Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, der Angeklagte Martin A habe das Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1
StGB auch dadurch begangen, daß er Petra B zur Durchführung eines Mundverkehrs verleitete, sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Martin A wird für die ihm laut den aufrecht gebliebenen Teilen des Schuldspruchs weiterhin zur Last fallenden Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB und der Unzucht mit Unmündigen nach Par 207 Abs. 1 StGB nach § 206 Abs. 1 StGB unter Anwendung der § 11 JGG, 28
und 41 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 (vier) Monaten verurteilt.
Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird ihm diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Der Ausspruch über die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens wird aus dem Ersturteil übernommen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die getroffene Sachentscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 24. Juni 1966 geborene kaufmännische Lehrling Martin A der Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB (1.) und der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB (2.) schuldig erkannt. Darnach hat er am 20. Feber 1983 in Leonding 1. mit der am 11. Juni 1970 geborenen, mithin unmündigen Petra B den außerehelichen Beischlaf unternommen;
2. die Genannte, indem er sie zur Durchführung von Hand- und Mundverkehr verleitete, auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht.
Vom Vorwurf, im Zusammenhang mit dem zu 1. bezeichneten Verhalten auch das Verbrechen der Nötigung zum außerehelichen Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB begangen zu haben, wurde Martin A gemäß § 259 Z 2 StPO freigesprochen.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte lediglich im Punkt 2. des Schuldspruchs mit Nichtigkeitsbeschwerde, in welcher er nominell aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a, sachlich jedoch aus jenem der Z 10 des Par 281 Abs. 1 StPO geltend macht, die dem Beischlaf vorangegangenen und nachfolgenden, mit diesem in einheitlichem Tatkonnex stehenden Unzuchtshandlungen hätten nicht gesondert dem Tatbestand des § 207 Abs. 1
StGB unterstellt werden dürfen.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde ist zum Teil berechtigt.
Wie der Beschwerdeführer an sich zutreffend ausführt, kommt es bei der Lösung der Frage, ob dem Beischlaf mit einer Unmündigen unmittelbar vorangehenden oder unmittelbar nachfolgenden sonstigen Unzuchtshandlungen rechtlich selbständige Bedeutung beizumessen und sie daher gesondert nach Par 207 Abs. 1 StGB zu beurteilen sind, darauf an, ob die betreffenden Unzuchtshandlungen und der Beischlaf in einem einheitlichen Tatkonnex stehen.
Realkonkurrenz zwischen den Tatbeständen des § 206 Abs. 1 StGB und des Par 207 Abs. 1 StGB kommt daher nur dann in Betracht, wenn Unzuchtsakte als selbständige, auf gesonderten Willensentschlüssen des Täters beruhende, auf geschlechtlichen Mißbrauch des Opfers einerseits durch Beischlaf und anderseits auf sonstige Art gerichtete Tathandlungen zu werten sind (vgl. EvBl. 1976/185 = ÖJZ-LSK 1976/78; ÖJZ-LSK 1976/366, 1977/269). Von diesen Grundsätzen ausgehend zeigt sich, daß vorliegend zwar der dem Beischlaf unmittelbar vorangegangene Mundverkehr (als 'straflose Vortat') durch die anschließende Verwirklichung des Delikts nach § 206 Abs. 1 StGB konsumiert wird (vgl. Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB 2 , RN 49 zu § 28), während dem späteren von Petra B am Angeklagten vorgenommenen Handverkehr selbständige deliktische Bedeutung zukommt, sodaß er gesondert nach § 207 Abs. 1 StGB zuzurechnen ist. Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen kam es nämlich am 20. Feber 1983 zunächst nach einem von Petra B an dem Angeklagten Marin A vorgenommenen Mundverkehr zwischen den beiden (in unmittelbarer zeitlicher Aufeinanderfolge) zum Geschlechtsverkehr. Nachdem der Angeklagte das Zimmer verlassen hatte, vollzog auch der abgesondert verfolgte Erich C an Petra B den Geschlechtsverkehr. Hierauf kam Martin A wieder zurück und ließ nunmehr von Petra B an sich Handverkehr vornehmen (vgl. S 104 f d. A).
Bei dieser Sachlage stellt der dem Beischlaf zeitlich unmittelbar vorangegangene und ersichtlich dessen Vorbereitung dienende Mundverkehr zwischen Petra B und dem Angeklagten bloß eine Vorstufe der Deliktshandlung gemäß § 296 Abs. 1 StGB dar, welche dem Angeklagten nicht gesondert als Unzucht mit Unmündigen zuzurechnen ist. Hingegen beruhte der Handverkehr, den Petra B nach seiner Rückkehr an ihm vornahm, auf einem selbständigen Willensentschluß des Angeklagten; mit dem früheren Geschlechtsverkehr zwischen dem Angeklagten und Petra B steht dieser spätere Handverkehr schon deshalb in keinem einheitlichen Tatkonnex mehr, weil die beiden Tathandlungen durch den zwischenzeitig erfolgten Beischlaf der Unmündigen mit Erich C zeitlich und aktionsmäßig getrennt sind, sodaß der spätere Vorfall nicht mehr als bloße Fortsetzung des ursprünglich auf Beischlaf gerichteten Handelns des Angeklagten angesehen werden kann. Insoweit stellt daher - den Beschwerdeausführungen zuwider - das Geschehen keine sämtliche Unzuchtsakte des Angeklagten umfassende Einheit dar. Vielmehr verantwortet der Angeklagte bezüglich des von Petra B zuletzt an ihm vorgenommenen Handverkehrs das Delikt nach § 207 Abs. 1 StGB in (echter) Realkonkurrenz zum Tatbestand des Beischlafs mit Unmündigen.
Bei der Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen verschiedener Art, als mildernd hingegen das Geständnis, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und eine gewisse Unbesonnenheit bei Begehung der inkriminierten Straftaten.
Da die Milderungsgründe den einzigen vorhandenen Erschwerungsgrund beträchtlich überwiegen und - angesichts der insgesamt günstigen Verhältnisse, unter denen der jugendliche Angeklagte heranwächst - begründete Aussicht dafür besteht, daß der Angeklagte auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, war von der außerordentlichen Strafmilderung Gebrauch zu machen, wobei eine Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten tatschuldangemessen erscheint. Diese Strafe war - wie schon in erster Instanz - unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachzusehen.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.
über die Rechtsmittel des Angeklagten war somit spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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