OGH 4Ob511/83

OGH4Ob511/8321.2.1984

SZ 57/35

Normen

ABGB §1097
KlGG §9
KlGG §16
ABGB §1097
KlGG §9
KlGG §16

 

Spruch:

Die in §§ 9 und 16 KleingartenG geregelten Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen des General- und des Unterpächters müssen innerhalb der sechsmonatigen Ausschlußfrist des § 1097 ABGB gerichtlich geltend gemacht werden

OGH 21. 2. 1984, 4 Ob 511/83 (OLG Wien 13 R 195/82; LGZ Wien 4 Cg 14/81)

Text

Der Kläger ist Erbe nach seiner am 29. 11. 1975 verstorbenen Tante Magdalena R. Diese war Unterpächterin des Grundstücks 15 der Gruppe 5 in der Anlage des Kleingartenvereins W. Nach ihrem Tod brachte die beklagte Partei als Generalpächterin gegen den Kläger zu 44 C 352/77 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien eine Räumungsklage ein. Auf Grund des in diesem Rechtsstreit am 28. 11. 1977 gegen den Kläger ergangenen, in Rechtskraft erwachsenen Versäumungsurteils wurde das Grundstück schließlich am 7. 2. 1979 zwangsweise geräumt.

Mit der vorliegenden, am 14. 1. 1981 beim Erstgericht überreichten Klage verlangt der Kläger von der beklagten Partei aus dem Titel des Schadenersatzes 100 000 S sA. Auf dem zwangsweise geräumten Kleingartengrundstück hätten sich ein Gartenhaus mit Veranda und Anbauten sowie zahlreiche wertvolle Obstbäume befunden. Die beklagte Partei habe sich geweigert, diese Baulichkeiten und Kulturen um den angemessenen Betrag von mindestens 100 000 S abzulösen. Die von ihr als Abfindung angebotenen 24 910 S habe der Kläger als viel zu gering zurückgewiesen, worauf die beklagte Partei diesen Betrag bei Gericht erlegt habe. Das von der beklagten Partei eingeholte Sachverständigengutachten sei nicht schlüssig und entbehre jeder Begründung.

Die beklagte Partei hat das Klagebegehren dem Gründe und der Höhe nach bestritten. Beim Räumungstermin am 7. 2. 1979 habe der Kläger auf das auf dem Grundstück vorhandene, ihm gehörende Gerümpel verzichtet, um die Kosten des Abtransportes zu vermeiden. Die in der Klage angeführte Gartenhütte und ihre - bauordnungswidrig errichteten - Anbauten seien zirka 50 Jahre alt gewesen; sie hätten sich ebenso wie der gesamte Kleingarten in einem völlig verwahrlosten Zustand befunden und seien bei der Besichtigung durch den Sachverständigen am 9. 6. 1976 abbruchreif und völlig wertlos gewesen. Die Obstbäume seien 35 bis 40 Jahre alt und zum Teil beschädigt gewesen. Nach der Räumung habe es umfangreicher Arbeiten bedurft, um die Baulichkeiten wieder in Ordnung zu bringen und den abbruchreifen Zubau zu entfernen. Der neue Unterpächter habe auch kranke und beschädigte Bäume sowie die völlig verwilderten Pflanzen entfernen müssen. Noch im Verlassenschaftsverfahren nach seiner Tante habe der Kläger den Garten mit einem wesentlich geringeren Betrag bewertet, als er dann vom Sachverständigen der beklagten Partei ermittelt wurde. Die demnach völlig unberechtigten Ersatzansprüche des Klägers seien im übrigen schon "verjährt".

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf Feststellungen über den schlechten Zustand des übergebenen Grundstücks. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Matthias G habe der Wert des Grundstücks 24 910 S betragen. Diesen Betrag habe die beklagte Partei beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien zugunsten des Klägers hinterlegt. Im Verlassenschaftsverfahren nach seiner Tante hätte der Kläger in seinem eidesstättigen Vermögensbekenntnis vom 15. 6. 1978 den Wert des Grundstücks mit 20 000 S angegeben. Von seinen Feststellungen ausgehend bezeichnete es das Erstgericht als unerfindlich, daß der Kläger nunmehr für dieses Grundstück von der beklagten Partei 100 000 S als Schadenersatz verlange; sein Klagebegehren habe deshalb abgewiesen werden müssen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Nach der Auflösung des Unterpachtvertrages durch den Tod der Magdalena R (§ 15 Abs. 1 KleingartenG) hätte der Kläger als Erbe der Unterpächterin einen allfälligen Anspruch auf Aufwandersatz (§ 16 Abs. 1 KleingartenG) gemäß § 1097 ABGB binnen sechs Monaten nach der Zurückstellung des Bestandgegenstandes gerichtlich geltend machen müssen. Diese Frist habe mit der zwangsweisen Räumung des Grundstücks am 7. 2. 1979 zu laufen begonnen. Da die vorliegende Klage erst am 14. 1. 1981 überreicht wurde, müsse dem Zahlungsbegehren des Klägers schon aus diesem Grund ein Erfolg versagt bleiben.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Gemäß § 16 Abs. 1 KleingartenG kann bei Beendigung des Unterpachtverhältnisses der Unterpächter vom Generalpächter den Ersatz für die von ihm gemachten Aufwendungen beanspruchen, die zur kleingärtnerischen Nutzung notwendig oder nützlich sind, insbesondere für Obstbäume, Sträucher oder sonstige Kulturen, für Baulichkeiten jedoch nur, wenn sie den Bauvorschriften entsprechend errichtet worden sind; der Ersatz gebührt nach dem gegenwärtigen Wert, sofern dieser den wirklich gemachten Aufwand nicht übersteigt. Einen gleichartigen Anspruch hat gemäß § 9 Abs. 1 KleingartenG bei Beendigung des Generalpachtverhältnisses der Generalpächter gegen den Gründeigentümer.

Der Kläger hält eine (subsidiäre) Anwendung der Fristbestimmung des § 1097 Satz 2 zweiter Halbsatz ABGB, wonach der Bestandnehmer, der auf das Bestandstück einen dem Bestandgeber obliegenden (§ 1036 ABGB) oder einen nützlichen (§ 1037 ABGB) Aufwand gemacht hat, den Ersatz längstens binnen sechs Monaten nach Zurückstellung des Bestandstücks gerichtlich fordern muß, widrigenfalls die Klage erloschen ist, auf Ersatzansprüche nach dem Kleingartengesetz für unzulässig. Nach dem Grundsatz "lex specialis derogat legi generali" werde nämlich die allgemeine Regelung des § 1097 ABGB durch die Spezialbestimmungen der §§ 9 und 16 KleingartenG zur Gänze verdrängt.

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Das Kleingartengesetz, BGBl. 1959/6, regelt das Kleingartenwesen nicht abschließend. Es enthält verschiedene, zum Teil dem Mietengesetz nachgebildete (SZ 35/101) Vorschriften über die Vertragsdauer (§ 2), Vertragsbeschränkungen (§ 3) und den Pachtzins (§§ 5, 11) bei General- und Unterpachtverträgen, über die Kündigung und Aufhebung solcher Verträge (§§ 6 ff., 12 f.) sowie über den Anspruch des (General- oder Unter-)Pächters auf Ersatz seiner Aufwendungen (§§ 9, 16); in allen anderen, hier nicht besonders geregelten Punkten unterliegen aber auch (General- oder Unterpacht-)Verträge über Kleingärten den allgemeinen Bestimmungen der §§ 1090 ff. ABGB (im gleichen Sinn SZ 35/101; vgl. dazu auch die ausdrückliche Bezugnahme auf § 1118 ABGB in §§ 8, 13 Abs. 1 KleingartenG). Verfehlt ist aber auch die Meinung des Klägers, daß die generelle Regelung des § 1097 ABGB durch die spezielleren Normen des Kleingartengesetzes vollständig verdrängt worden wäre. Von einem scheinbaren Normenwiderspruch, wie er für die Anwendung des Grundsatzes über den Vorrang der spezielleren gegenüber der allgemeineren Regel notwendig ist (s. dazu Koziol-Welser[6] I 27 f.), kann nämlich im vorliegenden Fall nur insoweit gesprochen werden, als § 1097 ABGB einerseits und §§ 9, 16 KleingartenG andererseits den gleichen Gegenstand - nämlich die Voraussetzungen und den Umfang des Aufwandersatzanspruches des Pächters - regeln. Ob dagegen mangels einer entsprechenden Regelung im Kleingartengesetz die Präklusivfrist des § 1097 ABGB auch für die Geltendmachung von Ansprüchen nach §§ 9 und 16 KleingartenG gilt, muß vor allem nach dem Zweck der genannten Fristbestimmung beurteilt werden. Dieser besteht - ebenso wie bei der korrespondierenden Bestimmung des § 1111 ABGB - vor allem darin, nach der Beendigung des Bestandverhältnisses und der Rückstellung des Bestandgegenstandes möglichst rasch Klarheit über die gegenseitigen Ansprüche der Vertragspartner zu schaffen (ebenso schon 6 Ob 761/82 ua.; Klang[2] V 50). Das gleiche Bedürfnis nach umgehender Klärung der Rechtslage besteht aber auch nach der Auflösung eines (General- oder Unter-) Pachtvertrages nach dem Kleingartengesetz; auch hier soll die Frage, ob und welche Forderungen die Partner des nunmehr aufgelösten Vertrages gegeneinander erheben wollen, ohne unnötigen Aufschub beantwortet und damit - auch zur Vermeidung späterer Beweisschwierigkeiten - eine möglichst rasche Klarstellung der Rechtslage herbeigeführt werden. Diese vollkommen gleichartige Interessenlage läßt eine subsidiäre Anwendung der Fristbestimmung des § 1097 ABGB auf die im Kleingartengesetz geregelten Ersatzansprüche des General- oder Unterpächters geboten erscheinen. Auch diese Ansprüche (§§ 9, 16 KleingartenG) müssen also innerhalb der sechsmonatigen Präklusivfrist des § 1097 ABGB gerichtlich geltend gemacht werden. Da der Kläger die vorliegende Klage erst am 14. 1. 1981 und damit lange nach dem Ablauf der - mit dem Räumungstermin 7. 2. 1979 in Lauf gesetzten - Fallfrist überreicht hat, sind die von ihm behaupteten Ansprüche auf Aufwandersatz erloschen.

Soweit der Kläger den Vorinstanzen schließlich noch vorwirft, sie hätten es unterlassen, sein Klagebegehren auch unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes zu prüfen, kann ihm gleichfalls nicht gefolgt werden. Der Kläger hat zwar sein Zahlungsbegehren schon in der Klage ausdrücklich (auch) auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes gestützt; er hat aber weder dort noch im weiteren Verlauf des Verfahrens irgendein schuldhaftes Verhalten der beklagten Partei behauptet, das eine Schadenersatzpflicht nach §§ 1295 ff. ABGB zur Folge haben könnte. Die Vorinstanzen sind daher auf diese Frage mit Recht nicht weiter eingegangen.

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