OGH 12Os194/81

OGH12Os194/8118.3.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.März 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Steininger, Dr. Walenta und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Nemec als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef Rudolf A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 14.Oktober 1981, GZ. 7 b Vr 438/81-44, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Würl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11.September 1955 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Josef Rudolf A, ein deutscher Staatsbürger, 1.) des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 StGB und 2.) des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. a WaffenG. schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in Neuzeug und Steyr 1.) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen bzw. Unterlassungen verleitet zu haben, die diese oder einen anderen in einem 100.000 S übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar a) in der Zeit zwischen 11.Mai 1981 und 19.Juni 1981 Angestellte der Sparkasse Neuzeug durch Vortäuschung seiner Verfügungsberechtigung über die vinkulierten Sparbücher der Sonja B, Nr. 0610-451999 und Nr. 0610-006488, zur Ausbezahlung der gesamten Einlagen von 49.297 S, wobei er zur Täuschung eine falsche Urkunde, nämlich eine Vollmacht der Sonja B zur Auflösung dieser Sparbücher benützte, auf welcher er deren Unterschrift nachgemacht hatte;

Schaden 49.297 S;

b) in der Zeit zwischen 16. und 30.Juni 1981 den Franz C durch die Vorspiegelung, er könne den Kaufpreis von 250.000 S für das von Sonja B erworbene Grundstück mit schuldbefreiender Wirkung auf ein in Wahrheit vom Angeklagten eröffnetes Konto Nr. 300-6947-0000 bei der Volksbank Steyr begleichen, zur überweisung des vorerwähnten Kaufpreises auf dieses Konto, von dem er das Geld umgehend behob und verbrachte; ferner die Sonja B durch die (wahrheitswidrige) Zusicherung, er habe Franz C angewiesen, den Kaufpreis (von 250.000 S) auf ihr Konto Nr. 15.180.193 bei der Volkskreditbank Neuzeug zu überweisen, C werde in den nächsten Tagen Zahlung leisten, zur Unterlassung der Bekanntgabe ihres Kontos (bei der Volkskreditbank Neuzeug) an Franz C als Zahlstelle; Schaden 250.000 S;

2.) in der Zeit von Jänner 1981 bis März 1981 eine Faustfeuerwaffe, nämlich eine Pistole der Marke Fromma Patent, Kal. 7,65 mm, samt Munition, unberechtigt besessen und geführt zu haben. Mit seiner nur gegen den Schuldspruch wegen Verbrechens des Betruges (Punkt 1.) a) und b) des Urteilssatzes) gerichteten, formell auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde rügt der Angeklagte, das Erstgericht habe die Frage nach dem aufrechten Bestand einer außerehelichen Lebensgemeinschaft zwischen ihm und der durch die ihm zur Last liegenden Betrugshandlungen geschädigten Sonja B rechtsirrig verneint; denn - so meint der Beschwerdeführer - angesichts der auch nach den Urteilsannahmen existenten Geschlechts- und Wohnungsgemeinschaft, die zwischen ihm und Sonja B mehrere Monate hindurch, von kurzfristigen Unterbrechungen abgesehen, bestanden habe, komme es der im Ersturteil vertretenen Auffassung zuwider nicht auf die dort festgestellte negative Einstellung eines der Partner (zur außerehelichen Lebensgemeinschaft) an. Das ihm zu Punkt

1.) a) und b) des Urteilssatzes als Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 StGB zugerechnete Verhalten stelle demnach nur das im Familienkreis begangene und mit weitaus geringerer Strafe bedrohte Vergehen nach § 166 (Abs. 1) StGB dar. Da dieses als Privatanklagedelikt nur auf Verlangen des Verletzten verfolgt werden könnte (§ 166 Abs. 3 StGB), macht der Beschwerdeführer der Sache nach, ohne einen eine entscheidende Tatsache betreffenden Begründungsmangel in der Bedeutung des formell bezogenen Nichtigkeitsgrundes der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO auch nur andeutungsweise zu behaupten, allein den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. c des § 281 Abs. 1

StPO (infolge Fehlens der nach § 166 Abs. 3 StGB erforderlichen Privatanklage) geltend.

Rechtliche Beurteilung

Mit dieser Rüge ist jedoch der Beschwerdeführer nicht im Recht:

Eine einem der sonstigen im § 72 Abs. 1 StGB angeführten (nahen) Angehörigen gleichgestellte und vorliegend die Anwendung des § 166 Abs. 1 StGB bedingende außereheliche Lebensgemeinschaft in der Bedeutung des § 72 Abs. 2 StGB setzt nämlich eine auf (längere) Dauer ausgerichtete, ihrem Wesen nach der Beziehung miteinander verheirateter Personen (verschiedenen Geschlechts) gleichkommende Wohnungs-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft voraus (SSt. 46/45, ÖJZ-LSK. 1978/229, ZVR. 1979/148), Leukauf-Steininger2, RN. 15 zu § 72 StGB, Weiser RZ. 1975, 6, 7). Eine solche Gemeinschaft erfordert aber über die vorerwähnten objektiven Kriterien einer Wohnungs-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft hinaus in subjektiver Beziehung auch eine die Führung einer außerehelichen Lebensgemeinschaft in dem bereits dargelegten Sinn umfassende innere Einstellung der Partner. Demnach ist es mit dem Wesen einer (echten) außerehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne des § 72 Abs. 2 StGB unvereinbar, wenn sie von einem Partner lediglich zur Erreichung krimineller Ziele aufgenommen und benützt, sohin dem anderen letztlich nur vorgetäuscht wird (JBl. 1981, S. 330/331). In einem solchen Fall kann von einer außerehelichen Lebensgemeinschaft nach § 72 Abs. 2 StGB keine Rede sein.

Nach den - insbesondere auf die Darstellung der vom Erstgericht als verläßlich und glaubwürdig beurteilten Zeugin Sonja B (S. 520 ff.d.A.) gestützten und im übrigen, soweit es das Tatsachensubstrat anlangt, vom Beschwerdeführer auch unbekämpft gebliebenen - Urteilsfeststellungen hatte es der Angeklagte, gegen den in der Bundesrepublik Deutschland schon seit 1980 zwei Strafverfahren anhängig waren und der in einem dieser Verfahren in der Bundesrepublik Deutschland sogar zur Festnahme ausgeschrieben war (S. 505 d.A.), von Anfang an, als er im Februar 1981 mit Sonja B von Passau nach Neuzeug kam und dort in dem ihr gehörigen Wohnhaus, das ihm, nachdem ihm in der Bundesrepublik Deutschland der Boden zu heiß geworden war, als ein ideales Versteck zum Untertauchen erschien (S. 506 und 517 d.A.), unangemeldet Quartier nahm, darauf abgesehen, sich am Vermögen der Sonja B zu bereichern, die, wie er schon nach kurzer Zeit in Erfahrung gebracht hatte, Liegenschaften und Sparbücher mit beachtlichen Einlagen besaß. Der Angeklagte ging nach den weiteren Urteilsannahmen seither keiner Beschäftiung mehr nach und ließ sich von Sonja B zur Gänze erhalten, ohne zu seinem eigenen Unterhalt - von gelegentlichen Reparatur- und Ausbesserungsarbeiten am Hause abgesehen - etwas beizutragen (S. 506 und 517 d.A.). Außerdem kam es, wie im Ersturteil weiters festgestellt wird, wiederholt nach Streitigkeiten zu vergeblichen Trennungsversuchen seitens Sonja B, die vom Angeklagten auch geschlagen und bedroht wurde (S. 508 d.A.).

Das Erstgericht verneinte sowohl beim Angeklagten, der nach überzeugung des Schöffengerichtes in Verfolgung seines von vorneherein auf Vermögensschädigung der Sonja B gerichteten Vorhabens nur einen günstigen Zeitpunkt abwartete, um bei ihr 'möglichst große Beute' zu machen (S. 527 d.A.), als auch bei Sonja B, die den Angeklagten schon im März 1981, wenn auch erfolglos, aufgefordert hatte, 'aus ihrem Leben zu verschwinden' (S. 518 d.A.), jeden Willen zur Führung einer (echten) außerehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne des § 72 Abs. 2

StGB, und vertrat dem Sinne nach die nach dem Vorgesagten durchaus zutreffende Auffassung, eine solche werde nicht allein schon dadurch begründet, daß der Angeklagte ab Februar 1981 (bis 30.Juni 1981), von kurzfristigen Unterbrechungen abgesehen, im Hause der Sonja B in Neuzeug wohnte und mit ihr auch geschlechtliche Beziehungen unterhielt (S. 506 und 518 d.A.).

Von diesen Feststellungen im Ersturteil ausgehend, denenzufolge zwischen dem Angeklagten und der von ihm geschädigten Sonja B insbesondere in den hier in Betracht kommenden Tatzeitpunkten (Mai und Juni 1981) keine außereheliche Lebensgemeinschaft im Sinne des § 72 Abs. 2 StGB bestand, versagt die Rechtsrüge des Beschwerdeführers.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Josef Rudolf A war sohin zu verwerfen.

Josef Rudolf A wurde nach §§ 147 Abs. 3, 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt. Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend die Tatwiederholungen, die Schadenshöhe in fast dem Dreifachen der Wertgrenze des § 147 Abs. 3 StGB und die Begehung einer weiteren strafbaren Handlung (nach dem Waffengesetz) und die gewichtigen Abstrafungen des Verurteilten im Ausland, mildernd, ein Teiltatsachengeständnis, das zur Wahrheitsfindung kaum etwas beigetragen hat und die objektive Schadensgutmachung, zu der der Angeklagte ebenfalls nichts beigetragen hat.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe an.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Das Schöffengericht hat die Strafbemessungsgründe im wesentlichen zutreffend und vollständig festgestellt und auch die objektive Schadensgutmachung entsprechend berücksichtigt. Daß der geflüchtete Angeklagte Österreich nicht verlassen hat, bildet keinen Milderungsgrund. Die vom Erstgericht verhängte Strafe ist nicht zu hoch bemessen.

Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

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