Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7.Mai 1951 geborene Hilfsarbeiter Alois A des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach den § 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er 1. am 14.Juli 1980 in Langschlägerwald (Bezirk Zwettl) durch gefährliche Drohung mit einer Brandstiftung, nämlich durch die Äußerung: 'Um halb 2 Uhr komme ich wieder und wenn dann die Mutter nicht zum Heimgehen hergerichtet ist, hau ich euch die Fenster und die Türen ein und zünde euch die Bude an', Judith A zur Rückkehr in ihre gemeinsam mit Alois A bewohnte Wohnung in Groß Gerungs zu nötigen versucht;
2. am 27.Juli 1981 in Groß Gerungs vorsätzlich Judith A durch heftige Schläge mit einem Polster gegen den Kopf am Körper mißhandelt und ihr dadurch fahrlässig Verletzungen, nämlich Kopfschmerzen, zugefügt.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Alois A mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a, der Sache nach auch Z. 9 lit. b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Zum Schuldspruch wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach den § 15, 105 Abs. 1, 106
Abs. 1 Z. 1 StGB:
Rechtliche Beurteilung
Mit der Mängelrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO) macht der Beschwerdeführer eine unzureichende Begründung der Annahme des Erstgerichtes geltend, das Motiv für die ihm angelastete Nötigung seiner Mutter Judith A zur Rückkehr (aus dem Hause seines Bruders und dessen Ehegattin) in die gemeinsame Wohnung nach Groß Gerungs sei das Bestreben des Angeklagten gewesen, von seiner Mutter weiterhin finanzielle Zuwendungen zu erhalten. Damit vermag der Angeklagte jedoch keinen Begründungsmangel aufzuzeigen, der eine für die rechtliche Beurteilung der Tat entscheidende Tatsache betrifft. Denn es ist für die Verwirklichung des Tatbestands der Nötigung nicht relevant, ob der Täter den Angriff auf die freie Willensentscheidung und Willensbetätigung des Opfers aus eigennützigen Motiven unternimmt. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang und auch im Rahmen der Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO) vorbringt, begründete Konstatierungen über seine Beweggründe wären für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit der Nötigung von Bedeutung gewesen (womit er der Sache nach allerdings den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO geltend macht), ist ihm zu erwidern, daß weder seine Verantwortung, noch sonstige Beweisergebnisse auf das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrunds hingewiesen haben, der diesbezügliche Feststellungen erfordert hätte. Dies gilt insbesondere auch für den vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Rechtfertigungsgrund nach § 105 Abs. 2 StGB, welcher dann vorliegt, wenn die Anwendung der Gewalt oder Drohung im Rahmen einer Nötigung als Mittel zu dem angestrebten Zweck nicht den guten Sitten widerstreitet. Abgesehen davon, daß eine Drohung mit einer Brandstiftung keinesfalls ein sittlich erlaubtes Mittel zur Durchsetzung eines Anliegens sein kann, wäre auch der für den Rechtswidrigkeitsausschluß nach § 105 Abs. 2 StGB notwendige sachliche Zusammenhang im Sinn einer Mittel-Zweck-Beziehung zwischen dem angedrohten übel und dem vom Angeklagten geforderten Verhalten, auf welches er zudem keinen Rechtsanspruch hatte, in keiner Weise gegeben (LSK. 1978/60).
Eine Nichtigkeit im Sinn der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO - der Sache nach jedoch eine Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe im Sinn der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO - erblickt der Beschwerdeführer darin, daß das Erstgericht Verfahrensergebnisse unerörtert lasse, wonach er schon häufig im Zug von Auseinandersetzungen mit seiner Mutter Judith A drohende Äußerungen von sich gegeben habe, im November 1979 bei Unmutsäußerungen drohenden Inhalts - die seiner Ansicht nach nicht ernst genommen worden waren - gegenüber seiner Mutter und der Zeugin Anna B keine drohenden Gebärden oder ähnliche Akte gesetzt habe und schließlich auch am 15.Juli 1980 bei einem Wortwechsel mit Anna B keinerlei drohende Haltung eingenommen habe. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers sind jedoch die angeführten Umstände für die Lösung der Beweisfrage, ob er bei der gegenständlichen Tat mit dem Willen gehandelt hat, daß die Genötigte die Drohung ernst nehme, ohne Bedeutung, weil weder bei früheren Gelegenheiten gemachte Äußerungen drohenden Inhalts, noch die Unterlassung von drohenden Handlungen anläßlich sonstiger Konfliktsituationen der auf den vorliegenden Fall bezogenen Annahme seines Nötigungsvorsatzes entgegenstünde.
Mit dem aus diesem Vorbringen abgeleiteten weiteren Einwand, die Drohung sei nicht geeignet gewesen, die Bedrohte 'in Furcht und Unruhe zu versetzen', weil bei früheren Äußerungen des Angeklagten ein Bedrohungsvorsatz nicht feststellbar gewesen sei und sich außerdem im gegenständlichen Fall keine Anhaltspunkte für den Willen des Angeklagten ergeben hätten, die angekündigte Brandstiftung tatsächlich zu verüben, vermag der Beschwerdeführer ebenfalls keinen Fehler der rechtlichen Beurteilung aufzuzeigen. Die damit vom Beschwerdeführer aufgeworfene Rechtsfrage (siehe EvBl. 1982/28) der Eignung einer Drohung, begründete Besorgnisse einzuflößen, ist nach objektiven Kriterien unter Anlegung eines Durchschnittsmaßstabs zu beurteilen, wobei es weder auf den subjektiven Eindruck des Bedrohten, noch auf einen die Verwirklichung der Drohung einschließenden Vorsatz des Täters ankommt. Entscheidend ist lediglich, ob bei unbefangener Betrachtung der Situation für den Bedrohten der Eindruck entstehen konnte, der Täter sei in der Lage und willens, das angedrohte übel zu verwirklichen (Leukauf-Steininger2, RN. 18 zu § 74 sowie RN. 6 und 20 zu § 105; EvBl. 1979/180).
Eine derartige Beschaffenheit der festgestellten Äußerung des Angeklagten ist jedoch angesichts der von ihm zum Ausdruck gebrachten Entschlossenheit, die Heimkehr seiner Mutter erzwingen zu wollen, nicht zu bezweifeln.
Keine Berechtigung kommt auch der sachlich von dem Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO ausgehenden Rechtsrüge zu, die Tat sei nur als Vergehen der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 und Abs. 2
StGB zu beurteilen und mangels einer von der Bedrohten erteilten Ermächtigung überhaupt nicht verfolgbar, weil der Beschwerdeführer sich dabei über die Feststellung des Erstgerichts hinwegsetzt, daß sich sein Vorsatz nicht etwa darauf beschränkt hat, seine Mutter in Furcht und Unruhe zu versetzen, sondern auf eine Beugung ihres einer Rückkehr in die gemeinsame Wohnung entgegenstehenden Willens gerichtet gewesen ist. Damit weicht der Beschwerdeführer von dem im Ersturteil festgestellten Sachverhalt ab, welcher die Grundlage für die Prüfung der Richtigkeit der Gesetzesanwendung bildet, sodaß der von ihm in diesem Zusammenhang geltend gemachte materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt ist. Zum Schuldspruch wegen des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 2 StGB:
Mit den unter Anrufung des Nichtigkeitsgrunds der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO vorgebrachten Einwänden, das Erstgericht hätte in den Entscheidungsgründen ausdrücklich feststellen müssen, daß die heftigen Schläge gegen Judith A mit einem Polster geführt worden sind und daß die Kopfschmerzen der Genannten nicht von diesen Schlägen ausgelöst worden sein müssen und nur eine unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens nach sich gezogen haben, vermag der Beschwerdeführer keine Nichtigkeit des Schuldspruchs aufzuzeigen.
Der Umstand, daß das Erstgericht nur im Urteilstenor den vom Angeklagten als Schlaginstrument verwendeten Gegenstand bezeichnet hat, läßt im Hinblick auf die Einheit des Urteilsspruchs mit den Entscheidungsgründen und die daraus abzuleitende Bestimmtheit der gerichtlichen Sachverhaltsannahmen auch hinsichtlich dieser Tatmodalität keinen Zweifel an der vom Gericht gewonnenen überzeugung aufkommen, daß die Schläge mit einem Polster geführt worden sind, würde aber auch unabhängig davon keinen die richtige rechtliche Beurteilung der Tat als Mißhandlung hindernden Mangel bewirken. Jede als mehrmaliges heftiges Schlagen gegen den Kopf umschriebene Einwirkung auf den Körper des Betroffenen verursacht nämlich ein dem Begriff der Mißhandlung im Sinn des § 83 Abs. 2 StGB entsprechendes Unbehagen, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Begehungsweise auch die Gefahr einer beträchtlichen Körperverletzung mit sich bringt.
Die Feststellung, daß durch diese Mißhandlung bei Judith A Kopfschmerzen aufgetreten sind, stütze das Erstgericht ausdrücklich unter Hinweis auf den diesbezüglichen Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls auf die Aussage der genannten Zeugin (S. 71 f.: 'Er hat mir Wasser ins Gesicht geschüttet, mit dem Polster hat er hergeschlagen und auf das Schienbein hat er mich auch getreten. Zum Arzt bin ich nicht gegangen. Kopfweh hatte ich. Der Fuß hat mir nicht so besonders weh getan, aber große Kopfschmerzen hatte ich, und zwar davon, daß er mit dem Polster hergeschlagen hat.'), womit auch die Annahme der kausalen Beziehung zwischen den Schlägen und den Schmerzempfindungen mängelfrei begründet wurde. Der Hinweis, daß diese Kopfschmerzen auch eine andere Ursache gehabt haben könnten, stellt somit lediglich eine im Rechsmittelverfahren gegen Urteile der Kollegialgerichte unzulässige und solcherart unbeachtliche Bekämpfung der Beweiswürdigung dar. Dies gilt auch für das Vorbringen, Intensität und Dauer des Schmerzerlebnisses würden die Annahme einer Tatfolge im Sinn des § 83 Abs. 2 StGB nicht rechtfertigen. Das Auftreten von Schmerzen, die nicht auf eine pathologische Veränderung des Körpers zurückzuführen sind, entspricht zwar - entgegen der Ansicht des Erstgerichts - nicht dem Begriff einer Verletzung am Körper, weil hiefür eine Beschädigung des Organismus Voraussetzung ist (Leukauf-Steininger2, RN. 4 zu § 83; Mayerhofer-Rieder2, StGB, E.Nr. 2 zu § 83), begründet aber eine der Verletzung am Körper rechtlich gleichwertige Schädigung an der Gesundheit, wenn ein vom Betroffenen als Leiden empfundener Schmerzzustand von einiger Dauer vorliegt, welche Zeitspanne nicht besonders groß sein muß; so stellen etwa die nach einem brutalen Stoß in den Unterleib regelmäßig auftretenden Schmerzen eine Schädigung an der Gesundheit dar (Dokumentation, 125). Mißhandlungsakte, die (begriffsnotwendig) nicht von einem Verletzungs- oder Beschädigungsvorsatz getragen werden, sind in einer ihrer typischen Erscheinungsformen auf die Zufügung von Schmerzen abgestellt. Ziehen sie neben einem Schmerzempfinden keine andere Auswirkungen für den Betroffenen nach sich, werden sie von der Strafbestimmung des § 83 Abs. 2 StGB nur dann erfaßt, wenn durch die Mißhandlung (fahrlässig) ein dem dargelegten Begriff der Gesundheitsschädigung entsprechendes, nachhaltiges und in der Regel zeitlich über die unmittelbare Einwirkung auf den Körper des Betroffenen hinausreichendes Schmerzgefühl bewirkt wird (vgl. dazu LSK. 1975/228, LSK. 1976/193). Eine derartige Tatfolge hat das Erstgericht aber - wie aus seinem Hinweis auf die zitierten Angaben des Opfers (S. 71 f.) deutlich wird - als erwiesen angeommen (S. 81). Darin kommt nämlich - insbesondere durch den von der Zeugin hervorgehobenen Gegensatz zwischen den (kurzfristigen) schmerzhaften Auswirkungen eines Tritts gegen das Schienbein und den Kopfschmerzen als Folge der inkriminierten Schläge -
zum Ausdruck, daß die ('großen') Kopfschmerzen als intensives Schmerzempfinden von einiger Dauer das Wohlbefinden der Zeugin nicht unerheblich beeinträchtigt haben.
Somit kommt auch der gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 2
StGB erhobenen Rechtsrüge im Ergebnis keine Berechtigung zu. Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde mußte daher - wie die Generalprokuratur zutreffend darlegte - verworfen werden.
Zu den Berufungen:
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 106 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Es wertete bei der Strafzumessung 'die Vorstrafen' und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend, hingegen die Entwicklung der schweren Nötigung nur bis ins Versuchsstadium und das zum Mißhandlungsfaktum abgelegte Geständnis als mildernd.
Abgesehen davon, daß - wie später noch näher darzulegen sein wird - von den drei Vorstrafen nur zwei, nämlich jene, soweit sie (u.a.) wegen des Vergehens der Sachbeschädigung ausgesprochen wurden, als Erschwerungsumstände heranzuziehen sind (§ 33 Z. 2 i.V. mit § 71 StGB), stellte das Erstgericht die Strafzumessungsgründe richtig fest.
Weitere, von den Berufungswerbern zusätzlich reklamierte Milderungs- bzw. Erschwerungsumstände liegen nicht vor:
Das von der - eine Erhöhung der Freiheitsstrafe anstrebenden - Staatsanwaltschaft aufgezeigte, im angefochtenen Urteil festgestellte (allerdings nicht zu Verurteilungen führende) aggressive Verhalten des Angeklagten gegenüber seiner Mutter (S. 79) kann nur im Rahmen der allgemeinen Strafbemessungsgrundsätze des § 32 StGB, nämlich bei der Beurteilung des Schuldgehalts der urteilsgegenständlichen Taten, Berücksichtigung finden. Die Begehung von zwei Delikten (gleichgültig wann im Verhältnis zum Hauptverhandlungstermin) wurde vom Erstgericht entsprechend dem zweiten Fall des § 33 Z. 1 StGB ohnehin als erschwerend gewertet. Der - die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht anstrebende -
Angeklagte irrt, wenn er (übrigens in übereinstimmung mit dem Erstgericht - s. S. 78) meint, keine der ihn betreffenden Vorverurteilungen beruhe auf der gleichen schädlichen Neigung wie die vom Ersturteil erfaßten Schuldsprüche. Er übersieht, daß sowohl diese als auch die schon vorstehend genannten Sachbeschädigungsdelikte auf Jähzorn, somit auf einen gleichartigen verwerflichen Beweggrund bzw. auf den gleichen Charaktermangel zurückzuführen sind (vgl. abermals § 71 StGB).
Dem Berufungsvorbringen des Angeklagten kann aber auch insoweit nicht gefolgt werden, als behauptet wird, es bestünde (ganz allgemein) bei Nötigungen gegenüber Angehörigen ein geringeres Strafbedürfnis, und im vorliegenden Fall wären die 'besonderen sozialen und familiären Verhältnisse' bei der Strafbemessung zu berücksichtigen gewesen:
Für die erstangeführte Annahme bietet das Gesetz mangels Privilegierung auch der innerhalb der Familie verübten Nötigungs- und Körperverletzungsdelikte keine Grundlage. Pönalisierte Aggressionshandlungen gegen die - wie im vorliegenden Fall - alte und gebrechliche Mutter weisen ohne Rücksicht auf das Milieu den ihnen vom Schöffengericht zuerkannten Schuldgehalt auf. Zusammenfassend ergibt sich mithin, daß das Erstgericht auf der Basis der vorstehend erörterten Strafzumessungsgründe und allgemeinen Strafbemessungsnormen (§ 32 StGB) eine gerechte Freiheitsstrafe ausgemessen hat.
Die - vom Angeklagten weiters angestrebte - Gewährung der bedingten Strafnachsicht (§ 43 Abs. 1 StGB) verbietet sich mit Rücksicht auf die Person des (aggressiven, einschlägig vorbestraften) Täters und den (durch das deliktische Vorgehen gegen seine alte, gesundheitlich stark beeinträchtigte Mutter geprägten) Schuldgehalt der Tat.
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