OGH 10Os131/83

OGH10Os131/8327.9.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. September 1983

durch den zehnten Senat unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich sowie in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Hörburger, Dr. Lachner und Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Richter unter Beiziehung des Richteramtsanwärters Dr. Maresch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Harald A wegen des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit a und c PornG über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 17. Mai 1983, GZ 3 b Vr 777/82-16, nach öffentlicher Verhandlung - Vortrag des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Anhörung der Ausführungen des Verteidigers Dr. Doczekal und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik - zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Harald A des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit a und lit c PornG schuldig erkannt. Darnach hat er am 16. Juni 1982 in Wien in gewinnsüchtiger Absicht insgesamt 32 im Urteilsspruch näher bezeichnete unzüchtige Gegenstände, und zwar eine Videokassette, elf Filme, fünf Bücher, drei Taschenbücher, elf Magazine und einen Werbeprospekt, zum Zweck der Verbreitung vorrätig gehalten und anderen angeboten.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit a und 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen die- ses Urteil kommt keine Berechtigung zu.

Einen Verfahrensmangel (Z 4) erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung seines Antrags auf Beiziehung eines Sachverständigen auf dem Gebiet der Verhaltensforschung zum Beweis dafür, daß die inkriminierten Darstellungen, insbesondere gleichgeschlechtlicher Szenen, in abstracto keinen nachteiligen Einfluß auf Jugendliche oder auf solche Personen hätten, die sich hiedurch gestört fühlen könnten (S 71).

Dieser Beweisaufnahme bedurfte es aber, wie das Erstgericht - mit entgegen § 238 StPO allerdings erst im Urteil nachgetragener Begründung - zutreffend erkannte (S 87), schon deshalb nicht, weil - worauf in Erörterung der Rechtsrüge noch näher einzugehen sein wird - die Tatobjekte durchwegs ohne Rücksicht auf den angesprochenen Interessentenkreis und auf die Art ihrer Präsentation, also generell, als unzüchtig anzusehen sind. Verteidigungsrechte des Angeklagten sind daher durch die Ablehnung des beantragten Sachverständigenbeweises nicht verletzt worden.

Gleichfalls nicht zielführend ist die Mängelrüge (Z 5). Denn der gegen die Feststellung, daß er eine ordnungsgemäße überprüfung der Magazine und Bücher vorsätzlich unterließ, erhobene Vorwurf, das Erstgericht habe dafür 'keine ausreichende' Begründung gegeben, läßt jegliche Substantiierung vermissen und ist demgemäß einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich; in Ansehung der weiteren Konstatierung jedoch, daß er auch die Videokassette und die Filme zum Zweck der Verbreitung vorrätig gehalten und Kunden angeboten hat, ficht der Beschwerdeführer mit allen seinen Argumenten für den Einwand, daß die betreffende Urteilsbegründung 'nicht stichhältig' sei, nur nach Art und Zielsetzung einer im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung unzulässigerweise die erstinstanzliche Beweiswürdigung an, ohne einen formellen Begründungsmangel der Entscheidung im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes der Sache nach wirklich zu behaupten.

Mit der Rechtsrüge remonstriert der Angeklagte zunächst gegen die Beurteilung der inkriminierten Laufbilder und Druckwerke als 'absolut' unzüchtig (Z 9 lit a); auch damit ist er indessen nicht im Recht.

Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist die Beschwerde insoweit mit der Behauptung, bei den beanstandeten Darstellungen homosexueller Betätigung handle es sich durchwegs um die ästhetische Wiedergabe von 'nicht wirklich lesbischen' gleichgeschlechtlichen Handlungen, der im gegebenen Fall vom ästhetischen Standpunkt aus jedenfalls eine bessere Wirkung zukomme als derjenigen von heterosexuellem Verhalten; denn damit setzt sich der Beschwerdeführer über jene Feststellungen hinweg, nach denen auch diese Darstellungen - ebenso wie die von sexuellen Gewalttätigkeiten sowie von Unzuchtsakten zwischen Eltern und Kindern - ein intensives Unzuchttreiben in anreißerisch verzerrter und das Obszöne betonender Weise im Rahmen einer ununterbrochenen Aneinanderreihung einer jeglichen darüber hinausgehenden Gedankeninhalts entkleideten Wiedergabe sexueller Aktivitäten aller Art zum Gegenstand haben (US 12). Soweit er sich aber (in bezug auf eben diese Konstatierungen) darauf beruft, daß die inkriminierten Szenen nur 'gewissermaßen als Stilmittel, um im Rahmen von geschlechtlichen Gruppenaktionen ihre Funktion zu erfüllen', in den jeweiligen Handlungsablauf eingestreut worden und deshalb bloß von untergeordneter Bedeutung seien, genügt es, ihn - wie schon bei seiner einschlägigen Vorverurteilung - neuerlich (vgl 10 Os 15/81) darauf hinzuweisen, daß es nicht auf die qualitative oder quantitative Relation zwischen den homosexuellen und den heterosexuellen Darstellungen in den einzelnen Laufbildern und Druckwerken ankommt, sondern nur darauf, ob der in Rede stehenden Wiedergabe gleichgeschlechtlicher Unzucht jeweils, also auch bei der Darstellung von 'Gruppensex' (mit geschlechtlicher Betätigungen beiderlei Art) ein (im vorliegenden Fall mit Recht angenommener) entsprechender Auffälligkeitswert zukommt (vgl EvBl 1979/231 uam).

Gleichermaßen bieten die Beschwerdeausführungen, denen insoweit maßgebende neue Aspekte nicht zu entnehmen sind, keine Veranlassung dazu, die nach den Entscheidungen zweier verstärkter Senate des Obersten Gerichtshofes (EvBl 1977/ 186 und 1981/52) gefestigte Rechtsansicht in Zweifel zu ziehen, daß die (im erörterten Sinn) pornographische Darstellung gleichgeschlechtlicher Unzucht generell, also ohne Rücksicht sowohl - was vom Angeklagten hier anscheinend verkannt wird - auf den angesprochenen Interessentenkreis als auch auf ihre Eignung zu propagandistischer Wirkung im Sinn einer Massenbeeinflussung verpönt ist; insbesondere der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland ist gerade wegen der in diesem Belang unterschiedlichen gesetzlichen Regelung in beiden Staaten nicht zielführend.

Verfehlt ist aber im gegebenen Zusammenhang auch die Beschwerdeansicht, daß zwei Filme, die einen Zwitter in geschlechtlicher Betätigung mit einem Mann zeigen, eine 'letzten Endes normale' sexuelle Tätigkeit zum Inhalt haben (S 96). Denn geschlechtliche Aktivitäten in Form eines Mundverkehrs zwischen einem Mann und einem solchen Zwitter, der - wie im vorliegenden Fall bereits den (im Urteil relevierten) Verpackungen der Filme zu entnehmen ist - zwar mit weiblichen Brüsten, aber mit dem primären Geschlechtsmerkmal des Mannes ausgestattet ist, sind unbeschadet der Frage, ob ein Zwitter dieser Art nach rein medizinischen Kriterien allenfalls (wie in der Beschwerde getan) als 'weiblich' zu bezeichnen ist oder nicht, und ohne Rücksicht auf die subjektive Einstellung der Akteure selbst hiezu objektiv jedenfalls als gleichgeschlechtliche Unzucht anzusehen, deren pornographische Darstellung nach dem zuvor Gesagten unter allen Umständen verpönt ist (so schon 12 Os 71/78).

Zu Feststellungen darüber hinwieder, ob dem Angeklagten über die Unzüchtigkeit der inkriminierten Gegenstände etwa ein Rechtsirrtum (§ 9 StGB) unterlaufen ist (Z 9 lit b), bestand schon deshalb kein Anlaß, weil er einen derartigen Verbotsirrtum gar nicht behauptet, sondern ganz im Gegenteil sogar ausdrücklich zugegeben hat, das Verbotensein (gemeint: der Darstellung) gleichgeschlechtlicher Handlungen zu kennen (S 66). Die Annahme einer mangelnden Strafwürdigkeit der Tat (§ 42 StGB) schließlich, die der Angeklagte, der Sache nach abermals eine Urteilsnichtigkeit nach Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO behauptend, im Rahmen der Berufung reklamiert, kam im gegebenen Fall mangels geringer Schuld (Abs 1 Z 1), also mangels erheblichen Zurückbleibens seines tatbildmäßigen Verhaltens hinter dem von § 1 PornG typischerweise erfaßten Schuldgehalt, im Hinblick auf seine einschlägige Vorverurteilung aber auch aus Gründen der Spezialprävention (Abs 1 Z 3), keinesfalls in Betracht. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 1 Abs 2 PornG zu einem Monat Freiheitsstrafe, die es ihm gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah und außerdem zu einer Geldstrafe in der Höhe von 60 Tagessätzen zu je 100 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 30 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe.

Bei der Strafbemessung wertete es seine einschlägige Vorstrafe und die zweifache Deliktsqualifikation als erschwerend, die verhältnismäßig geringe Zahl der inkriminierten Tatgegenstände hingegen als mildernd.

Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung 'der Strafe' und die Ausschaltung der Freiheitsstrafe anstrebt, kommt gleichfalls keine Berechtigung zu.

Darauf, daß sich der Berufungswerber auf einen Rechtsirrtum (hier: iS § 34 Z 12 StPO) überhaupt nicht berufen hat, ist schon bei der Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde hingewiesen worden; eine sonstige Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der vom Erstgericht angenommenen Strafzumessungsgründe aber vermag er gar nicht zu behaupten.

Darnach indessen erweisen sich im Hinblick auf die Erfolglosigkeit der über den Angeklagten schon bei seiner einschlägigen Vorverurteilung (anstatt einer Freiheitsstrafe - § 37 StGB) verhängten Geldstrafe zum einen die nunmehrige Anordnung einer (primär angedrohten, hier ohnedies bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe sowie zusätzlich einer (unbedingten) Geldstrafe durchaus als sachgerecht und zum anderen das Ausmaß beider Strafen nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) keineswegs als überhöht.

Auch der Berufung mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

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