Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird teilweise Folge gegeben und die vom Erstgericht über die Angeklagten Dietrich A und Markus B verhängten Freiheitsstrafen auf je 4 (vier) Jahre herabgesetzt. Im übrigen wird den Berufungen nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO fallen den beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19. Dezember 1962 geborene Student Dietrich A und der am 15. Juli 1962 geborene Student Markus B des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den § 15, 142 Abs 1, 143 StGB, des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs 1 StGB und des Vergehens nach dem § 36 Abs 1 lit a WaffenG schuldig erkannt.
Ihnen liegt zur Last, sie haben in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) am 4. Februar 1981 in Jochberg dem Winfried C unter Verwendung einer Waffe durch Versetzen eines Schlages mit einem 37 cm langen Hartgummistock auf den Hinterkopf, sohin mit Gewalt, fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld, mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich durch die Zueignung des Geldes unrechtmäßig zu bereichern, in der Zeit vom 31. Jänner 1981 bis 4. Februar 1981 in Iselsberg und anderen Orten Österreichs ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich den Herbert D gehörigen PKW der Marke Audi 80
ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen, wobei der durch die Tat am Fahrzeug und durch den Verbrauch von Betriebsmitteln verursachte Schaden 5.000 S nicht überstieg und in der Zeit vom 31. Jänner 1981 bis 4. Februar 1981 in Zell am See und anderen Orten Österreichs unbefugt Faustfeuerwaffen, nämlich zwei Pistolen der Marken FN, Kal 9 mm, und Walther PP, Kal 7,65 mm, besessen und geführt.
Dieses Urteil bekämpfen beide Angeklagten der Sache nach nur im Schuldspruch wegen Verbrechens des versuchten schweren Raubes (Punkt A 1 des Urteilssatzes) mit Nichtigkeitsbeschwerden, mit denen sie die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 11 (lit b) des § 345 Abs 1 StPO geltend machen (in der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B sind ohne nähere Konkretisierung auch noch die Nichtigkeitsgründe der Z 9 und 12 dieser Gesetzesstelle zitiert).
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerden sind nicht begründet.
Den erstangeführten Nichtigkeitsgrund erblicken die beiden Beschwerdeführer in der mit dem Zwischenerkenntnis des Schwurgerichtshofs ausgesprochenen (Band II, S 28 d.A) Abweisung der von ihren Verteidigern in der Hauptverhandlung gestellten Anträge (Band II, S 26 und 27 d.A) auf Durchführung eines Ortsaugenscheines, wodurch unter Beweis gestellt werden sollte, daß die Hilfeschreie des überfallenen Tankwartes C außerhalb des Büroraums und des Tankstellenareals nicht gehört werden konnten, sodaß von den beiden Angeklagten allein deshalb eine Entdeckung nicht zu befürchten gewesen sei. Der Angeklagte A sieht diesen Nichtigkeitsgrund auch in der Abweisung seines Antrages auf Einvernahme seines Vaters Dietrich A sen zum Beweis dafür, daß er (der Angeklagte A jun) nach der Tat Schuldgefühle und Depressionen hatte und noch habe, sich aber in der Zwischenzeit in seiner Persönlichkeitsstruktur so gefestigt habe, daß die Begehung von weiteren Straftaten in Hinkunft bei ihm unzweifelhaft nicht anzunehmen sei. Der Angeklagte B fühlt sich auch in der Abweisung seines Antrages auf Einholung eines waffentechnischen Sachbefundes darüber beschwert, daß die von ihm verwendete Tatwaffe (gemeint: der Gummistab) nicht als Waffe im Sinn des § 143 StGB zu werten sei.
Durch die Abweisung dieser Beweisanträge wurde jedoch keiner der beiden Angeklagten in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt. Mit dem beantragten Ortsaugenschein zielten die beiden Angeklagten ersichtlich darauf ab, eine Freiwilligkeit des Rücktritts vom Versuch des (schweren) Raubes darzutun.
Hiezu war aber dieses Beweismittel ungeeignet. Denn das zur Annahme des Strafaufhebungsgrundes des Rücktritts vom Versuch im Sinn des § 16 Abs 1 StGB essentielle Moment der Freiwilligkeit setzt voraus, daß der Täter unter der Vorstellung handelt, eine seinem Tatplan entsprechende Vollendung der Tat sei noch möglich (ÖJZ-LSK 1975/163 und 1977/
290; 11 Os 94/80 ua). Wähnt er sich hingegen, aus welchen Gründen immer, so etwa auch nur aus einer - allenfalls auf eine Schreckreaktion zurückzuführende - eingebildeten (psychischen) Unvermögenheit außerstande, sein Ziel zu erreichen, liegt kein freiwilliger Rücktritt vom Versuch vor (ÖJZ-LSK 1975/49, 1975/164, 1978/325; EvBl 1978/197). über die (inneren) Erwägungen der beiden Angeklagten, die sie noch vor Tatvollendung zur Flucht aus dem Kassaraum der Tankstelle veranlaßten, kann aber der von ihnen beantragte Ortsaugenschein naturgemäß keine weiteren Aufschlüsse geben, weil selbst bei Zutreffen des mit diesem Beweisantrag nachzuweisenden Umstandes, daß nämlich Hilferufe des überfallenen außerhalb des Kassaraumes nicht zu hören gewesen wären, eine freiwillige Abstandnahme der beiden Angeklagten von der Vollendung der Raubtat nicht dargetan wäre.
Das vom Angeklagten A im Zusammenhang mit der von ihm beantragten zeugenschaftlichen Einvernahme seines Vaters (Dietrich A sen) angeführte Beweisthema (über seine nach der Tat aufgetretenen Schuldgefühle und Depressionen) ist weder für die Entscheidung über die Schuldfrage noch über den anzuwendenden Strafsatz von Bedeutung, sondern betrifft - wie auch der Angeklagte A in seiner Beschwerde ausdrücklich einräumt - die in den Ermessensbereich des Gerichtes fallende Straffrage, sodaß auf dessen Ablehnung durch das Gericht der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 345 Abs 1 StPO nicht mit Erfolg gestützt werden kann (vgl Mayerhofer/Rieder, Das österreichische Strafrecht, II. Teil, 2. Halbband, Nr 64 zu § 281 Abs 1 Z 4 StPO).
Beizupflichten ist auch der Begründung des Schwurgerichtshofs in seinem den Antrag des Angeklagten B auf Einholung eines waffentechnischen Gutachtens abweisenden Zwischenerkenntnis, daß es sich bei Beurteilung dieses Umstandes ausschließlich um eine Rechtsfrage handelt.
Wie in der den Geschwornen gemäß dem § 321 Abs 1 StPO erteilten und im übrigen vom Beschwerdeführer unbekämpft gebliebenen Rechtsbelehrung - zutreffend - hervorgehoben wird (vgl S 5 und 6 der schriftlichen Rechtsbelehrung, Band II, Beilage zu ON 56 d.A), sind dem Waffenbegriff des § 143 StGB nicht nur alle Waffen im technischen Sinn (§ 1 WaffenG) zuzuordnen (EvBl 1978/175), sondern auch andere, zur Verwendung als Waffe spezifisch geeignete Gegenstände, die bezüglich Form, Wirkungsweise und Anwendbarkeit in einem Kampf den Waffen im Sinn des Waffengesetzes gleichwertig sind (9 Os 45/81, 12 Os 146/80, 13 Os 124/80; ÖJZ-LSK 1976/285; EvBl 1976/119 ua). Bei dem - vom Erstgericht in der Hauptverhandlung auch besichtigten (vgl Band II,
S 28
d. A), 37,5 cm langen und 2,2 cm x 1,7 cm starken (vierkantigen) Gummistab mit einem Gewicht von 165 Gramm handelt es sich nach dem in der Hauptverhandlung verlesenen (vgl Band II, S 26 d.A) Gutachten des medizinischen Sachverständigen Oberarzt Dr. Paul E (Band I, ON 12 d.A) um ein Tatwerkzeug, das bei Benützung als Schlagwerkzeug infolge seiner Biegsamkeit einen enormen 'Zug' aufweist (Band I, S 183
d. A), sodaß die Art der Verwendung dieses schon nach seiner Beschaffenheit an sich gefährlichen Gummistabes im vorliegenden Fall bei der Tatausführung (durch Versetzen eines Schlages auf den Hinterkopf des Tatopfers) nach Meinung dieses Sachverständigen sogar gemeiniglich mit Lebensgefahr verbunden war (Band I, S 187 d.A). Der Einholung des beantragten 'waffentechnischen Sachbefundes' bedurfte es daher nicht.
Mit ihrer auf den Nichtigkeitsgrund der Z 11 (lit b) des § 345 Abs 1 StPO gestützten Rechtsrüge streben beide Angeklagte ihren Freispruch von der ihnen zur Last gelegten (versuchten) Raubtat aus dem von ihnen behaupteten Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch im Sinn des § 16 Abs 1 StGB an, den sie aus ihrer Verantwortung in der Hauptverhandlung abzuleiten versuchen. Diese Rechtsrüge läßt jedoch eine gesetzmäßige Ausführung vermissen, setzen sich doch beide Beschwerdeführer über den Wahrspruch der Geschwornen (zu Punkt 1 a und 2 a des Fragenschemas) hinweg, demzufolge die mit den Hauptfragen 1 und 2 (nach dem Verbrechen des versuchten schweren Raubes) korrespondierenden Zusatzfragen nach einem freiwilligen Rücktritt von diesem Raubversuch verneint wurden. Abgesehen davon können Strafaufhebungsgründe (zu denen der Rücktritt vom Versuch im Sinn des § 16 StGB zählt) als Institutionen des materiellen Rechts im geschwornengerichtlichen Verfahren unter dem Gesichtspunkt eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes mangels einer im § 345 Abs 1 StPO enthaltenen, dem § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO entsprechenden Bestimmung nicht unmittelbar geltend gemacht werden (vgl Mayerhofer/Rieder, Das österreichische Strafrecht, II. Teil, StPO, 2. Halbband, Nr 4 zu § 345 Abs 1 Z 11 lit b StPO und die dort zitierte Judikatur). Nur die Unterlassung einer durch die Verfahrensergebnisse indizierten (vorliegendenfalls ohnedies gestellten und verneinten) Zusatzfrage in der erwähnten Richtung könnte den Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO verwirklichen. Der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 11 lit b StPO kommt hingegen nur in Betracht, wenn durch die Entscheidung über die Frage, ob die Verfolgung der Tat aus Gründen des Prozeßrechtes ausgeschlossen ist, ein Gesetz verletzt oder unrichtig angewendet wurde.
Dies wird aber von beiden Beschwerdeführern gar nicht behauptet. Im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung wurde vom Verteidiger des Angeklagten A - über den Inhalt der Beschwerdeschrift dieses Angeklagten hinausgehend -
die Fragestellung des Schwurgerichtshofes gerügt: Die Hauptfragen Nr 1 und Nr 2 seien deshalb 'verwirrend', weil in jeder dieser jeweils einen der beiden Angeklagten betreffenden Fragen als Mittel der Tatbegehung das Versetzen eines Schlages mit einem Hartgummistock enthalten sei, obgleich nur einer der beiden diesen Schlag geführt hatte;
die Zusatzfragen 1 a und 2 a seien deshalb irreführend, weil in ihnen jeweils Alternativen enthalten seien, nämlich die freiwillige Tatverhinderung oder die freiwillige Erfolgsabwendung. Diese Ausführungen sind schon deshalb unbeachtlich, weil eine Erweiterung der Nichtigkeitsbeschwerde im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung über die schriftlichen Beschwerdeausführungen hinaus bei verfahrensrechtlichen Nichtigkeitsgründen, zu denen jener des § 345 Abs 1 Z 6 StPO zählt, unzulässig ist (SSt 40/13). Ein materiellrechtlicher Nichtigkeitsgrund wurde entgegen der Meinung der Verteidigung mit diesem Vorbringen nicht aufgezeigt.
Im übrigen ginge dieses Vorbringen auch deshalb fehl, weil beim Gesellschaftsraub ebenso wie beim Gesellschaftsdiebstahl nicht erforderlich ist, daß jeder der nach einem gemeinschaftlichen Plan am Tatort anwesenden Täter selbst die deliktstypischen Ausführungshandlungen setzt; es genügt, wenn er einen sonstigen Tatbeitrag leistet. Die in den erwähnten Zusatzfragen enthaltenen Alternativen sind rechtlich gleichwertig. Wäre auch nur eine davon als gegeben angenommen worden, so hätten die Zusatzfragen bejaht werden müssen. Die Fragestellung ist somit einwandfrei. Den unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagter war ein Erfolg zu versagen.
Das Geschwornengericht verurteilte beide Angeklagte nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB zu Freiheitsstrafen in der Dauer von je fünf Jahren. Es wertete bei beiden Angeklagten als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen, die zweifache Qualifikation zum schweren Raub, die sorgfältige Planung und Vorbereitung der Raubtat unter Mitnahme von schußbereiten Pistolen und den Umstand, daß der überfallene leichte Verletzungen davontrug, als mildernd bei beiden Angeklagten das tadelsfreie Vorleben, mit dem ihre Tathandlungen im auffallenden Widerspruch standen, die Tatbegehung kurz nach Vollendung des 18. Lebensjahres, das reumütige, umfassende und zur Wahrheitsfindung beitragende Geständnis beider Angeklagten, den Umstand, daß der Raub beim Versuch blieb, das Wohlverhalten beider Angeklagter seit der Enthaftung und die Schadensgutmachung in Bezug auf den unbefugten Gebrauch eines Fahrzeuges.
Das Geschwornengericht konzedierte, daß nach den Persönlichkeiten beider Angeklagter angenommen werden kann, daß sie nicht wieder straffällig werden, hielt jedoch dafür, daß die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe nicht beträchtlich überwiegen, und setzte daher die Strafen an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens fest. Beide Angeklagte streben mit ihren Berufungen die Herabsetzung der über sie verhängten Freiheitsstrafen und sodann die Gewährung bedingter Strafnachsicht an.
Den Berufungen kommt nur teilweise Berechtigung zu. Von einer Begehung der Raubtat aus Unbesonnenheit - wie dies der Angeklagte B behauptet - kann allerdings keine Rede sein; dem steht die sorgfältige Tatplanung entgegen, die vom Erstgericht zu Recht als Erschwerungsumstand angenommen wurde.
Weitere Milderungsgründe, die nicht bereits vom Erstgericht berücksichtigt worden wären, vermögen beide Berufungen nicht aufzuzeigen.
Durchaus zutreffend wurde aber bereits vom Erstgericht angenommen, es bestehe begründete Aussicht, daß die beiden Angeklagten keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werden. Diese Vorausetzung für die außerordentliche Strafmilderung wurde somit bejaht. Der Oberste Gerichtshof vermeint, daß bei richtiger Gewichtung der Strafzumessungsgründe die mildernden Umstände als beträchtlich überwiegend angesehen werden können und daher auch diese weitere Voraussetzung für die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung gegeben ist. Eine wenngleich nur mäßige Herabsetzung der über beide Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen erschien daher angebracht. Allerdings kam eine Herabsetzung auf ein Ausmaß, bei dem eine bedingte Strafnachsicht zulässig wäre, nicht in Frage. Dem steht die längere Tatplanung, das Mitführen von Schußwaffen und die Verwendung des Gummistabes entgegen, der seiner Art nach wie ein Totschläger wirkt und demnach eine außerordentliche große Gefahr für den überfallenen bedeutete.
Unter Beachtung dieser Erwägung und der Belange der Generalprävention, deren Einsatz bei Raubtaten wie der vorliegenden erforderlich ist, erschienen dem Obersten Gerichtshof Freiheitsstrafen in der Dauer von je vier Jahren tat- und schuldangemessen.
Die Kostenentscheidung ist in der im Spruch genannten Gesetzesstelle verankert.
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