OGH 9Os67/84

OGH9Os67/8429.5.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Mai 1984 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Obauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger (Berichterstatter), Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Lurz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Harald A wegen des Vergehens der Begehung eines Diebstahls im Familienkreis nach § 166 Abs. 1 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 4. Dezember 1981, GZ 15 U 2111/80-23, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik und des Verteidigers Dr. Albrecht, jedoch in Abwesenheit der Privatanklägerin und ihres Vertreters sowie des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In der Strafsache gegen Harald A wegen Vergehens der Begehung eines Diebstahls im Familienkreis nach § 166 Abs. 1 StGB, AZ 15 U 2111/80

des Strafbezirksgerichtes Wien, verletzt das Urteil des bezeichneten Gerichtes vom 4. Dezember 1981, GZ 15 U 2111/80-23, das Gesetz 1. im Ausspruch über die Festsetzung des Tagessatzes mit 110 S in den Bestimmungen der § 290 Abs. 2, 293 Abs. 3 StPO in Verbindung mit § 447

StPO, 2. im Ausspruch über die Verurteilung des Angeklagten zum Ersatz der gesamten Kosten des Strafverfahrens in der Bestimmung des § 390 Abs. 1 StPO Dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Ausspruch über die Festsetzung des Tagessatzes und im Kostenausspruch aufgehoben; desgleichen werden alle darauf beruhenden Beschlüsse und Verfügungen aufgehoben und es wird gemäß § 288 Abs. 2 Z 3, 292 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Der Tagessatz wird mit 80 (achtzig) S festgesetzt.

Gemäß § 389 StPO hat der Angeklagte Harald A die auf seinen Schuldspruch entfallenden Kosten des Strafverfahrens zu ersetzen; die auf den Freispruch entfallenden Kosten des Strafverfahrens fallen gemäß § 390 Abs. 1

StPO der Privatanklägerin Maria A zur Last.

Text

Gründe:

Auf Grund einer Privatanklage der Maria A wurde deren Ehemann Harald A mit dem Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 23. Oktober 1980, GZ 15 U 2111/80-6, des Vergehens der Begehung (eines Diebstahls) im Familienkreis nach § 166 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er zwischen 11. Mai und 4. Juli 1980 in Wien seiner Ehefrau drei Goldringe mit Brillanten und zwei Pfandscheine über im Dorotheum belehnte Gegenstände, nämlich einen Dukatenring aus Gold, einen Dukatenanhänger aus Gold, einen goldenen Ehering, eine goldene Brosche, zwei goldene Armreifen und zwei Goldketterln, mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Harald A wurde hiefür zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen, im Falle der Uneinbringlichkeit 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt; der Tagessatz wurde mit 80 S festgesetzt.

Mit Urteil vom 23. April 1981, AZ 13 a Bl 344/81 (= 15 U 2111/80- 10), wies das Landesgericht für Strafsachen Wien als Berufungsgericht die vom Angeklagten gegen den Schuldspruch erhobene Berufung wegen Nichtigkeit und wegen Schuld in Ansehung des Diebstahls von drei goldenen Ringen mit Brillanten zurück, hob jedoch aus deren Anlaß gemäß § 477 Abs. 1 StPO das Ersturteil im Schuldspruch wegen Diebstahls der zwei Pfandscheine sowie im Strafausspruch auf und verwies die Sache im Umfang der Aufhebung zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Im zweiten Rechtsgang wurde Harald A sodann mit dem Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 4. Dezember 1981, GZ 15 U 2111/80-23, von der (weiteren) Anklage, das Vergehen nach § 166 Abs. 1 StGB auch in Ansehung der beiden Pfandscheine begangen zu haben, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen;

für die ihm nach dem in Rechtskraft erwachsenen Teil des Urteils vom 23.

Oktober 1980, ON 6, weiterhin zur Last fallende Straftat wurde er zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen, im Falle der Uneinbringlichkeit 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, sowie gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt; der Tagessatz wurde nunmehr mit 110 S festgesetzt.

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 4. Dezember 1981, GZ 15 U 2111/80-23, verletzt - wie die Generalprokuratur in ihrer deshalb erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt - das Gesetz in der zweifacher Hinsicht:

Da das im ersten Rechtsgang gefällte Urteil nur vom Angeklagten angefochten worden war, durfte das Gericht im zweiten Rechtsgang über ihn keine strengere Strafe verhängen, als sie im ersten Urteil ausgesprochen worden war. Dieses Verbot einer reformatio in peius gilt, da es sich bei der Bemessung der Anzahl der Tagessätze und der Festsetzung der Höhe des Tagessatzes um zwei voneinander unabhängige Komponenten der Geldstrafe handelt, sowohl für die Anzahl der Tagessätze als auch für die Höhe des Tagessatzes. Eine Kompensation im Sinne einer Herabsetzung der Anzahl der Tagessätze unter gleichzeitiger Erhöhung des Tagessatzes wäre deshalb auch dann unstatthaft gewesen, wenn hiedurch das Gesamtausmaß der Strafe gegenüber dem ersten Rechtsgang nicht überschritten worden wäre (vgl. EvBl. 1977/106).

Die zulässige Höhe des Tagessatzes war sohin vorliegend - ungeachtet einer allenfalls zwischenzeitig eingetretenen Besserung der wirtschaftlichen Situation des Angeklagten - nach oben jedenfalls mit 80 S begrenzt. Die Festsetzung des Tagessatzes mit 110 S verletzt daher das Gesetz in den Bestimmungen der § 290 Abs. 2, 293 Abs. 3 StPO in Verbindung mit § 447

StPO (vgl. Mayerhofer/Rieder StPO E Nr 3 zu § 475). Der bezügliche erstgerichtliche Ausspruch war deshalb aufzuheben und der Tagessatz mit 80 S neu festzusetzen.

Das bezeichnete Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien verstößt aber auch gegen die Bestimmung des § 390 Abs. 1 StPO, wonach einem Privatankläger, der erfolglos die Bestrafung eines Angeklagten begehrt hat, der Ersatz aller infolge seines Einschreitens aufgelaufenen Kosten aufzutragen ist. Endet ein Privatanklageverfahren daher - wie im vorliegenden Fall - teils mit Schuldspruch, teils mit Freispruch, so trifft der Kostenersatz den Privatankläger in dem Ausmaß, in dem er unterlegen ist (Mayerhofer/Rieder a.a.0. E Nr 31 zu § 390). Der Angeklagte Harald A hätte daher gemäß § 389 StPO lediglich zum Ersatz der auf seinen Schuldspruch entfallenden Verfahrenskosten verurteilt werden dürfen, während die auf den Freispruch entfallenden Kosten gemäß § 390 Abs. 1 StPO der Privatanklägerin aufzuerlegen gewesen wären. Es war somit auch der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht aufzuheben und insoweit spruchgemäß zu erkennen (vgl. hiezu Mayerhofer/Rieder a.a.0. E Nr 169 zu § 292).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte