OGH 12Os115/80

OGH12Os115/8025.9.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. September 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Köck als Schriftführerin in der Strafsache gegen Friedrich A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten, schweren und gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 130 (zweiter Fall) auch 15 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2. Juni 1980, GZ. 8 d Vr 1992/80-62, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Walter Prüfling und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 4. Jänner 1937 geborene beschäftigungslose Friedrich A des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten schweren und gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 130 (zweiter Fall) und 15 StGB schuldig erkannt. Nach dem Inhalt des Urteilsspruchs hat er am 9. Februar 1979, am 17. Februar 1979 und in der Nacht vom 5. auf den 6. März 1979 in Wien gewerbsmäßig, jeweils in Gesellschaft von Beteiligten, Einbrüche in ein Elektrogeschäft, ein Gemüsegeschäft, ein Blumengeschäft und in zwei Autos verübt, wobei er Bargeld und Gebrauchsgegenstände im Gesamtwert von 28.866 S erbeutete; am 4. März 1979

hat er, gleichfalls mit Beteiligten, versucht, durch Einbruch Radio- und Fernsehgeräte der Firma E -

zu stehlen (Punkte 1, 2 und 3 des Schuldspruches).

Mit seiner auf die Z 5 und 10 StPO des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte nur die Annahme der Gewerbsmäßigkeit der Diebstähle.

Zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer eine unzureichende Begründung des Urteils darin, daß das Erstgericht dem Angeklagten zwar eingeräumt habe, zur Zeit der Begehung der Diebstähle Sozialhilfe bezogen zu haben, aber doch davon ausgegangen sei, daß er finanziell nicht ein noch aus gewußt habe. Es widerspreche den Gesetzen der Logik, wenn diese Tatsachen im Verein mit den wiederholten diebischen Angriffen als eindeutiger Hinweis dafür gewertet würden, daß sich der Angeklagte dazu entschlossen habe, seinen Lebensunterhalt aus den Erträgnissen von Diebstählen zu bestreiten. Aus den Urteilsgründen ergebe sich nicht, daß der Angeklagte bestrebt gewesen sei, sich durch wiederkehrende Begehung von Diebstählen eine für längere Zeit wirksame Einnahmsquelle zu erschließen.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge ist nicht stichhältig.

Das Erstgericht hat seine Feststellung, der Angeklagte habe die ihm angelasteten Diebstähle gewerbsmäßig begangen, mit dem im Akteninhalt gedeckten Hinweis begründet, daß der Angeklagte zugegeben hat, nach seiner Haftentlassung zu Weihnachten 1978 nur wenige Tage in Arbeit gestanden zu sein; deshalb sei er in einer finanziell schwierigen Situation gewesen und habe sich entschlossen, seinen Lebensunterhalt aus dem Erlös von Diebstählen zu bestreiten (S 139 und 149, zweiter Band). Dies und die wiederholte Begehung von Diebstählen in, wie hinzuzufügen ist, verhältnismäßig rascher Folge, führten zur Annahme der gewerbsmäßigen Verübung. Weiters verwies das Schöffengericht auf die Angaben der Zeugin B (früher C), durch die der Angeklagte gleichfalls in Richtung einer gewerbsmäßigen Begehung der Diebstähle belastet wurde (S 149/150, zweiter Band). Der vom Erstgericht aus diesen Verfahrensergebnissen gezogene Schluß entspricht sowohl den Denkgesetzen wie auch der Lebenserfahrung; wenn das Erstgericht demgemäß auf Grund der ihm freistehenden Beweiswürdigung zu den in der Nichtigkeitsbeschwerde bekämpften Schluß gelangte, bekämpft der Beschwerdeführer in unzulässiger Form die Beweiswürdigung des Erstgerichtes, ohne einen entscheidungswesentlichen Begründungsmangel geltend machen zu können. Der Bezug von Sozialhilfe ist für die Frage der Gewerbsmäßigkeit ohne Einfluß, weshalb dieser Umstand nicht als im Widerspruch zu den Tatsachenfeststellungen des Urteils stehendes Verfahrensergebnis im Urteil erörtert werden mußte; denn selbst dann, wenn der Angeklagte durch die Diebstähle auch nur einen Teil seines Lebensunterhaltes gedeckt oder sich auch bloß nicht völlig unbedeutendes zusätzliches Einkommen zu schaffen gesucht hätte, wäre die Annahme der Gewerbsmäßigkeit begründet.

Unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO bringt der Beschwerdeführer vor, im Verfahren sei nicht hervorgekommen, daß er sich durch die Begehung der Taten ein für längere Zeit wirksames Einkommen habe erschließen wollen. Die rasch aufeinanderfolgenden Taten müßten wohl eher als nur fallweise und gelegentliche strafbare Handlungen angesehen werden, wozu noch komme, daß er zwischen dem 4. März 1979 (dem Tag der letzten ihm angelasteten Tat) und seiner Verhaftung am 19. Februar 1980 keine weiteren Diebstähle mehr begangen habe. Das Erstgericht habe jedenfalls keine ausreichenden Feststellungen (in rechtlicher Natur) über die Gewerbsmässigkeit getroffen; daß die abgeurteilten Mittäter des Beschwerdeführers überwiegend der gewerbsmäßigen Begehung von Diebstählen schuldig erkannt worden seien, könne die hinsichtlich des Beschwerdeführers mangelnden Feststellungen nicht ersetzen, ganz abgesehen davon, daß das Urteil gegen die Tatbeteiligten noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei.

Auch diese Einwendungen halten einer Überprüfung nicht stand. Den Beschwerdeausführungen steht entgegen, daß das Urteil hinsichtlich seines, der gewerbsmäßigen Tatbegehung für schuldig befundenen Komplizen Kurt D nach dessen eigenen Angaben (S 70, zweiter Band) bereits in Rechtskraft erwachsen ist; im übrigen ist die Frage der Gewerbsmäßigkeit, die in den Bereich der Schuld des Täters gehört, für jeden gesondert zu prüfen (Leukauf-Steininger2 § 70 StGB, RN 7). Es ist daher ohne Einfluß auf die Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers, ob die übrigen Tatbeteiligten gewerbsmäßig gehandelt haben oder nicht.

Die Annahme der Gewerbsmäßigkeit hinsichtlich des Beschwerdeführers wurde auch nicht darauf gestützt, daß seinen Mittätern diese Qualifikation angelastet wurde, sondern vielmehr auf die Umstände, unter denen die Taten von ihm begangen wurden. Aus den festgestellten Begleiterscheinungen der Diebstähle, nämlich der schlechten finanziellen Situation des Beschwerdeführers und der Wiederholung gleichartiger strafbarer Handlungen in verhältnismäßig kurzer Zeit konnte das Erstgericht aber ohne Rechtsirrtum auf die Absicht des Beschwerdeführers schließen, sich ein für längere Zeit wirksames, wenn auch nicht regelmäßig fließendes zusätzliches Einkommen zu verschaffen (Leukauf-Steininger2, § 70 StGB, RN 3 bis 5). Daß der Beschwerdeführer zwischen dem 4. März 1979, dem Tag der letzten ihm angelasteten Tat, und seiner (neuerlichen) Verhaftung am 19. Februar 1980 keine weiteren strafbaren Handlungen begangen hat, hindert die Annahme der Gewerbsmäßigkeit der ihm vorgeworfenen Einbrüche umsoweniger, als der Beschwerdeführer bereits am 6. März 1979 wegen der ihm nunmehr urteilsmäßig zugeschriebenen Taten festgenommen, nach kurzer Zeit allerdings wieder enthaftet worden ist. Dieser Umstand mag dazu beigetragen haben, daß sich der Beschwerdeführer wenigstens für die Dauer des ihm bekannten Strafverfahrens weiterer Straftaten enthielt, was aber die gewerbsmäßige Begehung der vor seiner Festnahme verübten Straftaten nicht berührt.

Somit wurde aber auf Grund ausreichender Tatsachenfeststellungen, im übrigen aber auch mit zureichender Begründung die gewerbsmäßige Tatbegehung vom Schöffengericht ohne erkennbaren Rechtsirrtum dem Angeklagten zugerechnet, sodaß die zur Gänze unberechtigte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Friedrich A zu verwerfen war. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren; bei der Strafzumessung nahm es als erschwerend die zahlreichen, auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen, den überaus raschen Rückfall, sowie die mehrfache Qualifikation des Diebstahls an, wertete hingegen als mildernd das teilweise Geständnis, eine geringfügige Sicherstellung der Diebsbeute und überdies den Umstand, daß es in einem Falle beim Versuch geblieben ist.

Die Berufung des Angeklagten, welche Strafminderung begehrt, ist unbegründet.

Wenn auch die Vorstrafen und der rasche Rückfall im wesentlichen zufolge Annahme der Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit beim Diebstahl im Ergebnis nicht zum Tragen kommen, wiegt der Unrechts- und Schuldgehalt der Straftaten des Angeklagten doch so schwer, daß einer Herabsetzung der vom Erstgericht erkannten Freiheitsstrafe nicht nähergetreten werden konnte. Die in der Berufung herangezogenen zusätzlichen Milderungsgründe, nämlich die tristen Familienverhältnisse und die Sorgepflicht für zwei minderjährige Kinder sind ohne Bedeutung, da bei dem bereits 43-jährigen Angeklagten nach wiederholten Resozialisierungsversuchen in der Strafhaft der erstgenannte Milderungsgrund nicht anzunehmen ist, im übrigen die Sorgepflichten nach dem Strafgesetzbuch keinen Milderungsgrund darstellen.

Im Hinblick auf die Täterpersönlichkeit, dem Unrechts- und Schuldgehalt der Straftaten erscheint die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe durchaus schuldangemessen, zumal auch in Erwägung zu ziehen ist, daß beim Angeklagten im übrigen die Voraussetzungen des § 39 StGB vorliegen, sodaß die verhängte Freiheitsstrafe unterhalb der Mitte des gesetzlich möglichen Strafrahmens ausgemessen wurde. Der Berufung war demnach ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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