Normen
RabG §1 Abs1
RabG §9 Z2
RabG §1 Abs1
RabG §9 Z2
Spruch:
Ein Großverbrauchernachlaß (§ 9 Z 2 RabG) von 10% für den Betriebsrat eines Industrieunternehmens, der bei einem Wäsche- und Strümpfeerzeuger Warengutscheine und Geschenkmünzen im Wert von rund 60 000 S als Weihnachtsgeschenk für Mitarbeiter kauft, ist zulässig
"Letztverbraucher" iS des § 1 Abs. 1 RabG ist, wer die Ware nicht mehr umsetzt; ob er sie selbst gebrauchen oder verbrauchen oder aber privat verschenken will, ist rechtlich bedeutungslos
OGH 16. Feber 1982, 4 Ob 416/81 (OLG Wien 3 R 125/81; HG Wien 39 Cg 517/80).
Text
Die beklagte Partei versendet seit Jahren, vornehmlich im Herbst, an die Geschäftsleitungen verschiedener Unternehmen Schreiben, in denen sie "G- Geschenkmünzen und -Gutscheine" (im folgenden nur: Geschenkgutscheine) als Weihnachtsgeschenk für Mitarbeiter und Geschäftsfreunde anbietet. Der Angestelltenbetriebsrat der S-AG veranstaltete jährlich eine Weihnachtsaktion, bei der ausgewählten Mitarbeitern Warengutscheine verschiedener Unternehmen als Weihnachtsgeschenk überreicht werden. Diese Gutscheine werden vom Betriebsrat nach Aushandlung entsprechender Rabatte bestellt. Die nach Durchführung der Weihnachtsaktion verbleibenden geringen Restbestände werden unter Weitergabe des dem Betriebsrat gewährten Rabattes an Mitarbeiter verkauft.
Vor Weihnachten 1979 kaufte der Angestelltenbetriebsrat der S-AG für
die Weihnachtsaktion ua. bei der Beklagten gegen sofortige
Barzahlung Gutscheine im Werte von zirka 60 000 S, wofür ihm - wie
allen Großabnehmern der beklagten Partei - ein Rabatt von 10%
gewährt wurde. Insgesamt erwarb der Betriebsrat für die
Weihnachtsaktion 1979 Gutscheine verschiedener Unternehmen im Werte
von 300 000 S bis 400 000 S mit einem Rabatt von mindestens 10%. Der
größte Teil hievon wurde geschenkweise ausgegeben, der Rest im Wert
von 10 000 S bis 20 000 S durch Anschlag auf einer Kundmachungstafel
wie folgt zum Verkauf angeboten: ".... Weiters wollen wir darauf
hinweisen, daß folgende Gutscheine im Angestelltensekretariat
aufliegen: A-Gruppe 15%, B 15%, C 10%, G 10%, F 10%, M 10% ......"
Dieser Verkauf erfolgte nicht zuletzt deshalb, weil die beklagte Partei jede Rücknahme von Gutscheinen ablehnt.
Der beklagten Partei wurde der Umstand, daß die restlichen Gutscheine um den verringerten Preis verkauft würden, nie mitgeteilt; sie erhielt erst im Zuge dieses Verfahrens davon Kenntnis. Bei der Bestellung war ihr mitgeteilt worden, daß die Gutscheine als Weihnachtsgeschenke verwendet würden. Die beklagte Partei nahm darauf allerdings keinen Einfluß und überwachte die Art der Verwendung der Gutscheine nicht. Die beklagte Partei veranlaßte es nicht, daß der Verkauf ihrer verbilligt abgegebenen Gutscheine zu 90% des Nennwertes angekundigt und auch tatsächlich um diesen verringerten Betrag durchgeführt wurde. Der klagende Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb begehrt von der beklagten Partei, es zu unterlassen, a) auf bestimmte Geldbeträge lautende Gutscheine, Geschenkmünzen oder sinnähnlich bezeichnete Wertpapiere oder - münzen, die dazu bestimmt sind, vom Letztverbraucher beim Verkauf von Waren des täglichen Bedarfes bei der beklagten Partei zum Nennbetrag an Zahlungs Statt angenommen zu werden, an andere Unternehmen oder an Betriebsräte zur Weitergabe an ihre Kollegenschaft um einen Betrag zu verkaufen, der den Nennwert des Gutscheines, der Wertmünze oder sinnähnlich bezeichnet, um mehr als 3% unterschreitet, und b) solche verbilligt verkaufte Gutscheine, Wertmünzen oder ähnlich bezeichnete, an Zahlungs Statt im Letztverbrauchergeschäft für Artikel des täglichen Bedarfs einzeln oder in kleinen Gruppen in Zahlung zu nehmen. Er stellt das Eventualbegehren, die beklagte Partei zur Unterlassung zu verurteilen, wenn sie beim Verkauf nicht sicherstelle, daß diese Gutscheine nicht unter dem Nennwert verkauft werden. Außerdem begehrt die klagende Partei die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung. Die klagende Partei erblickt im verbilligten Verkauf von Gutscheinen, die dazu bestimmt seien, auch einzeln im Letztverbrauchergeschäft für Artikel des täglichen Bedarfes wie Geld an Zahlungs Statt angenommen zu werden, einen Verstoß gegen das Rabattgesetz und gegen das UWG, weil die beanstandete Vorgangsweise der beklagten Partei darauf gerichtet sei, die Vorschriften des Rabattgesetzes zu umgehen. Dies sei auch bei der verbilligten Abgabe außergewöhnlicher Mengen der Gutscheine an andere Unternehmen oder Betriebsräte der Fall. Das Letztverbrauchergeschäft mit den von der beklagten Partei angebotenen Waren des täglichen Bedarfes schließe nämlich, da die erworbenen Gutscheine nur Zahlungsmittel seien, nicht der Erwerber (Betriebsrat), sondern der einzelne Abnehmer der Gutscheine; es liege auch kein Mengen- oder Sondernachlaß vor. Bei Übereinstimmung zwischen allen Beteiligten müsse der Verkäufer der Ware nicht mit jenem identisch sein, der den Preisnachlaß gewähre oder diesen wirtschaftlich trage. Die Beklagte beabsichtige mit der beanstandeten Aktion, über den Rabattanreiz Kunden für ihre Textilartikel zu gewinnen. Dem Betriebsrat seien derartige Geschäfte verboten; er dürfe nicht als Rabattbeschaffungsinstitution auftreten.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß sie die Geschenkgutscheine an Einzelkunden stets nur zum Nennwert abgebe, aber seit 1977 dazu übergegangen sei, jeweils im Herbst Großabnehmern mit Rundschreiben Gutscheine als Weihnachtsgeschenk anzubieten. Diesen Großabnehmern werde ein Rabatt bis zu 10% des Nennwertes - auch wegen der Einsparung der kostspieligen Geschenkkassetten - gewährt. Dadurch werde nur dem jeweiligen Großabnehmer, nicht aber den einzelnen Käufern ein Nachlaß gewährt. Die in der Vorauszahlung der Geldsumme liegende faktische Kreditgewährung und die Vermittlung von Kunden rechtfertige ein Entgelt in Form einer Gutschrift für den unmittelbaren Kaufscheinerwerber. Handlungen des Betriebsrates müsse sich die Beklagte nicht anrechnen lassen. Eine geplante Förderung des Warenabsatzes des Verkaufsunternehmens liege nicht vor. Die beklagte Partei habe ihre Gutscheine lediglich Großabnehmern zwecks Verwendung als Weihnachtsgeschenk für Mitarbeiter und Geschäftsfreunde angeboten. Eine entgeltliche Weiterveräußerung sei nicht vorgesehen. Die Geschenkgutscheine seien keine Waren des täglichen Bedarfes. Es liege ein zulässiger Mengennachlaß oder ein Sondernachlaß vor, zumal sich die beklagte Partei beim abgeschlossenen Geschäft erhebliche Kosten erspare.
Das Erstgericht wies das Haupt- und Eventualbegehren ab. Der gegenständliche Gutscheinverkauf könnte entweder Spezifikationskauf (§ 375 HGB) oder Wahlschuld (§ 906 ABGB) sein, doch liege im Hinblick auf die unbeschränkte Einlösbarkeit der Gutscheine eine Wahlschuld vor. Da die Gutscheine nicht als Ware angesehen werden könnten, handle es sich um einen Vorauszahlungskauf. Die beklagte Partei erkläre mit dem Verkauf der Gutscheine - zumindest konkludent - ihr Einverständnis zur Abtretung der darin verbrieften Ansprüche an einen Dritten. Da die Gutscheine nicht als (allgemeines) Zahlungsmittel anzusehen seien, komme der Kaufvertrag (mit dem vorbehaltenen Recht auf Auswahl aus dem Warenangebot der beklagten Partei) zwischen dieser und dem Betriebsrat der S-AG zustande, sodaß der Ansicht der klagenden Partei, daß das "eigentliche" (rabattgesetzwidrige) Rechtsgeschäft erst mit den Gutscheineinlösern geschlossen werde, nicht gefolgt werden könne. Da keinerlei Absprachen zwischen den ursprünglichen Vertragspartnern getroffen worden seien, könnten diese im Verhältnis zu den Gutscheineinlösern auch nicht wirtschaftlich als eine Person betrachtet werden. Für die Frage des Vorliegens eines Rabattverstoßes sei nur die entgeltliche Weitergabe der Gutscheine zu beachten. Der Betriebsrat sei, da die Weitergabe der Gutscheine nicht gewerbsmäßig erfolgte, als letzter Verbraucher (§ 1 Abs. 1 RabG) anzusehen. Das Rechtsgeschäft falle daher grundsätzlich unter das Rabattgesetz, doch komme die Ausnahmebestimmung über die Zulässigkeit von Mengennachlässen (§ 7 RabG) zur Anwendung. Die Menge der erworbenen Gutscheine und die Gewährung eines 10%igen Rabatts an jeden beliebigen Großabnehmer führe zu dem Schluß, daß der Mengennachlaß handelsüblich und daher zulässig sei. Das Verhalten der beklagten Partei verstoße auch nicht gegen § 1 UWG. Das Verfahren habe ein auf die Verschaffung eines unlauteren Wettbewerbsvorsprunges gerichtetes Zusammenwirken zwischen der beklagten Partei und dem Betriebsrat der S-AG nicht ergeben. Der beklagten Partei könne auch nicht vorgeworfen werden, daß sie auf die Verwendung der Gutscheine durch den Betriebsrat der S-AG keinen Einfluß genommen habe. Eine - allenfalls bestehende - Norm, die es Betriebsräten verbiete, als Rabattverschaffungsinstitution aufzutreten, sei nicht wettbewerbsregelnd.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60 000 S übersteigt. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Rabattgesetzes sei, daß es sich um die Veräußerung von Waren des täglichen Bedarfes im Einzelverkauf an den letzten Verbraucher handle, Letztverbraucher sei bei Kaufgeschäften, wer eine Ware ihrer natürlichen Bestimmung gemäß verwende, also nicht mehr umsetze. Hiebei komme es weder auf den Umfang der Lieferung noch darauf an, ob für den gewerblichen oder nichtgewerblichen Bedarf geliefert werde. Ein Gewerbetreibender, der Waren erwerbe, um sie gewerbsmäßig als Werbegeschenke für seine Kunden zu verschenken, sei nicht Letztverbraucher. Auch die unentgeltliche Weitergabe einer Ware sei, wenn sie gewerbsmäßig geschehe, ein Umsetzen der Ware. Auch ein Verein, der Tennisbälle verkaufe, um sie an seine Mitglieder weiterzuverkaufen, sei nicht Letztverbraucher, weil er die Ware noch absetzen müsse und somit das geschäftliche Risiko des Einkaufs trage. Da der Verein keinen rabattrechtlichen Beschränkungen unterliege, könne er seinen Mitgliedern den niedrigeren Preis zukommen lassen. Im vorliegenden Fall sei schon mit dem Ankauf der Geschenkgutscheine ein Güteraustauschvertrag, der einen unwiderruflichen Anspruch auf Waren des Ausstellers der Gutschrift begrunde, zustande gekommen. Auf das zwischen der beklagten Partei und dem Angestelltenbetriebsrat der S-AG als Ersterwerber der Gutscheine zustande gekommene Rechtsgeschäft sei das Rabattgesetz nicht anwendbar, weil der Betriebsrat - ähnlich dem Verein, der Tennisbälle zum Zweck der Weiterveräußerung an seine Mitglieder ankaufe - nicht als letzter Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 RabG anzusehen sei, da er das wirtschaftliche Risiko des Absatzes der Gutscheine trage. Soweit die Gutscheine zu Geschenkzwecken eingekauft worden seien, erübrige sich eine Stellungnahme, weil die klagende Partei unter diesem Gesichtspunkt kein Unterlassungsbegehren gestellt habe. Der Verkäufer der Ware müsse mit dem Rabattgeber identisch sein. Dieses Erfordernis sei zwar auch gewahrt, wenn der Rabatt von einem Dritten im Auftrag des Verkäufers oder für dessen Rechnung gewährt werde. Wenn zwischen dem Verkäufer und dem Dritten über die gemeinsamen Interessen hinaus engere rechtliche und wirtschaftliche Zusammenhänge bestunden, könne die Vorteilsgewährung durch den Dritten nach Lage des Falles aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten als Rabattgewährung durch den Verkäufer selbst zu werten sein. Diese Voraussetzungen lägen aber hier nicht vor, weil die Gutscheine ohne diesbezügliche Vereinbarung zwischen den Streitteilen zu Geschenkzwecken verkauft worden seien. Ein getarnter Preisnachlaß liege nur dann vor, wenn sich der Dritte gegenüber dem Verkaufsunternehmen verpflichtet habe, den ihm gewährten Preisnachlaß weiterzugeben. Eine mittelbare, der beklagten Partei zuzurechnende Rabattgewährung an Dienstnehmer der S-AG liege daher ebenfalls nicht vor.
Auch ein sittenwidriges Verhalten der beklagten Partei iS des § 1 UWG sei nicht gegeben, weil die beklagte Partei die Gutscheine für Geschenkzwecke verkauft und keinen Einfluß darauf genommen habe, ob und unter welchen Bedingungen sie weitergegeben worden seien.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Revisionswerberin ist der Ansicht, daß das für die rabattrechtliche Beurteilung maßgebliche Rechtsgeschäft erst das beim Eintausch der Geschenkgutscheine abgeschlossene Letztverbrauchergeschäft sei. Bei derartigen Rechtsgeschäften würden nur Gutscheine in geringer Größenordnung eingelöst, so daß ein Mengenrabatt nicht zulässig sei. Der Betriebsrat der S-AG handle beim Erwerb der Gutscheine nicht gewerbsmäßig; er sei Letztverbraucher und nicht Wiederverkäufer mit vollem eigenen wirtschaftlichen Risiko. Der Betriebsrat habe Inhaberlegitimationspapiere mit dem auch für die beklagte Partei bei Abschluß des Rechtsgeschäftes erkennbaren Zweck weitergegeben, den Mitarbeitern der S-AG einen 3% übersteigenden Rabatt zu verschaffen. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch umfasse auch das Verschenken der Gutscheine. Die beklagte Partei verfolge mit dem Verkauf der Geschenkgutscheine den Zweck, in sittenwidriger Weise zum Nachteil der gesetzestreuen Konkurrenz ein bestimmtes Kaufvolumen für Wäsche und Strümpfe durch den Preisnachlaß an sich zu binden. Sie verschaffe damit einem begünstigten Personenkreis einen 10%igen Rabatt.
Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis keine Berechtigung zu:
Gegenstand des beanstandeten Rechtsgeschäftes war die Veräußerung
von Warengutscheinen ("Geschenkgutscheinen") durch die beklagte
Partei an den Betriebsrat der S-AG. Bereits mit dem Ankauf dieser Warengutscheine erwarb der Betriebsrat auf Grund des bei ihrer Ausgabe schon endgültig abgeschlossenen Güteraustauschvertrages einen unwiderruflichen Anspruch auf Waren des Ausstellers der Gutscheine in der Höhe des jeweiligen Nennwertes (ÖBl. 1980, 139; s. dazu Eccher, Zur Rechtsnatur der Gutscheine, ÖJZ 1974, 337 ff.). Es kann daher der Ansicht der Revisionswerberin, daß erst der jeweilige Gutscheineinlöser das für die Beurteilung der behaupteten Rabattgesetzwidrigkeit maßgebende Rechtsgeschäft abschließe, nicht zugestimmt werden. Die beklagte Partei bot diese Warengutscheine schriftlich Großabnehmern, darunter auch dem Betriebsrat der S-AG, als Weihnachtsgeschenk "für Mitarbeiter und Geschäftsfreunde" an. IS dieses Angebots wurde ihr auch bei Aufgabe der Bestellung durch den Betriebsrat mitgeteilt, daß die Gutscheine als Weihnachtsgeschenk benötigt würden. Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, daß die beklagte Partei bei Abschluß des Rechtsgeschäftes erkennen konnte, daß die Warengutscheine für eine entgeltliche Weitergabe an Betriebsangehörige der S-AG, denen damit ein Rabatt verschafft werden sollte, bestimmt waren. Tatsächlich wurde auch der weitaus überwiegende Teil der verkauften Warengutscheine iS des besprochenen Zweckes des Rechtsgeschäftes als Geschenk an Mitarbeiter verwendet.
Der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß sich eine Stellungnahme erübrige, soweit die Gutscheine zu Geschenkzwecken verkauft worden seien, weil die klagende Partei unter diesem Gesichtspunkt kein Unterlassungsbegehren gestellt habe, kann allerdings nicht gefolgt werden. Das Unterlassungsbegehren erfaßt jede Weitergabe der Gutscheine durch den Betriebsrat an die "Kollegenschaft". Da der Betriebsrat das Rechtsgeschäft zur Deckung eines - jedenfalls nicht gewerbsmäßigen - Geschenkbedarfes schloß, kann seine Letztverbrauchereigenschaft nicht mit dem vom Berufungsgericht herangezogenen Rechtssatz, wonach ein Gewerbetreibender, der Waren erwirbt, um sie gewerbsmäßig als Werbegeschenke an seine Kunden abzugeben, nicht Letztverbraucher ist (so Baumbach - Hefermehl, Wettbewerbsrecht[13], 1699; BGH 3. 7. 1974 GRUR 1975, 320), verneint werden. Entscheidend für die Letztverbrauchereigenschaft ist, daß der Abnehmer die Ware nicht mehr umsetzt; nicht zu verlangen ist dagegen, daß der Letztverbraucher die gekaufte Ware auch selbst ihrer natürlichen Verwendung zuführt. Auch kommt es nicht darauf an, ob der Erwerber einer Ware diese verbraucht oder gebraucht. Auch ein Käufer, der die Ware privat verschenken will, ist letzter Verbraucher (BGH GRUR 1968, 595; Baumbach - Hefermehl aaO; Reimer, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht[4] II 564; Hoth - Gloy, Zugabe und Rabatt 313). Der Betriebsrat, der die Warengutscheine zu dem Zweck erwarb, um sie "privat" zu verschenken, ist daher Letztverbraucher. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß die für Geschenkzwecke nicht mehr benötigten restlichen Warengutscheine entgeltlich weitergegeben wurden.
Für die klagende Partei ist aber damit nichts gewonnen, weil das beanstandete Rechtsgeschäft unter den Ausnahmetatbestand des § 9 Abs. 2 RabG fällt. Danach dürfen Sonderpreise an Personen gewährt werden, die auf Grund besonderen Lieferungs- oder Leistungsvertrages Waren oder Leistungen in solchen Mengen abnehmen, daß sie als Großverbraucher anzusehen sind. Der Großverbraucher muß der Warenabnehmer sein. Die Waren müssen auf Grund eines besonderen Lieferungs- oder Leistungsvertrages abgenommen werden, dh. es muß von vornherein feststehen, daß eine Großabnahme stattfindet (Baumbach - Hefermehl aaO 1755; Hoth - Gloy aaO 411; Michel - Weber - Gries, Rabattgesetz[2], 144). Der Großverbrauch kann privater oder gewerblicher Natur sein (Baumbach - Hefermehl aaO; Hoth - Gloy aaO 409; aM Michel - Weber - Gries 145 f.). Die Frage, welche Mengen den Tatbestand der Großabnahme ausmachen, läßt das Gesetz offen (Michel - Weber - Gries aaO); maßgebend ist die Verkehrsanschauung. Die abzunehmende Warenmenge muß den durchschnittlichen Umsatzwert wesentlich übersteigen (Hoth - Gloy aaO 410). Gedacht ist nach amtlicher Begründung vor allem an Lieferungen für Gaststätten, Krankenhäuser, Behörden, Arbeitslager udgl. (Baumbach - Hefermehl aaO 1755 f.).
Von diesen Grundsätzen ausgehend muß hier das Vorliegen eines Großverbrauches angenommen werden. Der Betriebsrat war der wahre Abnehmer der zu Geschenkzwecken erworbenen Gutscheine. Die Abnahme erfolgte auf Grund eines besonderen Lieferungsvertrages. Die abgenommene Menge übersteigt den im Geschäftszweig der beklagten Partei üblicherweise von einzelnen Privatpersonen oder Familien getätigten Umsatz um ein Vielfaches, so daß nach der Verkehrsanschauung von einer Großabnahme auszugehen ist, bei der ein Sonderpreis gewährt werden darf.
Soweit der Betriebsrat der S-AG die unter Inanspruchnahme dieses Sondernachlasses eingekauften Gutscheine an Mitarbeiter des Unternehmens verschenkte, scheidet die Möglichkeit der "Weitergabe eines Preisnachlasses" schon begrifflich aus. Bezüglich der unter Weitergabe des Preisnachlasses an Betriebsangehörige verkauften Restbestände liegt aber, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, ein mittelbar den Gutscheinerwerbern gewährter getarnter Preisnachlaß nicht vor, weil die beklagte Partei nach den getroffenen Absprachen nicht damit rechnen mußte, daß ein Teil der zu Geschenkzwecken verkauften Gutscheine unter dem Nennwert weiterverkauft würde. Eine dem § 1 UWG zu unterstellende sittenwidrige Umgehung des Rabattgesetzes ist auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes nicht zu erkennen.
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