Spruch:
Im Exekutionsverfahren ist die Verwertung eines Mitmietrechtes möglich, wenn sie ohne rechtswidrigen Eingriff in die Rechte des Vermieters und der Mitmieter erfolgen kann
OGH 10. März 1982, 3 Ob 22/82 (LG Eisenstadt R 266/81; BG Eisenstadt E 2808/81)
Text
Die betreibende Partei beantragte beim Erstgericht, ihr auf Grund der vollstreckbaren Notariatsakte des öffentlichen Notars Dr. Andreas D vom 16. 5. 1980, GZ 65/1980, und vom 3. 6. 1980, GZ 70/1980, zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderungen von 60 000 S samt Anhang und 140 000 S samt Anhang die Exekution durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf der in der Gewahrsame des Verpflichteten befindlichen beweglichen Sachen aller Art, einschließlich der im § 296 EO bezeichneten Papiere, "insbesondere des auf der im Eigentum des Dr. Paul E stehenden Liegenschaft EZ 2049 KG H errichteten Superprädifikates", sowie durch Pfändung und Zwangsverwaltung der der verpflichteten Partei gegenüber dem Liegenschaftseigentümer Dr. Paul E zustehenden (Mit-)Mietrechte an der Liegenschaft EZ 2049 KG H zu bewilligen.
Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß.
Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag zur Gänze ab. Es vertrat die Ansicht, aus dem Exekutionstitel ergebe sich, daß der Verpflichtete bloß Hälfteeigentümer des in Exekution zu ziehenden Superädifikates sei und das Vorhandensein sonstiger Fahrnisse an irgend einem Ort habe die betreibende Partei nicht behauptet; aus der Tatsache, daß der Verpflichtete nach dem Exekutionstitel nur Hälfteeigentümer des Superädifikates sei, müsse geschlossen werden, daß er auch nur Mitmieter der Grundfläche sei, auf der sich das Superädifikat befinde. Auf Anteilsrechte an einem Superädifikat sei aber eine Fahrnisexekution nach den Bestimmungen der §§ 249 ff.
EO unzulässig; ebenso könnten auch die Rechte eines Mitmieters nicht in Exekution gezogen werden.
Der Oberste Gerichtshof stellte über Revisionsrekurs der betreibenden Partei den Beschluß des Erstgerichtes mit der Abänderung wieder her, daß die Entscheidung über den Antrag auf Zwangsverwaltung der in Exekution gezogenen (Mit-)Mietrechte vorbehalten bleibt.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Zunächst ist festzuhalten, daß über einen Exekutionsantrag (betreffend Fahrnisse oder - nicht verbücherte - Vermögensrechte), mag er beim Titel- oder Exekutionsgericht gestellt worden sein, nur nach der Aktenlage (Vorbringen im Exekutionsantrag samt hiezu vorgelegten Urkunden wie insbesondere der Exekutionstitel) im Zeitpunkt der Entscheidung Beschluß zu fassen ist (Heller - Berger - Stix 204). Auf das im Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluß erstattete Neuvorbringen war daher wegen des auch in Exekutionssachen im Rekursverfahren geltenden Neuerungsverbotes (Heller - Berger - Stix 649 f.) vom Rekursgericht nicht Bedacht zu nehmen. Es muß daher bei der Entscheidung über den vorliegenden Revisionsrekurs dieses Vorbringen unberücksichtigt bleiben.
Das Gericht hat bei seiner Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung einer Fahrnisexekution oder einer Exekution auf andere Vermögensrechte (§§ 331 ff. EO) nicht zu prüfen, ob die in Exekution zu ziehenden Vermögensobjekte vorhanden sind bzw. im Eigentum des Verpflichteten stehen. Maßgeblich für den Erfolg einer Exekution ist im übrigen nur der Zeitpunkt des Vollzuges der Pfändung.
Aus den beiden der gegenständlichen Exekution zugrunde liegenden Exekutionstiteln waren daher auch keine Schlußfolgerungen darüber zu ziehen, ob der Verpflichtete nur Hälfteeigentümer des Superädifikates bzw. Mitmieter der Grundfläche, auf der sich dieses befinden soll, ist. Abgesehen davon können sichere Schlüsse auf die Rechtslage in Ansehung dieser Vermögensobjekte, bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Pfändung, aus dem Inhalt der Exekutionstitel schon deshalb nicht gezogen werden, weil diese mehr als ein Jahr vor Einbringung des Exekutionsantrages geschaffen worden sind. Ob es sich bei den in Exekution zu ziehenden Mietrechten um alleinige Mietrechte des Verpflichteten oder um Mitmietrechte handelt, ist dem Antrag nicht sicher zu entnehmen. Abgesehen davon kann nur nach Kenntnis des genauen Inhaltes der alleinigen bzw. Mitmietrechte des Verpflichteten abschließend beurteilt werden, ob sie verwertbare Vermögensrechte darstellen. Grundsätzlich ist eine Verwertung eines Mitmietrechtes nicht im vorhinein völlig auszuschließen; die Verwertung muß nur ohne rechtswidrigen Eingriff in die Rechte des oder der übrigen Mitmieter bzw. des Vermieters möglich sein, andernfalls wäre die Exekution allerdings undurchführbar (Heller - Berger - Stix 2455). Hinsichtlich der gewöhnlichen in Exekution zu ziehenden Fahrnisse brauchte der betreibende Gläubiger keine näheren Angaben machen. Aus dem Antrag ergibt sich jedenfalls als Vollzugsort hiefür das näher bezeichnete Superädifikat, in welchem sich durchaus Fahrnisse in der Gewahrsame des Verpflichteten befinden können.
Es war daher auch die Zuständigkeit des Erstgerichtes zur Entscheidung über den Exekutionsantrag gegeben (Heller - Berger - Stix 314). Aber auch in Ansehung der in Exekution gezogenen Bestandrechte ist das angerufene Erstgericht gemäß § 18 Z 4 EO als Exekutionsgericht und damit gemäß § 4 Abs. 2 EO als Bewilligungsgericht zuständig (Heller - Berger - Stix 318).
Die vom Rekursgericht gebrauchten Gründe für die Abweisung des Exekutionsantrages liegen sohin nicht vor.
Das Erstgericht hätte jedoch die Bestimmung des § 331 Abs. 2 EO beachten müssen, wonach die Entscheidung über den Verwertungsantrag (Zwangsverwaltung) erst nach Einvernehmung des Verpflichteten, des Vermieters, allfälliger Mitmieter und aller Gläubiger, zu deren Gunsten die Pfändung des nämlichen Rechtes allenfalls erfolgte, hätte getroffen werden dürfen. In Abänderung der ansonsten wiederherzustellenden erstgerichtlichen Exekutionsbewilligung war daher die Entscheidung über den Verwertungsantrag zur Zwangsverwaltung vorzubehalten.
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