Normen
BinnenschiffahrtsG §1
BinnenschiffahrtsG §117 Z7
Übereinkommen zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen Art1
Übereinkommen zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen Art7 Z1
BinnenschiffahrtsG §1
BinnenschiffahrtsG §117 Z7
Übereinkommen zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen Art1
Übereinkommen zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen Art7 Z1
Spruch:
Das Übereinkommen zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen, BGBl. 1966/204, gilt für den Ersatz von Schäden, die durch ein Binnenschiff einem anderen Binnenschiff zugefügt wurden. Schäden an einem Landungssteg fallen nicht unter dieses Übereinkommen
Motorboote, die zur Schiffahrt auf Binnengewässern geeignet sind und verwendet werden, sind Schiffe iS des Binnenschifffahrtsgesetzes
Auf ein Verschulden eines Angehörigen der Schiffsbesatzung gestützte Schadenersatzforderungen unterliegen der einjährigen Verjährungsfrist des § 117 Z 7 Binnenschiffahrtsgesetz
OGH 24. 3. 1983, 8 Ob 125, 126/82 (OLG Graz 7 R 19/82; LG Klagenfurt 28 Cg 224/79)
Text
Am 12. 6. 1977 gegen 17.35 Uhr versuchte Paul J als Führer des der Klägerin, der prot. Firma Stadtwerke Klagenfurt, gehörigen Motorschiffes "Klagenfurt", mit dem er den Wörthersee befuhr, an der gleichfalls der Klägerin gehörigen Landungsbrücke Pörtschach/Werzer anzulegen. Dabei kollidierte das Schiff derart mit der Landungsbrücke, daß sowohl am Schiff als auch an der Landungsbrücke erhebliche Schäden entstanden. Ein gerichtliches Strafverfahren wurde wegen dieses Vorfalles nicht eingeleitet.
Die Klägerin begehrte mit ihrer am 25. 7. 1979 beim Landesgericht Klagenfurt eingebrachten Klage vom Beklagten die Zahlung von 150
170.87 S. Dieser Klagsbetrag setzt sich zusammen aus 59 514.87 S an Kosten der Wiederherstellung der Landungsbrücke, 25 656 S an Kosten der Wiederinstandsetzung des Schiffes und 65 000 S an Verdienstentgang wegen der infolge der Reparaturarbeiten erforderlichen Sperre der Landungsbrücke in der Zeit vom 13. 6. bis 12. 7. 1977. Dem Gründe nach stützte die Klägerin ihr Begehren im wesentlichen (sinngemäß) auf die Behauptung, daß der Beklagte die Kollision ihres Schiffes mit der Landungsbrücke verschuldet habe. Als sich der Bug ihres Schiffes im Zuge des Anlegemanövers nur mehr zirka 25 bis 30 m von der Landungsbrücke entfernt befunden habe, sei das vom Beklagten gelenkte Motorboot F 2208 mit dem im Schlepp befindlichen Wasserschifahrer Günther T zwischen dem Bug der "Klagenfurt" und der Landungsbrücke in Richtung Velden durchgefahren. Um eine Kollision mit dem Wasserschifahrer zu vermeiden, sei der Schiffsführer der "Klagenfurt" gezwungen gewesen, einen Winkel von 20 bis 30 Grad zur Anlegebrücke beizubehalten und nicht, wie es für das Anlegemanöver erforderlich gewesen wäre, den Bug nach Backbord zu drehen. Dadurch sei es zur Kollision zwischen dem Motorschiff der Klägerin und der Westseite des Brückenkopfes gekommen, wodurch der Klägerin der geltend gemachte Schaden entstanden sei. Der Beklagte sei wegen dieses Vorfalles verwaltungsbehördlich bestraft worden.
Der Beklagte wendete ein, der Unfall sei auf das alleinige Verschulden des Schiffsführers der Klägerin zurückzuführen. Das von ihm geschilderte Ausweichmanöver sei unter keinen Umständen erforderlich gewesen, weil zwischen der Landungsbrücke und dem Bug des Motorschiffes genügend Platz vorhanden gewesen sei, um dem Wasserschifahrer Günther T das gefahrlose Passieren zu ermöglichen. Der Schiffsführer der Klägerin habe ein der Bestimmung des § 8 der Seenverkehrsordnung widersprechendes unsachgemäßes Ausweichmanöver vorgenommen und überdies eine der Vorschrift des § 15 Abs. 5 der Seenverkehrsordnung widersprechende unzulässige Annäherungsgeschwindigkeit von mehr als 10 km/h eingehalten. Auch die von der Klägerin behauptete Schadenshöhe wurde vom Beklagten bestritten. Schließlich wendete er noch ein, daß die Klagsforderung verjährt sei, weil nach Art. 7 des Übereinkommens zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen vom 15. 3. 1960, BGBl. 1966/204, die Schadenersatzansprüche der Klägerin innerhalb von zwei Jahren nach dem Ereignis geltend zu machen gewesen wären.
Die Klägerin replizierte, ihre geltend gemachten Ansprüche würden nicht auf dieses Übereinkommen gestützt, sondern auf die Seenverkehrsordnung und jede sonstige den Schadenersatz ermöglichende Norm. Deshalb sei die zweijährige Verjährungsfrist nach dem Übereinkommen nicht gegeben. Im übrigen beginne die Zweijahresfrist erst mit dem Zeitpunkt, in dem die Höhe des Schadens geltend gemacht werden könne. Im vorliegenden Fall habe die Höhe des Schadens erst im Frühling 1978 festgestellt werden können; eine Verjährung sei daher nicht eingetreten.
Das Erstgericht wies des Klagebegehren ab und stellte im wesentlichen fest: Der Beklagte fuhr am 12. 6. 1977 als Führer des Motorbootes F 2208 (Eigentümer des Motorbootes ist Peter J) in der Uferschutzzone vor dem Strandcasino Werzer in Pörtschach am Wörthersee vom dortigen Bootsanlegeplatz des Casino Werzer weg, wobei er den Wasserschifahrer Günther T in Schlepp nahm und zwischen dem sich nähernden Linienschiff "Klagenfurt" der Klägerin und der Schiffsanlegebrücke Pörtschach/Werzer hindurchfuhr. Der Führer der "Klagenfurt", Paul J, fühlte sich durch dieses Fahrmanöver irritiert und drehte deshalb das Schiff nicht nach Backbord (nach links), weil er dadurch mit der Schiffsschraube näher zur Anlegebrücke gekommen wäre und seiner Meinung nach den Wasserschifahrer Günther T ernstlich gefährdet hätte, sondern fuhr in einem Winkel von 20 bis 30 Grad zur Anlegebrücke, wodurch nicht nur die drei westlichen Streifpiloten geknickt wurden, sondern die ganze Anlegebrücke verschoben wurde. Auch das Schiff der Klägerin wurde beschädigt, der Klägerin entstand außerdem ein Einnahmenentgang.
Rechtlich führte das Erstgericht im wesentlichen aus, für Schadenersatzansprüche gelte gemäß § 1489 ABGB eine dreijährige Verjährungsfrist; davon gebe es aber Ausnahmen.
Schadenersatzansprüche nach dem Übereinkommen BGBl. 1966/204 verjährten mit Ablauf von zwei Jahren seit dem Ereignis. Die Bestimmungen dieses Übereinkommens seien auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Da die Klage erst mehr als zwei Jahre nach dem Schadensereignis eingebracht worden sei, seien die geltend gemachten Schadenersatzansprüche verjährt.
Das Berufungsgericht gab der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Klägerin mit Urteil in Ansehung der Abweisung eines Teilbetrages von 25 656 S (Kosten der Wiederinstandsetzung des Schiffes) keine Folge; in diesem Umfang bestätigte es die klagsabweisende Entscheidung des Erstgerichtes als Teilurteil. Im übrigen, also in Ansehung der Abweisung des restlichen Klagebegehrens von 124 514.87 S, hob es mit Beschluß die Entscheidung des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf; in diesem Umfang verwies es die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Im Vordergrund stehe die Frage, ob die behaupteten Ansprüche der Klägerin verjährt seien. Das Erstgericht habe sich bei Bejahung dieser Frage auf Art. 7 Z 1 des Übereinkommens zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen vom 15. 3. 1960, BGBl. 1966/204 (im folgenden kurz "Übereinkommen" genannt), gestützt. Damit werfe sich die Frage auf, ob es sich bei den von der Klägerin geltend gemachten Schäden um solche handle, die durch das Übereinkommen geregelt seien. Nach Art. 1 Z 2 des Übereinkommens, das Gesetzesrang genieße, beziehe sich dieses auf den Ersatz solcher Schäden, die ein Binnenschiff durch Ausführung oder Unterlassung eines Manövers oder durch Nichtbeachtung von Vorschriften anderen Binnenschiffen oder den an Bord solcher Schiffe befindlichen Personen oder Sachen zufüge. Schäden, die nicht an Bord der beteiligten Schiffe befindlichen Personen oder Sachen, also etwa Wasserbauten, zugefügt würden, fielen demnach nicht unter das Übereinkommen. Nach dem Übereinkommen seien hingegen solche Schäden zu beurteilen, die einem anderen Binnenschiff zugefügt wurden, sodaß der am Schiff der Klägerin entstandene Schaden nach dem Übereinkommen zu behandeln sei. Das Übereinkommen habe in seinem Art. 7 Z 1 unmißverständlich eine Verkürzung der sonst normierten Verjährungsfrist zum Inhalt. Deshalb müsse in Ansehung des von der Klägerin für die Schäden an ihrem Schiff beanspruchten Ersatzes von 25 656 S Verjährung angenommen werden, weil der Schaden am 12. 6. 1977 eingetreten, die Klage jedoch erst am 25. 7. 1979, also nach Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist, bei Gericht überreicht worden sei.
Es treffe nicht zu, daß das Übereinkommen auf den vorliegenden Fall überhaupt nicht anwendbar sei, weil es nur die Haftung von Schiffseignern regle, nicht aber die Haftung von Personen, die, wie der Beklagte, ein Schiff bloß führten. Der im Übereinkommen verwendete Ausdruck "Verschulden eines Schiffes" entspreche nämlich einer Terminologie, die im internationalen Seerecht seit langem eingebürgert sei. Die Frage, welche Personen für ihr eigenes Verschulden zur Haftung herangezogen werden könnten, bleibe - unbeschadet der grundsätzlichen Anwendbarkeit des Übereinkommens - demnach weiterhin der innerstaatlichen Rechtsordnung überlassen. Für den österreichischen Rechtsbereich kämen daher als Ersatzpflichtige auch iS des Übereinkommens (weiterhin) diejenigen Personen in Betracht, die durch ihr eigenes Verschulden den Schaden herbeigeführt hätten. Zusammenfassend ergebe sich, daß die kürzere Verjährungszeit des Übereinkommens jedenfalls auch dem bloßen Schiffsführer, wie dem Beklagten zugutekomme.
Anders verhalte es sich mit den beiden übrigen Ansprüchen der Klägerin (Schaden an der Landungsbrücke und Verdienstentgang wegen deren vorübergehenden Ausfalles). Auf diese Schäden könne das Übereinkommen nicht angewendet werden. Insoweit hätten die allgemeinen schadenersatzrechtlichen Bestimmungen des ABGB zu gelten, soweit nicht besondere Vorschriften des Binnenschiffahrtsgesetzes bestunden. Die zivilrechtlichen Folgen von Zusammenstößen in der Binnenschiffahrt seien hauptsächlich im Binnenschiffahrtsgesetz geregelt. Dieses Gesetz enthalte wohl in seinen §§ 117 und 118 besondere Verjährungsvorschriften, doch hätten diese nicht den vorliegenden Fall der unmittelbaren Inanspruchnahme des Schiffsführers durch den Geschädigten wegen eines durch fehlerhafte Führung des Schiffes entstandenen Schadens zum Gegenstand. Für die übrigen Ansprüche der Klägerin gelte daher die dreijährige Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB, die bei Einbringung der Klage noch nicht abgelaufen gewesen sei. In diesem Umfang sei die Verjährungseinrede des Beklagten unberechtigt. In diesem Umfang sei daher die Entscheidung des Erstgerichtes aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht nicht nur Feststellungen über die nach der Seenverkehrsordnung in der zur Unfallszeit geltenden Fassung und unter Bedachtnahme auf die Verordnungen des Landeshauptmannes für Kärnten LGBl. 1975/97, 1977/26 und 1977/35 zu beurteilenden Verhaltensweisen des Beklagten und des Führers des Schiffes der Klägerin zu treffen haben, sondern auch Feststellungen über die Höhe des an der Landungsbrücke entstandenen Schadens und des Verdienstentganges der Klägerin. Darüber hinaus werde mit den Parteien zu erörtern sein, welchen Wert das vom Beklagten geführte Motorboot im Zeitpunkt des Schadensereignisses gehabt habe und ob insbesondere der Beklagte einwende und unter Beweis stelle, daß dieser Wert des Motorbootes geringer sei als das Ausmaß der noch strittigen Schäden der Klägerin. Nach § 2 BinnSchG werde derjenige, der ein ihm nicht gehöriges Schiff zur Binnenschiffahrt verwende und selbst führe, wie im vorliegenden Fall der Beklagte, gegenüber Dritten, also auch im vorliegenden Fall gegenüber der Klägerin, als Schiffseigner iS des Binnenschiffahrtsgesetzes angesehen. § 4 Abs. 2 zweiter Satz BinnSchG lege jedoch fest, daß ein Schiffseigner, auch wenn er selbst das Schiff führe, für einen durch fehlerhafte Führung des Schiffes entstandenen Schaden ausschließlich mit Schiff und Fracht hafte, es sei denn, daß ihm eine bösliche Handlungsweise zur Last falle. Im letzteren Fall, also etwa bei vorsätzlicher Schadenszufügung, hafte ein solcher das Schiff selbst führender Schiffseigner unbeschränkt für den gesamten Schaden. Der Beklagte sei somit gegenüber der Klägerin wie ein Schiffseigner zu behandeln. Ein solcher würde aber nur mit der schadensverursachenden Sache, also mit seinem Schiff, haften. Eine derartige sachbezogene Haftung scheide im vorliegenden Fall deshalb aus, weil der Beklagte nicht Eigentümer des von ihm geführten Schiffes sei, wohl aber Anspruch darauf habe, haftungsrechtlich nicht schlechter gestellt zu sein als ein Schiffseigentümer. Der Beklagte habe daher zwar nicht wie ein wirklicher Schiffseigner bloß mit der Sache selbst zu haften, jedoch bloß bis zum Wert des Schiffes (samt Fracht) zum Zeitpunkt des Unfalles. Wäre dieser Wert im besonderen Fall geringer als die tatsächlichen Schäden der Klägerin, wofür der Beklagte behauptungs- und beweispflichtig sei, dann wäre er auch nur bis zu diesem Betrag haftbar. Nur dann, wenn der Klägerin der Nachweis gelänge, daß der Beklagte den Schaden vorsätzlich herbeigeführt habe, würde er auch in voller Höhe haften.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge. Hingegen gab er den Rekursen beider Parteien Folge, hob den Beschluß des Berufungsgerichtes auf und trug dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung der Klägerin auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Binnenschiffahrtssachen vom 30. 1. 1937, DRGBl. I 97, die Vorschriften dieses Gesetzes für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten gelten, die sich aus der Benutzung von Binnengewässern durch Schiffahrt und Flößerei ergeben und Schadenersatzansprüche aus Zusammenstößen oder anderen Schiffahrtsunfällen sowie aus unerlaubten Handlungen, die sonst mit der Benutzung der Gewässer zusammenhängen, zum Gegenstand haben (Binnenschifffahrtssachen). Gemäß § 2 dieses Gesetzes sind für Binnenschiffahrtssachen in erster Instanz - ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes - die Amtsgerichte (nunmehr in Österreich die Bezirksgerichte) zuständig. Nach Art. 1 der 4. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über das Verfahren in Binnenschiffahrtssachen vom 26. 6. 1941, DRGBl. I 351, führen die Amtsgerichte (nunmehr in Österreich die Bezirksgerichte) bei der Verhandlung und Entscheidung von Binnenschiffahrtssachen die Bezeichnung "Schifffahrtsgerichte". Nach Art. 2 dieser Verordnung wird die Verhandlung und Entscheidung über Berufungen und Rekurse gegen die Entscheidungen der Schiffahrtsgerichte den Oberlandesgerichten übertragen, die dabei die Bezeichnung "Schiffahrtsobergerichte" führen.
Daß es sich im vorliegenden Fall um eine Binnenschiffahrtssache handelt, unterliegt nach der einleitend wiedergegebenen Legaldefinition keinem Zweifel. Es hätte daher in erster Instanz das örtlich zuständige Bezirksgericht als Schiffahrtsgericht zu entscheiden gehabt. Die sachliche Unzuständigkeit des Landesgerichtes Klagenfurt wurde aber niemals eingewendet; es begrundet auch keine Nichtigkeit, wenn dieses Gericht in dieser Rechtssache entschieden hat. Durch die Einführung einer besonderen Gerichtsbarkeit in Angelegenheiten der Binnenschiffahrt wurde nur eine neue Kausalgerichtsbarkeit begrundet, die neben die bisher geltenden Formen (Handels-, Berg- und Seesachen) getreten ist. Eine Verletzung der Zuständigkeit im Verhältnis zwischen der allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit und der Kausalgerichtsbarkeit begrundet aber keine Nichtigkeit (EvBl. 1972/132). Im übrigen kann gemäß § 45 Abs. 1 JN die Entscheidung eines Gerichtshofes erster Instanz über seine sachliche Zuständigkeit nicht deshalb angefochten werden, weil für die Rechtssache die Zuständigkeit eines Bezirksgerichtes begrundet ist. Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung auch dann, wenn der Gerichtshof eine ausdrückliche Zuständigkeitsentscheidung nicht gefällt hat (JBl. 1956, 562; JBl. 1976, 323; EvBl. 1979/14; SZ 51/101 uva.).
Bei der Beurteilung der funktionellen Zuständigkeit des Berufungsgerichtes kommt es nicht darauf an, ob die Sache nach der Art des Gegenstandes unter die Bestimmungen des Gesetzes über das Verfahren in Binnenschiffahrtssachen fällt, sondern allein darauf, ob eine Entscheidung des Schiffahrtsgerichtes vorliegt (EvBl. 1972/132). Da im vorliegenden Fall in erster Instanz nicht das Schiffahrtsgericht, sondern das Landesgericht Klagenfurt entschieden hat, bestehen somit an der funktionellen Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht keine Zweifel.
Eine den Vorinstanzen unterlaufene von Amts wegen aus Anlaß der vorliegenden Rechtsmittel wahrzunehmende Nichtigkeit liegt somit nicht vor.
Die Klägerin versucht in ihrer Revision im wesentlichen darzutun, daß die Bestimmungen des Übereinkommens zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen, BGBl. 1966/204 (in der Folge "Übereinkommen" genannt), auf den vorliegenden Fall deswegen nicht anzuwenden seien, weil sich dieses Übereinkommen nur auf Unfälle beziehe, an denen mit internationalen Transporten befaßte Schiffe verschiedener Vertragsstaaten beteiligt seien und weil sich das Übereinkommen nur auf die Schadenersatzpflicht des Schiffseigners beziehe. Da in später in Kraft getretenen Gesetzesbestimmungen (Schiffahrtspolizeigesetz, BGBl. 1979/103, und Schiffahrts- und Verkehrsordnung für Seen und Flüsse, BGBl. 1979/163) eine Verkürzung der allgemeinen Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche von drei Jahren nicht normiert worden sei, müsse auch für den vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, daß die Verjährungsfrist drei Jahre betrage. Der Beklagte sei deswegen schadenersatzpflichtig, weil er gegen verschiedene Schutznormen, nämlich Vorschriften der zur Unfallszeit in Geltung gestandenen Seenverkehrsordnung, BGBl. 1961/103, verstoßen habe. Dem kann nicht gefolgt werden. Das Übereinkommen - es ist am 13. 9. 1966 in Kraft getreten - gilt gemäß Art. 1 für den Ersatz des Schadens, der durch den Zusammenstoß von Binnenschiffen in den Gewässern einer der Vertragsparteien den Schiffen oder den an Bord befindlichen Personen oder Sachen zugefügt wird (Z 1) und auch für den Ersatz jedes Schadens, den ein Binnenschiff in den Gewässern einer der Vertragsparteien, ohne daß ein Zusammenstoß stattgefunden hat, durch Ausführung oder Unterlassung eines Manövers oder durch Nichtbeachtung von Vorschriften anderen Binnenschiffen oder den an Bord solcher Schiffe befindlichen Personen oder Sachen zufügt (Z 2). Gemäß Art. 1 Z 4 umfaßt für die Anwendung dieses Übereinkommens die Bezeichnung "Schiff" auch Kleinfahrzeuge. Gemäß Art. 7 Z 1 verjähren die (von diesem Übereinkommen erfaßten) Schadenersatzansprüche mit Ablauf von zwei Jahren seit dem Ereignis.
Dieses Übereinkommen gilt somit für den Ersatz von Schäden, die durch ein Binnenschiff (wozu auch Kleinfahrzeuge gehören) auch ohne Zusammenstoß einem anderen Binnenschiff zugefügt wurden. Schäden, die nicht an Bord der beteiligten Schiffe befindlichen Sachen (etwa Wasserbauten) zugefügt wurden, fallen nicht unter das Übereinkommen. Die Nationalität der beteiligten Schiffe und Personen ist für die Anwendbarkeit des Übereinkommens ohne Belang. Das Übereinkommen berührt die Frage, welche Personen für ihr eigenes Verschulden oder das Verschulden anderer zur Haftung herangezogen werden können, überhaupt nicht und überläßt ihre Lösung weiterhin dem nationalen Recht (s. dazu Erläuternde Bemerkungen, 725 BlgNR 9. GP). Die Meinung der Klägerin, das Übereinkommen beziehe sich nur auf die Schadenersatzpflicht des Schiffseigners, ist daher unzutreffend.
Im vorliegenden Fall unterliegen somit, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, die geltend gemachten Schadenersatzansprüche der Klägerin, soweit sie aus der Beschädigung ihres Schiffes abgeleitet wurden, den Bestimmungen des Übereinkommens, nicht aber die aus der Beschädigung des Landungssteges abgeleiteten Schadenersatzforderungen. Nur für den erstgenannten Schadenersatzanspruch gilt daher die im Art. 7 Z 1 des Übereinkommens normierte zweijährige Verjährungsfrist, nicht aber für die übrigen Ansprüche.
Daran ändert der Umstand nichts, daß die Klägerin die Schadenersatzpflicht des Beklagten daraus ableitet, daß er schuldhaft gegen Schutznormen iS des § 1311 ABGB verstoßen habe. Dies ist eine Voraussetzung für die Annahme seiner Verschuldenshaftung als Führer des Motorbootes, ändert aber nichts daran, daß für die gegen ihn gerichteten Schadenersatzansprüche, soweit sie den Ersatz von Schäden am Schiff der Klägerin zum Gegenstand haben, wie oben dargestellt die im Art. 7 Z 1 des Übereinkommens normierte zweijährige Verjährungsfrist gilt.
Wenn sich die Klägerin schließlich noch auf gesetzliche Vorschriften beruft, die zur Unfallszeit noch gar nicht in Geltung standen und aus dem Fehlen einer Regelung der Verjährungszeit von Schadenersatzansprüchen in diesen Vorschriften abzuleiten versucht, daß es bei Schadenersatzansprüchen wegen Verschuldens entgegen der im Übereinkommen getroffenen Regelung schlechthin bei der dreijährigen Verjährungszeit des § 1489 ABGB für Schadenersatzansprüche wegen Verschuldens zu verbleiben habe, ist ihr zu entgegnen, daß es sich bei den vor ihr genannten Gesetzen (BGBl. 1979/103 und BGBl. 1979/163) im wesentlichen um verkehrsregelnde Bestimmungen handelt, die die Regelung der zivilrechtlichen Ersatzpflicht aus ihrer Übertretung überhaupt nicht zum Gegenstand haben. Es kann daher aus dem Fehlen von Verjährungsbestimmungen in diesen Gesetzen nicht darauf geschlossen werden, daß damit die Verjährungsbestimmung des Art. 7 Z 1 des Übereinkommens oder sonstige Verjährungsbestimmungen abgeändert werden sollten.
Da der Unfall am 12. 6. 1977 erfolgte, die Klage aber erst am 25. 7. 1979 eingebracht wurde, hat somit das Berufungsgericht mit Recht iS des Art. 7 Z 1 des Übereinkommens die Verjährung des geltend gemachten Schadenersatzanspruches der Klägerin bejaht, soweit er den Ersatz des an ihrem Schiff entstandenen Schadens zum Gegenstand hat.
Mit Recht wendet sich der Beklagte in seinem Rechtsmittel gegen die Beurteilung des Berufungsgerichtes, daß die aus der Beschädigung der Landungsbrücke abgeleiteten Schadenersatzansprüche der Klägerin nicht verjährt seien. Es wurde zwar bereits oben ausgeführt, daß sich das Übereinkommen nicht auf diese Schadenersatzansprüche bezieht. Die erstmals im Rekurs aufgestellte Behauptung des Beklagten, daß es sich bei den beschädigten Teilen der Landungsbrücke um bewegliche Teile von Schiffsbrücken iS des Art. 1 Z 4 lit. b des Übereinkommens gehandelt habe, findet weder in seinem Vorbringen erster Instanz noch in den Feststellungen der Vorinstanzen ihre Deckung.
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die Verjährungsbestimmung des § 117 Z 7 Binnenschiffahrtsgesetz auf die Schadenersatzansprüche der Klägerin wegen Beschädigung ihrer Landungsbrücke nicht anzuwenden seien, ist aber unzutreffend. Es ist zunächst davon auszugehen, daß die Schadenersatzpflicht des Beklagten nach den Bestimmungen des Binnenschiffahrtsgesetzes (RGBl. 1898, 369, 868) zu beurteilen ist. Das von ihm zur Unfallszeit geführte Motorboot ist als Schiff iS des § 1 BinnSchG zu qualifizieren, das zur Schiffahrt auf einem Binnengewässer bestimmt war und dazu auch verwendet wurde. Wohl sind kleine Boote, die nicht zur Schiffahrt im engeren Sinn bestimmt sind, wie etwa kleine Ruder- und Paddelboote, nicht als Schiffe iS dieser Gesetzesstelle anzusehen; hingegen trifft dies für größere Sportboote wie insbesondere jedenfalls für größere und stärkere Motorboote zu, da derartige Wasserfahrzeuge zur Schiffahrt auf Binnengewässern geeignet sind und verwendet werden (s. dazu Vortisch - Zschucke, Binnenschiffahrts- und Flößereirecht[2] 13, 18). Bei dem vom Beklagten geführten Motorboot handelte es sich, wie sich aus dem Erhebungsakt der Gendarmerie, auf den bereits das Erstgericht Bezug genommen hat, ergibt, um ein 6.4 m langes und 2.17 m breites, für sieben Personen zugelassenes Motorboot, das mit einem Viertakt-Innenbordmotor, gedrosselt auf 200 PS, ausgestattet war. Dieses Wasserfahrzeug ist nach den dargestellten Kriterien als Schiff iS des Binnenschiffahrtsgesetzes anzusehen.
Die Klägerin leitet die Ersatzpflicht des Beklagten daraus ab, daß er als Führer des von ihm gelenkten Schiffes durch sein Fahrmanöver schuldhaft Schutzvorschriften iS des § 1311 ABGB übertreten habe. Nun haftet iS des § 7 BinnSchG der Führer eines Schiffes (Schiffer) grundsätzlich aus einer schuldhaften unerlaubten Handlung jedem geschädigten Dritten für den ihm zugefügten Schaden (Vortisch - Zschucke aaO 54).
Allerdings verjähren die Forderungen aus dem Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung gemäß § 117 Z 7 BinnSchG mit dem Ablauf eines Jahres; gemäß § 118 BinnSchG beginnt die Verjährung mit dem Schluß des Jahres, in welchem die Forderung fällig geworden ist. Der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, die Verjährungsvorschrift des § 117 Z 7 BinnSchG betreffe nicht den vorliegenden Fall der unmittelbaren Inanspruchnahme des Schiffsführers durch den geschädigten Dritten wegen eines durch fehlerhafte Führung des Schiffes entstandenen Schadens, kann nicht beigetreten werden. Wie sich insbesondere aus der Anführung des § 7 in der Klammer am Ende des Textes des § 117 Z 7 BinnSchG ergibt, hat diese Gesetzesstelle auch Schadenersatzansprüche gegen den Schiffsführer, der gemäß § 3 Abs. 2 BinnSchG zur Schiffsbesatzung gehört, wegen Vernachlässigung der erforderlichen Sorgfalt bei der Schiffsführung zum Gegenstand. Der einjährigen Verjährungsfrist des § 117 Z 7 BinnSchG unterliegen alle Forderungen aus einem Verschulden eines Angehörigen der Schiffsbesatzung, gleichgültig ob sie auf Vertrag, auf die Vorschriften der §§ 3 und 4 BinnSchG oder auf sonstige Haftungsvorschriften (§ 7 BinnSchG oder §§ 1295 ff. ABGB) gestützt werden. Es gehören dazu auch Schadenersatzansprüche gegen den Schiffer oder gegen ein sonstiges Besatzungsmitglied aus einem schuldhaften Verhalten; die Anwendung des § 117 Z 7 BinnSchG ist nicht auf Ansprüche gegen den Schiffseigner beschränkt, wie sich insbesondere aus der Anführung des § 7 in der Klammer am Ende dieser Gesetzesstelle ergibt (Vortisch - Zschucke aaO 534 f., 537; s. dazu auch RGZ 127, 73).
Wenn sich die Klägerin im vorliegenden Fall darauf beruft, daß der Beklagte schuldhaft gegen Schutzgesetze verstoßen und ihr dadurch einen Schaden zugefügt habe, behauptet sie damit, wie bereits oben ausgeführt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Verschuldenshaftung des Beklagten ihr gegenüber. Für diese Schadenersatzpflicht des Beklagten gilt aber, soweit sie nicht, wie oben dargestellt, der Verjährungsbestimmung des Übereinkommens unterliegt, die Verjährungsbestimmung des § 117 Z 7 BinnSchG weil eben die Schadenersatzforderung der Klägerin aus dem Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung, nämlich des Schiffsführers, abgeleitet wird. Insoweit kommt die im § 1489 ABGB normierte dreijährige Verjährungsfrist nicht zum Tragen, weil sie durch die Spezialbestimmung des § 117 Z 7 BinnSchG eingeschränkt wird.
Nach der eigenen Behauptung der Klägerin trat die Fälligkeit ihres Klagsanspruches spätestens am 12. 7. 1977 ein. Die genaue Feststellbarkeit der Schadenshöhe ist nicht Voraussetzung für den Beginn der Verjährungsfrist; dafür genügt bereits, daß die Voraussetzungen für eine Feststellungsklage gegeben sind (Vortisch - Zschucke aaO 539). Die einjährige Verjährungsfrist begann daher gemäß § 118 BinnSchG mit Ende des Jahres 1977 und war somit bei Klagseinbringung am 25. 7. 1979 längst abgelaufen.
Damit erweist sich die Rechtssache als spruchreif iS der vollinhaltlichen Abweisung des Klagebegehrens, ohne daß auf die Rekursausführungen der Klägerin weiter einzugehen wäre.
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