OGH 2Ob508/84

OGH2Ob508/8431.1.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Margit D*****, vertreten durch Dr. Rainer Plankensteiner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei Karl D*****, vertreten durch Dr. Johann Paul Cammerlander, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert 500.000 S), infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 29. August 1983, GZ 2 R 233/83-9, womit der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 17. Juni 1983, GZ 16 Cg 345/83-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Zugleich wird auch der Beschluss des Erstgerichts aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung über die einstweilige Verfügung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Auf die Kosten des Rechtsmittelverfahrens ist gleich weiteren Verfahrenskosten erster Instanz Bedacht zu nehmen.

Text

Begründung

Mit ihrer am 24. 5. 1983 eingebrachten, auf § 97 ABGB gestützten Klage begehrte die Klägerin und gefährdete Partei (in der Folge: Klägerin) den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei (in der Folge: Beklagter), ihren Ehemann, schuldig zu erkennen, in ein bücherliches Veräußerungsverbot hinsichtlich einer bestimmten Eigentumswohnung zugunsten der Klägerin einzuwilligen. Mit der Klage verband sie den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dem Beklagten werde bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils verboten, über die Eigentumswohnung zu verfügen, insbesondere die Miteigentumsanteile entgeltlich oder unentgeltlich zu veräußern oder sie vertragsmäßig zu belasten. Zur Sicherung dieses Anspruchs werde das Veräußerungsverbot zugunsten der Klägerin, vorläufig befristet bis 31. 5. 1984, einverleibt.

Der Beklagte äußerte sich in einem Schreiben vom 9. 6. 1983 zum Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung dahin, er habe sich mit der Klägerin geeinigt und habe sich verpflichtet, ein Belastungs- und Veräußerungsverbot seiner Miteigentumsanteile im Grundbuch eintragen zu lassen. Dies unpräjudiziell seines Rechtsstandpunkts, dass die Klägerin kein dringendes Wohnbedürfnis habe und mit dem vom Beklagten bezahlten Unterhalt jederzeit eine Wohnung nehmen könnte. Der Beklagte habe die Wohnung auch niemals verkaufen wollen.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und führte zur Begründung aus, der Beklagte habe in seiner Äußerung der von der Klägerin beantragten einstweiligen Verfügung vollinhaltlich zugestimmt.

Der Beklagte erhob gegen diese einstweilige Verfügung Rekurs und legte diesem die Fotokopie einer vor einem Notar zwischen den Streitteilen geschlossenen Vereinbarung vom 10. 6. 1983 vor, wonach sich der Beklagte verpflichtete, seine Liegenschaftsanteile ohne Zustimmung der Klägerin weder zu veräußern noch zu belasten, er gebe seine ausdrückliche Einwilligung zur Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbots zugunsten der Klägerin. Im Falle der Scheidung würden diese Verbote jedoch aufgehoben, die Klägerin gebe bereits jetzt ihre Einwilligung, dass im Falle der Scheidung der Ehe der Vertragsteile aufgrund dieses Vertrags unter Vorlage des rechtskräftigen Scheidungsurteils die Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbots einverleibt werden könne. Auf dieser Fotokopie befindet sich auch der Beschluss des Grundbuchgerichts vom 13. 6. 1983 über die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbots.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, dass der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen wurde. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, der Beklagte wende sich zu Recht gegen die Ansicht des Erstgerichts, er habe dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zugestimmt. Dies erhelle aus dem zur Stützung des Rekurses vorgelegten Vertrag und der grundbücherlichen Durchführung. Daraus folge, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung durch das Erstgericht am 17. 6. 1983 die Klägerin den zu sichernden Anspruch bereits durchgesetzt gehabt habe. Damit fehle ihr aber ein Rechtsschutzbedürfnis an der begehrten einstweiligen Verfügung, da eine solche nur den Zweck habe, die Vereitelung der Durchsetzung des Anspruchs zu verhindern oder die gefährdete Partei gegen eine Veränderung des gegenwärtigen Zustands zu schützen, die für sie mit einem drohenden und unwiederbringlichen Schaden verbunden wäre.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag auf Wiederherstellung der vom Erstgericht erlassenen einstweiligen Verfügung.

Der Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Beizupflichten ist dem Rekursgericht insofern, als in der Äußerung des Beklagten, er habe sich mit der Klägerin geeinigt und sich verpflichtet, ein Veräußerungs- und Belastungsverbot im Grundbuch eintragen zu lassen, keine Zustimmung zur beantragten einstweiligen Verfügung erblickt werden kann. Einem Vorbringen, außergerichtlich eine bestimmte Verpflichtung eingegangen zu sein, kann nicht der Sinn unterlegt werden, der Erlassung einer einstweiligen Verfügung zuzustimmen. Das Erstgericht hätte daher, ohne von einer derartigen Zustimmung auszugehen, aufgrund des Vorbringens beider Parteien, allenfalls nach Aufnahme von Bescheinigungsmitteln, über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu entscheiden gehabt.

Mit Recht wendet sich die Klägerin dagegen, dass das Rekursgericht die Fotokopie des vor dem Notar geschlossenen Vertrags samt dem Grundbuchbeschluss verwertete, da im Verfahren über die Erlassung einstweiliger Verfügungen das Neuerungsverbot gilt. Die Ansicht des Beklagten, dieses Schriftstück habe lediglich dazu gedient, die geltend gemachten Anfechtungsgründe darzutun, kann nicht geteilt werden. Es handelte sich um ein erst im Rekurs vorgelegtes Schriftstück zur Bescheinigung des in der Äußerung erstatteten Vorbringens über eine Einigung mit der Klägerin sowie zur Bescheinigung des im Rekurs neu erstatteten Vorbringens, die Vereinbarung sei am 10. 6. 1983 geschlossen und im Grundbuch am 13. 6. 1983 eingetragen worden. Das angeführte Rekursvorbringen und die Fotokopie dienen daher der Widerlegung des Anspruchs, nicht aber der Dartuung von Rechtsmittelgründen, weshalb es sich um unzulässige Neuerungen handelte (vgl Fasching IV 154).

Das Rekursgericht, das den angefochtenen Beschluss aufgrund der Sachlage zur Zeit seiner Erledigung zu überprüfen hat (Fasching IV 385; SZ 28/176 uva), hätte daher von der Aktenlage zur Zeit der Beschlussfassung erster Instanz, nach welcher eine Bescheinigung über die behauptete Vereinbarung weder angeboten noch erbracht worden war, ausgehen müssen.

Aus diesen Gründen mussten die Beschlüsse der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung über die einstweilige Verfügung an das Erstgericht zurückverwiesen werden, zumal ein sich aus § 97 ABGB ergebender Unterlassungsanspruch durch eine einstweilige Verfügung gesichert werden kann, wobei insbesondere ein Belastungs- und Veräußerungsverbot in Betracht kommt (EFSlg 36.916 ua).

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