OGH 7Ob633/83

OGH7Ob633/8323.6.1983

SZ 56/106

Normen

ABGB §1170
ABGB §1170

 

Spruch:

Beim Druck von Werbeprospekten können auch geringfügige Abweichungen vom bestellten Farbton die Verweigerung der Gegenleistung rechtfertigen

OGH 23. 6. 1983, 7 Ob 633/83 (OLG Wien 4 R 257/82; HG Wien 34 Cg 1264/81)

Text

Die klagende Partei begehrt 65 973.80 S sA als Entgelt für einen Werbeprospekt, den sie im Auftrage der beklagten Partei hergestellt habe.

Die beklagte Partei wendet im wesentlichen ein, der Werbeprospekt habe dem Auftrag nicht entsprochen. Die klagende Partei habe sich geweigert, einen auftragsgemäßen Prospekt herzustellen.

Im zweiten Rechtsgang haben die Untergerichte das Klagebegehren abgewiesen, wobei sie von folgenden wesentlichen Feststellungen ausgingen:

Am 21. 1. 1979 bestellte die beklagte Partei bei der klagenden Partei 3000 Stück Broschüren "Theo-Lanitop". Für den Umschlag und den Innenteil sollte die klagende Partei Tenero-Coat verwenden. Ein Vertreter der beklagten Partei übergab dem Vertreter der klagenden Partei Sch. als Muster teils Reinzeichnungen, teils "layouts" und ein Dia. Die Farbtönung sollte mit der beklagten Partei abgestimmt werden. Am 9. 11. 1979 setzte der Vertreter der beklagten Partei Hermann K auf den Probedruck den Vermerk o. k., womit er zum Ausdruck brachte, daß die Farben im allgemeinen in Ordnung seien. Allerdings wurde darauf verwiesen, daß auf der Vorderseite anstelle eines Blauschattens ein leichterer Schatten und ein ganz kleiner schwarzer Punkt angebracht werden sollten. Überdies wollte er für den Hintergrund der Abbildung einen intensiveren Farbton. Alle diese Änderungswünsche vermerkte Hermann K. Nach Rücksprache mit dem Reproduktionsabteilungsleiter war der klagenden Partei klar, daß die Anbringung eines rein schwarzen Punktes in der geforderten Größe auf der Vorderseite der Verpackung technisch nicht möglich gewesen wäre, doch wurde dies der beklagten Partei nicht mitgeteilt. Ohne Rückfrage brachte die klagende Partei einen blauen Punkt an. Da das Einziehen eines leichteren Schattens im Grauton die Gefahr gebracht hätte, daß der Punkt "aufreißt" und der Grauschatten schmutzig wird, erfolgte keine derartige Farbtönung. Bereits am Tage des Einlangens der ersten Teillieferung bemängelte Hermann K bei der Klägerin das unscharfe Firmenzeichen und den Blauschatten auf der Medikamentenverpackung. Später wurde auch bemängelt, daß ein Umschlagkarton verwendet worden war, der der Bestellung nicht entsprach, qualitativ allerdings gleichwertig ist. Es ist branchenüblich, daß bei Druckaufträgen unter Termindruck und bei kleineren Auflagen, wenn keine Papieranfertigung bestellt ist, ohne orherige Rückfrage beim Besteller anstelle des bestellten Papiers ein qualitativ und preislich gleichwertiges verwendet werden kann. Die klagende Partei lehnte den geforderten Neudruck des Prospektes ab. Die beklagte Partei verweigerte die Übernahme der restlichen Broschüren und trat vom Vertrag zurück. Innerhalb des B-Konzerns, dem die beklagte Partei angehört, gibt es eine internationale Richtlinie, derzufolge die Werbefarbe des Konzerns weiß ist. Medikamentenpackungen sind klinisch weiß, dh. reinweiß darzustellen. Entscheidend ist die Vorderseite der Medikamentenschachtel, weil diese den Gesamteindruck bestimmt.

Rechtlich vertrat das Berufungsgericht den Standpunkt, die Verwendung eines anderen als des bestellten Kartons könne die beklagte Partei nicht zur Leistungsverweigerung heranziehen, weil sie sich diesbezüglich an die Branchenübung halten müsse. Dagegen habe die klagende Partei in der Broschüre die Medikamentenschachtel in einer anderen als der bestellten Farbe dargestellt, weshalb sie dem ihr erteilten Auftrag nicht entsprochen habe. Demnach sei ihr Entgeltsanspruch keinesfalls fällig, weshalb auf die Frage, ob die beklagte Partei auch ein Wandlungsrecht gehabt hätte, nicht eingegangen werden müsse.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Auszugehen ist von der Feststellung, daß die in der Broschüre abgebildete Medikamentenschachtel in einer anderen Farbe dargestellt ist als in jener, die der Bestellung zugrunde lag. Die klagende Partei hat dann aber den ihr erteilten Auftrag nicht entsprechend erfüllt. Bis zur gehörigen Erfüllung des Vertrages - etwa durch Behebung allfälliger Mängel - ist aber der Besteller berechtigt, die gesamte Gegenleistung zu verweigern (SZ 48/108; EvBl. 1981/40; EvBl. 1979/198 ua.). Das Recht des Bestellers auf Zurückbehaltung des Werklohnes ist demnach nur durch das Verbot der schikanösen Rechtsausübung beschränkt (JBl. 1976, 537 ua.).

Zutreffend verwies das Berufungsgericht schon in seinem seinerzeitigen Aufhebungsbeschluß darauf, daß Schikane nur dann anzunehmen ist, wenn der Ausübende in der ausschließlichen Absicht der Schädigung des Partners handelt (SZ 47/67; SZ 44/86 ua.). Daß dies hier der Fall ist, kann ausgeschlossen werden. Die klagende Partei stellt zwar die Abweichung im Farbton der Medikamentenschachtel als unerheblich dar, doch ist dem entgegenzuhalten, daß gerade bei Werbeprospekten besonders genau auf den Willen des Auftraggebers Bedacht genommen werden muß. Der Auftraggeber verspricht sich nämlich in der Regel von einer Werbemaßnahme und ihrer Ausführung einen bestimmten Werbeerfolg. Diese Erwartung ist gerade bei größeren Unternehmungen häufig durch entsprechende Analysen hervorgerufen. Demnach wird der Auftraggeber bei Abweichung in der Ausführung eines Werbeprospektes sein Vertrauen in die Werbewirksamkeit nicht in demselben Ausmaß haben wie bei einer Ausführung, die der von ihm eingeholten Analyse entspricht. Hinzu kommt, daß im vorliegenden Fall der Mutterkonzern der beklagten Partei genaue Richtlinien für die bei Medikamentenschachteln zu verwendende Farbe erteilt hat. Die beklagte Partei muß daher, falls sie diesen Richtlinien bei Werbeprospekten nicht entspricht, im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten mit dem Vorwurf der Konzernleitung, diese Schwierigkeiten durch falsche Werbemaßnahmen mitverursacht zu haben, rechnen. Es ergibt sich sohin, daß die beklagte Partei ein begrundetes Interesse an der genauen Ausführung ihres Auftrages hat. Solange dieser Auftrag nicht ausgeführt worden ist, hat die beklagte Partei gemäß § 1170 ABGB das oben dargestellte und auch vom Berufungsgericht angenommene Leistungsverweigerungsrecht.

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