Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise und zwar dahin Folge gegeben, daß in zusätzlicher Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf das Urteil des Jugendgerichtshofs Wien vom 23.Jänner 1981, 22 U 695/80, die Strafe auf 13 (dreizehn) Monate herabgesetzt wird.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 30.März 1951 geborene Gustav A (zu I und II) des Verbrechens der teils versuchten, teils vollendeten Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 und 15 StGB und (zu III) des Vergehens der versuchten Nötigung nach § 15, 105 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hatte er in Wien (I.) im Juli 1979 Martina B mit Gewalt zum außerehelichen Beischlaf genötigt, indem er sie im Bett festhielt und mit seinem Körpergewicht niederdrückte, (II.) am 9.Mai 1980 Karin C mit Gewalt zum außerehelichen Beischlaf zu nötigen gesucht, indem er sie erfaßte, in eine Tornische drängte, sie am Verlassen der Stelle dadurch hinderte, daß er sie mit seinem Körper gegen die Wände der Türnische drückte und sie auch mit einer Hand festhielt, sodann Anstalten machte, sie zu entkleiden, wobei er sie auch an der Brust und am Geschlechtsteil betastete und (III.) im Juli 1979 Martina B durch die Äußerung 'Wenn Du mich jetzt anzeigst, dann wird Dein Gesicht nicht mehr so schön sein, weil ich überall Haberer habe', somit durch gefährliche Drohung, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Erstattung einer Strafanzeige wegen Körperverletzung zu nötigen versucht. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z. 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
In seiner das Faktum I betreffenden Mängelrüge wirft der Angeklagte dem Urteil eine fehlende Begründung dafür vor, weshalb er unter den gegebenen Umständen einzusehen vermochte, daß Martina B ihren einem Geschlechtsverkehr entgegenstehenden Willen nicht freiwillig, sondern nur durch die von ihm ausgeübte Gewalt aufgegeben habe, zumal diese lediglich darin bestand, daß er sich auf das freiwillig in seinem Bett befindliche Mädchen legte.
Rechtliche Beurteilung
Der behauptete Begründungsmangel liegt indes nicht vor. Ausgehend von der für glaubwürdig befundenen Aussage der Zeugin Martina B, wonach sie sich unter Weinen und Schreien mit 'Händen und Füßen' zur Wehr setzte, sich aber schließlich der angewendeten Gewalt fügte, zumal der Angeklagte durch die Worte 'Wenn Du schreist, mache ich es mit Gewalt' zu erkennen gegeben hatte, daß er die Gewaltanwendung bis zur Erreichung seines Ziels fortsetzen werde (S. 259), erscheint die vom Erstgericht gezogene Konklusion, dem Angeklagten sei der Widerstand B bewußt geworden und er sei von dem Vorsatz geleitet gewesen, durch die angewendete Gewalt den erkennbar anders geartaten Willen des Mädchens zu beugen (S. 259 f.; 271), durchaus denkrichtig und erfahrungsgemäß.
Wenn der Beschwerdeführer in seiner dieses Faktum betreffenden Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO) mit dem Hinweis, seine Gewaltanwendung habe lediglich im Festhalten und in der Liegestellung auf Martina B bestanden, zum Ausdruck bringen wollte, dieses Verhalten stelle keine 'Gewalt' im Sinn des § 202 StGB dar, kann ihm gleichfalls nicht gefolgt werden; denn hiefür genügt die Anwendung jeder überlegenen und zur Beugung bzw. Beseitigung eines vorausgesetzten - tatsächlichen oder auch erst zu erwartenden - Widerstandswillens des Opfers geeigneten physischen Kraft, insbesondere auch ein bloßes Festhalten einer Person, wobei es nicht entscheidend ist, ob sich das Opfer wehrt oder nicht (LSK. 1976/29). Soweit der Angeklagte aber im Rahmen dieses Nichtigkeitsgrunds darzutun versucht, er hätte Grund zur Annahme gehabt, Martina B sei von sich aus bereit, einen Geschlechtsverkehr durchzuführen, weil sie sich freiwillig entkleidete, sich gemeinsam mit ihm in sein Bett legte und weder vor noch nach dem Geschlechtsverkehr versuchte, das Zimmer zu verlassen, obwohl ihr dies, jedenfalls nach dem Verkehr, jederzeit möglich gewesen wäre, bringt er den relevierten, materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, der ein Festhalten an dem von der Tatsacheninstanz ermittelten Sachverhalt verlangt, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung;
hat doch das Schöffengericht ausdrücklich konstatiert, dem Beschwerdeführer sei bewußt gewesen, daß Martina B nicht zur Gestattung des außerehelichen Beischlafs bereit war und daß er Gewalt einsetzte, um den von ihm erkannten, dem Verkehr entgegenstehenden Willen des Mädchens zu beugen.
Nicht stichhältig erweist sich die Rüge (§ 281 Abs. 1 Z. 5 und 10 StPO) auch im Faktum II (versuchte Nötigung zum Beischlaf an Karin C).
Einen Begründungsmangel in Form einer Unvollständigkeit vermeint der Angeklagte darin erblicken zu können, daß das Schöffengericht aus der Äußerung 'mach mas jetzt' auf seinen Vorsatz schloß, mit Karin C einen Geschlechtsverkehr durchzuführen, obwohl diese Worte auch als Aufforderung zur Durchführung anderer sexueller Handlungen verstanden werden könnten. Damit wird aber der relevierte, formelle Nichtigkeitsgrund, der (in der Bedeutung einer unvollständigen Begründung) nur dann vorliegt, wenn aus den vom Gericht ermittelten Prämissen nach den Denkgesetzen die von ihm gezogenen Schlußfolgerungen überhaupt nicht abgeleitet werden können, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht, sondern in Wahrheit lediglich die schöffengerichtliche Beweiswürdigung einer unzulässigen Kritik unterzogen, weshalb sich insoweit zusätzliche Erörterungen erübrigen.
Mit der weiteren, gleichfalls auf die Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten, in Wahrheit den Nichtigkeitsgrund nach der Z. 9 lit. b dieser Gesetzesstelle anrufenden Rüge, jedenfalls von einem Versuch auf Durchführung eines Geschlechtsverkehrs an Ort und Stelle freiwillig zurückgetreten zu sein, nachdem die Zeugin C ihm mitteilte, sie habe die Menstruation, gelangt die Beschwerde gleichfalls nicht zur prozeßordnungsgemäßen Ausführung, weil sie die ausdrückliche Konstatierung des Schöffengerichts vernachlässigt, wonach der Angeklagte von der Vollendung des Delikts gegenüber Karin C nur durch das Eintreffen der Polizei abgehalten wurde (S. 265). Analoges gilt mit Bezug auf die Behauptung des Beschwerdeführers, bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre sein Verhalten (lediglich) als Nötigung zur Unzucht nach § 204 Abs. 1 StGB zu beurteilen gewesen; denn auch hier verläßt er den Boden der erstinstanzlichen Feststellungen, wonach er die Gewalt gegen Karin C mit dem Vorsatz anwandte, sie zur Duldung des außerehelichen Geschlechtsverkehrs zu bestimmen und den einem Beischlaf entgegenstehenden Willen des Mädchens zu beugen (S. 262 ff.). Im Faktum III (versuchte Nötigung der Martina B) moniert der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Z. 5
und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO zunächst Feststellungsmängel in bezug auf die von der Zeugin B erlittenen Verletzungen. Hätte das Erstgericht konstatiert, daß das Mädchen keine Verletzungen davongetragen habe, so hätte es auch die überlegung anstellen müssen, daß Martina B ihn wegen der Tat gar nicht anzeigen konnte, weil kein strafbares Verhalten vorlag.
Hiebei übersieht er jedoch, daß im Gegensatz zu der von der Judikatur zum früheren Recht vertretenen Relevanztheorie eine bestimmte rechtliche Qualität des abgenötigten Verhaltens nicht mehr erforderlich ist (siehe Kienapfel, Grundriß des österr. Strafrechts I RN. 810 und die dort angeführte Judikatur). Demnach genügt es, daß Martina B durch die Drohungen des Angeklagten von einer von ihm befürchteten Anzeigeerstattung abgehalten werden sollte, welcher im übrigen ein Substrat insofern keineswegs mangelte, als der Schlag ins Gesicht des Mädchens auch ohne dessen Verletzung den Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung nach § 15, 83 Abs. 1 StGB (Versuch einer leichten Körperverletzung) zu begründen vermochte. Endlich kann auch davon nicht gesprochen werden, daß angesichts des von vornherein mangelnden Anzeigewillens der Zeugin B ein (absolut) untauglicher Versuch vorgelegen sei. Bei der gebotenen abstrahierenden und generalisierenden Betrachtungsweise ist die bei dem Mädchen im Tatzeitpunkt zufällig vorhandene, nach außen hin nicht in Erscheinung getretene Willensrichtung nicht geeignet, sie als für die Herbeiführung des tatbildmäßigen, vom Angeklagten gewollten Erfolgs in abstracto ungeeignetes Objekt zu qualifizieren. Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß § 28, 202 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwanzig Monaten. In deren Bemessung wertete es als erschwerend die einschlägige Vorstrafe (richtig:
zwei derartige Vorstrafen, weil auch die Verurteilung ob § 411 StG. auf die gleiche schädliche Neigung wie die Verurteilung wegen versuchter Nötigung und wegen Nötigung zum Beischlaf, nämlich auf Aggressivität, zurückzuführen ist: siehe § 71 StGB), ferner die Wiederholung der strafbaren Handlungen nach § 202 StGB und das Zusammentreffen zweier Deliktstypen, wogegen es als mildernd das Teilgeständnis in Punkt II, die Tatsache, daß es hinsichtlich der Fakten II und III beim Versuch geblieben ist, den Umstand, daß die Begehung der dem Faktum I zu Grunde liegenden Handlung durch die vom Opfer - wenn auch unter leichtgläubigem Vertrauen auf die Zusage des Angeklagten - mitgeschaffene Situation ermöglicht wurde sowie ferner in Betracht zog, daß die Taten unter dem Einfluß eines abnormen Geisteszustands begangen wurden.
Die Berufung des Angeklagten mit der er eine Herabsetzung der Strafe und die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, ist teilweise begründet.
Die vom Erstgericht übersehene, gemäß § 31 StGB gebotene Bedachtnahme auf das Urteil des Jugendgerichtshofs Wien vom 23. Jänner 1981, 22 U 695/80 (mit welchem über den Angeklagten wegen des Vergehens nach § 198 Abs. 1
StGB eine bedingt nachgesehene dreimonatige Freiheitsstrafe verhängt worden war), rechtfertigt allein schon eine mäßige Reduzierung der Strafe. Zieht man darüber hinaus in Betracht, daß die besonderen Tatumstände im Faktum I dem Milderungsgrund nach § 34 Z. 9 StGB sehr nahekommen, erscheint eine Ermäßigung der Strafe (die ja nunmehr eine Zusatzstrafe ist) auf dreizehn Monate vertretbar.
Der begehrten Anwendung des § 43 Abs. 2 StGB konnte nicht näher getreten werden, weil angesichts des einschlägig belasteten Vorlebens des Angeklagten, der Wiederholung der Sexualattacken und des labilen Geisteszustands des Täters (S. 209) keine Gewähr dafür geboten ist, daß er in Hinkunft keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)