Spruch:
Infolge der Gütertrennung ist jeder Ehegatte allein Gläubiger seiner Schuldner und Schuldner seiner Gläubiger; auch die Ehegatten können zueinander in einem solchen Verhältnis stehen. Die Bestimmungen der §§ 81 ff. EheG stehen während aufrechter Ehe der Erhebung von Kondiktionsansprüchen zwischen Ehegatten nicht entgegen
Eine Rückforderung des Geleisteten ist ausgeschlossen, wenn der Leistende den Eintritt des Geschäftszweckes gegen Treu und Glauben verhindert hat; ein Handeln eines Ehegatten gegen Treu und Glauben liegt vor, wenn er den Bau eines Hauses, das als Ehewohnung dienen sollte, nur deshalb nicht mehr fortführte und statt dessen auf den Verkauf des Rohbaues hinwirkte, weil er die eheliche Gemeinschaft grundlos aufgehoben hat
OGH 5. Mai 1982, 1 Ob 591/82 (OLG Linz 3 R 226/81; LG Linz 8 Cg 328/78)
Text
Die von den Streitteilen am 17. 8. 1957 geschlossene Ehe ist aufrecht, doch leben die Ehegatten seit März 1975 getrennt. Die Streitteile waren je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 411 KG H, Baugrundstück Nr. 64/23, auf dem sie im Jahre 1974 ein Haus im Rohbau errichtet hatten, das nach seiner Fertigstellung als Ehewohnung verwendet werden sollte. Mit Kaufvertrag vom 8. 6. 1978 verkauften die Streitteile die Liegenschaft um einen Kaufpreis von 820 000 S, der im Juli 1978 je zur Hälfte an sie ausbezahlt wurde.
Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung von 164 000 S samt Anhang und bringt vor, daß er den Kaufpreis für das Grundstück einschließlich aller Nebengebühren nur aus seinen Mitteln aufgebracht und die gesamte Last der Errichtung des Rohbaus allein getragen habe. Er habe am Bau selbst gearbeitet, Materialrechnungen und Arbeitslöhne bezahlt und dafür Darlehen aufgenommen, die er noch in Teilbeträgen zurückzahlen müsse. Die Beklagte hingegen habe ihr Einkommen aus einer Halbtagsbeschäftigung für sich selbst verwendet. Die von ihm erbrachten Leistungen machten 70%, die von der Beklagten durch die Führung des Haushaltes, die Pflege und Erziehung der Kinder und ihre Halbtagsbeschäftigung erbrachten Leistungen hingegen nur 30% aus, so daß der Beklagten vom Kaufpreis nur 246 000 S zustunden. Da die Beklagte aber 410 000 S erhalten habe und der Kläger seine Leistungen im Hinblick auf den vereitelten Zweck des gemeinsamen Wohnens erbracht habe, fordere er einen Betrag von 164 000 S gemäß § 1431 ff. ABGB zurück.
Die Beklagte wendete Unzulässigkeit des Rechtsweges ein, weil der Kläger inhaltlich einen Aufteilungsanspruch nach §§ 81 ff. EheG geltend mache. Der Verkaufserlös aus dem Rohbau gehöre zu den ehelichen Ersparnissen. Der Anspruch auf Aufteilung dieser Ersparnisse entstehe materiell erst nach der Scheidung der Ehe und sei im Außerstreitverfahren geltend zu machen. Im übrigen habe die Beklagte in gleichem Umfang wie der Kläger zum Erwerb des Grundstückes und zur Errichtung des Rohbaus beigetragen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, ohne über die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges ausdrücklich zu entscheiden. Es war der Ansicht, daß der Erlös aus dem Liegenschaftsverkauf zu den ehelichen Ersparnissen gehöre, über deren Aufteilung erst nach Scheidung der Ehe durch den Außerstreitrichter entschieden werden könne. Ein Bereicherungsanspruch aus dem Verkauf der Liegenschaft liege daher nicht vor.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurück. Das Berufungsgericht nahm Unzulässigkeit des Rechtsweges nicht an, da die Ehe der Streitteile noch aufrecht und damit die Voraussetzungen für ein Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff. EheG und 229 ff. AußStrG nicht gegeben seien. Durch die Neuregelung des ehelichen Güterrechtes sei keine Bindung der Ehegatten eingeführt worden, die sie hindere, eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse während des Bestandes der Ehe zu verwerten. Der gesetzliche Güterstand der Ehegatten sei jetzt der einen echten und reinen Gütertrennung. Daraus ergebe sich notwendig, daß streitige Auseinandersetzungen zwischen Ehegatten über Vermögensrechte während der Ehe nicht ausgeschlossen seien. Die Aufteilung gemäß §§ 81 ff. EheG ergreife nur Sachen, die im Zeitpunkt der Aufteilung noch vorhanden seien. Die Sonderregelung des ehelichen Aufteilungsanspruches für den Fall der rechtskräftigen Auflösung der Ehe schließe einen auf denselben Sachverhalt gegrundeten Kondiktionsanspruch nach dem ABGB bei aufrechter Ehe nicht aus. Bei gemeinsamer Bauführung zum Zwecke des künftigen gemeinsamen Wohnens stehe jedem Ehegatten für seine im Hinblick darauf erbrachten Leistungen ein Anspruch nach § 1435 ABGB nicht nur bei Auflösung der Ehe, sondern auch dann zu, wenn durch den Verkauf des Hauses die Erwartung, in dem Haus wohnen zu können, zunichte gemacht worden sei. Das habe auch zu gelten, wenn sich die Ehegatten als Folge der Aufhebung der Lebensgemeinschaft gezwungen gesehen hätten, ein im Miteigentum stehendes Haus gemeinsam zu verkaufen. Daß die Aufteilung des Erlöses entsprechend den Miteigentumsanteilen auf einer Vereinbarung der Streitteile beruht habe, sei von der Beklagten nicht behauptet worden. Die Behauptung des Klägers, er habe den gesamten Kaufpreis bezahlt, die Beklagte aber dennoch als Hälfteeigentümerin im Grundbuch einverleiben lassen, könnte im Zusammenhang mit seinem weiteren Vorbringen dahin verstanden werden, daß die Geschäftsgrundlage für eine Schenkung weggefallen sei. Mache aber ein Vertragsteil mit Recht den Wegfall der Geschäftsgrundlage geltend, so werde hiedurch der Vertrag rückwirkend aufgelöst und die Verpflichtung der Parteien zur Rückabwicklung des Geschäftes nach den Normen des § 1435 ABGB ausgelöst. Allerdings käme demgegenüber der Einwendung der Beklagten entscheidende Bedeutung zu, daß der Kläger mit dem Bau des Hauses nur aufgehört habe, weil er zu einer anderen Frau gezogen sei. Es werde also zu prüfen sein, ob der Kläger den Wegfall der Geschäftsgrundlage arglistig herbeigeführt habe. Mangels arglistiger Herbeiführung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage käme eine Verpflichtung der Beklagten zur Leistung eines angemessenen Entgelts für den erlangten Vorteil, dessen Höhe sich nach dem verschafften Nutzen richte, grundsätzlich in Betracht.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Jede Leistung eines Ehegatten an den anderen, die über die eheliche Beistandspflicht hinausgeht, kann, wenn jene Umstände nachträglich weggefallen sind, die nach der Interessenabwägung und dem Sinn des Geschäftes die Grundlage der Leistung gebildet haben, nach § 1435 ABGB zurückverlangt werden (JBl. 1981, 153 ua.). Das Berufungsgericht ging zutreffend davon aus, daß durch die Auflösung der häuslichen Gemeinschaft der Streitteile und durch den Verkauf des als künftige Ehewohnung vorgesehenen, nicht fertiggestellten Hauses durch beide Ehegatten die Geschäftsgrundlage für die vom Kläger an die Beklagte angeblich erbrachten unentgeltlichen Zuwendungen (Bezahlung des Kaufpreises auch für die Liegenschaftshälfte der Beklagten; Aufwendungen von Geld und Arbeitsleistungen auf die gemeinsame Liegenschaft) weggefallen ist. Die Rückforderung des Geleisteten nach den Grundsätzen des § 1435 ABGB wäre aber nicht nur in dem vom Berufungsgericht angeführten Fall ausgeschlossen, daß der Kläger den Wegfall der Geschäftsgrundlage arglistig herbeigeführt hätte. Der in § 815 BGB normierte Grundsatz, wonach die Rückforderung des Geleisteten dann ausgeschlossen ist, wenn der Leistende den Eintritt des Geschäftszwecks gegen Treu und Glauben verhindert hat, wird von Lehre und Rechtsprechung auch für den österreichischen Rechtsbereich angewendet (SZ 48/59; SZ 48/9; MietSlg. 24 205; SZ 43/16; Wilburg in Klang[2] VI 471; vgl. auch Rummel, JBl. 1976, 629 f., 631). Ein Handeln des Beklagten gegen Treu und Glauben läge vor, wenn er den Hausbau nur deshalb nicht mehr fortgeführt und statt dessen auf den Verkauf des Rohbaus hingewirkt hätte, weil er die eheliche Gemeinschaft grundlos aufgehoben hatte und zu einer anderen Frau gezogen war. Der Beklagte hätte damit den von den Parteien bezweckten, erst in Zukunft erwarteten Erfolg treuwidrig vereitelt.
Die Rekurswerberin tritt den Ausführungen des Berufungsgerichtes zu den allgemeinen Voraussetzungen einer Leistungskondiktion nach § 1435 ABGB nicht entgegen, ist aber der Ansicht, daß der Kondiktionsanspruch des Klägers, der auf eine Vorwegnahme der Aufteilung ehelicher Ersparnisse iS der §§ 81 ff. EheG hinauslaufe, während des aufrechten Bestandes der Ehe nicht geltend gemacht werden könne. Wäre ein solcher Anspruch gegeben, hätte die Beklagte keine Möglichkeit, die im Rahmen der Aufteilung nach Billigkeit zu berücksichtigenden Beiträge gemäß § 83 Abs. 2 EheG geltend zu machen. Sie würde diese Begünstigungen im Falle einer späteren Ehescheidung mangels eines dann noch vorhandenen aufteilbaren Vermögens verlieren.
Der Gesetzgeber hat bei der Änderung des Ehegüterrechts durch das Bundesgesetz vom 15. 6. 1978, BGBl. 280 (EheRÄG), an dem schon das frühere Ehegüterrecht beherrschenden Grundsatz des § 1237 ABGB, daß jeder Ehegatte das in die Ehe eingebrachte und das während der Ehe erworbene Vermögen als sein Eigentum behält (Grundsatz der Gütertrennung), festgehalten und diesen durch Beseitigung der die Frau benachteiligenden Vermutungen sogar noch verschärft (JAB, 916 BlgNR, XIV. GP, 6), so daß der gesetzliche Güterstand jetzt der einer echten und reinen Gütertrennung ist (Honsell, Die Aufteilung des Vermögens bei der Scheidung in Ostheim, Familienrechtsreform 170; Koziol - Welser, Grundriß[5] II 176 f.; vgl. auch Ent - Hopf,
Das neue Eherecht 45 FN 3; Gschnitzer - Faistenberger, Familienrecht[2] 80). Infolge der Gütertrennung ist auch jeder Ehegatte allein Gläubiger seiner Schuldner und Schuldner seiner Gläubiger; auch die Ehegatten können zueinander in einem solchen Verhältnis stehen. Die volle Gütertrennung besteht bis zur Nichtigerklärung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe. Erst dann kann es nach den Vorschriften der §§ 81 ff.
EheG zu einer Teilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse kommen, für welche die Eigentumsverhältnisse allein nicht entscheidend sind (vgl. Koziol - Welser aaO 176). Eine Beschränkung der Verfügungsmacht der Ehegatten während des auf rechten Bestandes der Ehe ergibt sich jedoch aus den erst nach Auflösung der Ehe zur Anwendung kommenden Vorschriften der §§ 81 ff. EheG nicht. Während des aufrechten Bestandes der Ehe kann jeder Ehegatte gegen den anderen schuldrechtliche Ansprüche, insbesondere auch Kondiktionsansprüche, erheben. Die Entscheidung über einen Kondiktionsanspruch greift der erst nach rechtskräftiger Auflösung der Ehe möglichen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nicht vor. Sofern der ersiegte Vermögensbestandteil nach den Vorschriften der §§ 81 ff. EheG der Aufteilung unterlegen wäre, ist er, wenn er im Zeitpunkt der Aufteilung im Vermögen eines Ehepartners noch vorhanden ist, in das Aufteilungsverfahren miteinzubeziehen. Selbst wenn er nicht mehr vorhanden ist, kann unter besonderen Voraussetzungen der Wert des Fehlenden in die Aufteilung einbezogen werden. Zum Zwecke des Ausgleichs von Benachteiligungen bestimmt nämlich § 91 Abs. 1 EheG, daß der Wert des Fehlenden in die Aufteilung einzubeziehen ist, wenn ein Ehegatte ohne ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung des anderen frühestens zwei Jahre vor Einbringung der Klage auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe oder, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft vor Einbringung der Klage aufgehoben worden ist, frühestens zwei Jahre vor dieser Aufhebung eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse in einer Weise verringert, die der Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten während der ehelichen Lebensgemeinschaft widerspricht. Der Ehegatte, der eine solche Verringerung des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse durch den anderen befürchten muß, hat außerdem die Möglichkeit, im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Aufteilung dieses Vermögens oder im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe die einstweilige Sicherung ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse zu verlangen (vgl. dazu Gschnitzer - Faistenberger aaO 53). Die Inanspruchnahme dieser Provisorialmaßnahme setzt allerdings voraus, daß ein solches Verfahren bereits anhängig ist oder die Klage innerhalb einer vom Gericht nach § 391 Abs. 2 EO bestimmten angemessenen Frist eingebracht wird (EvBl. 1981/171). Die Möglichkeit des Ausgleichs von Benachteiligungen nach § 91 Abs. 1 EheG setzt die Auflösung der Ehe voraus. Für den Ehegatten, der keine Scheidungsklage einzubringen beabsichtigt und sich auch dem Ehescheidungsbegehren des anderen erfolgreich zu widersetzen vermag, bestehen die für den Fall der Auflösung der Ehe vorgesehenen "Aufteilungsbegünstigungen" nicht. Bei Auflösung der Ehe erst durch den Tod eines Ehegatten findet eine Auseinandersetzung nach den §§ 81 ff. EheG nicht statt, es bleibt also bei den erbrechtlichen Vorschriften (Koziol - Welser aaO 197).
Aus diesen Gründen ist es auch nicht statthaft, die Bestimmungen der §§ 81 ff. EheG auf Kondiktionsansprüche, die ein Ehegatte bei aufrechter Ehe gegen den anderen erhebt, sinngemäß anzuwenden.
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