OGH 7Ob1009/84

OGH7Ob1009/8424.5.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Dr. Peter Greil, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei J*****, vertreten durch Dr. Albert Heiss, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen restlich 95.087,60 S samt Nebengebühren, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 23. November 1983, GZ 5 R 288/83‑46, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB01009.840.0524.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Den in der außerordentlichen Revision bezeichneten Rechtsfragen kommt eine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht zu. Die Frage, ob die Annahme des Reaktivierungsantrags dem Ehemann der Klägerin rechtzeitig zugekommen ist, auch wenn er im Zeitpunkt der Zustellung im Koma im Spital lag, ist schon deshalb nicht relevant, weil weder feststeht noch auch nur behauptet wurde, dass der Brief noch vor seinem Tod wenigstens in der Wohnung eingelangt ist. Die Beweislast für den rechtzeitigen Zugang traf die Klägerin, weil sie aus dem behaupteten Vertrag Rechte ableitet (MietSlg 34.247 ua). Die Revisionsbehauptung, der Vertrag sei schon durch die Erklärung des Versicherungsnehmers zustande gekommen, weil das Anbot auf Reaktivierung vom Versicherer ausgegangen sei, weicht von den maßgeblichen Tatsachenfeststellungen ab und ist deshalb unbeachtlich; die bloße Aufforderung zur Anbotstellung ist kein Versprechen im Sinn des § 861 ABGB. Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, dass auch die Annahme des Antrags auf Reaktivierung des Versicherungsvertrags eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist, für deren Zugang nach § 862a ABGB die Empfangstheorie gilt, entspricht den Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung (EvBl 1977/81 ua). Ob ein Zugang ausnahmsweise nicht erforderlich sein könnte, wenn ein bloß einseitiges Interesse des Empfängers vorliegt, ist hier nicht zu untersuchen, weil von einem solchen einseitigen Interesse beim Ablschuss eines Versicherungsvertrags, der wechselseitige Rechte und Pflichten begründet, keine Rede sein kann. Aber auch der Wortlaut des § 4 Abs 4 der hier anzuwendenden AVB für Lebensversicherungen mit Gewinnbeteiligung, wonach die Wiederherstellung eines vom Versicherer wirksam gekündigten Versicherungsverhältnisses nach Ablauf von sechs Monaten seiner freien Entschließung vorbehalten ist, enthält nicht den geringsten Hinweis darauf, dass damit von der Regel des § 862a ABGB (Empfangstheorie) abgewichen werden sollte. Die Entscheidung des Versicherers für die Annahme wäre demnach wie jede andere empfangsbedürftige Willenserklärung erst mit dem Zugang an den Ehemann der Klägerin wirksam geworden.

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