OGH 5Ob4/84

OGH5Ob4/8414.2.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin Agrargemeinschaft A*****, vertreten durch den Obmann Alois B*****, wegen Ab- und Zuschreibung eines Grundstücks, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 22. November 1983, GZ 2 R 161/83 (TZ 14.336/83), womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 21. März 1983, TZ 2786/83-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Auf Antrag der Agrargemeinschaft A***** hat das Erstgericht aufgrund des höfebehördlich und grundverkehrsbehördlich genehmigten Kaufvertrags vom 2. 7. 1982 die lastenfreie Abschreibung des Grundstücks 3048 KG A***** von der den Ehegatten Johann und Elisabeth B***** gehörenden Liegenschaft EZ 52 I KG G***** und dessen Zuschreibung zu der der Antragstellerin gehörenden Liegenschaft EZ 23 II KG A***** unter Mitübertragung eines Holzbezugsrechts bewilligt.

Infolge Rekurses der Wilhelmine B*****, geboren S*****, für die in EZ 52 I KG G***** unter COZ 17 die Dienstbarkeit der Wohnung auf Bauparzelle 270 KG G*****, Haus Nr *****, einverleibt ist, hat das Rekursgericht den Antrag der Agrargemeinschaft A***** abgewiesen; dies aus folgenden Erwägungen:

Wilhelmine B***** mache zutreffend geltend, dass ihr im Rang vom 9. 4. 1962, also lange vor der für das gegenständliche Abschreibungsgesuch maßgeblichen Ranganmerkung (vom 29. 11. 1982), einverleibtes Wohnungsrecht sich zwar der Ausübung nach nur auf das Haus G***** beziehe, aber auf dem gesamten Grundbuchskörper hafte. Nicht nur die Bauparzelle 270 KG G*****, sondern alle Teile der Liegenschaft dienten daher der Deckung der Ansprüche der Wohnungsberechtigten etwa im Zwangsversteigerungsfalle. Die lastenfreie Abschreibung auch eines von der Ausübung des Wohnungsrechts nicht unmittelbar betroffenen Grundstücks von der belasteten Liegenschaft dürfe daher nur mit Zustimmung der Wohnungsberechtigten erfolgen. § 3 Abs 2 LTG gestatte die Abschreibung eines Grundstücks ohne Mitübertragung einer bücherlichen Last und ohne Zustimmung des Buchberechtigten ausschließlich für den Fall des Vorliegens von Grunddienstbarkeiten, die auf bestimmte räumliche Grenzen beschränkt seien, wenn sich diese auf das abzuschreibende Trennstück nicht bezögen. Eine Ausdehnung dieser Vorschrift auf persönliche Dienstbarkeiten sei nicht zulässig. Bei Fehlen einer Zustimmung der Wohnungsberechtigten könne daher gemäß § 3 Abs 1 LTG ein Grundstück von der belasteten Liegenschaft nur unter Mitübertragung der Last in eine für das Trennstück zu eröffnende neue Einlage abgeschrieben werden. Dass das Wohnungsrecht seinem Wesen nach auf der neuen Liegenschaft nicht ausgeübt werden könne, stehe einer solchen Mitübertragung nicht im Wege (Feil, Österreichisches Grundbuchsrecht 173; EvBl 1962/89, EvBl 1967/275, JBl 1967, 627 ua). Nicht in Frage komme es, statt der von der Antragstellerin begehrten, mangels Zustimmung der Wohnungsberechtigten nicht zulässigen lastenfreien Abschreibung des Grundstücks und Zuschreibung zur Liegenschaft der Antragstellerin die Abschreibung und Bildung einer neuen Einlage unter Mitübertragung der Last zu bewilligen; dies würde etwas anderes darstellen als das, worum die Antragstellerin angesucht habe (§ 96 Abs 1 GBG; SZ 27/29, JBl 1961, 369 ua). Schon deshalb habe dem Rekurs der Wohnungsberechtigten Folge gegeben und in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses das Gesuch der Agrargemeinschaft A***** abgewiesen werden müssen.

Der Bewilligung des Grundbuchsgesuchs stünden aber noch weitere Hindernisse entgegen: Mit der Liegenschaft EZ 52 I KG G***** seien eine Reihe von Wald- und Weidenutzungsrechten auf fremdem Grund sowie Anteilsrechte an Agrargemeinschaften verbunden. Der Kaufvertrag enthalte zwar Bestimmungen über diese Rechte, es fehle jedoch die nach § 39 TFLG und § 3 Abs 3 WWSG erforderliche Genehmigung der Agrarbehörde, ohne welche eine Teilung der Stammsitzliegenschaft im Grundbuch nicht durchgeführt werden dürfe. Schließlich sei mit dem Grundbuchsgesuch die Vertretungsbefugnis jener Personen, die den Kaufvertrag für die Agrargemeinschaft A***** als Käuferin unterfertigt hätten, nicht urkundlich nachgewiesen worden.

Gegen den abändernden Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig (§ 126 Abs 2 GBG), aber nicht berechtigt.

Zunächst führt die Antragstellerin aus, dass sich die persönliche Dienstbarkeit der Wohnung, die zugunsten der Wilhelmine B***** in EZ 52 I KG G***** einverleibt sei, auf zwei Zimmer des auf der Bauparzelle 270 befindlichen Hauses Nr ***** beschränke; nur dieses Grundstück sei mit der Dienstbarkeit belastet, nur für diese Last existiere ein Titel und eine Intabulierung. Bei dem abzuschreibenden Grundstück handle es sich um eine kilometerweit von der Bauparzelle entfernte unproduktive Almparzelle, die noch dazu - von Liegenschaften der Antragstellerin umgeben - in einer anderen Katastralgemeinde liege. Es gehe nicht an, dass eine Person, der bloß eine persönlich und räumlich begrenzte Dienstbarkeit zustehe, auf Lebenszeit eine Eigentumsübertragung verhindern könne. Es sei nicht zu vermuten, dass der Gesetzgeber § 3 Abs 2 LTG nur auf räumlich beschränkte Grunddienstbarkeiten und nicht auch auf räumlich beschränkte persönliche Dienstbarkeiten angewendet wissen wolle. Im gegenständlichen Falle biete schon das auf der Bauparzelle befindliche Wohnobjekt, dessen Wert sicher rund eine Million Schilling betrage, eine hinreichende Deckung für die Dienstbarkeit der Wohnung. In Österreich herrsche Vertragsfreiheit, so dass es den Parteien freistehe, eine Servitut beliebig zu gestalten und abzusichern; es widerspreche dem gesamten österreichischen Rechtsgefüge, die Haftung für eine auf eine Parzelle beschränkte Dienstbarkeit ohne Vereinbarung auf den ganzen Grundbuchskörper auszudehnen.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass die vom Rekursgericht vertretene Rechtsansicht mit der Lehre und Rechtsprechung übereinstimmt, von der abzugehen sich der Oberste Gerichtshof auch angesichts der Argumente der Antragstellerin nicht veranlasst sieht (s außer den bereits vom Rekursgericht genannten Belegstellen und den darin enthaltenen weiteren Nachweisen etwa noch Ehrenzweig² I/2, 339 und Petrasch in Rummel, ABGB, 464, Rz 2 zu § 485 sowie SZ 50/61 und MietSlg 29.061, auf welche Darlegungen zwecks Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann). Die räumliche Beschränkung der Dienstbarkeit der Wohnung der Ausübung nach auf einen Teil des Grundbuchskörpers vermag nichts daran zu ändern, dass die Dienstbarkeit der Wohnung den gesamten Grundbuchskörper belastet (§ 3 Abs 1 GBG) und dieser daher zur Gänze haftet (vgl insbesondere SZ 5/230, Rspr 1936/99, SZ 50/61). Eine Ausdehnung der für Grunddienstbarkeiten geltenden Bestimmungen der § 847 Satz 2 ABGB, § 12 Abs 2 GBG, § 3 Abs 2 LTG auf alle Dienstbarkeiten, also insbesondere auf persönliche Dienstbarkeiten, wurde bereits in den Erläuternden Bemerkungen zum Liegenschaftsteilungsgesetz (376 BlgNR 3. GP 7, abgedruckt in MGA 25³ Österreichisches Grundbuchsrecht 443 f) abgelehnt (vgl EvBl 1967/275). Zu der von der Antragstellerin befürchteten allfälligen Ausdehnung der Haftung für eine auf einem abzuschreibenden Grundstück einverleibte Last auf den gesamten Grundbuchskörper, dem das Grundstück zugeschrieben wird, könnte es ohnehin nicht kommen, weil § 3 Abs 1 LTG das Erfordernis der Zustimmung der Buchberechtigten zur Abschreibung einzelner Bestandteile eines Grundbuchskörpers unter der Voraussetzung entfallen lässt, dass für das abzuschreibende Grundstück eine neue Einlage eröffnet wird und die Rechte der Buchberechigten in diese mitübertragen werden (s auch § 5 AllgGAG).

Sodann wendet sich die Antragstellerin gegen die Auffassung des Rekursgerichts, dass die von ihr beantragte Abschreibung eines einzigen Grundstücks der Bewilligung der Agrarbehörde nach § 39 TFLG 1978 LGBl 54 sowie der Genehmigung der Agrarbehörde nach § 3 Abs 3 WWSG 1952 LGBl 21 bedürfe; dieses Erfordernis bestünde nur bei einer Teilung der Stammsitzliegenschaft EZ 52 I KG G*****.

Auch der Meinung der Antragstellerin, die von ihr beantragte Abschreibung sei keine Teilung im Sinne der genannten Vorschriften, kann nicht gefolgt werden. § 39 Abs 1 TFLG bestimmt: „Wird eine Stammsitzliegenschaft geteilt, so ist in die Teilungsurkunde eine Bestimmung darüber aufzunehmen, ob mit dem Trennstück Mitgliedschaftsrechte an einer Agrargemeinschaft auf den Erwerber übergehen oder nicht. Diese Bestimmung bedarf zu ihrer Gültigkeit der Bewilligung der Agrarbehörde. Diese hat darauf zu achten, dass die Anteilsrechte den Trennstücken im Verhältnis ihres wirtschaftlichen Bedarfs zustehen. Die Bewilligung ist zu verweigern, wenn die Teilung den wirtschaftlichen Bedürfnissen der beteiligten Liegenschaften, insbesondere der Schaffung und der Erhaltung leistungsfähiger bäuerlicher Betriebe, und den Rücksichten der Landeskultur widerspricht ...“. Gemäß § 39 Abs 2 TFLG darf ohne die danach nötige Bewilligung die Teilung einer Stammsitzliegenschaft im Grundbuch nicht vollzogen werden. § 3 Abs 3 WWSG lautet: „Wird in Hinkunft eine berechtigte Liegenschaft geteilt, so ist in der Teilungsurkunde eine Verfügung über die Nutzungsrechte sowie über die allenfalls an deren Stelle getretenen Renten, Zinsenbezugsrechte und Entschädigungsansprüche zu treffen. Die bezügliche Verfügung unterliegt der Genehmigung der Agrarbehörde. Ohne deren Genehmigung darf die Teilung im Grundbuch nicht durchgeführt werden. Die Genehmigung ist nach Anhören des Verpflichteten zu erteilen, wenn die Verfügung den wirtschaftlichen Bedürfnissen der berührten berechtigten und belasteten Grundstücke und den Rücksichten der Landeskultur nicht widerspricht ...“. Sowohl aus dem Wortlaut als auch aus dem Zweck dieser Vorschriften ergibt sich, dass auch der gegenständliche Kaufvertrag der agrarbehördlichen Bewilligung bzw Genehmigung nach § 39 TFLG und § 3 Abs 3 WWSG bedarf; eine Einschränkung des Bewilligungs- bzw Genehmigungserfordernisses auf den Fall der gänzlichen Zerstückelung der Stammsitzliegenschaft lässt sich den in Rede stehenden Landesgesetzen nicht entnehmen.

Was den vom Rekursgericht vermissten urkundlichen Nachweis der Vertretungsbefugnis jener Personen betrifft, die den gegenständlichen Kaufvertrag für die Agrargemeinschaft A***** als Käuferin unterfertigt haben, so hat der Oberste Gerichtshof bereits in SZ 50/55 unter Berufung auf seine Entscheidung AnwZ 1929, 178 und auf Ratzenhofer in JBl 1933, 46 ausgesprochen, dass bei Eintragungen zugunsten juristischer Personen der urkundliche Nachweis der Zeichnungsberechtigung der für sie einschreitenden Organe nur bei begründeten Bedenken zu fordern ist (ebenso Bartsch, GBG7, 46 und 63 f; 5 Ob 20/83). Daran hat sich mit der Neufassung des § 31 Abs 1 GBG durch § 25 Z 2 GUG BGBl 1980/550, wonach - um die Eintragung des „richtigen“ Berechtigten sicherzustellen (s die Erläuternden Bemerkungen zu § 25 GUG, abgedruckt in Dittrich-Angst-Auer, GUG 41 f) - die Einverleibung nur aufgrund solcher Privaturkunden geschehen kann, auf denen die Unterschriften der Parteien, also auch jener Personen, denen ein bücherliches Recht eingeräumt wird, gerichtlich oder notariell beglaubigt sind, nichts geändert (aM allerdings Feil in NZ 1981, 3).

Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

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