OGH 7Ob566/84

OGH7Ob566/8424.5.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef S*****, vertreten durch Dr. Anton Gradischnig und Dr. Peter Gradischnig, Rechtsanwälte in Villach, wider die beklagte Partei Dr. Herwig Rischnig, Rechtsanwalt in Villach, Peraustraße 19, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Oskar G*****, wegen Feststellung von Absonderungsrechten (Streitwert im Revisionsverfahren 66.000 S sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 9. Februar 1984, GZ 2 R 3/84‑12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 30. September 1983, GZ 25 Cg 448/82‑8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00566.840.0524.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.953,50 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 268,50 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin stellt das Begehren, es werde festgestellt, dass ihr vertragliches Pfandrecht an einer Reihe von im Einzelnen angeführten Maschinen zu Recht bestehe, und bringt vor, es sei am 15. 3. 1981 zwischen ihr und dem Gemeinschuldner Oskar G***** zur Sicherstellung ihrer Forderung eine Pfandbestellung vereinbart worden, die sich unter anderem auch auf die im Klagebegehren genannten Maschinen erstreckt habe. Ein oder zwei Tage nach der Vereinbarung seien an den Maschinen – da diese eine Übergabe von Hand zu Hand nicht zugelassen hätten – Aufkleber mit dem Text: „Eigentum der Firma S*****“ angebracht worden. Der Klägerin stehe deshalb an diesen Maschinen ein Absonderungsrecht zu.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage und wendet ein, eine körperliche Übergabe der Maschinen an die Klägerin sei nicht erfolgt, obwohl die Maschinen ohne weiteres durch einen einfachen Abtransport in Verwahrung hätten genommen werden können. Auch eine symbolische Übergabe habe nicht, zumindest nicht wirksam, stattgefunden. Die in der Klage beschriebenen Aufkleber seien zur Zeit der Konkurseröffnung nicht angebracht gewesen.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es traf folgende Feststellungen:

Zur Besicherung einer Warenforderung der Klägerin von mehr als 500.000 S verpfändete der Gemeinschuldner Oskar G***** mit den Pfandbestellungsverträgen vom 15. und 31. 3. 1981 unter anderem die in der Klage angeführten Maschinen. Es wurde vereinbart, dass die Übergabe der Maschinen durch Anbringung von Aufklebern „Eigentum der Firma S*****“ erfolgen werde. Diese – 6 cm x 3 cm großen – Aufkleber wurden an einem nicht mehr feststellbaren Tag nach dem 18. 4. 1981 von dem bei der Klägerin beschäftigten Vertreter Erich R***** an den verpfändeten Maschinen und zwar an deren Rückseite oder deren Unterseite, an Stellen, wo sie nicht sofort sichtbar waren und in die Augen fielen, auch tatsächlich angebracht. Die in den Pfandbestellungsverträgen genannten Maschinen waren mit Ausnahme des „Spänex‑Ofens“ nicht mit dem Boden fest verbunden. Die Kettenfräse wiegt etwa 100 kg, der Vorschubapparat 30 bis 40 kg. Das Gewicht der anderen Maschinen beträgt zwischen 800 kg und 2.000 kg. Es wäre technisch möglich gewesen, diese Maschinen abzutransportieren und in Verwahrung zu nehmen. Dies wäre jedoch für Oskar G***** mit dem sofortigen wirtschaftlichen Ruin verbunden gewesen.

Die an den Maschinen angebrachten Aufkleber (Eigentumszettel) der Klägerin sind in der Folge (beim Putzen der Maschinen) heruntergefallen.

Über das Vermögen des Oskar G***** wurde vom Landesgericht Klagenfurt am 5. 4. 1982 das Konkursverfahren eröffnet. Bei der Eröffnung des Konkurses waren an den streitgegenständlichen Maschinen keine Aufkleber der Klägerin vorhanden.

Die Klägerin hat im Konkurs des Gemeinschuldners Forderungen von zusammen 565.925,03 S in der dritten Klasse der Konkursgläubiger angemeldet und die Absonderung unter anderem der in der Klage angeführten Maschinen beantragt. Der Beklagte hat die geltend gemachten Forderungen anerkannt, die Absonderungsrechte der Klägerin aber bestritten.

Der Schätzwert der Dickenhobelmaschine beträgt 8.000 S jene der Abrichthobelmaschine und der Kettenfräse je 6.000 S, des Vorschubapparates 4.000 S, der Tischfräse 10.000 S, der mehrfach kombinierten Tischlereimaschine „Knapp“ 28.000 S und des Spänex‑Ofens 24.000 S.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, dass gemäß § 452 ABGB nur bewegliche Sachen, die keine körperliche Übergabe von Hand zu Hand zulassen, auch durch Verwendung von Zeichen verpfändet werden könnten; die körperliche Übergabe der Sachen müsse unzweckmäßig sein. Der Vorschubapparat und die Kettenfräse hätten ohne weiteres in die Gewahrsame der Klägerin übergeben werden können; eine symbolische Verpfändung sei daher bei diesen Geräten nicht untunlich gewesen. Die anderen Maschinen hätten zufolge ihrer Beschaffenheit im Sinne des § 452 ABGB verpfändet werden können. Dass die Aufkleber der Klägerin an weniger auffälligen Stellen angebracht worden seien, schade nicht, da aus ihnen doch jedermann, dem daran gelegen gewesen sei, die Beschränkung der Verfügungsmacht des Gemeinschuldners leicht habe erfahren können. Die zur Verpfändung dienenden Zeichen müssten jedoch dauernd angebracht sein. Es sei Sache des Pfandgläubigers, sich immer wieder hievon zu vergewissern. Die nachträgliche Entfernung der Zeichen, geschehe sie absichtlich oder durch Zufall, nehme der Pfändung ihre Wirkung. Da die in der Klage genannten Maschinen im Zeitpunkt der Konkurseröffnung keine auf die Verpfändung hinweisende Zeichen aufgewiesen hätten, sei die Verpfändung gegenüber dem Beklagten und der Konkursgläubigern unwirksam.

Die Entscheidung des Erstgerichts ist hinsichtlich der Kettenfräse und des Vorschubapparates unangefochten geblieben.

Das Berufungsgericht gab der hinsichtlich der anderen Maschinen erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands, über den es entschieden hat, 60.000 S, nicht jedoch 300.000 S übersteigt und dass die Revision nach § 502 Abs 3 Z 1 ZPO zulässig sei. Das Berufungsgericht ging von den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichts aus und teilte dessen Rechtsansicht.

Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichts mit Revision aus dem Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO und beantragt, es im klagestattgebenden Sinn abzuändern.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin macht geltend, es ergebe sich aus dem letzten Satz des § 452 ZPO („Wer diese Vorsicht unterlässt, haftet für die nachteiligen Folgen“), dass das Nichtvorhandensein von Zeichen an Pfandgegenständen Rechtswirkungen nur gegen den gutgläubigen Dritten erzeugen könne. Ob der Beklagte bei Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Gemeinschuldners von der Verpfändung der Maschinen Kenntnis gehabt habe oder nicht, sei nicht festgestellt worden. Die Rechtsansicht, dass die spätere Entfernung von Hinweistafeln der rechtmäßig erfolgten Verpfändung von Sachen nicht schade, werde auch in den Entscheidungen ZBl 1923/136 und ZBl 1929/195 vertreten.

Der Oberste Gerichtshof pflichtet jedoch den Ausführungen der Vorinstanzen bei.

Unter Übernahme der Ausführungen von Klang in Klang 2 II 436 („Die zur Verpfändung dienenden Zeichen müssen dauernd angebracht sein. Ihre nachträgliche Entfernung, mag sie absichtlich oder durch Zufall geschehen sein, benimmt der Pfändung ihre Wirkung“) hat der Oberste Gerichtshof bereits in den – unveröffentlicht gebliebenen – Entscheidungen 2 Ob 819/54 und 7 Ob 569/56 die Ansicht vertreten, eine Übergabe durch Zeichen sei nach dem Sinn und dem Wortlaut der als Ausnahmebestimmung streng auszulegenden Anordnung des § 452 ABGB nur dann geeignet, die nach § 451 ABGB die Regel bildenden Übergabe von Hand zu Hand zu ersetzen, wenn die Zeichen in einer für jedermann (für jeden Interessenten) leicht erkennbaren Weise angebracht sind. Das Pfandrecht ist deshalb nur solange wirksam, als die Zeichen auch in der Folge in einer dem Gesetz entsprechenden Weise für jedermann erkennbar bleiben. Durch die Nichtbeachtung dieser Vorschrift würde die Sicherheit des redlichen Verkehrs gestört werden. Es liegt auf der Hand, dass die Verpfändung dann nicht mehr erkennbar ist, wenn das Zeichen nicht mehr auf der Maschine angebracht und damit jede engere räumliche Beziehung zum Pfandobjekt gelöst worden ist. Um den Erfordernissen des § 452 ABGB zu genügen, muss deshalb das Zeichen mit der Sache in dauernder Verbindung stehen (2 Ob 819/54). Die nachträgliche Entfernung der Zeichen macht die Verpfändung ebenso wirkungslos wie die Unterlassung ihrer Anbringung (7 Ob 569/56). Der Oberste Gerichtshof ist damit insoweit von der in der Revision genannten älteren Rechtsprechung, wonach es nicht schade, wenn die Zeichen später verwischt oder entfernt werden (ZBl 1923/136; ZBl 1929/195) wieder abgegangen. Diese ältere Rechtsprechung wurde (worauf bereits die Vorinstanzen hingewiesen haben) im Übrigen auch von Spielbüchler in Rummel , ABGB, Rdz 6 zu § 427, als für Sicherungsrechte nicht haltbar bezeichnet, soferne die Sache in der Gewahrsame des Schuldners verblieben ist, und auch Petrasch in Rummel , ABGB, Rdz 4 zu § 467, vertritt die Ansicht, dass die Entfernung jener Zeichen, mittels welcher nach § 452 ABGB verpfändet wurde, der Rückstellung der Pfandsache gleichstehe. Der Oberste Gerichtshof sieht keinen Anlass, von dieser Rechtsansicht im vorliegenden Fall abzugehen.

Der Schlusssatz des § 452 ABGB wird von der herrschenden Lehre als „Versehen des Gesetzgebers“ ( Petrasch aaO Rdz 5 zu § 452) unbeachtet gelassen. So bezeichnet Ehrenzweig 2 I/2, 409, diesen Schlusssatz als „eigentümlich“, da sich danach die Ansicht „sehr wohl“ vertreten ließe, dass das Pfandrecht auch ohne kennbare Zeichen entstehe und dann eben nur gegenüber dem gutgläubiger Dritten unwirksam sei. Es wäre nur folgerichtig, mit dieser Einschränkung auch das Besitzkonstitut gelten zu lassen. Wolle man nicht zu diesem Ergebnis kommen, weil Pfandrecht ohne äußere Erkennbarkeit nicht denkbar sei (Fußnote 17), werde der Schlusssatz unbeachtet bleiben müssen. Gschnitzer , Sachenrecht, 175, führt aus, dass der genannte Schlusssatz den Anschein erwecke, als entstünde das Pfandrecht „trotzdem“ und hätte nur Ersatzansprüche für einen dadurch Geschädigten zur Folge; doch sei dies abzulehnen weil es zur Mobiliarhypothek führen würde. Diese Ansicht vertritt auch Klang aaO 437 f, der die sich aus dem Schlusssatz des § 452 ABGB ergebende Folgerung der Anerkennung der Mobiliarhypothek – wenn auch mit beschränkter Wirkung zwischen den Parteien und gegen nicht gutgläubige Dritte – als „mit dem grundsätzlichen Standpunkt des Gesetzes völlig unvereinbar“ bezeichnet. Auch von der Rechtsprechung schließlich wird eine Deutung des Schlusssatzes des § 452 ABGB dahin, dass zur Begründung (bzw Aufrechterhaltung) des Pfandrechts eine entsprechende Markierung der Pfandsache nicht erforderlich sei, abgelehnt (7 Ob 569/56). Die Berufung der Klägerin auf eben diesen Schlusssatz ist daher verfehlt.

Es ergibt sich, dass die Vorinstanzen in zutreffender Weise zu dem Ergebnis gekommen sind, dass die Entfernung der im Sinne der §§ 427, 452 ABGB angebrachten Zeichen der Pfändung ihre Wirkung genommen hat. Die Abweisung der Klage erfolgte daher zu Recht, sodass der Revision ein Erfolg versagt bleiben musste.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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