OGH 12Os96/82

OGH12Os96/8212.8.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.August 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Hon.Prof.

Dr. Steininger, Dr. Walenta und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stolfa als Schriftführer in der Strafsache gegen Heribert A wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach § 15, 142 Abs. 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 4.März 1982, GZ. 6 Vr 4110/81-20, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die von der Staatsanwaltschaft erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Kapsch und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 18 (achtzehn) Monate erhöht.

Der Angeklagte wird mit seiner gegen die Strafhöhe gerichteten Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Im übrigen wird seiner Berufung nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 9.März 1935 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Zimmermann Heribert A des Verbrechens des versuchten Raubes nach § 15, 142 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 16.Dezember 1981 in Oberrakitsch versuchte, dem Josef B mit Gewalt gegen dessen Person einen Bargeldbetrag von 47.500 S mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er dem Genannten mehrere Faustschläge in das Gesicht versetzte und ihn wiederholt zur übergabe des Geldes aufforderte.

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5 und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung im Sinne des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes (Z. 5) erblickt der Beschwerdeführer darin, daß das Erstgericht nicht erörtert habe, ob der Anlaß seiner tätlichen Auseinandersetzung mit Josef B dessen Weigerung, den vollen vereinbarten Kaufpreis für ein Moped auszuzahlen, gewesen sei. Hierauf ist ihm aber zu erwidern, daß das Erstgericht auf die den Raubvorsatz leugnende Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung (S. 98) ohnehin eingegangen ist, sie allerdings mit dem Hinweis auf die Angaben des Tatopfers Josef B und die Zeugenaussagen der Gendarmeriebeamten Anton C und Peter D über die (keineswegs bedenklichen) Umstände, unter welchen der Angeklagte den Raubvorsatz eingestanden hatte, als unglaubwürdig beurteilt hat (S. 108). Einer darüber hinausgehenden Auseinandersetzung mit durch keine anderen Verfahrensergebnisse bestätigten Details dieser leugnenden Verantwortung bedurfte es hingegen nicht.

Rechtliche Beurteilung

Ebensowenig stichhaltig ist der in der Mängelrüge erhobene Vorwurf, das Erstgericht habe sich bei Begründung seiner Annahme, wonach es lediglich wegen der Flucht des Josef B aus dem Wohnhaus des Angeklagten beim Versuch des Raubes geblieben ist (S. 107), mit Teilen der Verantwortung des Angeklagten und mit Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen, aus denen hervorgehe, daß der Angeklagte von sich aus von der weiteren Verfolgung seines Raubvorhabens Abstand genommen habe, nicht auseinandergesetzt. Die Angaben des Angeklagten anläßlich seiner zweiten Einvernahme durch die Gendarmerie (S. 11 und 12), wonach er dem Josef B aus Gier nach dessen Geld unter der Aufforderung 'Gib mir ein Geld!' durch Schläge ins Gesicht Verletzungen zufügte, in der Folge gegen dessen Widerstand die Tür zum Nebenraum, in welchen der Genannte geflüchtet war, aufzudrücken versuchte, wegen Erfolglosigkeit dieses Versuches dann aber von der Tür wegging, und schließlich dem Zeugen Josef B noch bis zum Gartenzaun folgte (S. 12), hat das Erstgericht ersichtlich ohnehin übernommen und hat in diesem Zusammenhang auch (zutreffend) die Tatschilderung des Angeklagten gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen (siehe das schriftliche Gutachten S. 76, 77, welches in der Hauptverhandlung verlesen worden ist; S. 102, 103) als mit diesem Geständnis im wesentlichen übereinstimmend bezeichnet (S. 108). Bei der erwähnten Tatschilderung hat der Angeklagte sein Geständnis zudem noch durch die ausdrückliche Behauptung, Josef B bis ins Freie hinaus verfolgt, ihn aber nicht mehr 'erwischt' zu haben, präzisiert (S. 76). Hinweise darauf, daß nicht die Flucht des Josef B, sondern ein vom Angeklagten zur Gänze aus freien Stücken gefaßter Entschluß für das Unterbleiben der Tatvollendung maßgeblich gewesen sein soll, sind jenen Angaben nicht zu entnehmen. Die Erklärungen des Angeklagten, er hätte dem Zeugen B 'dann ohnehin nichts mehr weggenommen' (S. 76) und 'dann von selbst aufgehört, auf den B loszuschlagen und ihn zu verfolgen' (S. 77) können vielmehr - im Zusammenhang mit der ausführlichen Tatschilderung betrachtet - nur auf eine spätere Phase des Vorfalls bezogen werden, der die erfolgreiche Flucht des Opfers bereits vorausgegangen war. Damit brachte der Angeklagte aber keineswegs eine Version vor, wonach er die Tat auch dann nicht vollendet haben würde, wenn Josef B die Flucht nicht gelungen wäre. Für das Erstgericht hat daher keine Notwendigkeit bestanden, noch ausführlicher auf die erwähnten Angaben des Angeklagten einzugehen. Der vom Beschwerdeführer vermißten Erörterung des Umstandes, daß das Tatopfer nicht von sich aus Anzeige erstattet hat, kommt keineswegs die ihr in der Mängelrüge beigemessene entscheidende Bedeutung für die Lösung der Fragen zu, ob der Angeklagte überhaupt mit Raubvorsatz gehandelt bzw. ein allenfalls darauf gerichtet gewesenes Vorhaben freiwillig aufgegeben hat; denn ein Zusammenhang des ersichtlich auf die psychische Veranlagung des beschränkt entmündigten Josef B zurückzuführenden Mangels an Bereitschaft zur Anzeigeerstattung (vgl. S. 2, 35, 40 unten, 44, 45, 47) mit den überlegungen und Vorstellungen, von welchen der Angeklagte zur Tatzeit geleitet worden ist, ist überhaupt nicht erkennbar. Der in der Rechtsrüge (Z. 9 lit. b) behauptete Mangel an für die Beurteilung einer allfälligen Aufhebung der Strafbarkeit des Raubversuches nach § 16 Abs. 1 StGB maßgeblichen Feststellungen ist ebenfalls nicht gegeben, weil den Verfahrensergebnissen keine Anhaltspunkte für eine freiwillige Abstandnahme von der Tatvollendung zu entnehmen sind, und das Erstgericht demzufolge nicht verhalten war, sich mit dieser Frage eingehend zu befassen (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPONr. 34 zu § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b). Wie bereits zur Mängelrüge ausgeführt wurde, geht aus den Angaben des Angeklagten nicht einmal hervor, daß er bei Aufgabe seines Vorhabens objektiv überhaupt noch in der Lage gewesen wäre, dieses seinem Tatplan entsprechend zu verwirklichen (vgl. Leukauf-Steininger2, RN. 2 zu § 16 StGB), geschweige denn, daß er sich auch subjektiv ungeachtet der Flucht des Josef B zu einem weiteren, zur Tatvollendung führenden Angriff noch physisch und psychisch fähig gefühlt hätte (Leukauf-Steininger2, RN. 3 und 4 a.a.O.). Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu verwerfen.

Der Angeklagte wurde nach § 142 Abs. 1 StGB zu zwölf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend 'die drei einschlägigen Vorstrafen', die allerdings längere Zeit zurückliegen, hingegen die Tatsache, daß es beim Versuch geblieben ist und den leichten Schwachsinn des Angeklagten als mildernd. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung sowie die Gewährung bedingter Strafnachsicht an, während die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung eine Erhöhung der Freiheitsstrafe begehrt.

Nur die Berufung der Staatsanwaltschaft ist berechtigt. Der leichte Schwachsinn des Angeklagten wurde vom Erstgericht ohnehin berücksichtigt. Ihm liegen allerdings nicht nur drei, wie das Erstgericht annahm, sondern, wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Berufung zutreffend ausführt, insgesamt sieben einschlägige Vorstrafen zur Last. Nicht nur die Vorstrafe wegen des Verbrechens des Raubes, sondern auch die weiteren den Vorverurteilungen zugrunde liegenden Straftaten gegen fremdes Vermögen sowie gegen die körperliche Integrität beruhen auf der gleichen schädlichen Neigung (vgl. Leukauf-Steininger2, RN. 1 bis 7 zu § 71 StGB). Richtig ist allerdings, und das hat das Erstgericht keineswegs übersehen, daß die letzte Verurteilung bereits mehrere Jahre zurückliegt. Die (leichte) Alkoholisierung zur Tatzeit bildet keinen Milderungsgrund, weil der Angeklagte schon mehrfach im alkoholisierten Zustand strafbare Handlungen begangen hat, sodaß die durch die Alkoholisierung bedingte Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit durch den Vorwurf aufgewogen wird, den der Genuß von Alkohol unter diesen Umständen begründet (§ 35 StGB). Von einem 'nahezu freiwilligen Rücktritt vom Versuch' kann gleichfalls nicht gesprochen werden; blieb doch den Urteilsannahmen zufolge die Tat nur deshalb beim Versuch, weil dem Opfer die Flucht aus dem Wohnhaus gelungen ist. Zu den vom Erstgericht im übrigen zutreffend angenommenen Strafbemessungsgründen kommt jedoch als (weiterer) Erschwerungsgrund noch hinzu, daß das Opfer leichte Verletzungen erlitt. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der mehrfach vorbestrafte Angeklagte eine Beute in der Höhe von nahezu 50.000 S anstrebte, ist zur Erfassung seiner tatund persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) eine Erhöhung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe auf die Dauer von achtzehn Monaten angebracht.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft war daher Folge zu geben und spruchgemäß zu erkennen.

Mit seiner Berufung, soweit sie sich gegen die Strafhöhe richtet, war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen. Im übrigen war der Berufung, soweit sie bedingte Strafnachsicht begehrt, nicht Folge zu geben, weil schon auf Grund des Vorlebens des Angeklagten jedenfalls eine dazu erforderliche, aus besonderen Gründen gegebene Gewähr für ein künftiges Wohlverhalten (§ 43 Abs. 2 StGB) fehlt. Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

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