ersatzlos mit der Begründung auf, die Zuerkennung der elterlichen Rechte und Pflichten iSd § 144 ABGB an die Mutter sei in Rechtskraft erwachsen. Nur Gründe iSd § 176 Abs 1 ABGB könnten eine Änderung bezüglich dieser Rechte rechtfertigen. Solche Gründe lägen nicht vor, weshalb sich die Bestellung eines Sachverständigen zwecks Prüfung des Antrags des Vaters erübrige.

Noch vor Rechtskraft des rekursgerichtlichen Beschlusses wies das Erstgericht unter Hinweis auf die Begründung dieses Beschlusses den Antrag des Vaters auf Zuerkennung der Rechte nach § 144 ABGB mit Entscheidung vom 3. 5. 1984 (ON 67) ab. Diesen Beschluss hat der Vater mit Rekurs bekämpft, doch wurde über dieses Rechtsmittel noch nicht entschieden.

Der vom Vater gegen den Beschluss des Rekursgerichts betreffend die Bestellung eines Sachverständigen erhobene Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat zwar in zahlreichen Entscheidungen ausgesprochen, dass im Verfahren außer Streitsachen auch verfahrensleitende Verfügungen gesondert anfechtbar sind, doch erscheint es fraglich, ob man tatsächlich so weit gehen kann, wie in der Entscheidung SZ 28/262, die auch einen abgesonderten Rechtszug gegen die Bestellung eines Sachverständigen zugelassen hat. Abgesehen davon, dass das Außerstreitverfahren einen formellen Beweisbeschluss nicht vorsieht, weshalb die Frage ob die Anordnung von Beweisaufnahmen abgesondert anfechtbar ist oder nicht, praktisch dem Zufall überlassen bliebe, ob der Richter die Anordnung einzelner Beweisaufnahmen den Parteien vorher kundtut oder nicht, herrscht vor allem auch im Außerstreitverfahren der Grundsatz, dass Verfahren möglichst zweckmäßig und rasch abgeschlossen werden sollen. Diesem Grundsatz würde es zuwiderlaufen, könnte jede einzelne Beweisanordnung durch ein abgesondertes Rechtsmittel angefochten werden. Es scheint daher die Rechtsansicht vertretbar, dass bloß der Sammlung des Entscheidungsstoffes dienende Schritte des Gerichts, die nicht darüber hinaus in Rechte von Personen eingreifen, nicht abgesondert anfechtbar sind.

Im vorliegenden Fall muss jedoch diese Frage nicht abschließend geprüft werden, weil das Erstgericht bereits jene Sachentscheidung gefällt hat, deren Vorbereitung die nunmehr angefochtene Verfahrensentscheidung dienen sollte. Hat aber ein Gericht bereits eine Sachentscheidung gefällt, so sind die dieser Entscheidung vorangegangenen und sie vorbereitenden verfahrensleitenden Schritte nicht mehr gesondert, sondern nur mehr im Rahmen der Anfechtung der Sachentscheidung bekämpfbar. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels gegen eine derartige verfahrensleitende Verfügung richtet sich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung jener Rechtsmittelinstanz, die dieses Rechtsmittel entscheiden soll (6 Ob 749/79).

Der Revisionsrekurs erweist sich sohin als nicht zulässig.

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