OGH 9Os148/81

OGH9Os148/8112.1.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Jänner 1982

unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schlögl als Schriftführer in der Strafsache gegen Helmut A wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach § 15, 105

Abs. 1, 106 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 20.August 1981, GZ. 6 Vr 186/81-13, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Michlmayr und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Helmut A wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB (Punkt 3 des Urteilsspruches) und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO im Umfang dieser Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Helmut A wird von der Anklage, er habe von September 1979 bis August 1981 dadurch, daß er keiner geregelten Beschäftigung nachging und keinerlei Unterhaltsbeiträge leistete, seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gegenüber der am 10.August 1979 geborenen Angelina B gröblich verletzt und dadurch bewirkt, daß deren Unterhalt gefährdet wurde oder ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet worden wäre, und er habe hiedurch das Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB begangen, gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.

Für die ihm nach dem aufrecht bleibenden Teil des Schuldspruches weiterhin zur Last fallenden strafbaren Handlungen, nämlich das Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (Punkt 1 des Urteilsspruches) und das Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach § 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB (Punkt 2 des Urteilsspruches) wird der Angeklagte Helmut A nach § 106 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB sowie gemäß § 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf die Urteile des Bezirksgerichtes Schärding vom 15.Mai 1981, AZ. U 36/81, und vom 7.August 1981, AZ. U 168/81, zu einer Zusatzstrafe von 6 (sechs) Monaten verurteilt. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird ihm die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Die Aussprüche über den Ersatz der Kosten des Strafverfahrens und über die Vorhaftanrechnung werden aus dem Ersturteil übernommen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7.Juni 1957 geborene Maler Helmut A des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB /Punkt 1) des Urteilsspruches /, des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach § 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB /Punkt 2) des Urteilsspruches / und des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB /Punkt 3) des Urteilsspruches / schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt dieser Schuldsprüche schlug der Angeklagte am 6.März 1981 eine Fensterscheibe der Wohnung seiner früheren Lebensgefährtin Anna B in Schärding ein und versuchte sodann, sie durch die Äußerung, wenn sie die Gendarmerie hole, werde sie nicht mehr lange leben, mithin durch eine gefährliche Drohung mit dem Tode, zur Unterlassung der Anzeigeerstattung zu nötigen. überdies verletzte er in der Zeit vom September 1979 bis August 1981 dadurch, daß er keiner geregelten Beschäftigung nachging und keine Unterhaltsbeiträge leistete, seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gegenüber seiner am 10.August 1979 geborenen außerehelichen Tochter Angelina B gröblich und bewirkte dadurch, daß deren Unterhalt gefährdet wurde oder ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre.

Sämtliche Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit seiner auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5, 9 lit. a, 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In Bekämpfung seines Schuldspruches laut dem Punkt 1) des Urteils behauptet der Beschwerdeführer eine den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund verwirklichende Unvollständigkeit der Urteilsbegründung und eine unrichtige Gesetzesanwendung im Sinne der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO In beiden Richtungen versagt die Beschwerde: Die Annahme, wonach der Angeklagte durch einen Steinwurf eine Fensterscheibe der Wohnung der Anna B eingeschlagen hat, ist schon in seinem Geständnis (vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung) voll gedeckt und mit dem Hinweis auf dieses in den Entscheidungsgründen zureichend begründet (vgl. S. 22, 50, 57 d.A.), sodaß es keiner weiteren Erörterungen darüber bedurfte, warum nur eine der beiden Scheiben des Doppelfensters durch den Steinschlag beschädigt wurde. Ein derartiges Tatverhalten, dem zudem die ausdrückliche Androhung des Angeklagten vorangegangen war, er werde das Fenster einschlagen, falls ihm Anna B nicht öffne (vgl. S. 57 d. A.), stellt sich aber geradezu zwangsläufig als ein vorsätzliches, auf die Beschädigung fremden Sacheigentums gerichtetes Handeln dar, das in rechtlicher Hinsicht als das Vergehen nach § 125 StGB und nicht bloß als eine fahrlässig herbeigeführte, straflose Sachbeschädigung zu beurteilen war.

Rechtliche Beurteilung

In Ansehung der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen der Sachbeschädigung liegt daher auch eine unrichtige Gesetzesanwendung oder ein auf einer solchen beruhender Feststellungsmangel nicht vor, zumal für die Tatbestandsverwirklichung Absichtlichkeit (§ 5 Abs. 2 StGB) nicht erfordert wird, sondern bedingter Vorsatz genügt. Unzutreffend ist ferner der Vorwurf eines dem Schuldspruch laut Punkt 2) des Urteilsspruches anhaftenden Begründungsmangels gemäß der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO Denn nach den (auch insofern primär) auf die Zeugenaussage der Anna B gestützten bezüglichen Urteilsfeststellungen wollte der Angeklagte durch die inkriminierte Äußerung seine frühere Lebensgefährtin 'ängstigen', damit sie eine Anzeigeerstattung wegen des unmittelbar vorangegangenen Vorfalles unterlasse. Damit brachte das Erstgericht aber unmißverständlich zum Ausdruck, daß es der Verantwortung des Angeklagten, der im übrigen die von Anna B wiedergegebene Drohung an sich nicht in Abrede gestellt hat, er habe diese nicht ernst gemeint, sie sei ihm nur so 'herausgerutscht', für widerlegt erachtete.

Soweit der Beschwerdeführer eine versuchte Nötigung mangels Ernstlichkeit seiner Drohworte außerdem unter dem Gesichtspunkt der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO bestreitet, hält er daher nicht an dem festgestellten Sachverhalt fest und bringt so den genannten Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Diesen Nichtigkeitsgrund macht der Beschwerdeführer der Sache nach (auch) mit der Behauptung geltend, seine Morddrohung sei (objektiv) nicht ernst zu nehmen gewesen.

Zu Unrecht bekämpft er damit das Vorliegen der tatbildmäßigen Voraussetzungen für den Grundtatbestand der (versuchten) Nötigung. Die für dieses Delikt wesentliche objektive Eignung der Drohung, der Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse oder die Wichtigkeit des angedrohten übels begründete Besorgnisse einzuflößen, hat das Erstgericht frei von Rechtsirrtum bejaht, wobei es insbesondere darauf verwies, daß der Angeklagte seine frühere Lebensgefährtin wenige Monate vorher geschlagen und getreten, also unter Eintritt von Verletzungsfolgen mißhandelt (vgl. Akt U 482/80 des Bezirksgerichtes Schärding), und diese auf die Drohung hin aus Angst sich in ihr Zimmer eingesperrt und niemandem bis zum anderen Tag geöffnet, sonach einen (weiteren derartigen) tätlichen Angriff des Angeklagten auch tatsächlich befürchtet hat.

Unbegründet ist die Beschwerde schließlich auch insoweit, als sie sich mit Beziehung auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gegen die Annahme der Qualifikation des § 106 Abs. 1 Z. 1 StGB wendet:

Richtig ist zwar, daß die Unterstellung einer Tat unter diese Qualifikation einerseits erfordert, daß der Täter (subjektiv) mit seinen Äußerungen dem Bedrohten in Aussicht stellen will, er werde ihn töten oder eine andere der in dieser Gesetzesstelle näher bezeichneten Folgen herbeiführen, und andererseits die objektive Eignung dieser spezifischen Drohung verlangt, dem Bedrohten begründete Besorgnisse in der in Aussicht gestellten Richtung einzuflößen (vgl. LSK. 1975/218, 1977/97; SSt. 46/64 u.a.). Diese Voraussetzungen lagen aber im vorliegenden Fall vor. Daß der Angeklagte seine Äußerung im Sinne einer Todesdrohung verstanden wissen und nicht etwa nur zum Ausdruck bringen wollte, er werde gegen Anna B tätlich vorgehen, ergibt sich schon auch ihrem klaren und eindeutigen Wortlaut. Denn da er den Drohworten, Anna B werde nicht mehr lange leben, hinzufügte, 'er sitze die 15 Jahre herunter' (d.h. er nehme sogar eine langjährige Freiheitsstrafe wegen Mordes in Kauf), konnte das Erstgericht die inkriminierte Drohung in Lösung der Tatfrage als eine Drohung mit dem Tode werten, durch welche nach dem Willen des Angeklagten in der Bedrohten wirklich Furcht vor einem Angriff auf ihr Leben hervorgerufen werden sollte.

Wie das Erstgericht gleichfalls richtig erkannt hat, war diese Drohung nach den besonderen Umständen des Falles aber auch so geartet, daß aus ihr - objektiv betrachtet -

der ernstzunehmende Vorsatz der Verwirklichung des angedrohten übels im wortwörtlichen Sinn zu entnehmen war und die Bedrohte den Eindruck gewinnen konnte, der Angeklagte sei in der Lage und willens, ihren Tod eintreten zu lassen.

Damit erweist sich das angefochtene Urteil in Ansehung der Qualifikation des § 106 Abs. 1 Z. 1 StGB auch in rechtlicher Hinsicht als unbedenklich.

In diesem Umfang war daher die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Berechtigung kommt der Beschwerde hingegen in ihrem gegen den Schuldspruch wegen Verletzung der Unterhaltspflicht gerichteten Teil zu, weshalb ihr insoweit Folge zu geben war.

Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Schärding vom 7.August 1981, GZ. U 168/81-8, wurde der Angeklagte nämlich wegen des in der Zeit ab Geburt des unterhaltsberechtigten Kindes bis 31.Juli 1981 begangenen Vergehens nach § 198 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, sodaß insoweit eine neuerliche Verurteilung wegen desselben Sachverhaltes gegen den Grundsatz ne bis in idem verstieß. Eine Verurteilung wegen dieses Deliktes bloß hinsichtlich des Zeitraumes ab 31.Juli 1981 bis zur Urteilsfällung kam mangels Gröblichkeit einer solchen, den Zeitraum von knapp drei Wochen umfassenden Unterhaltspflichtverletzung nicht in Betracht (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, RN. 15 zu § 198 StGB und die dort zitierte Judikatur).

Bei der sohin erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe hat der Oberste Gerichtshof die vom Erstgericht im wesentlichen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründe übernommen. Erschwerend waren mithin das Zusammentreffen von zwei strafbaren Handlungen und die einschlägige Vorstrafe. Der nicht besonders günstige Leumund war nicht als eigener Erschwerungsgrund zu werten. Als mildernd wurden hingegen neben dem Geständnis auch eine gewisse Unbesonnenheit angenommen, in der sich der zur Tatzeit leicht alkoholisierte und nach einem Streit erregte, eher primitiv geartete Angeklagte bei Begehung der Tat befand.

Bei Berücksichtigung dieser Strafzumessungsgründe und der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten (siehe dazu S. 32 d.A.) erschien dem Obersten Gerichtshof eine Zusatzfreiheitsstrafe von 6 Monaten unter Bedachtnahme auf die aus dem Spruch ersichtlichen Vorverurteilungen gemäß § 31, 40 StGB angemessen. Der bedingte Strafnachlaß mußte zur Vermeidung einer Schlechterstellung des Angeklagten (durch die über eine zu seinen Gunsten ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ergangenen Entscheidung) gewährt werden. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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