OGH 11Os14/82

OGH11Os14/8215.3.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. März 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Payrhuber als Schriftführers in der Strafsache gegen Thomas A wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach dem § 87 Abs. 1 und Abs. 2 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 5. November 1981, GZ 20 f Vr 2.009/81-50, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Laimer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Wien wurde auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen der am 7. Juni 1962 geborene beschäftigungslose Thomas A - abweichend von dem ua auf das Verbrechen des versuchten Mordes nach den §§ 15, 75 StGB an seinen Eltern Walter und Maria A lautenden Anklagevorwurf - des (zweifach begangenen) Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach dem § 87 Abs. 1 und Abs. 2 StGB bzw (im zweiten Fall nur) nach dem § 87 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit einer auf die Z 8 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher keine Berechtigung zukommt.

Die Rechtsbelehrung ist stets als Einheit und nach ihrem gesamten Inhalt, nicht aber bloß nach einzelnen aus dem Zusammenhang gelösten Teilen auf ihre Richtigkeit zu prüfen (Mayerhofer-Rieder, StPO, II/2 Nr 49, 50 zu § 345 Z 8). Wendet man diesen Grundsatz auf die vorliegende Belehrung an, so ergibt sich, daß der Schwurgerichtshof im Zug der Erläuterung des den Eventualfragen IV und XIII zugrundeliegenden Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach dem § 87 Abs. 1 StGB (S 16 - 18 der Rechtsbelehrung) auch auf die Frage der schweren Dauerfolge im Sinn des § 87 Abs. 2 StGB in Verbindung mit dem § 85 Z 1 bis 3 StGB (S 18 und 19 der Rechtsbelehrung) einging und eine eingehende Beschreibung der objektiven Voraussetzungen der Zurechnung dieser Dauerfolgen vornahm (S 20 - 22 der Rechtsbelehrung). Hieran schließt sich die zutreffende Belehrung, daß '... für die Zurechnung einer schweren Dauerfolge ... zumindest Fahrlässigkeit erforderlich' ist und 'der qualifizierende Erfolg für den Täter subjektiv vorhersehbar gewesen sein' muß (S 22 der Rechtsbelehrung).

Die Rechtsbelehrung war somit entgegen der Beschwerdebehauptung keineswegs unrichtig oder sonst geeignet, die Geschwornen irrezuführen. Der Hinweis darauf, daß auch die schweren Dauerfolgen von der Schuld - zumindest in der Form der Fahrlässigkeit - des Täters umfaßt sein müßten, befand sich an einer ihm nach dem logischen Verständnis zukommenden Stelle, wo er von den Geschwornen, von denen nicht anzunehmen ist, daß sie die Rechtsbelehrung nur auszugsweise lesen, auch erwartet und aufgefunden werden konnte.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsbelehrung ist somit ohne Mangel; die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als unbegründet zu verwerfen. Das Erstgericht verhängte über Thomas A nach dem ersten Strafsatz des § 87 Abs. 2 StGB unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es die absichtliche schwere Körperverletzung von zwei Personen, den Umstand, daß sich die überdies heimtückisch begangenen Straftaten des Angeklagten gegen seine Eltern richteten sowie die bei Walter A dreifach eingetretenen schweren Dauerfolgen als erschwerend; als mildernd berücksichtigte es demgegenüber das Geständnis des Angeklagten und sein Alter unter 21 Jahren.

Mit seiner Berufung strebt Thomas A eine Herabsetzung des Strafausmaßes an.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht stellte die gegebenen Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig sowie vollzählig fest und wertete sie auch ihrem Gewicht nach zutreffend. Mit Recht wurde entgegen der Auffassung des Berufungswerbers in den für die Opfer überraschenden und unter Ausnützung des familiären Vertrauens geführten tätlichen Angriffen eine Heimtücke im Sinn der Z 6 des § 33 StGB erblickt und der Umstand, daß die absichtlichen schweren Körperverletzungen die Eltern des Angeklagten betrafen, als besonders erschwerend gewertet (vgl 12 Os 79/75, 9 Os 116/78). Der reklamierten Selbststellung kommt demgegenüber kein besonderes Gewicht zu, weil es an jedem Anhaltspunkt dafür fehlt, daß Thomas A seiner Verhaftung hätte entgehen können.

Die gefundene Höchststrafe trägt den zahlreichen erschwerenden Umständen, vor allem auch der durch außerordentliche Brutalität und Grausamkeit gekennzeichneten Tatausführung sowie den mehrfachen schweren Dauerfolgen der Tathandlungen Rechnung und ist somit nach Lage des Falles ungeachtet der (durchaus natürlichen) Fürbitte der Mutter und der vom Erstgericht zugunsten des Angeklagten angenommenen Umstände einer Milderung nicht zugänglich. Der Berufung des Angeklagten konnte daher kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte