OGH 12Os154/83

OGH12Os154/8321.12.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Dezember 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ramschak- Heschgl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Kurt W*** und Stefan A wegen des Vergehens der Nötigung zur Unzucht nach § 204 Abs 1 StGB über die vom Angeklagten Stefan A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 30. August 1983, GZ 9 Vr 2621/83-26, erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Insam, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Berufung wird Folge gegeben und die Strafe unter Bedachtnahme gemäß § 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 22.Juli 1983, GZ 9 E Vr 1310/83-29, auf 8 (acht) Monate als Zusatzstrafe herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten A auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. Stefan A des Vergehens der Nötigung zur Unzucht nach § 204 Z 1 (richtig Abs 1) StGB schuldig erkannt.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach dieser Gesetzesstelle zu 10 (zehn) Monaten Freiheitsstrafe. Dabei wertete es zwei einschlägige Vorstrafen, die Tatsache, daß er der Haupttäter war, sowie den Umstand, daß die Vorgangsweise für die Frau besonders erniedrigend und die Menschenwürde verletzend war, als erschwerend, keinen Umstand hingegen als mildernd.

Dieses Urteil wird vom Angeklagten A mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 1.Dezember 1983, GZ 12 Os 154/83-5, dem auch der nähere Sachverhalt entnommen werden kann, schon in nichtöffentlicher Beratung zurückgewiesen worden.

Gegenstand des Gerichtstages war daher nur noch die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Strafherabsetzung, in eventu die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle einer Freiheitsstrafe begehrt. Der Berufung kommt Berechtigung zu.

Zwar ist den Berufungsausführungen beizupflichten, daß die vom Erstgericht als Erschwerungsgrund angenommene besonders erniedrigende und die Menschenwürde verletzende Vorgangsweise des Angeklagten A der Tatbildverwirklichung entspricht. Denn die mit einem Sittlichkeitsdelikt regelmäßig verbundenen psychischen Beeintächtigungen des Opfers sind bei den mehrfach gestuften Strafsätzen dieser Delikte ohnedies einkalkuliert (vgl. Pallin, Die Strafbemessung in rechtlicher Sicht, S. 20). Auf Grund der Urteilsfeststellungen hat dieser Angeklagte kein atypisches Verhalten bei der Verwirklichung des Tatbildes nach § 204 StGB gezeigt, insbesonders wenn man davon ausgeht, daß man unter unzüchtig jenes Verhalten versteht, daß von jedermann der sozial integriert ist, im sexuellen Bereich als unerträglich empfunden wird (vgl. Leukauf-Steininger 2 , RN. 4 zu § 203 StGB). Die Tatsache, daß der Angeklagte A der Haupttäter war, bildet keinen Erschwerungsumstand, daß er der Verführer, Urheber oder Anstifter war oder daß er an der Tat führend beteiligt war (§ 33 Abs 1 Z 3 und 4 StGB), hat das Erstgericht nicht festgestellt. Auch das aufreizende Verhalten der Zeugin vor der Tat (vgl. § 34 Z 9 StGB) ist als mildernd zu berücksichtigen.

Schließlich hat es das Erstgericht auch unterlassen, unter Anwendung der § 31 und 40 StGB eine Zusatzstrafe zum Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 22.Juli 1983, GZ 9 E Vr 1310/83-29 zu verhängen. Mit diesem Urteil wurde der Angeklagte wegen der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB in zwei Fällen, des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 2 StGB, des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und Abs 2 StGB und nach § 36 Abs 1 lit b WaffenG. zu vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Als Erschwerungsgrund kommt daher das Zusammentreffen mit mehreren strafbaren Handlungen verschiedener Art hinzu.

Auf der Basis der sohin tatsächlich vorliegenden Strafzumessungsgründe und unter Anwendung der § 31 und 40 StGB wäre bei gemeinsamer Aburteilung unter Berücksichtigung der Vorstrafen des Angeklagten nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs eine Freiheitsstrafe von einem Jahr der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten (§ 32 StGB) gerecht geworden, sodaß in Stattgebung der Berufung des Angeklagten die ausgesprochene Freiheitsstrafe auf 8 Monate Zusatzstrafe herabzusetzen war. Infolge Zurückziehung des Berufungsantrages auf Verhängung einer Geldstrafe anstelle einer Freiheitsstrafe (§ 37 Abs 1 StGB) im Gerichtstag erübrigt sich ein Eingehen auf dieses Begehren. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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