Spruch:
Nur die Agrarbehörde hat darüber zu befinden, ob ein rechtsgültiger Beschluß einer Agrargemeinschaft über die Zustimmung zum Erwerb von Anteilsrechten durch ein Nichtmitglied zustande gekommen ist; ein privatrechtlicher Feststellungsanspruch besteht nicht
OGH 13. 4. 1983, 1 Ob 580/83 (OLG Innsbruck 1 R 301/82; LG Innsbruck 15 Cg 426/80)
Text
Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer des geschlossenen Hofes F EZ 167 I KG H. Die Beklagten sind Mitglieder der Agrargemeinschaften U-Alpe, EZ 216 II KG K, und H-Alpe, EZ 171 II KG K. Ihre Anteile an diesen Liegenschaften sind mit ihren "Stammsitz"-Liegenschaften derart verbunden, daß der jeweilige Hofeigentümer nutzungsberechtigt ist. Johann H hat als Mitglied der genannten Agrargemeinschaften 52/605 Anteile an der U-Alpe und weitere 52/461 Anteile an der H-Alpe. Diese Anteile verkaufte er an die Kläger. Die Beklagten gaben die schriftliche (undatierte) Erklärung ab, "gemäß § 37 Abs. 3 b TFLG" der Veräußerung dieser Anteilsrechte um den Kaufpreis von 750 000 S entsprechend dem Kaufvertrag vom 16. 1. 1980 zuzustimmen. In der Vollversammlung (Teilhaberversammlung) der Agrargemeinschaften U und H vom 1. 5. 1980 stimmten sie jedoch mit den übrigen Mitgliedern (mit Ausnahme des Johann H) dafür, die Kläger nicht als neue Mitglieder der Interessentenschaft aufzunehmen.
Die Satzungen der genannten Agrargemeinschaften vom 15. 4. 1925 sehen im Abschn. 7 Abs. 2 folgende Vorkaufsrechte vor: "Falls seitens der zuständigen Behörde die Bewilligung zur Absonderung eines Mitgliedschaftsanteiles von einer Stammrealität erteilt werden würde, so steht der Gemeinschaft als solcher das Vorkaufsrecht hieran zu, welches durch die Teilhaberversammlung ausgeübt wird. Wird das Vorkaufsrecht binnen einem Monat, von der Mitteilung des beabsichtigten Verkaufes an den Gemeinschaftsobmann gerechnet, von der Gemeinschaft nicht geltend gemacht, so erlischt dasselbe für diesen Fall, was dir Gemeinschaft betrifft. In zweiter Linie, dh. wenn das Vorkaufsrecht seitens der Gemeinschaft nicht geltend gemacht wird, steht den einzelnen Teilhabern das Vorkaufsrecht zu. Bewerben sich mehrere, so hat der Veräußerer die Wahl. Dieses Vorkaufsrecht der einzelnen Teilhaber ist spätestens bei der hierüber einzuberufenden Teilhaberversammlung geltend zu machen, widrigens es für diesen Fall erlischt. Dasselbe gilt für die Verpachtung".
In der Vollversammlung vom 1. 5. 1980 vertraten die Teilhaber die Auffassung, daß man vom Vorkaufsrecht derzeit keinen Gebrauch machen könne.
Die Kläger stellen folgendes Urteilsbegehren: "Die Beklagten sind an ihre schriftliche undatierte Zustimmungserklärung zum Kaufvertrag vom 16. Jänner 1980 zwischen den Klägern und Johann H gebunden. Die Verweigerung der Zustimmung vom 1. Mai 1980 durch die Beklagten zum Kaufvertrag vom 16. Jänner 1980 zwischen den Klägern und Johann H ist rechtlich ungültig. Der Kaufvertrag vom 16. Jänner 1980 zwischen den Klägern und Johann H ist sohin mit Zustimmung der Beklagten abgeschlossen ...."
Die Kläger brachten vor, daß der zunächst zwischen ihnen und Johann H errichtete selbstverfaßte handschriftliche Vorvertrag, in dem ein Kaufpreis von 430 000 S und weitere Sach- und Arbeitsleistungen vorgesehen gewesen seien, allen Mitgliedern der betroffenen Agrargemeinschaften vorgelegt worden sei, die ihre Zustimmung zum Erwerb erteilt und das statutarisch festgelegte Vorkaufsrecht nicht ausgeübt hätten. Der in der Folge errichtete Kaufvertrag vom 26. 9. 1979 sei durch einen späteren vom 16. 1. 1980 ersetzt worden. Dieser habe anstelle der Sach- und Arbeitsleistungen ebenfalls Geldbeträge vorgesehen, sodaß der neue Gesamtkaufpreis einvernehmlich mit 750 000 S festgesetzt worden sei. In der Folge seien der Obmann der beiden Agrargemeinschaften und alle Mitglieder unter Anschluß einer Kopie des Vertrages vom 16. 1. 1980 aufgefordert worden, für die Agrargemeinschaften oder für sich persönlich das statutengemäße Vorkaufsrecht auszuüben. Weder die Agrargemeinschaft noch einzelne Mitglieder hätten es ausgeübt. Noch zusätzlich hätten sechs Mitglieder aus beiden Agrargemeinschaften, die Beklagten, schriftlich ihre Zustimmung zum Kaufvertrag vom 16. 1. 1980 erteilt, womit sowohl nach Köpfen als auch nach Anteilen jeweils die Mehrheit der Stimmen beider Agrargemeinschaften erreicht worden sei. Damit sei der Kaufvertrag rechtsgültig. Es fehle nur noch die Zustimmung der Agrarbehörde iS des Tiroler landwirtschaftlichen Siedlungsgesetzes 1969 (TLSG). Die Agrarbehörde begnüge sich mit den vorgelegten Zustimmungserklärungen nicht, sondern schreibe die Beibringung eines zustimmenden Vollversammlungsbeschlusses vor. Wegen des Widerrufes der Zustimmungen durch die Beklagten hätten die Kläger ein erhebliches rechtliches Interesse an der Feststellung, daß die Beklagten an ihre schriftlich erteilten Zustimmungserklärungen gebunden seien.
Die Beklagten wendeten Unzulässigkeit des Rechtsweges ein, weil ein Streit zwischen Agrargemeinschaften und ihren Mitgliedern vorliege. Sie beantragten im übrigen Abweisung des Klagebegehrens. Die Beklagten seien als Einzelpersonen passiv nicht legitimiert. Die rechtliche Willensbildung stehe der Vollversammlung der Agrargemeinschaften zu. Die Agrargemeinschaften hätten schon nach Kenntnis vom ursprünglichen Kaufvertrag zwischen den Klägern und Johann H erklärt, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen. Die wirkliche Einlösung sei bereits erfolgt. Die Änderung des Kaufvertrages zwischen den Klägern und Johann H sei unwirksam. Den Klägern fehle ein rechtliches Interesse an den erhobenen Feststellungsbegehren.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und traf folgende wesentliche Feststellungen: Der Erstkläger habe im Frühjahr 1979 mit Johann H als Gegenleistung für den Erwerb der Anteilsrechte des Verkäufers an den genannten Agrargemeinschaften einen Barkaufpreis von 430 000 S und zusätzliche Naturalleistungen vereinbart, die wahlweise in der Überlassung eines Baugrundes an den Verkäufer oder in der Lieferung von 200 fm Nutzholz bestehen sollten. Die Kaufvertragspartner hätten außerdem die Übernahme von Bauschulden in der Höhe von 22 000 S durch die Käufer vereinbart. Die Vereinbarungen seien in einem von Johann H und vom Erstkläger unterschriebenen handschriftlichen Schriftstück festgehalten worden. Die Naturalleistungen seien nicht in diesem Schriftstück festgehalten worden. Der Erstkläger habe vielmehr Johann H einen "Schuldschein" über 200 fm Holz übergeben. Johann H habe dem Erstkläger bei den Kaufvertragsverhandlungen mitgeteilt, daß an den Almanteilen Vorkaufsrechte zugunsten der Agrargemeinschaft(en) und in zweiter Linie zugunsten der einzelnen Mitglieder bestunden; seines Wissens nach seien aber weder die Agrargemeinschaft(en) noch deren einzelne Mitglieder an der Ausübung des Vorkaufsrechtes interessiert. Der Erstkläger habe sich hierauf zum damaligen Obmann der Agrargemeinschaften Josef K begeben, um nähere Informationen darüber einzuholen, ob jemand von den Vorkaufsberechtigten sein Recht auszuüben beabsichtigte. Josef K habe dem Erstkläger erklärt, er müsse sich von jedem einzelnen Mitglied der Agrargemeinschaften eine Unterschrift beschaffen, also eine Erklärung, daß jedes Mitglied auf die Ausübung des Vorkaufsrechtes verzichte und mit dem Kaufvertrag einverstanden sei. Im Sommer 1979 hätten die Kläger die erworbenen Anteilsrechte dadurch genützt, daß sie Vieh auf die Alm getrieben und diese bewirtschaftet hätten. Anläßlich der Alpabrechnung Ende Oktober 1979 sei der größere Teil der Mitglieder der Agrargemeinschaften und der Erstkläger zusammengekommen. Hiebei sei die Frage des Verkaufes der Almanteile des Johann H wieder zur Sprache gekommen. Die anwesenden Mitglieder hätten sich nach dem Kaufpreis erkundigt und den Erstkläger gefragt, ob er schon einen schriftlichen Kaufvertrag habe. Darauf habe der Erstkläger das mit Johann H verfaßte Schriftstück vorgewiesen. Da aus diesem nur der Barzahlungsbetrag von 430 000 S nicht aber die weiteren mit dem Verkäufer vereinbarten Naturalleistungen hervorgegangen seien, habe sich unter den Mitgliedern der Agrargemeinschaften die Meinung gebildet, daß diese das Vorkaufsrecht ausüben sollten. Da den Anwesenden die vom Erstkläger vorgelegte Urkunde zuwenig informativ erschienen sei, hätten sie die Vorlage eines "ordentlichen" Kaufvertrages verlangt. Auch bei der Vollversammlung am 10. 11. 1979 hätten die Mitglieder der Agrargemeinschaften die Meinung vertreten, diese sollten ihr Vorkaufsrecht ausüben und die Anteile des Johann H zum Preis von 430 000 S kaufen. Zu einer Beschlußfassung sei es jedoch nicht gekommen. In der Zwischenzeit hätten die Kläger und Johann H Rechtsanwalt Dr. Herbert G mit der Errichtung eines verbücherungsfähigen Kaufvertrages beauftragt. Da sich Johann H weder für die Überlassung eines Baugrundes noch für die Lieferung von 200 fm Nutzholz habe entschließen können, sei zwischen den Vertragspartnern eine Ablöse der vereinbarten Naturalleistungen vereinbart worden, sodaß die Kaufvertragsparteien einen Kaufpreis von insgesamt 750 000 S festgesetzt hätten, was wertmäßig der ursprünglich getroffenen Vereinbarung entsprochen habe. Der Klagevertreter habe den am 16. 1. 1980 unterfertigten Kaufvertrag dem Obmann der Agrargemeinschaften mit der Aufforderung übermittelt, eine angeschlossene Zustimmungserklärung von den Mitgliedern der Gemeinschaften unterfertigen zu lassen oder allenfalls in einer satzungsgemäßen Vollversammlung die Ausübung des Vorkaufsrechtes durch die Gemeinschaften zu beschließen. Der am 10. 11. 1979 neu gewählte Obmann Arnulf K habe darauf für den 2. 2. 1980 eine Vollversammlung einberufen. Bei dieser hätten sich die Mitglieder über den nunmehrigen Kaufpreis von 750 000 S erstaunt gezeigt. Niemand habe sich für einen Kauf um diesen Preis ausgesprochen, sodaß ein Beschluß nicht gefaßt worden sei. Im Laufe des Winters 1979/80 habe sich Johann H bemüht, von einzelnen Mitgliedern der Agrargemeinschaften die Zustimmung zum Kaufvertrag bzw. ihren Verzicht auf die persönliche Ausübung des Vorkaufsrechtes zu erlangen. Dies sei ihm bei den sechs Beklagten des Verfahrens gelungen, die die (bereits eingangs erwähnte) Zustimmungserklärung zum Kaufvertrag vom 16. 1. 1980 unterfertigt hätten. In der Vollversammlung vom 1. 5. 1980 sei beschlossen worden, die Kläger nicht als neue Mitglieder der Interessentschaft aufzunehmen, womit die Agrargemeinschaften eine von ihrem (früheren) Obmann unterfertigte Zustimmungserklärung zum Kaufvertrag und die Beklagten die von ihnen persönlich erteilten Zustimmungen widerrufen hätten.
Das Erstgericht hielt den Rechtsweg für zulässig, weil es sich nicht um eine Streitigkeit zwischen Agrargemeinschaften und ihren Mitgliedern oder zwischen den Mitgliedern untereinander, sondern um einen Rechtsstreit zwischen Agrargemeinschaftsmitgliedern und außenstehenden Dritten handle. Gemäß § 1075 ABGB müsse der Vorkaufsberechtigte unbewegliche Sachen binnen 30 Tagen nach der geschehenen Anbietung wirklich einlösen; nach Verlauf dieser Zeit sei das Vorkaufsrecht erloschen. Dieses Vorkaufsrecht sei weder von den Agrargemeinschaften noch (in zweiter Linie) von ihren Mitgliedern ausgeübt worden. Sie hätten auch den Kaufgegenstand nicht wirklich eingelöst. Da die Beklagten versucht hätten, ihre bereits persönlich gegebene Zustimmung zum Kaufvertrag vom 16. 1. 1980 zu widerrufen, seien sie als in zweiter Linie Vorkaufsberechtigte zur Klage passiv legitimiert. Das rechtliche Interesse der Kläger an der begehrten Feststellung sei zu bejahen, weil es ihnen durch das Verhalten der Beklagten bisher verwehrt gewesen sei, den Kaufvertrag mit Johann H durchzuführen.
Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung, bestätigte das angefochtene Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, 60 000 S übersteigt. Die Kläger hätten in der Klagserzählung wiederholt behauptet, daß das in den Statuten der betroffenen Agrargemeinschaften verankerte Vorkaufsrecht weder von den Agrargemeinschaften selbst noch von einem ihrer Mitglieder ausgeübt worden sei. Es treffe daher nicht zu, daß "die Klage nur in Beziehung auf die Zustimmung zum Verkauf" zu verstehen sei. Die Beklagten hätten erst im Berufungsverfahren erstmalig geltend gemacht, daß sie persönlich gar keine Zustimmungserklärung zum Kaufvertrag abgeben könnten und müßten, da es dazu nach den Satzungen der Agrargemeinschaften eines Beschlusses eines Gemeinschaftsorgans bedürfe. Aus den Satzungen der betroffenen Agrargemeinschaften ergebe sich, daß nicht nur diese selbst, sondern auch die Teilhaber zur Ausübung des Vorkaufsrechtes bzw. zum Verzicht darauf befugt seien. Auch einzelne Teilhaber seien daher befugt gewesen, ihre Zustimmung zum Kaufvertrag vom 16. 1. 1980 zu erteilen; darin liege ein schlüssiger Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechtes. Es fehle auch nicht an einem Rechtschutzbedürfnis der Kläger für die begehrten Feststellungen. Der Ansicht der Berufungswerber, die begehrten Feststellungen könnten keine rechtserhebliche Zustimmung zum Kaufvertrag bewirken, weil eine solche nur von der Gemeinschaft als Ganzes erteilt werden könne, sei entgegenzuhalten, daß nach den Satzungen der beiden Agrargemeinschaften auch deren einzelne Mitglieder im Falle der Absonderung eines Mitgliedschaftsanteiles von der Stammsitzliegenschaft vorkaufsberechtigt seien. Der Mitgliedschaftsanteil des Johann H sei den Beklagten iS des § 1072 ABGB angeboten worden, sie hätten aber von ihrem Einlösungsrecht nicht Gebrauch gemacht. Die zum Anbietungsvorgang getroffenen Feststellungen seien ausreichend.
Über Revision der Beklagten änderte der Oberste Gerichtshof die Urteile der Vorinstanzen dahin ab, daß er das Klagebegehren abwies.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Aus der Klagserzählung und aus dem Klagebegehren, das wiederum auf die "schriftliche undatierte Zustimmungserklärung" der Beklagten Bezug nimmt, geht deutlich hervor, daß die Kläger mit ihrem Begehren die Feststellung der Bindung der Beklagten an die abgegebenen Zustimmungserklärungen nicht deshalb anstreben, um den Verzicht der Beklagten auf die Ausübung des ihnen nach den Satzungen der beiden Agrargemeinschaften in zweiter Linie zustehenden Vorkaufsrechtes klarzustellen, sondern weil sie zum Erwerb der Anteile des Johann H an den agrargemeinschaftlichen Liegenschaften nach den einschlägigen agrarrechtlichen Vorschriften eine ausdrückliche Zustimmung der betroffenen Agrargemeinschaften benötigen. Es geht ihnen daher nicht, wie die Vorinstanzen annahmen, um die Feststellung des Erlöschens des im Abschn. 7 Abs. 2 der Satzung vorgesehenen Vorkaufsrechtes der Agrargemeinschaften und ihrer Mitglieder, sondern um die unabhängig davon erforderliche Zustimmung der Agrargemeinschaften zum Erwerb von Anteilsrechten durch ein Nichtmitglied. Dies kommt insbesondere idF der im Klagebegehren bezogenen "schriftlichen undatierten Zustimmungserklärungen" deutlich zum Ausdruck; die Beklagten stimmten damit der Veräußerung der Anteilsrechte des Johann H an den agrargemeinschaftlichen Liegenschaften "gemäß § 37 Abs. 3 b TFLG" (gemeint TFLG 1969) zu, welche Bestimmung inhaltlich im wesentlichen der nunmehr geltenden Bestimmung des § 38 Abs. 4 lit. c Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1978 (TFLG 1978) entspricht. Der zweite Satz des Begehrens hat die Feststellung der Unwirksamkeit der Verweigerung der Zustimmung zum Kaufvertrag am 1. 5. 1980 zum Gegenstand und bezieht sich damit deutlich auf die an diesem Tag erfolgte Abstimmung der Vollversammlung der Agrargemeinschaften. Dort wurde nicht über die Ausübung des Vorkaufsrechtes, sondern über die Nichtaufnahme der Kläger in die Agrargemeinschaft abgestimmt. Den Klägern geht es letztlich darum, mit dem angestrebten Feststellungsurteil die fehlende organschaftliche Zustimmung der betroffenen Agrargemeinschaften zu ersetzen.
Während bei der bloßen Miteigentumsgemeinschaft jeder Teilhaber gemäß § 829 ABGB "vollständiger Eigentümer seines Anteils" ist und diesen "willkürlich veräußern" kann, ist das Verfügungsrecht der einzelnen Teilhaber einer Agrargemeinschaft über ihre Anteile am Gemeinschaftsgut nach den einschlägigen agrarrechtlichen Bestimmungen (hier TFLG 1978) im Interesse der geordneten Bewirtschaftung der Stammsitzliegenschaften so einschneidenden Beschränkungen unterworfen, daß gelegentlich eine Eigentumsgemeinschaft zur gesamten Hand iS des deutschen Rechts angenommen wurde (SZ 48/62; Achleitner, Agrargemeinschaften, ÖJZ 1950, 221; Klang in seinem Komm[2] II 151). Gemäß § 38 Abs. 3 TFLG 1978 darf die mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundene Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft von der Stammsitzliegenschaft nur mit Bewilligung der Agrarbehörde abgesondert werden. Gemäß § 38 Abs. 4 lit. c TFLG 1978 ist die Bewilligung nach Abs. 3 zu verweigern, wenn die Agrargemeinschaft dem Erwerb des Anteilrechtes durch ein Nichtmitglied nicht zustimmt. Entscheidend ist somit nicht die Zustimmung einzelner Mitglieder, sondern die Zustimmung der Agrargemeinschaft, die nach der Konzeption des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978 Körperschaft des öffentlichen Rechts ist (§ 34 Abs. 3 leg. cit), also Rechtspersönlichkeit hat (vgl. dazu SZ 48/62). Für die Art und Weise, in der die dem TFLG 1978 unterliegenden Agrargemeinschaften Zustimmungserklärungen abzugeben haben, sind die die orgamschaftliche Willensbestimmung regelnden einschlägigen Vorschriften maßgebend. Die Tätigkeit von Agrargemeinschaften ist mit Bescheid (Satzungen) zu regeln (§ 34 Abs. 2 TFLG 1978). Die Satzungen der Agrargemeinschaft haben insbesondere Bestimmungen über den Aufgabenbereich der Organe und das Abstimmungsverhältnis bei Beschlußfassung in der Vollversammlung und im Ausschuß zu enthalten (§ 36 Abs. 1 lit. c und d TFLG 1978). Die Mitglieder haben ihre Stimmen persönlich oder durch schriftlich Bevollmächtigte abzugeben (§ 36 Abs. 2 TFLG 1978). Die vorliegenden Satzungen der betroffenen Agrargemeinschaften vom 15. 4. 1925 weisen die Beschlußfassung über alle Angelegenheiten, welche den Wirkungskreis des Obmannes und des (im TFLG 1978 allerdings nicht mehr vorgesehenen) "Zusehers" überschreiten, der Teilhaberversammlung (= Vollversammlung) zu. Insbesondere steht ihr gemäß Abschn. 1 Punkt 4 der Satzungen die Beschlußfassung über die Veräußerung, dauernde Belastung und wesentliche Veränderung von Gemeinschaftsgut, wozu auch die Verpachtung sowie Verteilung des Vertragsüberschusses gehört, zu. Hiezu ist die Mehrheit aller Stimmen nach der Zahl der in der Vollversammlung anwesenden Teilhaber und der Anteile erforderlich (Abschn. 1 der Satzungen; § 35 Abs. 2 TFLG). Ob die Zustimmung zur Absonderung des Mitgliedsrechtes von der Stammliegenschaft unter die in Abschn. 1 Punkt 4 aufgezählte "Veräußerung von Gemeinschaftsgut" fällt oder darunter nur die Veräußerung agrargemeinschaftlicher Liegenschaften durch alle Teilhaber gemeinsam zu verstehen ist, kann auf sich beruhen. Die Aufzählung der der Teilhaberversammlung vorbehaltenen Angelegenheiten in Abschn. 1 Punkt 1 bis 6 der Satzungen ist nur eine beispielsweise; die Absonderung des Mitgliedsrechtes von der Stammsitzliegenschaft, für die nach dem Gesetze neben der Zustimmung der Agrargemeinschaft sogar eine Bewilligung der Agrarbehörde erforderlich ist, kommt in ihrer Wichtigkeit den übrigen, der Beschlußfassung der Teilhaberversammlung vorbehaltenen Angelegenheiten gleich. Im übrigen gehen auch beide Parteien davon aus, daß hierüber von der Teilhaberversammlung (und nicht etwa vom Obmann) allein zu entscheiden ist. Die - gemäß § 38 Abs. 4 lit. c TFLG 1978 Voraussetzung einer Bewilligung des betreffenden Rechtsgeschäftes durch die Agrarbehörde bildende - Zustimmung der Agrargemeinschaft zum Erwerb des Anteilsrechtes durch ein Nichtmitglied fiel somit in den Aufgabenbereich der Teilhaberversammlung der betroffenen Agrargemeinschaften. Für die Beurteilung, ob diese Zustimmung erteilt wurde, ist nur die persönliche (oder durch Bevollmächtigte vorgenommene) Stimmabgabe durch die Mitglieder in der Teilhaberversammlung entscheidend. Nur der Agrarbehörde steht es zu, darüber zu befinden, ob ein rechtsgültiger Beschluß der Agrargemeinschaft über die Zustimmung zum Erwerb des Anteilsrechtes durch ein Nichtmitglied zustande gekommen ist. Ein privatrechtlicher Anspruch auf die von den Klägern begehrten Feststellungen, deren dreiteilige Formulierung darauf hinausläuft, daß die schriftlich erteilten Zustimmungen der Beklagten zum Kaufvertrag ungeachtet ihres widersprechenden Stimmverhaltens für die Willensbildung in der Vollversammlung vom 1. 5. 1980 wirksam geblieben seien, kann hingegen nicht bestehen.
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