OGH 13Os129/82

OGH13Os129/8216.9.1982

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Müller-Dachler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter A wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengerichts vom 1.Juli 1982, GZ. 28 Vr 191/82-28, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch Punkt II und III wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 StGB im Grund der § 125, 126 Abs. 1 Z. 7 StGB sowie des § 135 Abs. 1 und 2 StGB, demgemäß auch im Strafausspruch und in der Anordnung der Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürfte Rechtsbrecher aufgehoben und die Sache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht rückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter A des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 StGB (§ 127 Abs. 1, 129 Z. 1 und 2 StGB, § 125, 126 Abs. 1 Z. 7 StGB, § 135 Abs. 1 und 2 StGB) schuldig erkannt. Darnach hat er sich in der Nacht zum 13.Jänner 1982 in Innsbruck durch den Genuß von Bier und durch die Einnahme von Tabletten in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand versetzt und in diesem Zustand dem Walter B durch Einbruch in das Cafe 'X' Bargeld, Zigaretten und Gebrauchsgegenstände im Wert von zusammen etwa 1.200 S mit Bereicherungsvorsatz weggenommen (Punkt I des Urteilssatzes), die Einrichtung dieses Lokals sowie Lebensmittel, Geschirr, Elektrogeräte und andere Gebrauchsgegenstände verwüstet und damit fremde Sachen zerstört, beschädigt und unbrauchbar gemacht, wobei der Schaden den Betrag von 5.000 S überstiegen hat (II) und eine Registrierkasse im Wert von 34.000 S aus dem Gewahrsam des Walter B dauernd entzogen, ohne die Sache sich oder einem Dritten zuzueignen (III).

Gemäß § 22 StGB wurde die Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher angeordnet. Die Anordnung der vorbeugenden Maßnahme nach § 22

StGB bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5, den Schuldspruch hinsichtlich der zu Punkt II und III des Urteilssatzes angeführten Rauschtaten mit einer auf die Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge ficht die Urteilsannahme, der Angeklagte sei dem Mißbrauch von Alkohol ergeben, mit der Behauptung an, dem stehe das Gutachten des Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Heinz C entgegen, das sich auf den 'alltäglichen' Zustand des Angeklagten (auf den allein es bei der Beurteilung dieser Frage ankomme) beziehe und nach dem (nur) leichtere Hinweise für einen chronischen Alkoholmißbrauch vorliegen, tiefgreifende Auswirkungen jedoch nicht zu erfassen sind und in dem der Beschwerdeführer als geistesgesunde Persönlichkeit bezeichnet werde; diese Ausführungen habe das Schöffengericht unberücksichtigt gelassen. Dies gelte auch für die Deposition des Sachverständigen, ungeachtet des positiven Erfolgs einer Alkoholentwöhnungskur könne die Frage, ob damit auch die Neigung, Straftaten zu begehen, zum Erlöschen kommen werde, nicht mit Sicherheit beantwortet werden. Daraus schließt die Beschwerde, daß der Versuch einer Entwöhnung von vorneherein aussichtslos sein könne. Damit habe das Gericht aber zu Unrecht die Voraussetzung für die Anordnung der vorbeugenden Maßnahme angenommen. Solcherart gibt die Rüge jedoch nur einzelne, aus dem Zusammenhang gerissene Teile des Gutachtens wieder und zieht Schlußfolgerungen, die in dieser Form dem Gutachten nicht zu entnehmen sind. Sie übergeht gänzlich, daß nach dem Gutachten außer Zweifel steht, daß der Beschwerdeführer einen chronischen Alkoholmißbrauch treibt und auch in dieser Richtung weisende Symptome vorliegen (S. 131 u. 147), daß nach der Ansicht des Sachverständigen der Versuch unternommen werden sollte, eine Alkoholentwöhnungskur durchzuführen und daß die Aussicht auf einen Erfolg als eher positiv bezeichnet wird (S. 133). Sonach wird kein Begründungsmangel in der Bedeutung der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO aufgezeigt, sondern im Ergebnis nur die Beweiswürdigung des Erstgerichts bekämpft.

Eine gesetzmäßig ausgeführte Mängelrüge liegt demnach nicht vor, weshalb die Beschwerde in diesem Umfang gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO zurückzuweisen war. Mit Recht behauptet die Nichtigkeitsbeschwerde hingegen aus dem Grund der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO Feststellungsmängel betreffend die im Zustand voller Berauschung begangenen ('verdeckten') Delikte nach § 125, 126 Abs. 1 Z. 7 StGB (II) und nach § 135 Abs. 1 und 2 StGB (III).

Den Urteilskonstatierungen ist nur zu entnehmen, daß der Angeklagte in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand einen Einbruch in das Cafe 'X' verübte, wobei er mit einem leeren Bierfaß die Verglasung der Eingangstür zertrümmerte, sodann im Lokal mehrere Behältnisse aufbrach, Bargeld, Zigaretten und andere Gebrauchsgegenstände im Wert von zusammen etwa 1.200 S stahl und dadurch, daß er auch das Lokal verwüstete und schließlich eine Registrierkasse (Wert etwa 34.000 S) mitnahm und später wegwarf, einen Schaden von insgesamt etwa 65.000 S verursachte. Hat der Täter im Zug des Einbruchsdiebstahls fremde Sachen vorsätzlich beschädigt, so ist die Sachbeschädigung nicht gesondert strafbar, sofern sie sich als aus der Sicht des Täters mit der Verübung des Diebstahls zielführend verbunden erweist. Das gilt nicht nur für einfache, sondern auch für schadensqualifizierte Sachbeschädigungen (§ 126 Abs. 1 Z. 7, Abs. 2 StGB). Auch sie werden in ihrem Unrechtsgehalt von der Beurteilung als Einbruchsdiebstahl miterfaßt und dürfen daher (anders als Sachbeschädigungen nach § 126 Abs. 1 Z. 1 bis 6 StGB) dem Täter nicht gesondert angelastet werden (vgl. Leukauf-Steininger2, § 129 StGB RZ. 46

und die dort zitierte Rechtsprechung). Anders ausgedrückt: Ist die Sachbeschädigung eine mehr oder weniger 'natürliche Begleiterscheinung' des Einbruchsdiebstahls (Leukauf-Steininger a. a.O.), so erscheint sie von der Einbruchsqualifikation (§ 129 Z. 1 StGB) konsumiert (Gesetzeskonkurrenz).

Das Urteil enthält keine Konstatierung dahin, daß die Sachbeschädigung hier keine natürliche Begleiterscheinung des Einbruchsdiebstahls war und daß die Trennung der Zielrichtungen im Vorsatz des Beschwerdeführers ihre Entsprechung hatte, daß er also etwa das Mobiliar des Lokals aus Enttäuschung über den geringen Wert der Beute zertrümmerte oder Schäden anrichtete, die mit dem Diebstahl nicht in einem zielführenden Zusammenhang standen. Der Hinweis im Urteil, daß er auch das Lokal verwüstete, genügt keineswegs.

Im Hinblick auf den bei der Verübung jeglichen Einbruchs anzunehmenden generellen Diebstahlsvorsatz (vgl. SSt. XLI/65, XVII/34, 11 Os 97/72 u.a.) hätte sich das Erstgericht auch damit befassen müssen, weshalb der Angeklagte die Registrierkasse nicht mit Bereicherungsvorsatz, sondern mit dem Vorsatz, sie dauernd zu entziehen, mitgenommen habe.

Auch die sogenannte Rauschtat muß alle subjektiven Tatbestandsmerkmale des betreffenden Delikts verkörpern; sie wird vorsätzlich begangen, womit nichts anderes als das natürliche Wissen und Wollen der Tat gemeint ist (EvBl. 1980/183). Dem Volltrunkenen fehlt nicht der deliktstypische Willensentschluß (die Willensreaktion), sondern es mangelt ihm bloß die Diskretions- oder die Dispositionsfähigkeit oder es gehen ihm beide Fähigkeiten ab (SSt. 47/35 u.a.); mit anderen Worten: Trotz einem auf einen bestimmten deliktstypischen Erfolg gerichteten Vorsatz gebricht es ihm an dem für die volle Schuldfähigkeit und demnach für die Strafbarkeit gemäß dem Grundtatbestand notwendigen biologischen Schuldelement.

Die unrichtige rechtliche Beurteilung des 'verdeckten' Delikts bewirkt eine dem Angeklagten zum Nachteil gereichende Nichtigkeit nach der Z. 10 des § 281 Abs. 1

StPO, weil eine weitere Subsumtion auch einen höheren Unrechtsgehalt des Delikts nach § 287 StGB bewirkt (SSt. 47/35).

Wegen des zutreffend geltend gemachten Feststellungsmangels in der soeben angezeigten Richtung war der zum Vorteil des Angeklagten ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde schon bei der nichtöffentlichen Beratung Folge zu geben und über dieses Rechtsmittel wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e StPO).

Auch die Anordnung der vorbeugenden Maßnahme nach § 22 StGB war aufzuheben, weil die Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose von der Art der Anlaßtat abhängt, die hier teilweise neuerlich einer Beurteilung zu unterziehen sein wird.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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