OGH 1Ob560/83

OGH1Ob560/839.3.1983

SZ 56/39

Normen

EVHGB Art8 Nr. 11
EVHGB Art8 Nr. 11

 

Spruch:

Wer im Wissen seiner fehlenden Vertretungsmacht für einen Dritten handelte, haftet einem Kaufmann, der den Vollmachtmangel weder kannte noch kennen mußte, für das Erfüllungsinteresse

OGH 9. 3. 1983, 1 Ob 560/83 (OLG Wien 14 R 188/82; KG St. Pölten 28 Cg 66/81)

Text

Die Beklagte erteilte der klagenden Partei am 5. 6. 1981 einen bis 31. 7. 1981 befristeten unwiderruflichen Alleinvermittlungsauftrag zur Veräußerung der im Alleineigentum ihres Ehegatten Anton W stehenden Eigentumswohnung in A, G-Straße 84/2/2/6. Auf der Vorderseite des auf einem Formular festgehaltenen Alleinvermittlungsauftrages ist als "Abgeber oder vom Wohnungsinhaber schriftlich Bevollmächtigter" und in der Spalte "Wohnung im Grundbuch (unter welchem Namen)" jeweils "Hr. Anton W" genannt. Das Formular enthält ferner den Vermerk: "Der Abgeber (Auftraggeber) erklärt ausdrücklich, Inhaber des oben beschriebenen Objektes zu sein (bzw. vom Inhaber ausdrücklich schriftlich beauftragt oder bevollmächtigt zu sein) und bestätigt mittels seiner tieferstehenden Unterschrift sein Einverständnis für den Alleinvermittlungsauftrag. Er erklärt gleichzeitig, daß er umseitig genannte Bedingungen gelesen und unwiderruflich zur Kenntnis genommen sowie eine Kopie hievon erhalten hat." Die Beklagte unterschrieb den Alleinvermittlungsauftrag auf der Vorderseite über dem Vermerk: "Eigenhändige Unterschrift des (bevollmächtigten) Auftraggebers." Die Rückseite des Alleinvermittlungsauftrages enthält unter der Überschrift "Vereinbarung" im Punkt 3 Abs. 3 bis 5 folgende Bestimmungen: "Die Provision ist auch für den Fall zu bezahlen, daß der Auftraggeber a) innerhalb der vereinbarten Frist den Alleinvermittlungsauftrag widerruft oder b) das im Alleinvermittlungsauftrag bezeichnete Rechtsgeschäft alleine oder mit Hilfe eines anderen Immobilienmaklers abschließt oder c) das im Alleinvermittlungsauftrag bezeichnete Rechtsgeschäft nur deshalb nicht zustande kommt, weil es vom Auftraggeber (gegen) Treu und Glauben vereitelt wurde oder ..... In dieser vorgenannten Fällen haftet uns der Auftraggeber auch für die vom Käufer zu bezahlende Provision, welche im Zweifelsfalle gleich hoch der Verkäuferprovision ist. Diese Vertragsstrafe unterliegt nicht der richterlichen Mäßigung ...." Die Beklagte unterfertigte auch die Rückseite des Alleinvermittlungsauftrages.

Die klagende Partei behauptet, die Beklagte habe ausdrücklich erklärt, vom Wohnungseigentümer zur Erteilung des Alleinvermittlungsauftrages bevollmächtigt worden zu sein. Nachdem die klagende Partei bereits eine Interessentin für die Wohnung gefunden gehabt habe, habe sie sich mit dem Wohnungseigentümer wegen eines Besichtigungstermines in Verbindung gesetzt. Dieser habe erklärt, sich an den von seiner Ehegattin unterfertigten Alleinvermittlungsauftrag nicht gebunden zu fühlen. Die Beklagte hafte daher als falsus procurator, da die klagende Partei den vom Wohnungseigentümer behaupteten Mangel der Vollmacht weder gekannt habe noch habe kennen müssen. Im vorliegenden Fall sei sowohl der Alleinvermittlungsauftrag vertragswidrig widerrufen als auch der Verkauf der Wohnung an die bereits namhaft gemachte Interessentin dadurch vereitelt worden, daß ihr keine Möglichkeit gewährt worden sei, die Wohnung zu besichtigen. Die Beklagte hafte daher für die vereinbarte Verkäuferprovision, aber auch für die durch ihr Verschulden entgangene Käuferprovision in der Höhe von je 20 000 S. Die klagende Partei begehrt von der Beklagten Zahlung von 40 000 S sA.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß die klagende Partei nicht verdienstlich tätig geworden sei. Die Beklage hätte ihren Gatten sebstverständlich "zum Abschluß eines Kaufvertrages bewegen können", wenn die klagende Partei einen Kaufwerber gebracht hätte. Die klagende Partei habe keinen Besprechungs- oder Besichtigungstermin mit einem Interessenten vereinbart.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und traf folgende Feststellungen: Die Beklagte und ihr Ehemann hätten beabsichtigt, die im Wohnungseigentum des Ehemannes stehende Eigentumswohnung zu verkaufen. Die Beklagte habe sich deshalb an Ingrid H, eine Angestellte der klagenden Partei, gewandt, die die Beklagte in der Wohnung in A besucht habe. Hiebei sei es zum Abschluß des eingangs wiedergegebenen Alleinvermittlungsauftrag gekommen. In der Folge habe die Beklagte mehrmals bei Ingrid H telefonisch angefragt, ob sich schon ein Interessent gemeldet habe. Die Beklagte habe Ingrid H vor ihrer Abreise Mitteilung davon gemacht, daß sie sich vom 3. bis 19. 7. 1981 auf Urlaub in Kärnten befinde und Ingrid H sich wegen allfälliger Besichtigungen der Wohnung durch Interessenten in dieser Zeit mit ihrer Mutter Elisabeth E telefonisch in Verbindung setzen solle. Nachdem sich bei der klagenden Partei zwei Interessenten gemeldet hätten, habe Ingrid H bei Elisabeth E angerufen, um für eine der Interessentinnen den 13. 7. 1981 als Besichtigungstermin zu vereinbaren. Elisabeth E habe die Besichtigungsmöglichkeit zugesagt. Als Ingrid H ein zweites Mal bei Elisabeth E angerufen habe, habe sich "ein Mann mit dem Namen W" gemeldet und erklärt, daß eine Besichtigung nicht möglich sei; er habe diesen Vertrag nicht abgeschlossen und unterschrieben, es interessiere ihn auch nicht, was mit seiner Ehegattin ausgemacht worden sei. Am 11. 7. 1981 habe der Ehegatte der Beklagten bei der klagenden Partei angerufen und zu deren Geschäftsführer Alfred K erklärt, er betrachte den von seiner Ehegattin am 5. 6. 1981 erteilten Alleinvermittlungsauftrag als hinfällig, weil er einen Privatinteressenten für die Wohnung habe und seine Ehegattin nicht Eigentümerin sei.

Das Erstgericht war der Ansicht, daß die Beklagte verpflichtet sei, sowohl die Verkäufer- als auch die Käuferprovision im Betrag von je 20 000 S zu bezahlen, weil der Verkauf der Wohnung entgegen Punkt 3 der Vereinbarungen vom 5. 6. 1981 durch Verhinderung der Besichtigung des Objektes wider Treu und Glauben vereitelt worden sei und die Beklagte trotz ihrer mangelnden rechtlichen Verfügungsmöglichkeit oder Ermächtigung durch ihren Ehegatten der klagenden Partei erklärt habe, zum Abschluß des Alleinvermittlungsauftrages befugt zu sein. Der Klagsbetrag habe zwar den Charakter einer unechten Vertragsstrafe, doch habe sich die Beklagte weder ausdrücklich noch schlüssig auf das richterliche Mäßigungsrecht berufen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies.

Die zweite Instanz war der Ansicht, die Parteien hätten außer Streit gestellt, daß die Beklagte der Klägerin den gegenständlichen Vermittlungsauftrag erteilt habe. Es sei daher davon auszugehen, daß die Beklagte im eigenen Namen und nicht als direkte Stellvertreterin ihres Mannes tätig geworden sei. Die im Vertragsformular enthaltenen Hinweise auf eine Bevollmächtigung stunden dem nicht entgegen. Damit scheide eine Haftung der Beklagten als falsus procurator aus. Selbst wenn sie aber in Betracht käme, könnte die klagende Partei keinen Vertrauensschutz für sich in Anspruch nehmen, weil es ihre Angestellte unterlassen habe, die im Text des Vermittlungsauftrages von der Beklagten bestätigte Bevollmächtigung durch den Wohnungseigentümer zu prüfen, was für sie ein Leichtes gewesen wäre. Als Vertragspartnerin der klagenden Partei könnte die Beklagte nur zahlungspflichtig sein, wenn einer der in Punkt 3 lit. a bis d vorgesehenen Haftungsfälle vorläge. Diese Fälle entsprächen im wesentlichen jenen, in denen gemäß § 9 der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 16. 6. 1978 über Ausübungsregeln für Immobilienmakler, BGBl. 323 (Immobilienmaklerverordnung = ImmMV), eine Provision oder sonstige Vergütung auch dann vorgesehen werden dürfe, wenn die Tätigkeit des Maklers nicht erfolgreich sei. Von diesen Haftungsfällen seien nur die in Punkt 3 lit. a und c des Alleinvermittlungsauftrages vorgesehenen Fälle in Betracht zu ziehen. Keiner dieser beiden Fälle liege jedoch vor, weil die Beklagte den Alleinvermittlungsauftrag nicht widerrufen habe. Unerheblich sei, ob ihr Ehegatte diesen Auftrag widerrufen habe, weil er nicht Vertragspartner der klagenden Partei gewesen sei. Die Beklagte habe aber das Geschäft auch nicht wider Treu und Glauben vereitelt. Sie habe nichts unternommen, um das Zustandekommen des Geschäftes vorsätzlich zu verhindern. Das Verhalten der Beklagten beim Vertragsabschluß könne schon begrifflich keineVereitlungshandlung iS des § 9 Abs. 1 Z 2 ImmMV bilden, weil darunter nur ein der Auftragserteilung nachfolgendes Verhalten verstanden werden könne. Daß die Beklagte trotz Vollmachtsmangels die Erklärung unterschrieben habe, ausdrücklich schriftlich bevollmächtigt zu sein, sei somit ohne Belang. Es fehle aber auch jeder Anhaltspunkt dafür, daß die Beklagte die Vertreterin der klagenden Partei bei Abgabe dieser Erklärung bewußt in Irrtum habe führen wollen. Ingrid H habe sich mit der Annahme begnügt, daß zwischen den Ehegatten Klarheit über die Vorgangsweise der Beklagten bestehe.

Über Revision der klagenden Partei hob der Oberste Gerichtshof die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zutreffend wendet sich die Revisionswerberin gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, die Beklagte habe den Alleinvermittlungsauftrag im eigenen Namen und nicht als direkte Stellvertreterin ihres Mannes erteilt. Das Berufungsgericht stützte diese Ansicht auf eine vermeintliche Außerstreitstellung der Parteien, die nicht vorliegt. Die klagende Partei behauptete ein Vorgehen der Beklagten im eigenen Namen nicht, sondern stützte ihre Klage ausdrücklich darauf, daß die Beklagte in Kenntnis des Vollmachtsmangels als falsus procurator aufgetreten sei. Das Vorbringen der Beklagten in der Klagebeantwortung, es sei richtig, daß sie der klagenden Partei einen Vermittlungsauftrag erteilt habe, besagt darüber, ob dies im eigenen Namen oder als Bevollmächtigte ihres Mannes geschah, nichts. Daß die Beklagte als Bevollmächtigte ihres Mannes auftrat, geht aus mehreren Stellen des Alleinvermittlungsauftrages, an denen als Wohnungsinhaber, grundbücherlich Berechtigter und als "Abgeber" (= Auftraggeber) der Ehegatte der Beklagten Anton W bezeichnet wurde, eindeutig hervor. Die Beklagte hat somit nach dem Inhalte des Alleinvermittlungsauftrages deutlich offengelegt, im Namen eines anderen zu handeln. Es ist zwar möglich, im eigenen Namen einen Alleinvermittlungsauftrag auch über die Veräußerung einer fremden Sache abzuschließen, doch wurde ein derart ungewöhnlicher Vorgang nicht behauptet. Für das Auftreten der Beklagten in fremdem Namen spricht auch die durch ihre Unterschrift gedeckte Erklärung, "vom Inhaber ausdrücklich schriftlich beauftragt oder bevollmächtigt" zu sein. Für die weitere rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes ist somit davon auszugehen, daß die Beklagte als Bevollmächtigte ihres Ehegatten auftrat. Darüber, ob sie diese Vertretungsmacht ausdrücklich oder wenigstens schlüssig besessen hatte, traf allerdings das Erstgericht im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung keine Tatsachenfeststellungen. Es gab nur die Behauptungen des Ehegatten der Beklagten gegenüber der klagenden Partei, die Beklagte habe keine Vollmacht besessen, wider. In seiner rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes ging das Erstgericht aber davon aus, daß der Beklagten die "Ermächtigung" durch ihren Ehegatten gefehlt habe, was die Beklagte in der Berufung nicht bekämpfte. Sie stützte die Rechtsrüge im Berufungsverfahren auch darauf, daß der klagenden Partei der Vollmachtsmangel zumindest hätte bekannt sein müssen.

Es ist damit zu prüfen, nach welchen Vorschriften die Haftung der Beklagten als Vertreterin ohne Vertretungsmacht zu beurteilen ist. Hiefür kommen nicht die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes, sondern jene des Handelsrechtes zur Anwendung. Nach Maßgabe der (in der Folge noch zu erörternden) Bestimmung des Art. 8 Nr. 11 EVHGB haftet, wer als Vertreter ein Handelsgeschäft geschlossen hat, sofern er nicht seine Vertretungsmacht nachweist. Die dem § 179 BGB nachgebildete Bestimmung regelt nicht nur den Fall der Vollmachtsüberschreitung, sondern auch des Handelns ohne Vertretungsmacht (GesRZ 1980, 144; JBl. 1978, 32; JBl. 1975, 595; SZ 44/21; Welser, JBl. 1975, 599). Art. 8 Nr. 11 EVHGB kommt zur Anwendung, wenn das Geschäft bei Vorliegen der Vollmacht zumindest ein einseitiges Handelsgeschäft geworden wäre, sei es, daß der angeblich Vertretene oder der andere Teil Kaufmannseigenschaft hatten (GesRZ 1980, 144; JBl. 1978, 32; JBl. 1975, 595; SZ 44/21;

Stanzl in Klang[2] IV/1, 853; Welser, Vertretung ohne Vollmacht 171;

derselbe, Drei Fragen des Stellvertretungsrechts, JBl. 1972, 338;

vgl. auch Koziol - Welser[6] I 141). Da die klagende Partei eine Handelsgesellschaft ist, kommt Art. 8 Nr. 11 EVHGB zur Anwendung.

Gemäß Art. 8 Nr. 11 Abs. 1 EVHGB ist der Vertreter ohne Vertretungsmacht "dem anderen Teil" (in der Folge auch als "Dritter" bezeichnet), nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadenersatz verpflichtet, wenn der Vertretene - wie im vorliegenden Fall - die Genehmigung des Vertrages verweigert. Diese Haftung ist nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle auf den Vertrauensschaden gemildert, wenn der Vertreter den Mangel der Vertretungsmacht nicht gekannt hat. Nach Abs. 3 der Gesetzesstelle haftet der Vertreter nicht, wenn der andere Teil den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen mußte.

Die bisherigen Feststellungen reichen nicht aus, die Frage der Haftung der Beklagten abschließend zu beurteilen. Die Beweislast dafür, daß der Dritte den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen mußte, trifft den falsus procurator (5 Ob 745/78; Welser, Vertretung ohne Vollmacht 273; Staudinger - Dilcher[12] Rdz. 26 zu § 179 BGB; Soergel - Leptien, BGB[11] I 1021; Thiele in MünchKomm. I 1159; Steffen in BGB-RGRK[12] § 179 Rdz. 19; vgl. SZ 50/119); gleiches gilt für die Voraussetzungen des Art. 8 Nr. 11 Abs. 2 EVHGB. Den falsus procurator trifft auch die Behauptungs- und Beweislast dafür, daß er den Mangel der Vertretungsmacht nicht kannte und daher nur für den Vertrauensschaden hafte (Welser, Vertretung ohne Vollmacht 273; Soergel - Leptien aaO 1021; Thiele aaO 1159; Steffen aaO Rdz. 19). Die Beklagte hat in erster Instanz weder eine tatsächliche Kenntnis des Vollmachtsmangels durch die klagende Partei noch Umstände behauptet, die dafür sprechen, daß die klagende Partei den Mangel der Vertretungsmacht kennen mußte. Sie hat sich auch nicht auf eigene Unkenntnis des Vollmachtsmangels berufen. Die Beklagte hat daher nach Art. 8 Nr. 11 Abs. 1 zu haften. Der falsus procurator ist nach dieser Gesetzesstelle dem anderen Teil nach dessen Wahl zur "Erfüllung" oder zum Schadenersatz verpflichtet. Die Erfüllung bestunde in der Bezahlung der Provision, die der klagenden Partei aus einer erfolgreichen Vermittlung vom Auftraggeber gebührt hätte. Die klagende Partei begehrt aber auch das, was sie bei erfolgreicher Vermittlung vom Partner des zu vermittelnden Rechtsgeschäftes erhalten hätte. Ihr Anspruch geht daher auf Schadenersatz. Unter Schadenersatz iS des Art. 8 Nr. 11 Abs. 1 EVHGB ist, wie sich arg e contrario aus Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ergibt, das Erfüllungsinteresse (positive Vertragsinteresse) gemeint (Staudinger - Dilcher[12] Rdz. 16 zu § 179 BGB; Soergel - Leptien aaO 1019; Thiele aaO 1158; Steffen aaO Rdz. 12). Dieser Schadenersatzanspruch kann nicht aus den allgemeinen Regeln des Schadenersatzrechtes abgeleitet werden. Er beruht vielmehr auf den Gedanken, daß der falsus procurator das, was er dem Dritten im Namen des angeblich Vertretenen zugesagt hat, "garantieren" muß (Welser, Vertretung ohne Vollmacht 165, 180). Der Dritte hat daher Anspruch auf Ersatz aller Vermögenswerte, die er infolge der Unwirksamkeit des Geschäftes verloren oder nicht erworben hat (Welser, Vertretung ohne Vollmacht 180). Er soll so gestellt werden, wie er stunde, wenn das ungültige Geschäft gültig gewesen und ordnungsgemäß erfüllt worden wäre (1 Ob 678/77; Welser, GesRZ 1975, 5; Thiele aaO 1158). Für den Umfang dieses Schadens ist der Dritte beweispflichtig (Welser, Vertretung ohne Vollmacht 272).

Die klagende Partei könnte somit von der Beklagten den Ersatz all dessen begehren, das ihr bei Wirksamkeit des Alleinvermittlungsauftrages vom Ehegatten der Beklagten und seinem Vertragspartner zugekommen wäre. Zu den danach zu beurteilenden - grundsätzlich in den Tatsachenbereich fallenden - hypothetischen Sachverhalten fehlen aber Feststellungen. Soweit es darum geht, was eine Person unter bestimmten Voraussetzungen erworben hätte, ist volle Gewißheit nicht zu erwarten, wohl aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit erforderlich, die unter Zugrundelegung des Wissenstandes zur Zeit der Urteilsfällung (Verhandlungsschluß erster Instanz) zu beurteilen ist (Wolff in Klang[2] VI 2). Zu ersetzen ist der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwarten gewesene Gewinn (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht[2] I 327). In Frage kommt der Ersatz der entgangenen Provision für eine erfolgreiche Vermittlung (§ 8 Abs. 1 und 2 ImmMV), wenn die klagende Partei (die sich bisher auf Vereinbarungen iS des § 9 Abs. 1 ImmMV stützte, der aber für den falsus procurator keine Bestimmungen enthält) wahrscheinlich machen kann, daß es ihr bei Wirksamkeit des Alleinvermittlungsauftrages und unter Annahme der Vertragstreue des angeblich Vertretenen gelungen wäre, das darin bezeichnete Rechtsgeschäft durch ihre Tätigkeit rechtswirksam zustande zu bringen. Das wird dann anzunehmen sein, wenn die Beklagte Vertragsbedingungen nannte, die nach der allgemeinen Marktlage einen Verkauf der Liegenschaft bis 31. 7. 1981 wahrscheinlich sein ließen.

Da die Klärung der aufgezeigten Fragen zum Grund und zur Höhe des von der klagenden Partei geltend gemachten Ersatzanspruches eine Verhandlung in erster Instanz erfordert, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache an die erste Instanz zurückzuverweisen.

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