OGH 11Os65/82

OGH11Os65/8226.5.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Mai 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollak als Schriftführers in der Strafsache gegen Wolfgang A und andere wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 1 StGB über die vom Angeklagten Reinhard B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 4. Februar 1981, GZ. 2 b Vr 6.551/80-61, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schrammel, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Reinhard B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. der am 9.Jänner 1956 geborene Kellner Reinhard B des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 1 StGB schuldig erkannt, weil er in der Nacht zum 11.Juni 1980 in Wien in Gesellschaft der Mitangeklagten Wolfgang A und Herbert C als Beteiligter fremde bewegliche Sachen, und zwar a) dem Walter D durch Abreißen eines hölzernen Fensterladens, Einschlagen einer Fensterscheibe und Einsteigen in dessen Verkaufskiosk Süßigkeiten, Salzgebäck und Eis im Gesamtwert von 659 S, b) dem Erich E durch Einschlagen eines Fensters und Einsteigen in dessen Sommerhaus ein Luftdruckgewehr mit Zielfernrohr und Futteral im Wert von 2.800 S, einen Bergkristall im Wert von 120 S und zwei Schweizer Taschenmesser im Wert von 200 S, mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich (oder die Mittäter) durch Zueignung dieser Sachen unrechtmäßig zu bereichern.

Hiezu stellte das Erstgericht fest, daß Wolfgang A und Herbert C am Abend des 10.Juni 1980

den Angeklagten B von ihrem Vorhaben in Kenntnis gesetzt hatten, in die beim 'Hanslteich' im 17.Gemeindebezirk befindlichen Gebäude einzubrechen, um daraus Bargeld, Lebensmittel und sonstige leicht verwertbare Fahrnisse zu stehlen. Zu diesem Zweck brachte B die beiden Mitangeklagten mit seinem PKW. bis zu einem ungefähr 100 Meter von dem Verkaufskiosk und 150 Meter von dem Wochenendhaus entfernten Parkplatz und wartete dort, bis sie mit dem Diebsgut zurückkamen, das er in den Kofferraum seines Fahrzeuges legte; danach fuhren die drei Angeklagten gemeinsam wieder (in den 3. Bezirk) zur Wohnung des A.

Rechtliche Beurteilung

Der auf die materiellrechtlichen Nichtigkeitsgründe der Z. 9 lit. a, 9 lit. c und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Reinhard B kommt keine Berechtigung zu.

Nach der Z. 9 lit. c der vorbezeichneten Gesetzesstelle ist ein Schuldspruch nur dann nichtig, wenn die nach dem Gesetz erforderliche Anklage fehlt; ein derartiger Mangel wird indes vom Beschwerdeführer gar nicht behauptet.

Soweit dieser - die bezüglichen Urteilskonstatierungen negierend - seine vom Erstgericht als unglaubwürdig verworfene Verantwortung wiederholt, er habe vom Vorhaben der Mitangeklagten A und C, beim 'Hanslteich' Einbruchsdiebstähle zu verüben, keine Kenntnis gehabt und sei, nachdem jene ausgestiegen waren, zwischenzeitig weggefahren, bringt er keinen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung, weil er nicht von dem im Urteil (S. 428, 429, 436 bis 438) als erwiesen angenommenen Sachverhalt ausgeht; er vermag anderseits auch nicht etwa (der Sache nach) entscheidungswichtige formelle Mängel der Urteilsbegründung (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO) aufzuzeigen, zumal das Erstgericht seiner Begründungspflicht (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO) auch in bezug auf die in der Beschwerde angedeuteten (letztlich unwesentliche Einzelheiten des Geschehens betreffenden) Divergenzen in den Aussagen der Mitangeklagten vollauf entsprach (S. 439).

Nicht berechtigt ist die Beschwerde auch, soweit sie auf eine Negierung des Bereicherungsvorsatzes hinausläuft, der nach den Urteilsannahmen beim Angeklagten B sehr wohl vorhanden und darauf gerichtet war, wenn schon nicht sich selbst, so doch die beiden Diebsgenossen unrechtmäßig zu bereichern (S. 437), wodurch auch diesem Tatbestandserfordernis (arg. § 127 Abs. 1 StGB: 'sich oder einen Dritten ...') jedenfalls entsprochen ist (11 Os 52/80). Der vom Beschwerdeführer vermißten Feststellung eines (darüber hinausreichenden) Tatmotivs bedurfte es nicht.

Im übrigen ist dem Beschwerdeführer zu erwidern, daß weder für eine Beteiligung mehrerer an einer Tat im Sinn des § 12 StGB noch (speziell) für die Begehung eines Diebstahls in Gesellschaft eines oder mehrerer Beteiligten im Sinn des § 127 Abs. 2 Z. 1 StGB eine im voraus festgelegte Rollenverteilung wesentlich ist. Zum Gesellschaftsdiebstahl wird lediglich das Einverständnis der Beteiligten (Diebsgenossen) über den Diebstahl und ihr Zusammenwirken dabei in einem räumlichen Naheverhältnis erfordert (LSK. 1976/129 u.a.). Diebsgenosse im Sinn des § 127 Abs. 2 Z. 1 StGB ist in der Regel auch, wer dadurch zur Ausführung des Diebstahls beiträgt (§ 12 dritter Fall StGB), daß er - wie nach den Urteilsfeststellungen der Angeklagte Reinhard B - die zur eigentlichen Tatausführung entschlossenen Komplizen in die Nähe des Tatortes bringt, dort anschließend ihre Rückkehr abwartet und sie nach gelungenem Diebstahl mit der Beute wegbringt (vgl. EvBl. 1976/218; 11 Os 52/80, 12 Os 14/81).

Ob dem Angeklagten B bei den gegebenen Entfernungen (von 100 bzw. 150 Meter) und Sichtverhältnissen von seinem Warteplatz aus eine Beobachtung der Tatorte und ein mitgestaltender Einfluß auf die konkrete Diebstahlsausführung (im Bedarfsfall) möglich war, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, fiele nämlich dem Beschwerdeführer Gesellschaftsdiebstahl nach § 127 Abs. 2 Z. 1 StGB in Verbindung mit § 12 drittem Fall StGB schon deshalb zur Last, weil er zwei Tatgenossen im Sinn des § 127 Abs. 2 Z. 1 StGB zum Tatort oder doch in dessen unmittelbare Nähe brachte (vgl. abermals 12 Os 14/81; Kienapfel BT II § 127 RN. 264 und 275). Auf der inneren Tatseite genügt es, daß für ihn - wie aus den Urteilsannahmen eindeutig hervorgeht - die von den (anderen) Tatbeteiligten in Aussicht genommene Diebstahlsverübung zumindest der Art nach und in groben Umrissen, wenn auch nicht in allen Modalitäten, feststand. Welche Vorstellung der Angeklagte B vom Wert der zu stehlenden Sachen hatte, ist hier ohne Belang, zumal ihm eine Qualifikation des Diebstahls unter diesem Gesichtspunkt ohnedies nicht angelastet wurde. Für die Einbruchsqualifikation (§ 129 Z. 1 StGB) haftet er aber zu Recht, weil sich sein Vorsatz nach den Urteilsfeststellungen auch hierauf erstreckte (S. 428, 436). Da dem Schuldspruch des Angeklagten Reinhard B somit auch kein Rechtsirrtum (im Sinn des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a und Z. 10 StPO) anhaftet, war dessen Nichtigkeitsbeschwerde - wie die Generalprokuratur zutreffend darlegte - zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 129 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung die (zwei) auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Vorstrafen und den raschen Rückfall als erschwerend, hingegen die teilweise Zustandebringung der Diebsbeute und eine Tatbeteiligung nur in untergeordneter Weise ('Minderbeteiligung') als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe (unter Anwendung des § 41 StGB) und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an.

Auch diesem Rechtsmittel kann ein Erfolg nicht beschieden sein:

Das Erstgericht stellte nämlich die Strafzumessungsgründe richtig und vollständig fest, unterzog sie auf der Basis der allgemeinen, für die Strafbemessung geltenden Normen (§ 32 StGB) einer zutreffenden Würdigung und verhängte eine angemessene Freiheitsstrafe, zu deren Reduktion sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlaßt sieht:

Der vom Berufungswerber hervorgehobene Umstand, er sei zu der ihm angelasteten Tat angestiftet worden und es sei von ihm keine Initiative ausgegangen, fand im Rahmen des vorstehend angeführten Milderungsgrundes des § 34 Z. 6 StGB (untergeordnete Tatbeteiligung) Berücksichtigung. Sorgepflichten vermögen einen Milderungsumstand nicht zu begründen.

Infolge der beiden, wie erwähnt, auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Vorstrafen kann nicht erwartet werden, daß die bloße Androhung der Vollziehung der Freiheitsstrafe genügen werde, um den Angeklagten vor weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, zumal sich eine bereits einmal bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe (vgl. Punkt 1 der Strafregisterauskunft) nicht als geeignet erwies, den Angeklagten vor Rückfall zu bewahren. Das Schöffengericht versagte daher dem Angeklagten zu Recht die Gewährung der bedingten Strafnachsicht (§ 43 Abs. 1 StGB).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch zitierte Gesetzesstelle.

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