Normen
MRG §37 Abs1 Z13
MRG §45
MRG §37 Abs1 Z13
MRG §45
Spruch:
Im Verfahren über die Angemessenheit des Erhaltungsbeitrages (§ 37 Abs. 1 Z 13 MRG) haben alle Hauptmieter der Liegenschaft Parteistellung
OGH 18. 10. 1983, 5 Ob 44/83 (LGZ Wien 41 R 95/83; BG Döbling 5 Msch 15/82)
Text
Die Vermieterin forderte für die in einem Haus in Wien 19 seit 1962 vermietete 286 m2 große Wohnung Nr. 3 von deren Mietern ab dem 1. 5. 1982 neben dem Hauptmietzins von 683.34 S die Zahlung des Erhaltungsbeitrages von 3511.32 S. Die Mieter meinten, das Bestandobjekt falle nach dem Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages in die Kategorie B nach § 16 Abs. 2 Z 2 MRG, sodaß der Erhaltungsbeitrag nur in dem Unterschiedsbetrag zwischen zwei Dritteln des nach dieser Berechnungsvorschrift als Betrag des zulässigerweise zu vereinbarenden Hauptmietzinses von 3102 S und dem für die Wohnung entrichteten Mietzins von 683.34 S, also mit monatlich nicht mehr als 2418.66 S, eingehoben werden dürfe.
Beide Teile begehrten die Entscheidung der Gemeinde über die Angemessenheit des Erhaltungsbeitrages nach dem § 37 Abs. 1 Z 13 und dem § 39 Abs. 1 MRG. Die Gemeinde entschied, daß die Einhebung eines Erhaltungsbeitrages von 3511.32 S monatlich für diese nicht überwiegend für Geschäftszwecke, sondern als Wohnung verwendete Räumlichkeit zulässig sei. Die Wohnung sei wegen ihrer jedenfalls 130 m2 übersteigenden Nutzfläche nach § 16 Abs. 1 Z 4 MRG von den Beschränkungen durch die Kategoriezinse nach § 16 Abs. 2 MRG ausgenommen. Es sei daher von einem angemessenen Mietzins nach § 16 Abs. 1 Z 4 MRG auszugehen, der mit 22 S monatlich je m2 der Nutzfläche festgestellt werde. Daraus errechne sich der Erhaltungsbeitrag mit 14.60 S/m2 unter Abzug des Hauptmietzinses von 683.34 S mit 3511.32 S.
Die Mieter gaben sich mit dieser Entscheidung der Gemeinde nicht zufrieden und machten die Sache bei Gericht anhängig.
Das Erstgericht stellte fest, daß die Einhebung des Erhaltungsbeitrages ab 1. 5. 1982 von monatlich 2462.66 S zuzüglich zum bisherigen Hauptmietzins zulässig sei. Für Räume, die auch geschäftlichen Zwecken dienten, dürfe nur der für Wohnungen zulässige Hauptmietzins begehrt werden, wenn die Verwendung zu Geschäftszwecken die Verwendung zu Wohnzwecken nicht bedeutend überwiege (§ 16 Abs. 1 Z 1 MRG). Da nur zwei Zimmer und ein Kabinett für die Arztordination, drei Zimmer und ein Kabinett aber als Wohnung verwendet werden, errechne sich der Erhaltungsbeitrag nach § 45 Abs. 1 Z 1 MRG derart, daß von zwei Dritteln des Betrages, der sich für die Wohnung bei Zugrundelegung der Berechnungsvorschrift des § 16 Abs. 2 Z 2 MRG in der Ausstattungskategorie B als zulässigerweise zu vereinbarenden Hauptmietzins der Betrag in Abzug zu bringen ist, der für die Wohnung als Hauptmietzins entrichtet wird. Bei der Ermittlung des Erhaltungsbeitrages hätten die Ausnahmebestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 4 MRG für Großwohnungen außer Betracht zu bleiben. Ein "angemessener Mietzins" als Ausgangspunkt der Berechnung des Erhaltungsbeitrages sei im Gesetz nicht vorgesehen, selbst für Geschäftsräumlichkeiten sei im § 45 Abs. 1 Z 2 MRG eine fiktive Einordnung in die Kategorie A vorgesehen.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Sachbeschluß und erklärte den Rekurs an den OGH wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache für zulässig. Das Gericht zweiter Instanz hielt die Beiziehung der übrigen Mieter des Hauses nicht für geboten, weil ihre Interessen durch die Stattgebung des Antrages nicht unmittelbar berührt werden könnten (§ 37 Abs. 3 Z 3 MRG), ging wegen Fehlens einer zentralen Wärmeversorgungsanlage (Etagenheizung oder gleichwertiger stationären Heizung) im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages gleichfalls von der Ausstattungskategorie B der als Wohnung zu behandelnden Räumlichkeit aus und teilte die Rechtsmeinung des Erstgerichtes, daß der Berechnung des Erhaltungsbeitrages für eine Wohnung nur deren fiktiver Kategoriemietzins nach § 16 Abs. 1 Z 2 bis 4 MRG zugrunde zu legen sei, auch wenn bei Neuvermietung eine Vereinbarung über die Höhe des Hauptmietzinses für den in Hauptmiete gemieteten Mietgegenstand ohne diese Beschränkungen bis zu dem nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag nach § 16 Abs. 1 Z 4 MRG zulässig wäre.
Der Oberste Gerichtshof hob aus Anlaß des Revisionsrekurses der Vermieterin die Beschlüsse der Vorinstanzen als nichtig auf und trug dem Erstgericht die Durchführung der Verhandlung unter Berücksichtigung der Parteistellung der anderen Hauptmieter und die neue Entscheidung auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der zulässige Revisionsrekurs der Vermieterin führt zunächst zu der Überprüfung der vom Rekursgericht angestellten Überlegung, daß wegen der nur mittelbar denkbaren Beeinträchtigung der Interessen der anderen Hauptmieter der Liegenschaft deren Parteistellung nicht gegeben und ihre Verfahrensbeteiligung daher nicht erforderlich war. Da die Entziehung des rechtlichen Gehörs zur Nichtigkeit der ohne Gewährung der Möglichkeit, sich am Verfahren zu beteiligen, ergangenen Entscheidungen führen müßte, ist von Amts wegen zu klären, ob neben den am Verfahren Beteiligten auch andere Hauptmieter der Liegenschaft vorhanden sind, deren Interessen durch die Stattgebung des Antrags unmittelbar berührt werden könnten. Nach § 37 Abs. 3 Z 2 MRG hat das Gericht im Verfahren, das von einem oder mehreren Hauptmietern einer Liegenschaft gegen den Vermieter eingeleitet wird, solche andere Hauptmieter zu verständigen und ihnen Gelegenheit zu geben, am Verfahren teilzunehmen, wofür es genügt, wenn sie vor Schluß der Verhandlung erster Instanz Gelegenheit zu einem Sachvorbringen haben. In vom Vermieter gegen Hauptmieter der Liegenschaft eingeleiteten Verfahren kommt nach Anordnung des § 37 Abs. 3 Z 3 MRG solchen anderen Hauptmietern ausdrücklich Parteistellung zu.
Vorliegend haben im Streit um die Höhe des gesetzlich zulässigen Erhaltungsbeitrags beide Vertragsteile des Mietvertrages das Verfahren nach § 39 Abs. 1 MRG bei der Gemeinde eingeleitet, die allerdings, weil sie das Begehren des Vermieters als berechtigt ansah, über den Mieterantrag nicht entschieden hat. Es treffen vorliegend die Ausgangspunkte sowohl des Abs. 2 wie des Abs. 3 MRG zu, sodaß den übrigen Hauptmietern der Liegenschaft dann Parteistellung zukommt und ihnen jedenfalls Gelegenheit zur Teilnahme am Verfahren zu geben ist, wenn ihr Interesse durch die Stattgebung des Antrages unmittelbar berührt werden könnte. Dabei darf die Bestimmung des § 37 Abs. 3 Z 2 und Z 3 ZPO nicht zu wörtlich verstanden werden. Begehrt der Vermieter den Erhaltungsbeitrag auf der höchstzulässigen Grundlage und will er die Berechtigung seines Begehrens vom Gericht (der Gemeinde) festgestellt wissen, so könnte die Stattgebung des Antrages in rechtlich geschützte Interessen der anderen Hauptmieter nicht eingreifen, wohl aber die Abweisung oder Teilabweisung. Richtig ist daher die Verfahrensbeteiligung danach auszurichten, ob durch die Entscheidung über den Antrag die Interessen der anderen Hauptmieter nicht bloß in wirtschaftlicher Hinsicht (Würth - Zingher, MRG, Anm. 15 zu § 37 MRG) abstrakt beeinträchtigt werden könnten. Der Begriff bloßer Möglichkeit, daß Interessen berührt werden könnten, bedeutet einen weiten Beteiligtenkreis, der allein dadurch eingeschränkt wird, daß nur die "unmittelbare" Berührung der Interessen die Verständigung gebietet (§ 37 Abs. 3 Z 2 MRG) oder Parteistellung verschafft (§ 37 Abs. 3 Z 3 MRG).
Nach dem Mieterverzeichnis gibt es noch eine ganze Reihe anderer Hauptmieter. Während diesen ein Einfluß auf den von einem einzelnen Hauptmieter zu entrichtenden Hauptmietzins nicht zukommt und im Verfahren nach § 37 Abs. 1 Z 8 MRG Nutzflächen und Ausstattungskategorien nur als Vorfrage ohne Bindungswirkung auf künftige Verfahren etwa nach § 37 Abs. 1 Z 10 MRG oder § 37 Abs. 1 Z 9 MRG behandelt würden, sofern nicht ein Antrag nach § 236 oder 259 Abs. 2 ZPO gestelle wird (§ 37 Abs. 3 Z. 13 MRG), ordnet § 45 Abs. 3 MRG an, daß der Vermieter, der auch nur von einem Hauptmieter den Erhaltungsbeitrag einhebt, darüber in gesondert zu legender Abrechnung nicht nur die Erhaltungsbeiträge für die Mietgegenstände, von deren Hauptmietern er die Entrichtung der Erhaltungsbeiträge gefordert hat, sondern auch für die Mietgegenstände auszuweisen hat, von deren Hauptmietern er die Entrichtung eines Erhaltungsbeitrages nicht gefordert hat oder die er selbst benützt. Anders als beim Mietzins hat hier der Gesetzgeber den Gleichbehandlungsgrundsatz eingeführt (Würth - Zingher, MRG, Anm. 13 zu § 45 MRG). Der Vermieter hat für alle Bestandobjekte der Liegenschaft zumindest die fiktiven durch das Gesetz nach Nutzflächen, Ausstattungskategorie und zu entrichtenden Hauptmietzins bemessenen Erhaltungsbeiträge zu verrechnen und sie innerhalb der Frist von fünf Kalenderjahren zur Finanzierung einer Erhaltungsarbeit, deren Kosten durch die anrechenbare Mietzinsreserve nicht gedeckt sind, wobei die verrechenbaren Erhaltungsbeiträge in diese einzustellen sind, zu verwenden (§ 45 Abs. 5 MRG). Verwendet der Vermieter die Erhaltungsbeiträge nicht entsprechend, so hat er sie dem Hauptmieter zuzüglich einer angemessenen Verzinsung unverzüglich zurückzuerstatten (Würth - Zingher, MRG, Anm. 21 zu § 45). Das Rekursgericht hat richtig erkannt, daß die Interessen der anderen Hauptmieter bei einer nicht dem Gesetz entsprechenden Feststellung der Höhe des Erhaltungsbeitrages nicht nur bei der Berechnung der Mietzinsreserve, sondern auch dann berührt sein könnten, wenn der Vermieter die in einem bestimmten Monat verrechenbaren Erhaltungsbeiträge nicht zur Gänze widmungsgemäß verwendet, sodaß ein Rückerstattungsanspruch der Hauptmieter auf einen Teil der von ihnen entrichteten Erhaltungsbeiträge entsteht. Die Höhe dieser Forderung bestimmt sich danach, ob den anderen Hauptmietern der Erhaltungsbeitrag gesetzmäßig richtig vorgeschrieben oder zumindest fiktiv verrechnet wurde. Würde nun der Rückerstattungsberechtigte dem Vermieter vorhalten, er habe einem Mieter den Erhaltungsbeitrag nicht richtig berechnet, könnte sich der Vermieter auf die darüber ergangene Entscheidung im Verfahren nach § 37 MRG berufen, die ihm gegenüber jedenfalls in Rechtskraft erwachsen wäre. Würde dem anderen Mieter aber verwehrt, sich an diesem besonderen Verfahren zu beteiligen und ein Sachvorbringen zu erstatten, könnte es zu unlösbaren Verwicklungen kommen. Diese gebieten, die Berührung der Interessen der anderen Hauptmieter der Liegenschaft nicht, wie das Rekursgericht meint, als mittelbare, sondern als unmittelbare iS des § 37 Abs. 3 Z 2 und Z 3 MRG anzusehen.
Es ist daher im Verfahren über die Angemessenheit des Erhaltungsbeitrages (§ 37 Abs. 1 Z 13 MRG) auch den anderen Hauptmietern der Liegenschaft, die weder Antragsteller noch schon im Antrag des Vermieters als Antragsgegner genannt sind, nach entsprechenden Erhebungen Parteistellung dadurch einzuräumen, daß sie vom Verfahren verständigt (§ 37 Abs. 3 Z 4 MRG) oder ihnen alle Verfahrensverfügungen zugestellt werden (allenfalls bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 37 Abs. 3 Z 5 MRG) und ihnen Gelegenheit zu einem Sachvorbringen im Verfahren geboten wird.
Da das Erstgericht eine Zustellung an die anderen Hauptmieter der Liegenschaft unterlassen hat, obwohl ihnen im Verfahren zur Feststellung des gesetzlichen Ausmaßes des Erhaltungsbeitrags auch nur der Mieter eines Bestandobjektes nach § 37 Abs. 3 Z 3 MRG (Vermieterantrag) Parteistellung zukam, ist mit der Aufhebung der Sachbeschlüsse der Vorinstanzen vorzugehen, ohne zu deren Richtigkeit vorerst Stellung zu nehmen. Da in diesem besonderen Verfahren das Verbot des Vorbringens von Neuerungen besteht, kann den anderen Hauptmietern nur dadurch Gelegenheit zu einem Sachvorbringen geboten werden, daß das Erstgericht sein Verfahren aufnimmt und die erforderlichen Zustellungen vornimmt, um sodann, wenn alle Parteien beteiligt sind, neu zu entscheiden.
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