OGH 9Os171/82

OGH9Os171/8230.11.1982

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Hon. Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Glock als Schriftführer in der Strafsache gegen Harald A und andere wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128

Abs. 2, 129 Z 1, 130 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten György B sowie die Berufung des Angeklagten Harald A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30. Juni 1982, GZ 6 f Vr 1836/82-46, den Beschluß gegefaßt und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten György B wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem ihn betreffenden Ausspruch, er habe die ihm angelasteten Diebstähle gewerbsmäßig begangen, und damit in der Unterstellung der Tat unter § 130 StGB und demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten zurückgewiesen und seine Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten György B die Kosten des Verfahrens über seine Nichtigkeitsbeschwerde zur Last. Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Harald Anton A werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.

Text

Gründe:

Das Schöffengericht erkannte den am 9. Oktober 1954 geborenen beschäftigungslosen György B und den am 8. Juni 1946 geborenen arbeitslosen Harald Anton A des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 2, 129 Z 1 und 130 StGB schuldig und verurteilte sie zu Freiheitsstrafen.

Den Schuldspruch und den Ausspruch über die Gewerbsmäßigkeit bekämpft der Angeklagte B mit einer auf die Z 4, 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; der Strafausspruch wird (im übrigen) von beiden Angeklagten (auch) mit Berufung angefochten. Der Angeklagte A hat die von ihm angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde zurückgezogen.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde des Angeklagten György B kommt nur teilweise Berechtigung zu.

Unbegründet ist zunächst der in der Beschwerde erhobene Einwand, das Erstgericht habe durch die Abweisung der Anträge auf Vernehmung der Zeugen Hans C, Othmar D und Jasmine E Verteidigungsrechte des Angeklagten György B verletzt. Denn inhaltlich des Hauptverhandlungsprotokolls hat der Verteidiger des Beschwerdeführers - und nicht der Verteidiger des Angeklagten A, der im Protokoll ersichtlich versehentlich als Antragsteller angeführt wird (siehe dazu Bd II, S 33) - diesen Beweisantrag nicht zum Nachweis des Vorliegens eines (für die Beurteilung der Schuldfrage bedeutsamen) entschuldigenden Notstandes (§ 10 StGB) gestellt, sondern zum Beweis dafür, daß B von A - und nicht A von B, wie im Protokoll irrig aufscheint - mit der Drohung unter Druck gesetzt worden sei, er (A) werde der Verlobten des B dessen Vorstrafe bekanntgeben, wenn er (B) bei den Diebszügen nicht mitmache, der Zweitangeklagte mithin vom Erstangeklagten zu den Taten bestimmt worden sei, weshalb ein wesentlicher Milderungsgrund auf Seiten des Zweitangeklagten vorliege. Denn es sind Umstände, die weder für die Entscheidung über die Schuld noch für den anzuwendenden Strafsatz von Bedeutung sind, sondern nur sonst die Strafe beeinflussen können, nicht relevant im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO Im übrigen aber wäre das vom Beschwerdeführer erwartete Ergebnis der begehrten Beweisaufnahme, nämlich der Nachweis der Tatsache, daß sich B aus Angst, A könne seine Drohung verwirklichen und seine Verlobte (Jasmine E; siehe dazu Bd I, S 159 a und b, 171 ff, 506) dann möglicherweise das Verlöbnis lösen, auch deswegen nicht bedeutsam, weil in einer möglichen Auflösung einer Liebesbeziehung kein unmittelbar drohender Nachteil erblickt werden kann, wie er zur Annahme eines entschuldigenden Notstandes erforderlich ist (Leukauf-Steininger2 RN 13 zu § 10). Letztlich wurde auch im Beweisantrag - was allerdings nach dem Gesagten nicht mehr bedeutsam ist - nicht dargelegt, aus welchen Gründen angenommen werden kann, daß die Abführung der Beweise das behauptete Ergebnis haben könnte. Verfehlt ist ferner die Rechtsrüge des Angeklagten B, der Feststellungsmängel in Beziehung auf den Ausspruch über die Gewerbsmäßigkeit behauptet, dabei aber die diesbezüglich im Urteil enthaltenen Konstatierungen (Bd II, S 49) übergeht. Insoweit ist also die Beschwerde nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht. Berechtigt ist allerdings der in Ansehung dieses Ausspruches erhobene Vorwurf eines Begründungsmangels; denn es läßt sich aus der im Urteil zur Begründung dieser Feststellung herangezogenen Angabe des Angeklagten A, er habe gestohlen, damit B leben könne, ebensowenig ein denkrichtiger Schluß auf eine bei dem (zu dieser Frage überhaupt nicht vernommenen) Angeklagten B vorliegende Gewerbsmäßigkeit ziehen, wie aus der weiteren Behauptung des Angeklagten A, er habe die Diebstähle begangen, weil er einen Zuschuß zur Lebensführung brauchte und aus dem Erlös der Beute ein Geschäft gründen wollte (Bd II, S 28, 49). Daran ändert auch das (vom Erstgericht anscheinend auch in den Kreis seiner Erwägungen miteinbezogene) Eingeständnis des Angeklagten B nichts, er habe sich an den Diebstählen in Kenntnis des Umstandes beteiligt, daß A sich durch die Verwertung der Beute das für die Gründung einer Firma erforderliche Kapital verschaffen wollte (Bd II, S 28); ist doch zur Annahme der Gewerbsmäßigkeit die Absicht des Täters erforderlich, sich selbst durch die Wiederholung der Straftaten eine für längere Zeit wirksame, der Sicherstellung zumindest eines Teiles des (eigenen) Unterhalts oder eines zusätzlichen Aufwands dienende Einkommensquelle zu erschließen. Daraus ergibt sich, daß die Gewerbsmäßigkeit die Schuld betrifft und ein zusätzliches, die besondere Gefährlichkeit des Täters unterstreichendes und prägendes Merkmal ist (Leukauf-Steininger2 RN 7 zu § 70), das bei mehreren Beteiligten für jeden von ihnen gesondert zu prüfen (12 Os 115/80) und demzufolge auch zu begründen ist. Dieser Begründungspflicht aber hat das Erstgericht, wie die Beschwerde zutreffend aufzeigt, durch den Hinweis auf die Angaben des Angeklagten A, die lediglich dessen Motivation zu den Taten wiedergeben, in Ansehung des Beschwerdeführers nicht entsprochen, weshalb der mit dem Begründungsmangel behaftete Ausspruch gemäß § 285 e StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung über die Beschwerde des Angeklagten aufzuheben war. Im übrigen aber mußte die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO und teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückgewiesen werden.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte B auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten A war (im Sinne der in EvBl 1980/151 entwickelten Rechtsansicht) dem vorliegend zuständigen Oberlandesgericht Wien als Gerichtshof II. Instanz zu überlassen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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