OGH 12Os84/82

OGH12Os84/827.6.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Juni 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schroth als Schriftführerin in der Strafsache gegen Robert A wegen des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach § 15, 146, 147 Abs. 2 StGB über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27.März 1982, GZ. 3 d Vr 2500/81-17, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Verlesung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft sowie Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, und der Ausführungen des Verteidigers Dr. Jandl zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Robert A ist schuldig, am 4.März 1981 in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, versucht zu haben, Angestellte der Ersten Österreichischen Sparkasse durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch sein Auftreten als Verfügungsberechtigter über das Sparbuch der Viktoria B mit der Nr. 4701-36537, sowie durch die Angabe des vermeintlichen Losungswortes 'Viktoria' zur Ausfolgung von 13.500 S, sohin zu einer Handlung, welche Viktoria B am Vermögen schädigen sollte, zu verleiten. Er hat hiedurch das Vergehen des versuchten schweren Betruges nach § 15, 146, 147 Abs. 2 StGB begangen und wird hiefür nach § 147 Abs. 2 StGB zu 8 (acht) Monaten Freiheitsstrafe sowie gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Gemäß § 38 Abs. 1 StGB wird dem Angeklagten Robert A die Vorhaft vom 4. März 1981, 15,30 Uhr, bis zum 27.März 1981, 17,00 Uhr, auf die Strafe angerechnet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 3.Mai 1951 geborene beschäftigungslose Robert A von der Anklage, am 4.März 1981 in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der Ersten Österreichischen Sparkasse durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch sein Auftreten als Verfügungsberechtigter über das Sparbuch der Viktoria B mit der Nummer 4701-36537 sowie durch die Angabe des falschen Losungswortes 'Viktoria' zur Ausfolgung von 13.500 S, sohin zu einer Handlung, welche Viktoria B am Vermögen schädigen sollte, zu verleiten versucht und hiedurch das Vergehen des versuchten schweren Betruges nach den § 15, 146, 147 Abs. 2 StGB begangen zu haben, gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.

Zu diesem Freispruch stellte das Schöffengericht fest, Robert A sei auf ungeklärte Weise - nach seiner Behauptung am 4.März 1981 durch Fund - in den Besitz eines überbringersparbuches gelangt, das durch Losungswort gesichert und der Eigentümerin Viktoria B zwischen 25. und 26.Februar 1981 abhanden gekommen war.

Im Sparbuch befand sich nach Angabe des Angeklagten ein Zettel mit dem Namen 'Viktoria' (und einem weiteren, dem Angeklagten nicht mehr erinnerlichen Namen), wobei er den Vornamen für das Losungswort des Sparbuches hielt und noch am selben Tag versuchte, hievon 13.500 S abzuheben. Dies gelang ihm aber nicht, weil 'Viktoria' nicht das richtige Losungswort war und von der Eigentümerin sofort, nachdem sie den Verlust des Sparbuches bemerkt hatte, dessen Sperre veranlaßt worden war, was bei Recherchen des die Unrichtigkeit des Losungswortes bemerkenden Schalterbeamten hervorkam. Das Gericht wertete jedoch den Versuch des Angeklagten, von dem Sparbuch einen Geldbetrag abzuheben, als absolut untauglich und damit straflos, weil es bei einer generalisierenden, von den Besonderheiten des Einzelfalles losgelösten Betrachtungsweise geradezu denkunmöglich gewesen sei, daß es zur Vollendung der Tat hätte kommen können.

Diesen Freispruch bekämpft die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und macht geltend, daß unter bestimmten Umständen (starker Geschäftsandrang, mangelnde Ausbildung oder /mangelnde / Aufmerksamkeit des mit der Abhebung befaßten Bankbeamten) ein Erfolg der Vorgangsweise des Angeklagten keinesfalls denkunmöglich sei und daher von einem absolut untauglichen Versuch nicht gesprochen werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt Berechtigung zu.

Richtig ist, daß die Tauglichkeitsprüfung nach einem abstrahierenden und generalisierenden Maßstab vorzunehmen ist. Während die ältere Judikatur dabei in der Regel von einer ex-post-Betrachtung ausging, stellt die neuere Lehre und Rechtsprechung (zu Recht) auf eine exante-Betrachtung ab: Für die Unterscheidung zwischen strafbarem (weil bloß relativ untauglichem) und straflosem (weil absolut untauglichem) Versuch kommt es auf jenen Eindruck an, den das vom Täter gesetzte Verhalten auf einen mit Durchschnittswissen ausgestatteten Dritten macht, der sowohl den Tatplan als auch die für dessen Verwirklichung in bezug auf das Deliktssubjekt, die Deliktshandlung und das Deliktsobjekt bedeutsamen (objektiven) Umstände kennt (Burgstaller JBl. 1976, 121 ff.; Steininger ÖJZ. 1981, 373; Leukauf-Steininger Kommentar2 RN. 38, 39 zu § 15; JBl. 1979, 100; 11 Os 58/80). Muß der mit dem erwähnten Wissen ausgestattete unbefangene Betrachter die Vollendung der Tat für geradezu unmöglich halten (vgl. EvBl. 1981/76), ist der betreffende Versuch absolut untauglich; erscheint ihm jedoch die Deliktsvollendung an sich möglich, ist der Versuch nur relativ untauglich und demnach strafbar.

Wendet man diese in Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so war der Versuch des Angeklagten, von dem durch Losungswort gesicherten überbringersparbuch unter Angabe des vermeintlichen Losungsworts Geld abzuheben, für einen unbefangenen und mit dem vorerwähnten Wissen ausgestatteten Betrachter durchaus nicht als völlig aussichtslos und demnach eine Vollendung der Tat keineswegs als geradezu denkunmöglich erkennbar. Vielmehr konnte, wie die Staatsanwaltschaft im Ergebnis zutreffend aufzeigt, ein unbefangener Beobachter - ebenso wie der Angeklagte - vorliegend annehmen, der Versuch, an das Geld zu gelangen, könnte unter Umständen erfolgreich sein, zumal die Sperre des Kontos im Zeitpunkt der versuchten Abhebung nicht bekannt war und daher auch unter diesem Gesichtspunkt eine Deliktsverwirklichung nicht von vornherein ausgeschlossen war.

Der Betrugsversuch des Angeklagten erweist sich damit als bloß relativ untauglich und demnach strafbar.

Es war daher der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst wie im Spruche zu erkennen. Bei der Strafzumessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die mehrfachen, zum Teil einschlägigen Vorstrafen, als mildernd das Geständnis, den Versuch der Tat und den Umstand, daß der Angeklagte sich trotz Gelegenheit der beabsichtigten Zufügung eines höheren Schadens enthalten hat. Unter Berücksichtigung dieser, im Ergebnis überwiegenden Milderungsgründe erachtete der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat sowie der Täterpersönlichkeit angepaßt. Bedingte Strafnachsicht kam im Hinblick auf sein Vorleben und die nicht allzu günstige Zukunftsprognose nicht in Betracht. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO

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