Spruch:
Die Schutzbestimmung des § 9 KSchG geht vom Grundsatz der Unabdingbarkeit der Gewährleistungsansprüche des ABGB aus und läßt nur die dort aufgezählten Ausnahmen zu. Auch ein Verbraucher kann aber die Kosten einer Ersatzvornahme nur bei Verweigerung der Verbesserung begehren
Die Feststellungsklage unterbricht die Verfristung von Gewährleistungsansprüchen auch dann, wenn das Feststellungsbegehren nach Erhebung des Leistungsbegehrens versehentlich aufrechterhalten und deshalb abgewiesen wird. Vom Feststellungsbegehren nicht gedeckt gewesene Ansprüche können aber nach dem Ablauf der Gewährleistungsfrist auch nicht mehr einredeweise geltend gemacht werden
OGH 28. Oktober 1982, 7 Ob 622/82 (OLG Innsbruck 5 R 51/82; LG Feldkirch 6 Cg 3403/80)
Text
Die Klägerin, in deren Namen Manfred S am 23. 5. 1980 beim beklagten Autohaus einen gebrauchten PKW Marke Jaguar Baujahr 1977 um 125 000 S gekauft hat, begehrte mit der am 19. 11. 1980 eingebrachten Klage zunächst den Ersatz eines Verbesserungsaufwandes von 8634.06 S für die mangelhaft übergebene Klimaanlage und von 33 457.72 S für weitere Reparaturen an Lenkung, Bremsen, Stoßdämpfer und Kühlsystem, sowie die Feststellung, daß die beklagte Partei ihr auch bezüglich eines Motormangels am verkauften Fahrzeug Gewähr zu leisten habe. Am 13. 10. 1981 dehnte die Klägerin "auf Grund des Feststellungsbegehrens" das Leistungsbegehren um weitere 126 919.19 S auf 169 010.97 S aus, wobei 42 091.78 S offenbar irrtümlich ein zweites Mal geltend gemacht wurden und der Rest (Tausch-)Motor und (Tausch-)Automatik betrifft. Nicht strittig ist, daß die Klägerin den Kauf als Verbraucher iS des Konsumentenschutzgesetzes getätigt hat. Das Rekursverfahren betrifft nach rechtskräftiger Teilabweisung des Feststellungsbegehrens sowie der Leistungsbegehren von 8634.06 S (Reparatur der Klimaanlage) und von 42 091.78 S (wegen zweimaliger Geltendmachung) einerseits die zweite Ersatzvornahme laut Klage im Ausmaß von 33 457.72 S und andererseits die später erhobenen Ansprüche für Motor und Automatik.
Der Erstrichter wies auch dieses restliche Klagebegehren von zusätzlich 118 285.13 S samt Anhang ab. Nach seinen Feststellungen vereinbarten die Streitteile beim Kauf des erstmals im Jahre 1977 zugelassenen PKW mit einem Kilometerstand von 41 500 einerseits, daß "Ventilklappern sowie Überprüfung der Klimaanlage von der beklagten Partei bezahlt" werden; falls aber eine größere Reparatur erforderlich sein sollte, sie vorher verständigt werden müßte. Im übrigen leistete die beklagte Partei nur dafür Gewähr, daß sich der Kaufgegenstand in einem verkehrs- und betriebssicheren Zustand befinde; eine darüber hinausgehende Gewährleistung, insbesondere für sonstige Eigenschaften und das "Fehlen gewöhnlicher oder bekanntgegebener oder in die Augen fallender Mängel", sei, soweit gesetzlich zulässig, ausgeschlossen. In allen Fällen der Gewährleistung könne sich die Lieferfirma von allfälligen Ansprüchen auf angemessene Preisminderung dadurch befreien, daß sie in einer angemessenen Frist in einer dem Käufer zumutbaren Weise die mangelhafte Sache verbessert oder das Fehlende nachträgt. Der Vertreter der Klägerin, Manfred S, der das Fahrzeug sogleich nach Wien bringen wollte, nahm die Anweisung der klagenden Partei zur Kenntnis, daß im Fall der Durchführung von Reparaturen insbesondere hinsichtlich der beiden ausdrücklich im Kaufvertrag angeführten Mängel (Ventilklappern, Klimaanlage) das Fahrzeug in die Vertrauenswerkstätte der klagenden Partei, die Firma P in Wien 10, zu bringen sei.
Eine Überprüfung des PKW am 30. 5. 1980 durch den technischen Dienst des ÖAMTC ergab, daß das Fahrzeug zwar dem Kraftfahrgesetz 1967 entsprach, aber auch noch andere Schäden als die beim Verkauf festgestellten aufwies. Als deshalb sowohl Manfred S als auch der ÖAMTC diese weiteren Mängel rügten, erklärte die beklagte Partei sowohl Manfred S bei einem Telefongespräch als auch der Klägerin mit einem - von dieser nicht behobenen - Schreiben vom 4. 6. 1980, in dem auch die Aufhebung des Vertrages angeboten wurde, und dem ÖAMTC mit einem Schreiben vom 26. 6. 1980, daß sie Reparaturkosten nur für die beiden im Vertrag ausdrücklich aufgenommenen Mängel dann übernehme, wenn die Reparatur in der Werkstätte der Firma P durchgeführt werde. Manfred S bzw. die Klägerin haben in der Folge nicht dort, sondern in einer anderen Werkstätte die strittigen Reparaturarbeiten durchführen lassen.
Der Erstrichter vertrat die Rechtsansicht, daß die klagende Partei infolge Verletzung der Vereinbarung, Mängel in der Vertragswerkstätte der beklagten Partei in Wien beheben zu lassen, nicht berechtigt sei, die Kosten der Ersatzvornahme in einer anderen Werkstätte zu begehren. Das Feststellungsinteresse betreffend Gewährleistungsansprüche am Motor sei wegen der bereits erfolgten Motorreparatur weggefallen.
Das Berufungsgericht hob in dem bezeichneten strittigen Umfang das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es vertrat auf der Grundlage der als unbedenklich angesehenen Feststellungen des Erstrichters die Rechtsansicht, daß die Gewährleistungsansprüche der Klägerin nur im Rahmen des § 9 KSchG wirksam beschränkt werden konnten, sodaß die beklagte Partei nicht nur für die ausdrücklich im Vertrag angeführten Umstände Gewähr zu leisten habe, sondern allgemein iS der Bestimmung des § 922 ABGB dafür, daß das verkaufte Fahrzeug die beim Verkauf eines Gebrauchtwagens unter den gegebenen Umständen (insbesondere Alter und Kilometerstand) gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften habe und daß es der Natur des Geschäftes oder der getroffenen Verabredung gemäß benützt und verwendet werden könne. Hingegen sei die Vertragsklausel, wonach sich die beklagte Partei von allfälligen Preisminderungsansprüchen durch eine in angemessener Frist und in einer für die Klägerin zumutbaren Weise vorgenommene Verbesserung befreien könne, gemäß § 9 Z 2 KSchG zulässig gewesen. Dasselbe gelte für die Vereinbarung, daß Reparaturen in der Vertrauenswerkstätte der beklagten Partei durchzuführen seien, weil der Unternehmer anstelle einer Versendung nach § 8 Abs. 2 KSchG auch einen Erfüllungsgehilfen an Ort und Stelle damit beauftragen könne, die Verbesserung oder den Nachtrag des Fehlenden für ihn vorzunehmen. Die Kosten einer vom Käufer selbst oder durch einen Dritten vorgenommenen Verbesserung habe der Verkäufer nur zu ersetzen, wenn er zur Verbesserung aufgefordert und ihm zu ihrer Vornahme Gelegenheit gegeben worden sei. Dies gelte auch im Falle einer dem § 9 Z 2 KSchG entsprechenden Abrede. Im Hinblick auf die im Schreiben vom 26. Juni 1980 an den ÖAMTC enthaltene Ablehnung der weiteren Verbesserungsansprüche der Klägerin sei diese aber berechtigt gewesen, die der beklagten Partei auf Grund ihrer Gewährleistungspflicht obliegende Verbesserung durch einen Dritten vornehmen zu lassen und die beklagte Partei mit den Kosten der Verbesserung zu belasten. In diesem Sinn müsse geprüft werden, welche Mängel des Fahrzeuges bei einem Gebrauchtwagen unter den gegebenen Umständen, insbesondere beim Alter und Kilometerstand des Fahrzeuges, gewöhnlich noch vorausgesetzt werden und mit einem wirtschaftlich vernünftigen Aufwand behoben werden konnten, und welche Kosten für die Behebung dieser von der Gewährleistungspflicht der beklagten Partei umfaßten Mängel entstanden. Der Anspruch sei im Umfang der Motorreparatur auch nicht verfristet, weil er in dem noch innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 933 ABGB erhobenen Feststellungsbegehren Deckung finde, das nur wegen des zwischenweilig erhobenen Leistungsbegehrens abgewiesen worden sei.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Zutreffend und unbekämpft ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die Beschränkung der Gewährleistungsansprüche der Klägerin gemäß § 9 KSchG insofern unzulässig und unwirksam war, als die Haftung für das Fehlen der gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften und die Verschweigung ungewöhnlicher Mängel (§§ 922 f. ABGB) ausgeschlossen werden sollte. Die genannte Schutzbestimmung geht vom Grundsatz der Unabdingbarkeit der Gewährleistungsansprüche des ABGB aus und läßt nur die erschöpfend aufgezählten Ausnahmen zu (EB zur RV, 744 BlgNR, XIV. GP 28; Fenyves, KSchG und Gewährleistung, in Krejci, Handbuch zum KSchG 371, 396). Ob die Anwendung dieser Regel iS der in den EB (aaO 29) gerade für den Gebrauchtwagenhandel vertretenen Meinung durch eine negative Leistungsbeschreibung im Kaufvertrag ausgeschaltet werden könnte (dagegen kritisch Fenyves aaO 398 f. mwN), kann hier dahingestellt bleiben, weil die Leistungsbeschreibung im Punkt 1 der im vorliegenden Fall verwendeten Liefer- und Verkaufsbedingungen ausdrücklich nur den Einschluß aller Mängel, insbesondere Abnützungserscheinungen, die auf Grund des Datums der Erstzulassung und der Fahrleistung des Kraftfahrzeuges als gewöhnlich zu bezeichnen sind oder dem Käufer bei Vertragsabschluß bekannt waren oder bei einer ordnungsgemäßen Prüfung auch ohne besondere Fachkenntnisse und Hilfsmittel feststellbar sind, enthält. Ungewöhnliche Mängel, wie sie die Klägerin behauptet, wurden demnach hier auch nicht von der Leistungsbeschreibung erfaßt. Die Rekurswerberin hat demnach grundsätzlich auch für solche Mängel des verkauften Gebrauchtwagens einzustehen, die für ein solches Fahrzeug nach den näheren Umständen des Falles wie zum Beispiel Alter, Kilometerstand und Höhe des Kaufpreises ungewöhnlich waren (vgl. neben dem eben erwähnten Punkt I der Liefer- und Verkaufsbedingungen Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 508; Kulka, Die Gewährleistung als Mittel des Verbraucherschutzes, JBl. 1974, 356, 360; OGH, JBl. 1960, 492).
Die Rekurswerberin hält die Ansicht des Berufungsgerichtes für unrichtig, daß sie mit dem an den ÖAMTC gerichteten Schreiben vom 26. 6. 1980 irgendwelche Verbesserungsarbeiten abgelehnt habe. Sie übersieht dabei, daß sie die Erklärung, für keine anderen als die im Vertrag ausdrücklich bezeichneten Mängel einzustehen, schon vorher zweimal abgegeben hat, nämlich beim Telefongespräch mit Manfred S Ende Mai 1980 und dann in ihrem Schreiben an die Klägerin vom 4. 6. 1980. Auch die letztgenannte rechtsgeschäftliche Willenserklärung gilt der Klägerin gemäß § 862a ABGB ungeachtet der Nichtbehebung als zugekommen (Koziol - Welser[5] I 81); sie wurde nicht widerrufen, sondern vielmehr in Gleichschrift dem Schreiben an den ÖAMTC vom 26. 6. 1980 neuerlich angeschlossen. Demnach besteht kein Zweifel daran, daß die Rekurswerberin andere Mängelbehebungen als die Überprüfung der Klimaanlage und die Beseitigung des Ventilklapperns sofort, ernstlich und endgültig abgelehnt hat, wie es auch ihrem Prozeßstandpunkt entspricht.
Auch der weitere Einwand, die klagende Partei hätte das Wandlungsanbot der beklagten Partei vom 4. 6. 1980 annehmen müssen, weil sich die behaupteten Mängel nicht mit wirtschaftlich vernünftigen Mitteln hätten beseitigen lassen, sodaß im Ergebnis ein unbehebbarer Mangel vorliege, ist nicht zielführend. Abgesehen davon, daß die Rekurswerberin eine solche Einwendung in erster Instanz nicht erhoben hat, steht noch keineswegs fest, welche Gewährleistungsansprüche tatsächlich zu Recht bestehen. Erst nach Feststellung des Ausmaßes eines Preisminderungsanspruches könnte der aufgezeigten Frage Bedeutung zukommen.
Zu Unrecht beschwert sich die Rekurswerberin schließlich darüber, daß das Berufungsgericht eine Verfristung des Gewährleistungsanspruches in Bezug auf den Motor trotz verspäteter Erhebung des ausgedehnten Leistungsbegehrens verneint habe. Dem Berufungsgericht ist dahin zu folgen, daß die Erhebung dieses Begehrens, die in der Tagsatzung vom 13. 10. 1981 ausdrücklich "auf Grund des Feststellungsbegehrens" erfolgte, nicht verfristet ist, soweit sich dieses Leistungsbegehren für die Motorreparatur mit dem zunächst erhobenen Feststellungsbegehren deckt. Wohl mußte das Feststellungsbegehren schließlich abgewiesen werden, weil es trotz der Erhebung des Leistungsbegehrens formell aufrecht blieb. Der Sinn der Unterbrechung der Verjährung durch die Einbringung einer Feststellungsklage liegt aber darin, ein zunächst noch nicht mögliches Leistungsbegehren gegen Verjährung oder hier Verfristung zu sichern. Durch die Erhebung des Leistungsbegehrens im selben Rechtsstreit wurde die Klage gehörig fortgesetzt. Die Abweisung des Feststellungsbegehrens hatte keinen materiellen Grund, sondern folgte bloß aus der versehentlichen formellen Aufrechterhaltung. Der Standpunkt der Rekurswerberin läuft auf einen unnötigen Formalismus hinaus.
Bei der allseitigen rechtlichen Überprüfung des angefochtenen Beschlusses bedarf die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes jedoch in zwei Punkten einer Berichtigung bzw. Klarstellung: Zunächst bietet nach der soweit zutreffenden Ansicht der Rekurswerberin auch ihr Schreiben vom 26. 6. 1980 keinen Anhaltspunkt dafür, daß sie die zugesagten Überprüfungen und Reparaturen nicht weiterhin in der von ihr bezeichneten Vertragswerkstätte in Wien hätte durchführen lassen. Damit kommt die zutreffende Beurteilung des Berufungsgerichtes, daß auch der Verbraucher iS des Konsumentenschutzgesetzes die Kosten einer Ersatzvornahme nur im Fall der Verweigerung der Verbesserung durch den Verkäufer begehren kann, außer im rechtskräftig abgewiesenen Umfang der Reparatur der Klimaanlage auch noch für den Schaden an den Ventilen zum Tragen. Soweit das Ventilklappern, dessen Behebung die beklagte Partei zugesagt, die klagende Partei aber nicht rechtmäßig in Anspruch genommen hat, Gegenstand der nun strittigen Ersatzvornahme der Motorreparatur war, soweit also diese Reparatur auch schon zur Beseitigung des Ventilklapperns notwendig gewesen wäre, ist der Klagsanspruch aus den gleichen Erwägungen nicht berechtigt, aus denen schon das Reparaturkostenbegehren für die Klimaanlage abgewiesen wurde. Zum zweiten ist der Klagsanspruch aber - was die zweite Instanz gemeint haben mag, aber nicht deutlich zum Ausdruck brachte - zur Gänze verfristet, soweit er nicht schon in der Klage geltend gemacht und auch nicht vom Feststellungsbegehren umfaßt war, nämlich im Umfang der Kosten der Ersatzvornahme der Reparatur am Automatikgetriebe, die erst Gegenstand der Klagsausdehnung waren. In diesem Umfang ist die Sechsmonatefrist des § 933 Abs. 1 ABGB bei der erstmaligen Geltendmachung längst überschritten gewesen. Dabei ist es gleichgültig, ob der Mangel geheim war, weil eine gegenteilige bestimmte Eigenschaft nicht zugesichert war (vgl. HS 7341).
Mit den genannten Abweichungen sind die Erhebungsaufträge des Berufungsgerichtes zu billigen.
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