Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 5.Februar 1964 geborene türkische Staatsangehörige Ramazan A des Vergehens der gewerbsmäßigen gleichgeschlechtlichen Unzucht nach § 210 StGB schuldig erkannt, weil er im Jahre 1981 - sohin im jugendlichen Alter - in Fritzens, Wenns und Innsbruck gewerbsmäßig gleichgeschlechtliche Unzucht mit Personen männlichen Geschlechts, nämlich mit den abgesondert verfolgten Ernst B, Paul E und Herbert D sowie mit einer unbekannten Zahl unbekannter Männer, getrieben und sich zu solcher Unzucht angeboten hat.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
In seiner Mängelrüge wendet der Beschwerdeführer gegen die Feststellungen des Erstgerichtes zur gewerbsmäßigen Begehung der Tat ein, er habe für die Unzuchtshandlungen niemals Geld verlangt, habe mit einzelnen seiner Partner, nämlich Paul E und Herbert D, nur je zweimal geschlechtlich verkehrt, sodaß hier auf die Absicht, sich eine fortlaufende Einnahmsquelle zu erschließen, nicht geschlossen werden könne, und habe schließlich von Ernst B kein Entgelt, sondern - bei lebensnaher Betrachtung - nur ein Taschengeld bekommen, weil B beabsichtigt habe, ihn zu adoptieren.
Rechtliche Beurteilung
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer vorliegend keinen Begründungsmangel betreffend eine für den Schuldspruch und insbesondere für das Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit entscheidende Tatsache im Sinne des behaupteten Nichtigkeitsgrundes auf. Zum einen kommt es nicht darauf an, ob der Angeklagte eine finanzielle Gegenleistung gefordert hat, was vom Gericht übrigens gar nicht festgestellt wird; zum anderen ist auch die in der Beschwerde andeutungsweise relevierte Frage nicht wesentlich, ob sich seine Absicht, wiederkehrend gleichgeschlechtliche Unzucht zu treiben (und dadurch ein fortlaufendes Einkommen zu erzielen), auf die Fortsetzung gleichgeschlechtlicher Kontakte mit den im Urteil namentlich genannten Unzuchtspartnern oder auf die Wiederholung von derartigen Unzuchtsakten mit anderen Personen männlichen Geschlechts bezog. Jedenfalls konnte das Gericht die gewerbsmäßige Tendenz seines Handelns schlüssig und der Lebenserfahrung entsprechend aus der vom Angeklagten vor der Polizei eingestandenen Tatsache ableiten, daß er sich unbekannten Männern mit dem Bewußtsein ('dem Hintergedanken') fortlaufend zu Unzuchtsakten anbot, hiefür von seinen jeweiligen Partner entlohnt zu werden, ohnedies ausdrücklich verlangen zu müssen (S. 157, 159 und 360 unten d.A.). Die angeblich von Ernst B beabsichtigte Adoption ist aber schon deshalb für die Beurteilung der Schuld des Angeklagten irrelevant, weil der Tatbestand bereits durch die gewerbsmäßige gleichgeschlechtliche Unzucht mit mehreren anderen, teils bekannten, teils unbekannten männlichen Unzuchtspartnern erfüllt ist. Auf den Umstand, daß der Angeklagte ein für seinen Lebensunterhalt ausreichendes Arbeitseinkommen bezogen hat, kommt es, wie das Erstgericht zutreffend ausführt, gleichfalls nicht an, da nach der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes auch ein Zuschuß zu sonstigen Einkünften Gewerbsmäßigkeit begründen kann. Die Mängelrüge erweist sich daher als unbegründet.
Die Rechtsrüge entbehrt insoweit einer gesetzmäßigen Darstellung, als der Beschwerdeführer ohne entsprechendes Tatsachensubstrat im Urteil behauptet, das Gericht hätte ihm einen sein Unrechtsbewußtsein ausschließenden Irrtum zubilligen müssen, weil er angenommen habe, von Ernst B keine Entlohnung, sondern nur ein (mit dem Unzuchtstreiben nicht in Zusammenhang stehendes) Taschengeld zu erhalten. Auch vermag er mit diesem Vorbringen nicht etwa einen Mangel an zur rechtlichen Beurteilung erforderlichen Feststellungen darzutun, weil er sich in der Hauptverhandlung vollinhaltlich schuldig bekannte (S. 351) und gar nicht behauptete, über die Erlaubtheit seiner Beziehungen mit Ernst B geirrt und von diesem von den Unzuchtshandlungen unabhängig ein 'Taschengeld' erhalten zu haben. Feststellungen in dieser Richtung waren somit durch (konkrete) Ergebnisse des Beweisverfahrens nicht indiziert. Mit dem Einwand, die Strafbestimmung des § 210 StGB verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz und sei daher verfassungswidrig, behauptet der Angeklagte weder Nichtigkeit des Urteils nach (dem formell bezogenen Nichtigkeitsgrund des) § 281 Abs 1 Z. 10 StPO, noch nach einer anderen Gesetzesstelle; auf dieses Vorbringen muß daher nicht weiter eingegangen werden (9 Os 181/79;
10 Os 5/80; EvBl 1982/35). Auch sieht sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlaßt, der Anregung des Beschwerdeführers näher zu treten, beim Verfassungsgerichtshof die Feststellung der Verfassungswidrigkeit dieser Gesetzesstelle zu beantragen; denn die Kriminalisierung bloß männlicher gleichgeschlechtlicher Unzucht stellt keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes durch sachlich ungerechtfertigte Differenzierung der beiden Geschlechter dar; vielmehr besteht (aus den in der Regierungsvorlage zum Strafrechtsänderungesetz 1971, BGBl. Nr. 273
/39 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XII. GP. / angeführten Gründen) keine kriminalpolitische Notwendigkeit für die Pönalisierung der gleichgeschlechtlichen (insbesondere gewerbsmäßigen) Unzucht von Frauen (erneut EvBl 1982/35; ÖJZ-LSK. 1981/
167 = EvBl 1982/65).
Gesetzmäßig dargestellt wird der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO mit dem Vorbringen, die Tat sei deshalb nicht gewerbsmäßig begangen, weil die durch die Unzuchtshandlungen erlangten Zuwendungen wirtschaftlich gegenüber dem Arbeitseinkommen des Angeklagten nicht ins Gewicht gefallen seien. Darauf kommt es aber, wie bereits zur Mängelrüge gesagt, entscheidend nicht an. Für den Begriff der Gewerbsmäßigkeit spielt nämlich keine Rolle, ob die Einkünfte aus der wiederkehrenden Begehung die Kosten der Lebensführung des Täters zu einem wesentlichen oder bloß zu einem geringen Teil decken, ob der Täter auf diese Einnahmen angewiesen ist, um seinen Unterhalt bestreiten zu können, oder ob er sich bloß zusätzliche Einkünfte verschaffen will (Leukauf-Steininger2, RN. 5 zu § 70 mit weiteren Judikaturnachweisen). Soweit freilich in Zusammenhang mit diesem Einwand - abermals - die (angebliche) besondere Natur der von Ernst B empfangenen Zuwendungen ins Treffen geführt wird, wird erneut der Boden der urteilsmäßigen Feststellungen verlassen. Ebensowenig führt der Beschwerdeführer eine Rechtsrüge nach § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO (und auch keine Mängelrüge nach der Z. 5 dieser Gesetzesstelle) beachtlich aus, wenn er die (auf sein Geständnis vor der Polizei gestützte) erstgerichtliche Feststellung, er habe ca. 10.000 S durch die Unzuchtshandlungen verdient, mit der (seiner geständigen Verantwortung in der Hauptverhandlung zuwiderlaufenden) Behauptung bekämpft, seine bezüglichen Angaben vor der Polizei wären auf ein infolge seiner mangelnden Kenntnis der deutschen Sprache entstandenes Mißverständnis zurückzuführen. Die genaue Höhe der erzielten Einkünfte ist zudem für die Feststellung der Schuld des Angeklagten und die rechtliche Beurteilung seiner Tat gleichermaßen bedeutungslos, da es - wie gesagt - auf die wirtschaftliche Bedeutung der durch die Unzuchtshandlungen des Angeklagten verdienten Geldbeträge im Rahmen seiner Lebensführung nicht ankommt. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Jugendschöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 210 StGB unter Anwendung der § 11 JGG. und 37
StGB zu einer - unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen - Geldstrafe von 180 Tagessätzen in der Höhe von je 120 S und setzte die Ersatzfreiheitsstrafe mit 90 Tagen fest. Bei der Ausmessung der Anzahl der Tagessätze wurden das Geständnis des Angeklagten, sein bisher ordentlicher Lebenswandel und auch der Umstand, daß er stark unter dem Einfluß eines anderen Homosexuellen stand, als mildernd angenommen; erschwerend war hingegen nichts. Der Festsetzung der Höhe des Tagessatzes lag ein monatliches Nettoeinkommen des für niemanden sorgepflichtigen Angeklagten von 7.000 bis 8.000 S zugrunde.
In der Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Anzahl und der Höhe der Tagessätze an. Dieses Begehren ist jedoch nicht berechtigt.
Den Berufungsausführungen zuwider liegen weitere Milderungsgründe nicht vor. Von einer Unbesonnenheit kann im Hinblick auf die oftmalige Wiederholung der Taten und die ausgeprägte Motivation des Angeklagten, die sich aus der Gewerbsmäßigkeit seines Handelns ergibt, keine Rede sein. Dem jugendlichen Alter des Täters wurde durch die Anwendung des § 11 JGG. ohnedies Rechnung getragen. Einen Irrtum über die Bedeutung der Geldzuwendungen seitens des Ernst B hat der Angeklagte - wie bereits oben erwähnt - nie behauptet. Im übrigen fiele ein solcher mit Rücksicht darauf, daß B nur einer der vielen Unzuchtspartner des Angeklagten war, nicht ins Gewicht. Insgesamt entspricht also - ausgehend von den sohin zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründen - die Anzahl der Tagessätze der Schuld des Angeklagten und dem Unrechtsgehalt der Tat. Da auch die Höhe des Tagessatzes nach den aktenkundigen persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten - bezogen auf den Zeitpunkt der Fällung des Urteils erster Instanz - zutreffend bemessen worden ist, war der Berufung auch in diesem Umfang ein Erfolg zu versagen. Der Kostenausspruch gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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