Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 5.März 1952 geborene zuletzt beschäftigunglos gewesene Walter A auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen wie folgt schuldig erkannt:
A) 1. Er hat am 5.November 1979 in Linz dadurch, daß er Roman B mit
einem Pflasterstein, sohin unter Verwendung einer Waffe, Schläge gegen den Kopf versetzte, mit Gewalt gegen eine Person dem Genannten fremde bewegliche Sachen, nämlich 2.000 S Bargeld, mit dem Vorsatz abgenötigt zu haben, durch deren Zueignung sich unrechtmäßig zu bereichern;
2. zu nachgenannten Zeiten, an nachgenannten Orten fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert nachgenannten Geschädigten durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und zwar a) in der Nacht zum 9.November 1979 in Schwechat dem Franz C Lebensmittel, Patronen und ein Messer im Gesamtwert von 200 S, b) in der Zeit vom 8. bis 13. Dezember 1979 in Schwechat Verfügungsberechtigten des Bundesstrombauamtes Wien Lebensmittel in unbekanntem Wert, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist, c) zwischen 16. und 18.Dezember 1979 in Schwechat dem Josef D Lebensmittel in unbekanntem Wert, d) am 9. November 1979 in Wien Verantwortlichen des Sportvereines N Eß- und Trinkwaren und einen Bargeldbetrag in der Höhe von 600 S, e) am 16.Dezember 1979 in Wien verschiedenen namentlich nicht bekannten Angestellten der Baufirma E Kleidungsstücke, Schnaps, ein Feuerzeug sowie verschiedene Gebrauchsgegenstände im Werte von 3.000 S, f) in der Zeit zwischen 8. und 10.Dezember 1979 in Wien einem unbekannt gebliebenen Geschädigten ein Luftdruckgewehr im Wert von 1.000 S, g) zwischen 8. und 10.Dezember 1979 in Wien der Edeltraud F Lebensmittel im Gesamtwert von 200 S, h) am 8.Dezember 1979 in Wien dem Hans G Zigaretten sowie Eß- und Trinkwaren im Gesamtwert von 400 S, i) Anfang Dezember 1979 in Wien der Johanna H Lebensmittel und Getränke von geringem Wert, j) am 10.Dezember 1979 in Wien dem Karl Emil I Getränke, Lebensmittel sowie ein Transistorradio im Gesamtwert von 2.500 S, k) zwischen 2. und 8.Dezember 1979 in Wien der Elfriede J Lebensmittel und Getränke im Gesamtwert von 200 S, l) am 25.November 1979 der Hermine K Gegenstände im Wert von 500 S, m) in der Nacht vom 16. auf den 17.Dezember 1979
in Wien Verfügungsberechtigten des Lagerhauses der Firma L Getränke und eine Rauhlederpelzjacke im Gesamtwert von 3.000 S und n) Mitte November 1979 Verantwortlichen des Sportvereines N Lebensmittel und Getränke in nicht bekannter Höhe;
3. zu nachangeführten Zeiten Fahrzeuge, die zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet sind, ohne Einwilligung der Berechtigten in Gebrauch genommen, wobei er die Taten beging, indem er sich die Gewalt über die Fahrzeuge durch eine der im § 129 StGB. geschilderten Handlungen verschaffte, und wobei der durch die Taten verursachte Schaden an den Fahrzeugen insgesamt 5.000 S überstieg, und zwar a) am 16.Dezember 1979 in Wien den VW-Kombi mit dem polizeilichen Kennzeichen W 427.710 der Firma E, indem er sich die Gewalt über das Fahrzeug durch einen widerrechtlich erlangten Schlüssel verschaffte, b) am 17.Dezember 1979 in Schwechat den PKW. Marke Opel Rekord 1900 mit dem behördlichen Kennzeichen N 287.237 durch Aufbrechen des Seitenfensters (Schaden 15.000 S), 4. in der Zeit vom 7.März 1979 bis 18.Dezember 1979
in Wien sowie in Schwechat und anderen Orten Österreichs seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht dadurch gröblich verletzt und dadurch bewirkt, daß der Unterhalt des Unterhaltsberechtigten gefährdet wurde, oder ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet worden wäre, daß er es unterließ, für seine am 2.März 1975 außer der Ehe geborenen Kinder Sabine und Thomas M den schuldigen Unterhalt zu leisten.
Er hat hiedurch zu 1. das Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142, 143, erster Satz, zweiter Fall, StGB., zu 2. das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 15 StGB., zu 3. das Vergehen des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3, erster Fall, StGB. und zu 4. das Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB. begangen. Die Geschwornen haben die 1. Hauptfrage, lautend auf den (Grund-) Tatbestand des Raubes nach § 142 Abs. 1
StGB., begangen dadurch, daß der Angeklagte dem Roman B mit Gewalt gegen eine Person, indem er 'mit einem ca. 3/4 kg schweren Stein' auf dessen Kopf einschlug, eine fremde bewegliche Sache, nämlich 2.000 S Bargeld mit Bereicherungsvorsatz abgenötigt hat, stimmeneinhellig bejaht, während sie die (unter Anklage gestellte) Qualifikation 'unter Verwendung einer Waffe' mit fünf Stimmen bejaht und mit drei Stimmen verneint haben.
Der Angeklagte Walter A bekämpft den Schuldspruch zu A 1 des Urteilssatzes mit seiner auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 8, (inhaltlich auch auf Z. 9) und 12 des § 345 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde insoweit, als ihm Verübung des Raubes 'unter Verwendung einer Waffe' und sohin schwerer Raub im Sinne des § 143 StGB. zur Last gelegt wird; den Schuldspruch in Ansehung des Grundtatbestandes (§ 142 Abs. 1 StGB.) sowie die weiteren ergangenen Schuldsprüche (Punkt A 2 bis 4 des Urteilssatzes) läßt er unangefochten. Die Berufung des Angeklagten richtet sich gegen den Strafausspruch.
Mit dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund rügt der Beschwerdeführer die Rechtsbelehrung hinsichtlich des Begriffes 'Waffe' als unvollständig, weil lediglich der Waffenbegriff im technischen Sinn definiert und durch Beispiele verdeutlicht, eine Belehrung aber, daß z. B.
Taschenmesser etc. nicht unter den Waffenbegriff fallen, unterlassen worden sei. Auch sei nicht darauf hingewiesen worden, daß eine ausdehnende Auslegung des Strafgesetzes zum Nachteil des Angeklagten unzulässig sei, und daß ein Vergleich zu §§ 109 Abs. 3 Z. 2 und 129 Z. 4
StGB. zeige, daß der Waffenbegriff einschränkend ausgelegt werden müsse. Auch aus dem Stimmenverhältnis, mit dem die Frage 'unter Verwendung einer Waffe' bejaht wurde, ergebe sich, daß die Rechtsbelehrung Anlaß zu Mißverständnissen gegeben habe, und der Wahrspruch mit sich in Widerspruch stehe. Schließlich sei auch die Bedeutung des Waffenbegriffes für die in Frage kommenden Strafsätze nicht erörtert worden.
Rechtliche Beurteilung
Die behauptete Nichtigkeit liegt indessen nicht vor, denn von einer eine Unrichtigkeit bewirkenden Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung zum Waffenbegriff im Sinn des § 143 StGB. kann - entgegen den Beschwerdeausführungen - nicht gesprochen werden, hat doch der Schwurgerichtshof die Geschwornen über den Begriff 'Waffe' im Sinne der zitierten Gesetzesstelle im Einklang mit der herrschenden Judikatur (s. Zusammenfassung bei Leukauf-Steininger, RN. 10 zu § 143 StGB.) belehrt, indem er darauf hinwies, daß Waffen im Sinne des § 143 StGB. nicht nur Waffen im technischen Sinn sind, sondern auch solche (anderen) Mittel, die zur Verwendung als Waffe derart spezifisch geeignet sind, daß sie bezüglich Form, Wirkungsweise und Anwendbarkeit im Kampf den Waffen im technischen Sinn gleichwertig sind, wofür auch Beispiele aus der Judikatur angeführt wurden (vgl. S. 59, 60, Bd. II). Sowohl aus dem Abstimmungsverhältnis als auch aus der Niederschrift ergibt sich, daß die Geschwornen die Belehrung auch verstanden haben. Gemäß § 321 Abs. 2 StPO. muß die Rechtsbelehrung - für jeden Fall gesondert - eine Darlegung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, auf die die Haupt- oder Eventualfrage gerichtet ist, sowie eine Auslegung der in den einzelnen Fragen vorkommenden Ausdrücke des Gesetzes enthalten, ferner das Verhältnis der einzelnen Fragen zueinander sowie die Folgen der Bejahung oder Verneinung jeder Frage. Auslegungsregeln hingegen oder Rechtsbegriffe die in anderen Gesetzesstellen vorkommen, hat die Rechtsbelehrung nicht zu erörtern (Mayerhofer-Rieder, Entsch. 20 bis 23 und 45 zu § 345 Z. 8 StPO.). Die Nichterörterung des im Fall der Bejahung einer Schuldfrage zur Anwendung kommenden gesetzlichen Strafsatzes (unter Bedachtnahme auf das außerordentliche Milderungsrecht) macht die Rechtsbelehrung nicht zu einer unrichtigen. Soweit die Unterlassung einer solchen Erörterung eine Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung begründet, ist Nichtigkeit nicht gegeben, weil die Unvollständigkeit nicht geeignet ist, bei den Geschwornen Mißverständnisse oder Irrtümer hervorzurufen (EvBl. 1966/331).
Aus dem Umstand, daß die Geschwornen die Beantwortung der Hauptfrage 1 in Ansehung des Grundtatbestandes des Raubes mit Stimmeneinhelligkeit in Ansehung der Qualifikation 'unter Verwendung einer Waffe' aber mit Stimmenmehrheit bejaht haben, kann kein Widerspruch der Antwort der Geschwornen auf die gestellten Fragen erblickt werden, sodaß auch der inhaltlich angerufene Nichtigkeitsgrund der Z. 9 des § 345 Abs. 1 StPO. nicht vorliegt. Für rechtsirrig (§ 345 Abs. 1 Z. 12 StPO.) erachtet der Beschwerdeführer die Beurteilung der Tat als 'unter Verwendung einer Waffe' verübten schweren Raub im Sinn des § 143 StGB. deshalb, weil es sich bei einem (Pflaster-) Stein - auch gemäß dem gegenüber dem Waffengesetz erweiterten Waffenbegriff nach dieser Gesetzesstelle - um keine Waffe handle, der Waffenbegriff nach § 143 StGB. aber nicht zu weit ausgelegt werden dürfe, wie sich schon aus § 129 Z. 4 StGB. ergebe, denn sonst wäre die Anführung von 'ein anderes Mittel' (als Gegenüberstellung zu 'eine Waffe') in dieser Gesetzesstelle entbehrlich.
Schließlich weist der Angeklagte noch (illustrativ) darauf hin, daß der den Geschwornen in der Hauptverhandlung vorgelegte Stein viel größer und schwerer gewesen sei als der bei der Tat verwendete. Auch die Rechtsrüge ist nicht begründet.
Bei der Prüfung der rechtlichen Beurteilung der Tat durch die Geschwornen (§ 345 Abs. 1 Z. 12 StPO.) ist der Oberste Gerichtshof an die durch den Wahrspruch festgestellten Tatsachen gebunden, vorliegend somit an die Feststellung, daß der Angeklagte die Tat dadurch begangen hat, daß er mit einem 3/4 kg schweren Stein auf den Kopf des Roman B einschlug.
Ein verstärkter Senat des Obersten Gerichtshofes hat ausgesprochen, daß unter Waffe im Sinne des § 143
StGB. jedenfalls Waffen im technischen Sinn (§ 1 WaffG.) zu verstehen sind (EvBl. 1978/175). Darüber hinaus sind nach der herrschenden Judikatur im Sinne der zitierten Gesetzesstelle (der verstärkte Senat hat sich mit diesem erweiterten Waffenbegriff nicht befaßt, weil im zu entscheidenden Fall lediglich die Frage, ob die Verwendung einer ungeladenen Schußwaffe schweren Raub begründet, zu prüfen war) nicht nur Waffen im technischen Sinn, sondern auch andere Mittel zu verstehen, die zur Verwendung als Waffe derart spezifisch geeignet erscheinen, daß sie bezüglich Form, Wirkungsweise und Anwendbarkeit in einem Kampf den Waffen im Sinne des Waffengesetzes gleichwertig sind (EvBl. 1976/119 u.a.); doch fällt auch unter diesen erweiteren Waffenbegriff nicht alles was beim Angriff oder der Verteidigung schlechthin brauchbar und geeignet ist, im Falle der Benützung die Kampfkraft eines Menschen zu steigern. So scheidet aus dem Waffenbegriff des § 143 StGB. aus, was bloß die Qualität eines (anderen) Mittels im Sinne der §§ 109 Abs. 3 Z. 2 und 129 Z. 4 StGB. hat, ohne bezüglich Form, Wirkungsweise und Anwendbarkeit in einem Kampf Waffen im technischen Sinn gleichgesetzt werden zu können.
Im Sinne der herrschenden Judikatur, von der abzugehen kein Anlaß besteht, war somit die Beurteilung des als Schlagwerkzeug benützten 3/4 kg schweren Steines (Pflasterstein) als Waffe im Sinne des § 143 StGB. rechtsrichtig. Ein solcher Stein wirkt nicht anders als ein Schlagring oder ein Totschläger, bei denen es sich um Waffen im technischen Sinn handelt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Der Angeklagte wurde nach §§ 143, erster Satz, 28
StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren
verurteilt.
Bei der Strafbemessung waren erschwerend das Zusammentreffen von mehrerer strafbaren Handlungen, die zweifache Qualifikation beim Diebstahl, die Tatwiederholungen beim Diebstahl und beim unbefugten Gebrauch von Fahrzeugen, die zweifache Qualifikation beim unbefugten Gebrauch von Fahrzeugen, die Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber zwei Kindern, eine einschlägige Vorstrafe wegen Diebstahls, die allerdings schon längere Zeit zurückliegt und eine einschlägige Vorstrafe wegen Verletzung der Unterhaltspflicht, sowie daß der Verletzungsgrad nahe der schweren Verletzung liegt, mildernd, das umfassende und reumütige Geständnis, das zur Wahrheitsfindung wesentlich beigetragen hat, der Umstand, daß sich der Angeklagte bei den Diebstählen teilweise der Zufügung eines größeren Schadens freiwillig enthalten hat, obwohl ihm dazu die Gelegenheit offenstand, daß ein Diebstahl nur versucht wurde und die teilweise objektive Schadensgutmachung durch Sicherstellung. Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Anwendung des § 41
StGB.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Die vom Geschwornengericht angenommenen Strafbemessungsgründe treffen zu. Insbesonders wurde auch das umfassende und reumütige Geständnis ausreichend gewürdigt. Mit Recht wurde als erschwerend gewertet, daß die Körperverletzung, die zwar noch als leicht zu qualifizieren ist, an der Grenze zu einer schweren Körperverletzung liegt.
Wie schon das Geschwornengericht zutreffend ausgeführt hat, kann die Alkoholisierung dem Angeklagten nicht als mildernd angerechnet werden, da die Voraussetzungen nach § 35 StGB. nicht vorliegen. Auch wenn man dem Angeklagten als weiteren Milderungsgrund zugute hält, daß er bei schwachem Verstand ist (Sachverständigengutachten ON. 19) liegen die Voraussetzungen für eine außerordentliche Strafmilderung nach § 41
StGB. nicht vor und ist die verhängte Strafe mit Rücksicht auf den hohen Schuld- und Unrechtsgehalt der Raubtat (bei dem Schlag mit dem schweren Stein bestand die vom Angeklagten gar nicht abzugrenzende Gefahr des Todes oder doch einer schweren Verletzung des Opfers) und dem Zusammentreffen mit zahlreichen anderen strafbaren Handlungen nicht zu hoch.
Auch der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.
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