OGH 10Os152/82

OGH10Os152/8223.11.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.November 1982

durch den zehnten Senat unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini sowie in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter unter Beiziehung des Richteramtsanwärters Dr. Mekis als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter A und andere wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG., § 15 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Peter A, Mehmet B und Erdogan C sowie die Berufungen des Angeklagten Saban D und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich aller Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21.April 1982, GZ. 6 g Vr 9716/81-99, nach öffentlicher Verhandlung - Vortrag des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Anhörung der Ausführungen der Verteidiger Dr. Schrammel, Dr. Wiedner, Dr. Doczekal und Dr. Grois sowie des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Generalanwalt Dr. Nurscher - zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter A wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, in Ansehung dieses Angeklagten (zur Gänze) sowie gemäß § 290 Abs 1 StPO

hinsichtlich der Angeklagten Saban D, Mehmet B und Erdogan C jeweils im Schuldspruch wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs 1, 38

Abs 1 FinStrG und demzufolge auch in den Strafaussprüchen nach dem Finanzstrafgesetz aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Mehmet B und Erdogan C werden verworfen.

Der Angeklagte A wird mit seiner Berufung auf obige Entscheidung verwiesen.

Den Berufungen der Angeklagten Saban D und Mehmet B wird dahin Folge gegeben, daß die Freiheitsstrafen nach dem Suchtgiftgesetz bei Saban D auf 4 (vier) Jahre und bei Mehmet B auf 5 (fünf) Jahre herabgesetzt werden.

Der Berufung des Angeklagten Erdogan C gegen die Freiheitsstrafe nach dem Suchtgiftgesetz wird nicht Folge gegeben; soweit dieser Angeklagte auch die Strafe nach dem Finanzstrafgesetz bekämpft, wird er auf obige Entscheidung verwiesen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten Erdogan C wird nicht Folge gegeben;

im übrigen wird sie auf obige Entscheidung verwiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Saban D, Mehmet B und Erdogan C auch die Kosten des sie betreffenden Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 17.November 1946 geborene deutsche Staatsangehörige Peter A und die türkischen Staatsangehörigen Sarban (richtig: Saban - vgl. S. 47, 215/I) D, geboren am 15.Februar 1959, Mehmet B, geboren am 10.Oktober 1947, und Erdogan C, geboren am 15.Jänner 1950, des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG., § 15 StGB sowie des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs 1, 38 Abs 1 (zu ergänzen: lit b) FinStrG

schuldig erkannt, begangen dadurch, daß sie 1. als Mitglieder einer Bande vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in solchen Mengen aus- und einführten sowie in Verkehr zu setzen versuchten, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, indem Peter A am 13.Juni 1981 1.600 g Heroin aus der Türkei ausführte, nach Österreich einführte, das Suchtgift in Wien Saban D und Erdogan C übergab und die beiden Letzteren das Heroin gemeinsam mit Mehmet B an einen Unbekannten weiterzugeben versuchten sowie 2. durch die unter Punkt 1. beschriebenen Tathandlungen eingangs- und ausgangsabgabenpflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- oder Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen, wobei sie den Schmuggel als Mitglieder einer Bande von mindestens drei Personen begingen, die sich zum Schmuggeln verbunden haben.

Den Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten Peter A, Mehmet B und Erdogan C mit Nichtigkeitsbeschwerden, welche von A auf die Z. 4, 5 und 11, von B auf die Z. 4, 5, 9 lit a und 10 sowie von C auf die Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützt werden. überdies wird das Urteil im Strafausspruch von der Staatsanwaltschaft und allen (vier) Angeklagten mit Berufung angefochten.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter A:

Berechtigt ist die Verfahrensrüge (Z. 4) schon, soweit sie sich gegen die Ablehnung der Einvernahme des (in Berlin lebenden) Ullrich E richtet, durch dessen Aussage nicht nur dargetan werden sollte (ON. 97 und S. 43/II), 'daß die Darstellung des 1. Angeklagten (A) richtig ist, daß dieser Zeuge bei der Kofferübergabe dabei war und sich im Koffer wirklich nur Lederwaren befunden haben und kein Suchtgift', sondern auch der Nachweis erbracht werden sollte (S. 45/II), 'daß der Türke (übergeber der Koffer in Istanbul an A) die besondere Dringlichkeit des Geschäftes angegeben hat, daß die Muster schnell übergeben werden müssen, da er sonst sein Geschäft verlieren würde, deshalb will er dieses alles mit dem Boten schicken'. Das Schöffengericht lehnte den Beweisantrag insgesamt mit der (entgegen § 238 Abs 2 StPO erst im Urteil nachgetragenen) Begründung (S. 62; vgl. auch S. 46/II) ab: 'durch die Vernehmung des Ullrich E als Zeugen sollte erwiesen werden, daß sich im Koffer, der dem Erstangeklagten in Istanbul übergeben wurde, nur Lederwaren aber kein Suchtgift befunden hat. Dazu ist auf die Ergebnisse der Untersuchung des Koffers zu verweisen, die einwandfrei dargetan haben, daß im doppelten Boden des Koffers 1.600 Gramm Heroin verborgen war'. Solcherart hat aber das Erstgericht für die Ablehnung des Beweisantrages, insoweit er das vom Verteidiger bei der Hauptverhandlung ergänzte Beweisthema (S. 45/II) - nämlich die Vorgänge bei der übergabe des bezüglichen Koffers an den Angeklagten in Istanbul und die Begründung der Notwendigkeit, die darin enthaltenen (Lederbekleidungs-) Muster möglichst rasch (durch einen Boten) nach Wien schicken zu müssen, betrifft - überhaupt keine Begründung gegeben, zumal sich die in der Hauptverhandlung bei der Verkündung des Zwischenerkenntnisses (S. 47/II) gebrauchte Wendung 'auf Abweisung sämtlicher Beweisanträge wegen hinreichender Klärung und wegen Unerheblichkeit der zu erwartenden Zeugenaussagen' als eine - gegen die Anordnung des § 238 Abs 2 StPO verstoßende - (nichtssagende) Leerformel darstellt und auf die Angabe von Scheingründen hinausläuft. Der Verfahrensrüge kann daher im aufgezeigten Umfang - entgegen der Ansicht der Generalprokuratur - Berechtigung schon deshalb nicht abgesprochen werden, weil sowohl im Hauptverhandlungsprotokoll als auch im angefochtenen Urteil einer sachdienlichen Erörterung zugängliche Gründe für die Ablehnung des in Rede stehenden Beweisantrages fehlen. Demzufolge sah sich der Oberste Gerichtshof nicht in der Lage, über die Berechtigung des abweislichen Zwischenerkenntnisses abzusprechen. Denn es ist nicht seine Aufgabe, Mutmaßungen darüber anzustellen, was das Erstgericht wirklich konkret zu seinem Vorgehen bewogen hat, und für das (insoweit) unbegründet gebliebene Zwischenerkenntnis eine sachgerechte Begründung zu finden sowie (anstelle des Erstgerichtes) zu geben.

§ 238 Abs 2 StPO verfolgt nicht zuletzt den Zweck, eben der Rechtsmittelinstanz im Falle der Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z. 4 StPO die Erwägungen zur Kenntnis zu bringen, von denen der Gerichtshof erster Instanz bei der Abweisung eines Antrages ausgegangen ist, und ihr dadurch Gelegenheit zur Prüfung zu bieten, inwieweit durch das Zwischenerkenntnis (Gesetze oder) Verfahrensgrundsätze (hintangesetzt oder) unrichtig angewendet wurden und welchen Einfluß eine etwa unterlaufene Formverletzung auf die Entscheidung zu üben vermochte (vgl. z.B. Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2 E.Nr. 13 zu § 281 Abs 1 Z. 4 StPO). Diesen Erfordernissen wird vorliegend das erstgerichtliche Zwischenerkenntnis in keiner Weise gerecht. Zufolge des Fehlens einer (ausreichenden) Begründung desselben kann (mangels jeglicher überprüfungsgrundlage) auch nicht gesagt werden, es sei erkennbar, daß die Formverletzung keinen den Angeklagten beeinträchtigenden Einfluß auf die Entscheidung üben konnte (§ 281 Abs 3;

10 Os 173/79; RZ. 1973/138 u.a.).

Zusammenfassend war daher, weil, wie sich nach dem Vorgesagten zeigt, insoweit die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, der berechtigten Nichtigkeitsbeschwerde - wobei ein Eingehen auf deren sonstiges Vorbringen nicht erforderlich ist - Folge zu geben, das angefochtene Urteil in Ansehung dieses Angeklagten, und zwar wegen des gegebenen sachlichen Zusammenhanges (§ 289 StPO) auch hinsichtlich des Schuldspruches zu Punkt 2. (wegen des Finanzvergehens nach § 35 Abs 1, 38 Abs 1 (lit b) FinStrG, also zur Gänze, aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mehmet B:

Einen Verfahrensmangel (Z. 4) erblickt dieser Beschwerdeführer in der Abweisung seines Beweisantrages (S. 44/II) auf Einvernahme des Ramadan F, der (sinngemäß) bestätigen sollte, daß er (B) weder vom Schmuggel noch vom (beabsichtigten) Verkauf des Heroins gewußt habe, was dem Zeugen sogar die Mitangeklagten bestätigt hätten. Im Hinblick darauf aber, daß der Angeklagte B sogar seiner eigenen Verantwortung zufolge - wenn auch angeblich erst knapp vor der Verhaftung - von dem Heroingeschäft erfahren (S. 38, 39, 135/II) hatte, konnte jedoch das Erstgericht die Durchführung der begehrten indirekten Beweisaufnahme, das vom Antragsteller behauptete Ergebnis ohnehin unterstellend, im Rahmen seiner Beweiswürdigung als in jedem Fall wertlos ablehnen, ohne hiedurch Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers zu beeinträchtigen.

Unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z. 5 StPO rügt der Angeklagte B die Begründung des Ersturteils als unvollständig und undeutlich, indem er behauptet, das Schöffengericht habe ohne weitere Ausführungen seiner Verantwortung, erst knapp, etwa eine halbe Stunde vor der Verhaftung, vom Heroinhandel erfahren zu haben, den Glauben versagt und stütze seinen Schuldspruch, der von seinem eingehenden Wissen um die Pläne und Aktivitäten der Bande ausgehe, auf das weitgehende Geständnis des Angeklagten Saban D, ohne sich jedoch mit seiner (des Beschwerdeführers) gesamten Verantwortung und jener des Mitangeklagten Erdogan C auseinanderzusetzen, zumal es durchaus denkbar sei, daß D die anderen nur deshalb beschuldigte, um sich selbst zu schützen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer jedoch keinen formalen Begründungsmangel (Z. 5) auf; er bekämpft vielmehr solcherart nur unzulässigerweise die im Nichtigkeitsverfahren einer Anfechtung entzogene Beweiswürdigung des Schöffengerichtes. Dieses hat seine Feststellungen, wonach der Angeklagte B als Teilnehmer an den telefonischen Vereinbarungen zwischen C und dem türkischen Auftraggeber über alle Details des geplanten Geschäftes informiert war (S. 60/II), mit dem Hinweis auf die Aussagen des Angeklagten D (S. 482/I, 38/II), durch die es die leugnenden Verantwortungen des Beschwerdeführers und des Angeklagten C als widerlegt ansah, durchaus zureichend begründet (§ 270 Abs 2 Z. 5 StPO). Gleichermaßen verfehlt sind die Rechtsrügen (Z. 9 lit a und 10):

Zunächst macht der Beschwerdeführer geltend, es mangle dem Urteil an einer Feststellung, ab wann er sich an dem Heroinhandel beteiligt habe. Seiner Verantwortung zufolge habe er hievon erst kurz vor seiner Verhaftung erfahren, sodaß es ihm gar nicht möglich gewesen sei, sich mit dieser Tatsache gedanklich auseinanderzusetzen. Zudem enthalte das Urteil keine Konstatierungen darüber, von welcher Suchtgiftmenge er Kenntnis gehabt habe, sowie weiters darüber, ab welchem Zeitpunkt er an der Bande beteiligt gewesen sei und wieviele Personen in diesem Zeitpunkt jener angeblichen Suchtgiftbande angehört hätten;

letztere Feststellungen hätten allenfalls eine Beurteilung des Täterverhaltens nach der milderen Bestimmung des § 14 SuchtgiftG. ermöglicht.

All diese Beschwerdeeinwände lassen indes eine gesetzmäßige Ausführung vermissen, weil sie nicht von dem durch das Schöffengericht ohnedies festgestellten Sachverhalt ausgehen. Das Erstgericht hat nämlich auf Grund der Verfahrensergebnisse (Geständnis des Angeklagten D, vgl. S. 476 bis 487/I, 38/II) ausdrücklich festgestellt, daß der Beschwerdeführer über alle wesentlichen telefonischen Vereinbarungen mit den in der Türkei lebenden Auftraggebern über den bandenmäßigen Schmuggel einer großen Menge Heroin zum Zweck des Absatzes von Anfang an informiert gewesen ist (S. 56, 60/II). Damit ist allen auf seiner (als widerlegt angesehenen) Verantwortung beruhenden Hypothesen die davon ausgehen, daß er erst etwa eine halbe Stunde vor seiner Verhaftung von der strafbaren Handlung Kenntnis erhalten und über die Menge des tatgegenständlichen Suchtgifts nicht Bescheid gewußt hätte, die Grundlage entzogen. Für eine Beurteilung der Tat des Beschwerdeführers in Richtung des (gegenüber dem Verbrechen nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. subsidiären) Delikts nach § 14 SuchtgiftG. war sohin kein Raum.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Erdogan C:

Auch dieser Beschwerdeführer vermag mit seiner allein auf § 281 Abs 1 Z. 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde keinen formellen Begründungsmangel des Urteils aufzuzeigen.

Die als aktenwidrig gerügte Wiedergabe seiner Verantwortung im Urteil dahin (S. 60/II), daß er 'Roger', den übernehmer des Suchtgifts, schon von früher her gekannt und gewußt habe, dieser (ebenso wie ein gewisser 'George') sei nur am Erwerb von Suchtgift interessiert, findet - abgesehen davon, daß sich dies auch aus der Aussage des Mitangeklagten D (S. 478, 484/I) ergibt - in der vom Erstgericht in diesem Sinn interpretierten eigenen Verantwortung des Beschwerdeführers zwanglos Deckung (S. 503 bis 505, 507 f./I). Die in der Rüge aus dem Zusammenhang gerissene Passage im Protokoll (S. 511 f./I) steht einer derartigen Würdigung der Verantwortung des Beschwerdeführers keineswegs entgegen, weil sie in Wahrheit nicht dieses Thema betrifft, sondern die übergabe des Koffers mit dem Suchtgift an Roger auf dem Südbahnhof. Die Feststellung hinwieder, daß der Angeklagte C 'Kopf' der Suchtgiftbande (zumindest in Wien) war, betrifft gar keinen entscheidungswesentlichen Umstand, ist aber im übrigen ebenso wie die Konstatierung, daß er Roger schon von früher als ein wichtiges Glied in der Kette des Drogenhandels kannte und durch diesen vom Eintreffen der Lieferung verständigt sowie zum Südbahnhof bestellt wurde, durch den Hinweis auf die Aussage des Angeklagten Saban D (S. 476 bis 487, 512 f./I) hinreichend gedeckt. Insoweit das Erstgericht daraus auf Grund schlüssiger überlegungen ableitete, (auch) der Angeklagte C habe im Auftrag (und als Mitglied) einer Organisation gehandelt, die den internationalen Suchtgifthandel und -schmuggel betreibe, stellt dies neuerlich einen Akt freier Beweiswürdigung dar, der einer Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile entzogen ist. Vom Fehlen einer Begründung oder von einer bloßen Scheinbegründung kann sohin im gegebenen Zusammenhang keine Rede sein.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Mehmet B und Erdogan C waren daher zu verwerfen.

Zur Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO:

Der Oberste Gerichtshof hat sich jedoch aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerden davon überzeugt, daß das Urteil in Ansehung der Angeklagten Saban D, Mehmet B und Erdogan C hinsichtlich des Schuldspruchs wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit b FinStrG mit einer materiellrechtlichen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z. 10 StPO) behaftet ist, die nicht gerügt worden ist und darum gemäß § 290 Abs 1 StPO

von Amts wegen wahrgenommen werden muß.

Die Angeklagten Saban D, Mehmet B und Erdogan C wurden nämlich zu Punkt 2. des Urteilssatzes des Finanzvergehens des (bandenmäßigen) Schmuggels nach § 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit b FinStrG als (unmittelbare) Mittäter (§ 11 erster Fall FinStrG) schuldig erkannt. Nach dem diesem Schuldspruch zugrundeliegenden Sachverhalt wurde jedoch das in Rede stehende, in einem Koffer (mit doppeltem Boden) verborgen gewesene Suchtgift vom Angeklagten A (allein) am 13.Juni 1981 auf dem Luftweg nach Wien gebracht, wo er den Koffer (samt Inhalt), nachdem er seine Ankunft vom Flughafen Schwechat aus telefonisch angekündigt hatte, in einer Pension (im 1. Wiener Gemeindebezirk) den dort anwesenden Angeklagten D und C - die sich ebenso wie der Angeklagte B bereits einige Zeit hindurch in Österreich aufgehalten hatten, allerdings von Wien aus telefonischen Kontakt mit ihren Auftraggebern in der Türkei unterhielten - übergab. Unmittelbare Täterschaft nach der ersten Erscheinungsform des (in seinem Wortlaut dem § 12 StGB zur Gänze nachgebildeten) § 11

FinStrG erfordert sohin - anders als bei den (deliktsspezifischen Sonder-) Täterschaftsformen nach § 127 Abs 2 Z. 1; 143 StGB - daß jeder der mehreren Täter eine Ausführungshandlung wenigstens teilweise setzt (vgl. SSt. 43/41 u.a.). Auf das Finanzvergehen des Schmuggels übertragen bedeutet dies, daß unmittelbarer Täter (gemäß § 11 erster Fall FinStrG) nur sein kann, wen die zollrechtliche Stellungs- oder Erklärungspflicht gemäß § 35 Abs 1

FinStrG trifft (10 Os 38/81; SSt. 39/4 u.a.). Infolge Fehlens dieser Voraussetzung kommen die Angeklagten Saban D, Mehmet B und Erdogan C als unmittelbare Täter dieses Finanzvergehens (§ 35 FinStrG) jedenfalls nicht in Betracht. Für die Beurteilung der Frage aber, ob die Genannten das in Rede stehende Delikt durch einen sonstigen Tatbeitrag - allenfalls durch psychische (intellektuelle oder moralische) Beihilfe - nach dem dritten Fall des § 11 FinStrG verwirklicht haben, fehlen dem Ersturteil jedwede Feststellungen. Dieser Feststellungsmangel (Z. 10) erfordert die Aufhebung des davon betroffenen Schuldspruchs (Punkt 2.) und (auch) hinsichtlich der Angeklagten Saban D, Mehmet B und Erdogan C insoweit die Erneuerung des Verfahrens in erster Instanz, wobei das Erstgericht im zweiten Rechtsgang den bezüglichen Sachverhalt (soweit er die Angeklagten D, B und C betrifft) allenfalls auch in Richtung des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1

lit a FinStrG einer Prüfung zu unterziehen haben wird. Im neuen Verfahren, welches hinsichtlich der Angeklagten Saban D, Mehmet B und Erdogan C - anders als beim Angeklagten Peter A, in Ansehung dessen das angefochtene Urteil zur Gänze, also auch im Schuldspruch wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG., aufgehoben wurde - nur mehr das bezeichnete Finanzvergehen zum Gegenstand hat, wird zu beachten sein, daß im Falle eines abermaligen Schuldspruches die sonst (nämlich bei gemeinsamer Ahndung von Suchtgift- und Finanzdelikten) gebotene, im vorliegenden Fall jedoch bei allen (vier) Angeklagten unterbliebene, Anrechnung der Vorhaft gemäß § 38 StGB auch auf die nach dem Finanzstrafgesetz zu verhängende Strafe zu entfallen haben wird, weil das angefochtene Urteil in Ansehung der Angeklagten D, B und C hinsichtlich des Verbrechens nach § 12 Abs 1

SuchtgiftG. (mit der gegenständlichen Entscheidung) in (Teil-) Rechtskraft erwachsen und damit insoweit gemäß § 397 erster Satz StPO ungesäumt in Vollzug zu setzen ist, wodurch die Vorhaftanrechnung sowohl in Bezug auf den bereits von jenem Urteil erfaßten, als auch in Ansehung des noch im Sinne des § 400 StPO unverzüglich anzurechnenden Abschnitts (sogenannte 'Zwischenhaft') bei der Vollstreckung effektiv wird, sodaß einer weiteren Berücksichtigung (im 2. Rechtsgang) das Anrechnungsverbot des § 38 Abs 1 letzter Teilsatz (1. Alternative) StGB

entgegensteht (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar2 RN. 9 zu dieser Gesetzesstelle).

Nur der Vollständigkeit halber sei im gegebenen Zusammenhang noch bemerkt, daß die Anrechnung der Vorhaft ab 13.Juni 1981 bei sämtlichen Angeklagten verfehlt war, weil sie zwischen dem 13. und 19. Juni 1981 Verwaltungsstrafen verbüßten, weshalb die Haftzeiten richtigerweise jeweils erst ab 19.Juni 1981 anzurechnen gewesen wären.

Da dieser zum Vorteil der Angeklagten ausschlagende Umstand von der Staatsanwaltschaft ungerügt blieb, hat es jedoch bei der unrichtigen (die Angeklagten begünstigenden) Festsetzung des Beginnes der Vorhaftzeiten zu bleiben.

Zu den Berufungen:

Das Erstgericht verurteilte die Angeklagten Saban D, Mehmet B und Erdogan C nach § 12 Abs 1

SuchtgiftG. zu Freiheitsstrafen, und zwar D zu sechs Jahren sowie B und C zu je sieben Jahren.

Bei der Strafbemessung wertete es bei den (drei) Angeklagten die große Suchtgiftmenge und das Zusammentreffen von zwei strafbaren Handlungen sowie bei C außerdem seine 'dominante Stellung' bei den inkriminierten Straftaten als erschwerend, bei allen drei Angeklagten hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel als mildernd.

Mit ihren Berufungen streben die Staatsanwaltschaft hinsichtlich aller Angeklagten eine Erhöhung der Freiheitsstrafen, diese hingegen deren Ermäßigung an.

Nur den Berufungen der Angeklagten D und B kommt Berechtigung zu. Die Strafzumessungsgründe bedürfen zwar insoferne einer Korrektur, als das Zusammentreffen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. mit dem Finanzvergehen des Schmuggels angesichts der Bestimmung des § 22 Abs 1

FinStrG, wonach die Strafen für Finanzvergehen gesondert von den Strafen für die anderen (gerichtlich) strafbaren Handlungen zu verhängen sind, nicht als Erschwerungsgrund zum Tragen kommen kann. Außerdem blieb unberücksichtigt, daß das Verbrechen nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. einerseits in mehreren Begehungsformen verwirklicht wurde, andererseits aber in einem Fall beim Versuch blieb. Auch ausgehend von den sohin berichtigten Strafzumessungsgründen rechtfertigt jedoch der extrem hohe Unrechtsgehalt der Tat, der insbesondere in der großen - die sogenannte 'Grenzmenge' von 0,5 g (Heroin) um das ca. 3.200fache übersteigenden - Menge und besonderen Gefährlichkeit des den Gegenstand des strafbaren Verhaltens bildenden Suchtgifts zum Ausdruck kommt, beim Angeklagten Erdogan C, nicht zuletzt auch im Hinblick auf dessen führende Funktion bei der geplanten Verteilung des Suchtgifts, den relativ strengen Strafausspruch. Andererseits kann aber eine noch weitere Schärfung der Strafe, wie sie die Staatsanwaltschaft fordert, nicht mehr in Erwägung gezogen werden.

Hinsichtlich der über den Angeklagten C verhängten Strafe mußte daher sowohl seiner Berufung gegen die nach dem Suchtgiftgesetz verhängte Freiheitsstrafe (in der er lediglich den vom Erstgericht ohnedies berücksichtigten Milderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit ins Treffen führt) als auch jener der Staatsanwaltschaft, die im wesentlichen bloß eine nicht sachgerechte Würdigung der vorliegenden Strafzumessungsgründe durch das Erstgericht behauptet, ein Erfolg versagt bleiben.

Insoweit dieser Angeklagte mit seiner Berufung auch auf eine Herabsetzung der nach dem Finanzstrafgesetz verhängten Strafe abzielt - wie dies seinem undifferenziert gehaltenen Berufungsantrag entnommen werden könnte -, war er auf die hierüber ergangene Entscheidung zu verweisen.

Demgegenüber spricht die im Vergleich zu C deutlich geringere Intensität der Beteiligung der Angeklagten Saban D und Mehmet B an der Straftat für eine Herabsetzung der jeweiligen Strafdauer, wiewohl jene beim Angeklagten B höher anzusetzen war als beim Angeklagten D, der außerdem ein rückhaltloses und reumütiges Geständnis abgelegt und hiedurch wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat.

Die über die Angeklagten D und B verhängten Freiheitsstrafen waren daher in Stattgebung ihrer Berufungen auf das im Spruch ersichtliche Maß herabzusetzen, sodaß die Staatsanwaltschaft mit ihrem auch insoweit erfolglosen Rechtsmittel darauf zu verweisen war. Es war daher insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

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