OGH 2Ob33/84

OGH2Ob33/845.6.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann S*****, vertreten durch Dr. Giselher Arko, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagten Parteien 1.) Robert H*****, 2.) D***** AG, *****, beide vertreten durch Dr. Kurt Dellisch, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Schadenersatzes und Feststellung, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 8. März 1984, GZ 3 R 24/84-26, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 26. November 1983, GZ 21 Cg 294/82-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Klägers auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Am 20. August 1981 gegen 22:15 Uhr gab der Kläger in Ausübung seines Dienstes als Gendarmeriebeamter dem Erstbeklagten, der mit seinem bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten Motorrad im Ortsgebiet von Pörtschach eine Geschwindigkeit von ungefähr 90 km/h einhielt, mit einer Signallampe Rotlicht. Der Erstbeklagte übersah dieses Signallicht und stieß den Kläger nieder, wodurch dieser schwere Verletzungen erlitt.

Der Kläger begehrte Schadenersatz und zwar erhob er ein Leistungs- und ein Feststellungsbegehren.

Die Beklagten wendeten ua ein, den Kläger treffe ein Mitverschulden von einem Drittel.

Das Erstgericht verneinte ein Mitverschulden des Klägers und sprach diesem einen Betrag von 200.000 S samt Zinsen zu. Außerdem erkannte das Erstgericht im Sinne des Feststellungsbegehrens.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten in der Hauptsache nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands, über den es entschieden habe, 60.000 S nicht aber 300.000 S übersteige und die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten. Sie stellen einen Abänderungsantrag, bei dem sie sowohl hinsichtlich des Leistungs- als auch des Feststellungsbegehrens von einem Mitverschulden des Klägers im Ausmaß von einem Drittel ausgehen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Das Berufungsgericht begründete seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision lediglich damit, es handle sich im Anlassfall um Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 4 Z 1 ZPO. Das Berufungsgericht zitierte somit lediglich den Gesetzeswortlaut, gab - entgegen der Vorschrift des § 500 Abs 3 letzter Satz ZPO - aber keine auf den konkreten Fall bezogene kurze Begründung. Dieser Mangel der Begründung hat im Hinblick auf den im Spruch der Entscheidung enthaltenen Ausspruch jedoch auf die Zulässigkeit der Revision keinen Einfluss. Die Revision ist aber aus folgenden Gründen unzulässig:

Strittig ist nur mehr, ob den Kläger ein Mitverschulden trifft. Die Beklagten begründen in der Revision ihre Ansicht, den Kläger treffe ein Mitverschulden, damit, für Organe der Straßenaufsicht, zu denen der Kläger gehört habe, seien zwar gemäß § 97 StVO Sonderbestimmungen getroffen worden, es sei aber nicht vorgeschrieben, dass der Kläger sich und andere Personen durch seine Dienstausübung gefährden müsse. Das verkehrswidrige Verhalten des Erstbeklagten wäre für den Kläger erkennbar gewesen. Diesem sei eine erhebliche Reaktionsverspätung zur Last zu legen.

Die Frage, ob dem Kläger eine Reaktionsverspätung anzulasten ist, ob eine solche gegenüber dem schwerwiegenden Verschulden des Erstbeklagten ins Gewicht fällt und welcher Verschuldensanteil dem Kläger aufgrund einer Reaktionsverspätung allenfalls anzulasten wäre, betrifft nur den konkreten Einzelfall. Es ist keine grundsätzliche Frage über das Verhalten von Organen der Straßenaufsicht iSd § 97 StVO zu lösen, sondern lediglich zu beurteilen, ob der Kläger, als das verkehrswidrige Verhalten des Erstbeklagten für ihn zu erkennen war, noch unfallsverhütend hätte reagieren können und ob in der Unterlassung einer derartigen Reaktion ein Mitverschulden, das zu einer Schadensteilung führen muss, liegt. Hiebei handelt es sich um keine Frage, der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukäme. Die Entscheidung hängt daher nicht von einer Rechtsfrage ab, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt.

Somit liegen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision iSd § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht vor, weshalb die Revision trotz des Ausspruchs des Berufungsgerichts über ihre Zulässigkeit (an diesen ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht gebunden) zurückzuweisen war.

Da der Kläger auf die Unzulässigkeit der Revision in der Revisionsbeantwortung nicht hingewiesen hat, waren ihm keine Kosten zuzusprechen.

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