OGH 7Ob739/82

OGH7Ob739/8221.10.1982

SZ 55/156

Normen

ABGB §829
Sbg. RaumordnungsG §20
ABGB §829
Sbg. RaumordnungsG §20

 

Spruch:

Ein Miteigentümer einer Liegenschaft kann einen Antrag auf Gewährung einer nur seinen Anteil betreffenden Entschädigung (hier: nach § 20 Salzburger Raumordnungsgesetz) ohne Zustimmung der weiteren Teilhaber stellen

OGH 21. Oktober 1982, 7 Ob 739/82 (LG Salzburg 33 R 15/82; BG Salzburg 2 Nc 67/81)

Text

Die Antragstellerin ist zu 4/5-Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 13 KG S, zu deren Gutsbestand ua. das Grundstück 1989/1 Wiese gehört. Die Antragsgegnerin ist Miteigentümerin dieser Liegenschaft zu 1/5-Anteil. Durch die 14. Abänderung des Flächenwidmungsplanes betreffend die Stadtteile A und P wurden etwa 12 000 m2 des Grundstückes 1989/1 Wiese von Bauland in Grünland umgewidmet. Die Antragstellerin hat am 21. 9. 1981 bei der Antragsgegnerin einen Entschädigungsantrag gemäß § 20 des Salzburger Raumordnungsgesetzes überreicht und mit diesem Antrag den Antrag auf Mitunterfertigung des Entschädigungsantrages durch die Antragsgegnerin verbunden; die Antragsgegnerin hat den Entschädigungsantrag der Antragstellerin nicht mitunterfertigt.

Im vorliegenden Verfahren stellt die Antragstellerin den Antrag, die verweigerte Mitunterfertigung des Entschädigungsantrages vom 21. 9. 1981 durch die Antragsgegnerin als 1/5-Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 13 KG S durch zustimmende richterliche Entscheidung zu ersetzen. Die Antragstellerin weist in ihrem Antrag ua. darauf hin, daß sie sich in ihrem Entschädigungsantrag darauf beschränkt habe, 4/5 des Gesamtentschädigungsbetrages zu fordern; sie handle daher keinesfalls zum Nachteil der Antragsgegnerin.

Das Erstgericht wies den Antrag zurück. Nach einer Auskunft des Amtes der Salzburger Landesregierung werde von diesem Amt die Aktivlegitimation der Antragstellerin zur Geltendmachung eines Entschädigungsanspruches gemäß § 20 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977, LGBl. 26/1977, bejaht; es fehle der Antragstellerin daher an einem Rechtsschutzinteresse.

Das Rekursgericht gab dem Antrag statt. Die Wirkung der zu erwartenden Entscheidung über die Berechtigung einer Entschädigung erstreckte sich kraft der Beschaffenheit des Rechtsverhältnisses auf sämtliche Miteigentümer. Habe die Antragsgegnerin selbst kein Interesse ein Entschädigungsverfahren einzuleiten, könne doch der Antragstellerin nicht die Möglichkeit verwehrt werden, Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Die von der Antragstellerin als Mehrheitseigentümerin beschlossene Maßnahme zur Geltendmachung einer Entschädigung nach § 20 des Salzburger Raumordnungsgesetzes sei für die Eigentümergemeinschaft vorteilhaft. Die fehlende Zustimmung der Antragsgegnerin sei daher durch das Gericht zu ersetzen gewesen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe wieder her, daß der Antrag der Antragstellerin abgewiesen wird.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wenn durch den Flächenwidmungsplan die Verbauung eines Grundstückes gänzlich verhindert wird und dadurch eine Wertverminderung entsteht, die für den Eigentümer eine unbillige Härte darstellt, ist ihm auf Antrag gemäß § 20 Abs. 1 des Salzburger Raumordnungsgesetzes, LGBl. 26/1977, eine angemessene Entschädigung zu gewähren. Gemäß § 20 Abs. 3 des Gesetzes ist der Antrag auf Entschädigung bei sonstigem Anspruchsverlust innerhalb von drei Jahren ab Wirksamkeit des Flächenwidmungsplanes bei der Gemeinde einzubringen.

Das Salzburger Raumordnungsgesetz 1977 enthält keine Bestimmung, daß ein Entschädigungsanspruch iS des § 20 dieses Gesetzes im Fall einer Eigentumsgemeinschaft nur von allen Miteigentümern gemeinsam geltend gemacht werden könne.

Aus der Erwägung allein, daß die Entscheidung über den Entschädigungsantrag eines Miteigentümers ein Präjudiz für gleichartige Anträge der anderen Miteigentümer schaffe, kann weder geschlossen werden, daß ein solcher Antrag nur von allen Miteigentümern gemeinsam gestellt werden könne, noch auch, daß etwa ein Miteigentümer zur Antragstellung der Zustimmung der anderen Miteigentümer bedürfe. Zutreffend verweist die Antragsgegnerin auf § 829 ABGB, wonach jeder Teilhaber vollständiger Eigentümer seines Anteiles ist und diesen oder die darauf entfallenden Nutzungen willkürlich und unabhängig verpfänden, vermachen oder sonst veräußern kann, wenn er die Rechte seiner Mitgenossen nicht verletzt. Ebenso wie der Teilhaber als Folge seiner Verfügungsfreiheit über seinen Anteil die auf diesen entfallenden Nutzungen verlangen kann (Klang in Klang[2] III 1094), kann er auch ein Entschädigungsbegehren stellen, soweit er sich - da es sich hiebei um einen teilbaren Anspruch handelt - auf die Geltendmachung seines Anteiles beschränkt (vgl. Klang aaO). Es muß der Antragstellerin daher auch das Recht zugestanden werden, einen Antrag auf Gewährung einer auf ihren Anteil entfallenden Entschädigung, wie sie § 20 des Salzburger Raumordnungsgesetzes vorsieht, zu stellen, ohne daß es hiezu einer Zustimmung der Antragsgegnerin als weiterer Teilhaberin bedürfte (im gleichen Sinne 5 Ob 109/70). Von einer Maßnahme der ordentlichen Verwaltung iS des § 833 ABGB oder gar einer wichtigen Veränderung iS des § 834 ABGB, sodaß die mangelnde Zustimmung der Antragsgegnerin durch richterliche Entscheidung zu ersetzen wäre - wie das Rekursgericht meint -, kann daher keine Rede sei. Das Entschädigungsbegehren grundet sich vielmehr auf die Individualrechte der Antragstellerin als Eigentümerin ihres Miteigentumsanteils.

Da die Antragstellerin ihren Entschädigungsantrag ausdrücklich auf die auf ihren Anteil entfallende Entschädigung beschränkt hat, hat das Erstgericht im Ergebnis zutreffend den Antrag, die mangelnde Unterfertigung des Entschädigungsantrages durch die Antragsgegnerin durch richterliche Entscheidung zu ersetzen, als nicht gerechtfertigt angesehen. Die Entscheidung des Erstgerichtes war deshalb in Stattgebung des Revisionsrekurses mit der Maßgabe wiederherzustellen, daß der Antrag der Antragstellerin ab-(nicht zurück-)gewiesen wird. Der Antrag war nicht formell unzulässig, er war jedoch materiell verfehlt.

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