OGH 4Ob350/82

OGH4Ob350/8213.7.1982

SZ 55/110

Normen

UrhG §46 Z1
UrhG §46 Z1

 

Spruch:

Im Rahmen eines "Kleinzitates" nach § 46 Z 1 UrhG dürfen nur kleinere Ausschnitte des Sprachwerks angeführt werden, deren Umfang weder absolut noch im Verhältnis zum benützten Werk ins Gewicht fällt

Die freie Werknutzung nach § 46 Z 1 UrhG, deckt auch die Anführung einzelner Stellen eines veröffentlichten Sprachwerks außerhalb einer eigenen literarischen Arbeit

OGH 13. Juli 1982, 4 Ob 350/82 (OLG Wien 4 R 37/82; LGZ Wien 14 Cg 123/80)

Text

Die klagende Partei ist Inhaberin der Werknutzungsrechte an dem von Max Merkel verfaßten Buch "Geheuert, gefeiert, gefeuert - Die bemerke(l)nswerten Erlebnisse eines Fußballtrainers". Die beklagte Partei ist Eigentümerin und Verlegerin der "B-Zeitung", in der am 7. 2. 1980 auf S 26 in einem "Kasten" ein zweispaltiger Artikel über dieses Buch erschien. Die fettgedruckte Überschrift lautet "Wenn Merkel ein Buch schreibt ...". Darunter ist links das Bild des Buchautors und rechts eine kurze Einleitung folgenden Inhalts abgedruckt:

"... dann kann Österreichs Fußball, können seine Funktionäre und seine Teamspieler nicht gut wegkommen.

Max Merkel, der berühmt-berüchtigte Erfolgstrainer, der in anderen Rollen (als ÖFB-Sportdirektor oder Manager) kläglich scheiterte, revanchiert sich in seinem Buch (Max Merkel: "Geheuert, gefeiert, gefeuert", G-Verlag, 255 Seiten, 53 Schilling) für all die Hiebe, die er in diesem einen Jahr seiner Wien-Tätigkeit hat einstecken müssen.

Merkel verschont auch seinen Förderer Karl Sekanina nicht. Hier finden Sie, wie Merkel über Sekanina denkt und was er von Koncilia und Krankl hält."

Es folgen unter den Überschriften: "Max Merkel über Karl Sekanina", "Max Merkel über Friedl Koncilia" und "Max Merkel über Hans Krankl" wörtliche Zitate aus dem Buch, die rund 80% des gesamten Artikels ausmachen.

"Wenn mein Freund Karli Sekanina im Fernsehen wortreich verschlungene Erklärungen darüber abgab, wozu er mich als ÖFB-Sportdirektor geholt hat und was er von mir erhofft, durfte ich nur still dabei sitzen.

Am Ende wußte kein Mensch mehr als am Anfang seiner Rede. Es erinnert mich an den Witz:

Der englische Delegierte spricht auf einem UNO-Empfang drei Worte zu seinem chinesischen Kollegen. Der Dolmetscher übersetzt: "Ich mag China!" Der Chinese antwortet mit einem viertelstundigen Wortschwall. Am Ende fragte der gespannt lauschende Engländer: "Was sagte der Herr Delegierte?" Der Dolmetsch übersetzt: "Danke ...!"

Karl Sekanina muß heimlich in China gewesen sein ...

Vor jedem TV-Auftritt bat mich Sekanina händeringend: "Max laß mich reden, du fährst den Leuten zu sehr über die Goschn." "Es ist schlecht für mein Image, Karl", antwortete ich, denn die Leute werden sagen: "Schauts euch den alten Deppen an, jetzt erinnert er sich nicht einmal mehr an die Witze, die ihm vor zwanzig Jahren noch eingefallen sind." Aber Karli Sekanina nahm mir das Wort ab: "Max, versprich mir: Du haltst die Goschn!" Ich tat ihm den Gefallen. Schließlich hatte ich ihm den Posten zu verdanken. Und so schwitzte ich vor den TV-Kameras stets stumm vor mich hin ...".

"Was ich von Torleuten halte, ist bekannt." "Der Koncilia ist ein Typ, den die Trainer jeden Abend in ihr Nachtgebet einschließen:

"Herr, bewahre uns vor allem Übel und vor Friedl Koncilia!" In Österreich nennt man einen Mann mit seinen Eigenschaften einen "Stierer", weil er in der Mannschaft rumrührt wie mit dem Stecken in einem Ameisenhaufen und so lange intrigiert - er kann alles besser und weiß alles besser -, bis kein Spieler mehr den anderen und zum Schluß keiner sich selbst mehr leiden mag.

Friedl Koncilia hatte zur Verstärkung bei seiner Vereinsmannschaft Wacker-Innsbruck noch einen Bruder, der Peter heißt und in der Mannschaft den Rest besorgte. So erzählen es die Leute, weil er die Spielerfrauen mit seinem charmanten Lächeln bezaubern konnte. Drei oder vier Mann von den Innsbruckern zitterten ständig davor, wenn Peter nicht zum Training kam.

Das war wie mit dem Wiener Witz, wo der Rudi den Grafen Bobby fragt:

"Kommst heut" abend zum Tarockieren?' Bobby antwortet: 'Du, ich kann nicht. Heut" spielt der Schapira." Rudi fragt: "Wo spielt heut der Schapira, und was spielt er überhaupt?" Bobby: "Wo er spielt, weiß ich nicht. Was er spielt, weiß ich auch nicht. Aber wenn er spielt, schlaf ich bei seiner Frau .."

Die Innsbrucker rutschten mit den "Koncilia-Brothers" von der Tabellenspitze bis ans Ende und kamen spielerisch langsam, aber sicher auf den Hund. Heute spielt der Friedl Koncilia bei Austria. Er verließ damals rechtzeitig das sinkende Schiff, und deshalb entschuldige ich mich heute dafür, daß ich einmal gesagt habe: 'Ein Mensch mit so wenig Hirn gehört ins Museum.' "

"Den "Schneckerl" Prohaska könnte man hervorragend für ein Haarwuchsmittel einsetzen und den Hansi Krankl für eine Digital-Armbanduhr mit automatischem Wecker. Wenn der läutet, war es Zeit, ein Tor zu schießen. Die übrige Zeit stand er nur schläfrig auf dem Spielfeld herum ..."

Am 10. 2. 1980 erschien auf S 9 der "B-Zeitung" ein weiterer Artikel mit dem Titel: "Ein internationaler Fußballtrainer rechnet ab. Der Schmäh-Zwang des Max Merke 1." Dieser Artikel füllte eine ganze Zeitungsseite. Am 23. 3. 1980 erschien schließlich in derselben Zeitung in der Glosse "Walter H - Fußballkulisse" unter dem Titel "Der Traumsturm, der kaum noch einmal auftreten wird" eine Entgegnung Friedl Koncilias auf die in Max Merkels Buch vorgebrachten Angriffe gegen seine Person, in der der Text, der schon am 7. 2. 1980 abgedruckt worden war, erneut zuzüglich weiterer Textstellen aus S 84 und 85 des Buches abgedruckt wurde.

Die klagende Partei (G-Verlag) behauptet, daß die Veröffentlichung von Teilen des Buches von Max Merkel in der Ausgabe der "B-Zeitung" vom 7. 2. 1980 eine Verletzung ihrer Werknutzungsrechte darstelle. Es handle sich nicht um ein zulässiges "kleines Zitat" iS des § 46 Z 1 UrhG, weil diese freie Werknutzung nur im Rahmen eines selbständigen Werkes zulässig sei. Bei der Veröffentlichung dieser Stelle sei es der beklagten Partei darum gegangen, die gerade für den österreichischen Leser besonders interessanten Stellen abzudrucken, während eine ausführliche, allenfalls nach § 46 Z 1 UrhG zulässige Buchbesprechung erst drei Tage später erschienen sei. Am 23. 3. 1980 habe die beklagte Partei die bisherige Veröffentlichung wiederholt und dabei nahezu ein Kapitel aus dem Buch wiedergegeben, so daß der Rahmen des "kleinen Zitats" weit überschritten worden sei. Die klagende Partei begehrt, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, die Veröffentlichung des Werkes "Geheuert, gefeiert, gefeuert" von Max Merkel oder von einzelnen Teilen desselben in der in ihrem Eigentum stehenden oder von ihr verlegten "B-Zeitung" oder in anderen Druckwerken sowie die Veröffentlichung anderer Werke oder Teile von Werken, an denen die klagende Partei die Werknutzungsrechte besitzt, ohne deren Einwilligung bei Exekution sofort zu unterlassen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Eine Rechtsverletzung liege nicht vor, weil in den Ausgaben der "B-Zeitung" vom 7. und 10. 2. 1980 nur Stellenzitate, also sogenannte "kleine Zitate", der Ausführungen Max Merkels über Karl Sekanina, Friedl Koncilia und Hans Krankl wiedergegeben worden seien. Ein "kleines Zitat" sei als freie Werknutzung im Rahmen eines selbständigen Werkes zulässig. Als selbständiges Werk sei hiebei die Gesamtausgabe der periodischen Druckschrift "B-Zeitung" vom 7. 2. 1980 anzusehen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. - Es war der Ansicht, daß die in der "B-Zeitung" wiedergegebenen Stellen des Buches als zulässige "kleine Zitate" iS des § 46 Z 1 UrhG anzusehen seien. Dies treffe auch auf den Artikel vom 7. 2. 1980 zu, der zwar nicht gerade das typische Beispiel einer Buchrezension sei, aber noch unter diesen Begriff subsumiert werden könne. Unter genauer Angabe der Quellen und nach einer kurzen Charakteristik des Werkes seien einige typische Angriffe des Autors gegen bekannte Männer des österreichischen Fußballsports abgedruckt, die dem Leser des Artikels Inhalt des Werkes und den amüsant-aggressiven Stil des Autors näherbringen und zum Kauf des Werkes anregen sollten. Von den 250 Buchseiten umfassenden Werk seien nicht einmal fünf Seiten abgedruckt worden. Der Umfang der Zitate sei zwar für eine journalistische Präsentation eines Buches im Rahmen einer Tageszeitung beachtlich, aber im Hinblick auf den Gesamtumfang des Buches minimal. Die Klägerin könne sich nicht dadurch beschwert erachten, daß die Rezension bei Weglassen der Zitate verhältnismäßig dürftig sei, weil eine Buchbesprechung eine Werbung für das besprochene Werk mit sich bringe. Die Auswahl der Zitate ziele auf das Erwecken des Interesses am Werk ab.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt und sprach aus, daß der (von der Abänderung betroffene) Wert des Streitgegenstandes 2000 S übersteigt.

Nach Ansicht der zweiten Instanz könne es für das österreichische Urheberrechtsgesetz - anders als nach § 51 Z 2 des deutschen Urheberrechtsgesetzes - dahingestellt bleiben, ob die beanstandete Anführung eines Zitates aus einem veröffentlichten Sprachwerk in einem selbständigen Sprachwerk erfolgt sei; nach § 46 Z 1 UrhG sei dies keine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Vervielfältigung und Veröffentlichung einzelner Stellen eines veröffentlichten Sprachwerkes. Unter einer "Stelle" seien nur einige Sätze zu verstehen, die einen geschlossenen Gedanken des Urhebers wiedergeben. Ein festes Größenverhältnis, in dem die entnommenen Stellen zu dem Werk, aus dem sie stammten, stehen müßten, lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen, doch dürften nur kleinere Ausschnitte aus geschützten Werken zitiert werden, deren Umfang weder absolut noch im Verhältnis zum ganzen Werk ins Gewicht falle. Bei Bewertung der Zulässigkeit eines Zitates seien auch der Inhalt und der Aufbau des veröffentlichten Sprachwerkes zu berücksichtigen. Das Buch Max Merkels enthalte im wesentlichen Episoden aus seinem Leben als Fußballtrainer und (subjektive) Charakterisierungen berühmter Spieler, Trainer und Funktionäre des Fußballsportes, wobei zum Teil Witze und Anekdoten oder eigene markante Aussprüche des Autors eingebaut worden seien. Die Episoden und Charakterisierungen ließen in der Regel einen Anfang und einen Schluß erkennen und bildeten in ihrer Art mehr oder weniger in sich geschlossene Teile der einzelnen Kapitel. Die Zitate des beanstandeten Zeitungsartikels vom 7. 2. 1980 enthielten im wesentlichen zwei derartige, in sich geschlossene Teile des Buches. Damit werde eine eigene, in sich geschlossene Begebenheit oder Beurteilung wiedergegeben, die den zulässigen Umfang, eines Kleinzitates überschreite. Zu berücksichtigen sei dabei auch, daß sich nur verhältnismäßig kleine Teile des Buches auf die österreichischen Fußballverhältnisse bezögen. Die beanstandeten Artikel brächten besonders markante, für das österreichische Publikum interessante Stellen des Buches zur Kenntnis. Ob dies die wirtschaftliche Verwertbarkeit des Buches beeinträchtige, könne dahingestellt bleiben, da dies nur im Zweifelsfall, der hier gar nicht vorliege, ins Gewicht falle.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei teilweise Folge. Er erkannte die Beklagte schuldig, Veröffentlichungen aus dem Werk "Geheuert, gefeiert, gefeuert" von Max Merkel, soweit es sich dabei nicht bloß um "einzelne Stellen" iS des § 46 Z 1 UrhG handelt, in der in ihrem Eigentum stehenden und von ihr verlegten "B-Zeitung" oder in anderen Druckwerken ab sofort zu unterlassen, und wies das Mehrbegehren, der Beklagten auch die Veröffentlichung anderer Werke oder Teile von Werken zu untersagen, an denen die klagende Partei die Werknutzungsrechte hat, ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revisionswerberin ist der Ansicht, daß die beanstandeten Veröffentlichungen das Ausmaß eines zulässigen "Kleinzitates" nicht überschritten hätten. Sie versucht dies vor allem mit Berechnungen, in denen sie den Umfang der Zitate mit dem Umfang des zitierten Werkes und seinen Kapiteln vergleicht, darzutun. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Zu den freien Werknutzungen an Werken der Literatur (§ 2 UrhG) gehört ua. auch das Recht, nach Maßgabe der Bestimmungen des § 46 UrhG Teile eines Sprachwerkes zu zitieren. Gemäß § 46 Z 1 UrhG ist die Vervielfältigung und die Verbreitung sowie der öffentliche Vortrag und die Rundfunksendung zulässig, wenn einzelne Stellen eines veröffentlichten Sprachwerkes angeführt werden (sogenanntes Kleinzitat; auf die Frage der Zulässigkeit des sogenannten "Großzitates" nach § 46 Z 2 UrhG braucht hier nicht eingegangen zu werden). Vorgängerin der geltenden Regelung der sogenannten Zitierfreiheit war § 25 UrhG 1920. Diese Bestimmung gestattete nicht nur die Anführung "einzelner Stellen", sondern auch "kleinerer Teile" eines veröffentlichten Werkes, was die Abgrenzung des kleinen vom großen Zitat erschwerte, so daß der Entwurf zum geltenden Urheberrechtsgesetz diese Worte wegließ (EB zum UrhG 1936 bei Peter, Urheberrechtsgesetz 565). Der Ausdruck "kleine Teile" (eines Sprachwerkes) wird aber weiterhin in mehreren Bestimmungen des geltenden Gesetzes (zB §§ 46 bis 48 UrhG) verwendet. Peter (aaO 128 f. FN 1) versuchte daher, diese beiden Begriffe wie folgt abzugrenzen: "Während ,kleine Teile" eines Sprachwerkes im Rahmen der Gliederung desselben bereits eine gewisse Abgeschlossenheit und Selbständigkeit aufweisen, ist unter 'einzelnen Stellen" ein Gedankengang zu verstehen, dem im Rahmen der Gliederung des benutzten Werkes auch dieser beschränkte Grad von Selbständigkeit mangelt." Zur Auslegung des Begriffes "einzelne Stellen" kann aber auch, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, die deutsche Lehre und Rechtsprechung zu der - insoweit vergleichbaren - Regelung des § 51 dUrhG ("Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe, wenn in einem durch den Zweck gebotenen Umfang .. Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt werden ...") herangezogen werden. Nach Möhring - Nicolini (Urheberrechtsgesetz 338; ähnlich Löffler - Glaser, Grenzen der Zitierfreiheit, GRUR 1958, 477) besteht eine "Stelle" aus einigen Sätzen, die einen geschlossenen Gedankengang des Urhebers wiedergeben. Während von Gamm (Urheberrechtsgesetz 552) der Ansicht ist, daß der sachliche Umfang des Kleinzitates regelmäßig nicht über ein bis zwei Kernsätze der benutzten Werkstelle hinausreicht, halten Möhring - Nicolini (aaO) und Fromm - Nordemann (Urheberrecht[4], 324) mit Recht eine starre Begrenzung auf ein bis zwei Sätze im Regelfall für zu eng. Eine derart enge Begrenzung läßt sich auch mit der weiteren Ansicht von Gamms, daß der Umfang des Kleinzitates sowohl hinsichtlich der Anzahl der benützten Stellen als auch hinsichtlich des sachlichen Ausmaßes durch das Verhältnis des Zitates zum benützten Sprachwerk bestimmt werde (aaO 551 f.), nur schwer vereinbaren, weil bei einer regelmäßigen Begrenzung auf einen oder zwei Sätze für eine mit dem Umfang des zitierten Werkes wachsende Grenze kaum ein Spielraum bliebe. In Wahrheit lassen sich auch bei Bedachtnahme auf den Umfang des zitierten Werkes streng mathematische Maßstäbe nicht anlegen (Ulmer, Urheberrecht und Verlagsrecht 314). Der Bundesgerichtshof hob in der Entscheidung BGHZ 28, 324 hervor, daß die Frage, ob ein Zitat den als zulässig angesehenen Rahmen überschreitet, nicht nach einem rein rechnerischen Maßstab nur auf Grund eines Vergleiches des äußeren Umfangs des Entlehnten mit dem Umfang des Werkes, aus dem die Entnahme stammt, beantwortet werden kann. Aus diesem Gründe sind die Verhältnisrechnungen, die die Revisionswerberin anstellt, nicht zielführend. Ganz allgemein wird man zum zulässigen Ausmaß eines Kleinzitates nur sagen können, daß jedenfalls nur kleinere Ausschnitte angeführt werden dürfen, deren Umfang weder absolut noch im Verhältnis zum ganzen benützten Werk ins Gewicht fällt (Fromm - Nordemann aaO 324; ähnlich Ulmer aaO 314). Letztlich ist der Einzelfall maßgebend (Möhring - Nicolini aaO).

Entscheidende Gesichtspunkte für die Zulässigkeit des sogenannten Kleinzitates im Einzelfall lassen sich aber aus dem Zweck des Zitates sowie aus dem Grundsatz gewinnen, daß das Verhältnis des Zitats zu dem benützten Werk derart sein muß, daß der Autor dadurch wettbewerblich keinen Schaden erleidet (Löffler - Glaser aaO). Was zunächst den Zweck des Zitates betrifft, ist freilich zu beachten, daß das zulässige Ausmaß eines Zitates in § 46 Z 1 UrhG nicht wie in § 51 dUrhG ausdrücklich auf einen "durch den Zweck gebotenen Umfang" beschränkt ist. Diese Voraussetzung wird jedoch auch für den österreichischen Rechtsbereich zu unterstellen sein, da das Recht des Urhebers nicht mehr beeinträchtigt werden darf, als es die Ausübung der im Interesse der geistigen Kommunikation eingeräumten Zitierfreiheit erfordert. Allerdings muß bei der Bedachtnahme auf den Zweck des Zitates auch berücksichtigt werden, daß die Zulässigkeit eines "Kleinzitates" nach dem Wortlaut des § 46 Z 1 UrhG (anders für das Großzitat nach § 48 Z 2 UrhG) nicht von der Anführung der betreffenden Stelle des zitierten Werkes in einem selbständigen Sprachwerk (im sogenannten zitierten Werk) abhängig ist. Daher ist der aus der unterschiedlichen Formulierung der § 46 Z 1 und § 52 Abs. 1 Z 1 und 2 UrhG und aus der Entstehungsgeschichte des Urheberrechtsgesetzes 1936 abgeleiteten Ansicht Dittrichs (RfR 1980, 49) zu folgen, wonach die freie Werknutzung nach § 46 Z 1 UrhG auch die Anführung außerhalb einer eigenen literarischen Arbeit deckt, es also etwa zulässig erscheint, ein bestimmtes, einem Sprachwerk entnommenes Zitat als Selbstzweck auf Briefpapier, Postkarten, Kalendern udgl. abzudrucken. Der Zweck des Zitates kann also nach österreichischem Recht auch in seiner völlig "selbständigen Zitierung" bestehen.

Entscheidend ist bei der Abgrenzung der Interessen des Urhebers des zitierten Sprachwerkes und des Zitierenden letztlich, wie bereits erwähnt, daß eine Beeinträchtigung des Autors im Wettbewerb tunlichst vermieden wird. Grundsätzlich ist vom Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers an seinem Werk auszugehen, dessen wirtschaftlicher Wert nicht in einer ins Gewicht fallenden Weise ausgehöhlt werden darf (Dittrich aaO 54; Schulze, Urheberrechtskommentar § 51, 3; ähnlich Ulmer aaO). Das Zitat darf kein Ersatz und keine Konkurrenz der unmittelbaren Verwertung des benützten fremden Werkes sein (von Gamm aaO 552; BGHZ 28, 234). Die Übernahme des wesentlichen Inhalts oder "Kernstückes" des fremden Werkes ist unzulässig, da auf diese Weise seine Absatzchancen gemindert werden können (Löffler, Das Grundrecht auf Informationsfreiheit als Schranke des Urheberrechts, NJW 1980, 201 ff.). All dies gilt unabhängig davon, ob die Zitate außerhalb einer eigenen literarischen Arbeit erfolgten oder in ein selbständiges Sprachwerk aufgenommen wurden (vgl. Fromm - Nordemann aaO 320).

Im vorliegenden Fall gehen die beanstandeten Zitate über den Rahmen des § 46 Z 1 UrhG hinaus. Die beklagte Partei beschränkte sich nicht darauf, in wenigen Sätzen einzelne Gedanken des Autors in eine eigene Darstellung des gewählten Themas aufzunehmen und die eigene Meinung mit den Zitaten nur zu belegen oder zu ergänzen. In dem beanstandeten Artikel folgen auf eine verhältnismäßig kurze, zum Teil der gesetzlich gebotenen Quellenangabe (§ 57 Abs. 2 UrhG) gewidmeten Einleitung geschlossene Zitate darüber, welche Meinung der Autor über Karl Sekanina, über Friedl Koncilia und Hans Krankl hat. Ohne Kürzung dieser Teile des übernommenen Werkes wurden dabei auch Witze und Anekdoten, mit denen der Autor die Darstellung dieser Personen aufgelockert hat, wiedergegeben. Ohne die angeführten Zitate hat der beanstandete Artikel

er beklagten Partei praktisch keinen Informations- und/oder Unterhaltungswert. Es handelt sich bei den wiedergegebenen Stellen - jedenfalls was die Abschnitte über Karl Sekanina und Friedl Koncilia betrifft - um Teile eines Sprachwerkes von einer gewissen Abgeschlossenheit und Selbständigkeit; von einer Anführung bloß einzelner Gedanken des Urhebers kann nicht gesprochen werden. Zu berücksichtigen ist aber auch, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, daß sich nur ein verhältnismäßig kleiner Teil des gesamten Buches auf den österreichischen Fußball bezieht. Aus diesem Teil hat die beklagte Partei Stellen, die für den österreichischen Leser von besonderem Interesse sind, als Kernsätze in einem derart großen Ausmaß entnommen, daß die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Werknutzungsberechtigte dadurch wettbewerblich Schaden erleidet. Die beanstandete Veröffentlichung griff daher in die Werknutzungsrechte der klagenden Partei in unzulässiger Überschreitung der "Zitierfreiheit" ein. Ob das auch für die von der Revisionswerberin erwähnten üblichen Pressezitate in den Informationssendungen des österreichischen Hörfunks zu gelten hätte oder dort - insbesondere wegen der Kurzlebigkeit derartiger Sprachwerke und der damit begrenzten Verwertungsmöglichkeit - andere Maßstäbe anzulegen wären, ist hier nicht zu entscheiden.

Berechtigt ist die Revision nur insoweit, als im Rahmen der Rechtsrüge, auch ohne daß dies durch die Revisionswerberin in dritter Instanz noch geltend gemacht wurde, darauf Bedacht zu nehmen ist, daß sich die Unterlassungsgebote in ihrem Umfang stets an dem konkreten Wettbewerbsverstoß zu orientieren haben (ÖBl. 1980, 46 uva.). Das Begehren der klagenden Partei, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, die Veröffentlichung anderer Werke oder Teile von Werken, an denen die klagende Partei die Werknutzungsrechte besitze, ohne deren Einwilligung zu unterlassen, geht über diesen Umfang auch bei Berücksichtigung der Notwendigkeit einer künftigen Umgehung des Verbotes verhindernden allgemeinen Fassung hinaus, so daß insoweit mit Teilabweisung vorzugehen ist. Dem stattgebenden Teil des Begehrens ist eine deutlichere Fassung zu geben.

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