OGH 5Ob307/81

OGH5Ob307/8117.11.1981

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, *****, vertreten durch Dr. Erich Sieder, Rechtsanwalt in Enns, wider die beklagte Partei Dr. Josef Lechner, Rechtsanwalt Stadtplatz 40, 4400 Steyr, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Josef F***** (AZ S 8/80 des Kreisgerichts Steyr) wegen Feststellung einer Konkursforderung (Streitwert 2.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 20. Mai 1981, GZ 3 R 80/81-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichts Steyr vom 1. Juli 1980, GZ 1 a Cg 166/80-2, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte in der am 12. 6. 1980 erhobenen Klage von Josef F***** die Zahlung von 393.248 S samt 12 % Zinsen seit dem 1 4. 1980. Sie brachte nur vor, sie habe dem Beklagten ein Darlehen gegeben, er schulde darauf zum 1. 4. 1980 393.248 S und sei wiederholten Mahnungen und Zahlungsaufforderungen nicht nachgekommen.

Auf Antrag der zur ersten Tagsatzung am 1. 7. 1980 allein erschienenen Klägerin erkannte das Erstgericht mit Versäumungsurteil und gab dem Urteilsbegehren statt. Mit dem 2. 7. 1980 trat durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Josef F***** die Unterbrechung des anhängigen Rechtsstreits nach § 7 Abs 1 KO ein.

Die Klägerin meldete am 11. 7. 1980 in der dritten Klasse ihre Konkursforderung von 393.248 S an Kapital, 60.049,15 S an Zinsen (obwohl 12 % Zinsen vom 1. 4. 1980 bis 2. 7. 1980 nur einen Betrag von 11.894,40 S ergeben) und 11.095,80 S an Kosten, zusammen 464.392,95 S an. Der Masseverwalter und der Gemeinschuldner anerkannten die Forderung mit 393.248 S an Kapital, 3.965,20 S an 4 % Zinsen für 92 Tage vom 1. 4. 1980 bis 2. 7. 1980 und 7.162,80 S an Prozesskosten. Die darüber hinausgehende Forderung von 60.000,10 S wurde bestritten. Mit dem Teilbetrag von 404.392,85 S ist die Gegenstand der Klage bildende Forderung an Kapital, Zinsen und Kosten in der dritten Klasse der Konkursforderungen anerkannt und festgestellt. Innerhalb der vom Konkurskommissär bestimmten Frist zur Geltendmachung des Anspruchs auf Feststellung der Richtigkeit der bestrittenen Restforderung beantragte die Klägerin die Aufnahme des durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Verfahrens. Diesem Antrag gab das Erstgericht mit Beschluss vom 6. 3. 1981 statt.

Nunmehr erhob der Masseverwalter gegen das am 1. 7. 1980 gefällte und ihm wirksam erst nach der Aufnahme des Verfahrens am 8. 4. 1981 zugestellte Versäumungsurteil Berufung und nur für den Fall, dass dieser nicht Folge gegeben werde, Widerspruch (vgl Meier, Widerspruch gegen Versäumungsurteile, ÖJZ 1981, 92; Sprung, Konkurrenz von Rechtsbehelfen im zivilgerichtlichen Verfahren, 77; JBl 1974, 46).

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung, soweit in ihr Nichtigkeit geltend gemacht wurde, erklärte aus Anlass der Berufung den Aufnahmebeschluss vom 6. 3. 1981 in Ansehung des festgestellten Betrags von 404.392,85 S für nichtig und wies in diesem Umfang den Aufnahmeantrag der Klägerin zurück, weil insoweit durch Anerkenntnis der im Konkurs angemeldeten Forderung ein Exekutionstitel nach § 61 KO geschaffen wurde, ein Prozesshindernis der Fortsetzung des Rechtsstreits entgegenstehe (§ 240 Abs 3 ZPO; EvBl 1972/134) und der Rechtsstreit erledigt sei. Im Rahmen der verbleibenden Aufnahme des Verfahrens gab das Berufungsgericht in der Berufung des beklagten Masseverwalters Folge und änderte das Versäumungsurteil dahin ab, dass das auf Feststellung der Richtigkeit der in der dritten Klasse der Konkursforderungen angemeldeten Forderung von 60.000,10 S umgestellte Begehren abgewiesen wird, weil die bestrittenen Forderungen an den Zinssatz des § 2 des Gesetzes RGBl 1868/62 von 4 % (§ 1333 ABGB) übersteigenden Zinsen und der als Ersatz der Barauslage für die Entscheidungsgebühr von 3.932 S zuerkannten Prozesskosten nicht zu Recht bestehen. Das die gesetzlichen Zinsen übersteigende Zinsenbegehren sei nicht durch ein nach dem § 396 ZPO für wahr zu haltendes tatsächliches Vorbringen der Klägerin gedeckt. Die Entscheidungsgebühr habe die Klägerin nicht entrichtet und könne deshalb nicht deren Ersatz als Barauslage ansprechen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Revision aus den Gründen einer Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, einer Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Ziel erhoben, eine Abänderung dahin zu erreichen, dass „dem nunmehrigen Klagebegehren stattgegeben werde“. Hilfsweise liegt auch ein Aufhebungsantrag vor.

Der Beklagte beantragte, der Revision nicht Folge zu geben und wies lediglich darauf hin, dass die die „Abweisung des Betrags von 60.000,10 S“ bekämpfende Anfechtungserklärung nicht dem Gesetz entspreche und die Anfechtung der Kostenentscheidung unzulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist unzulässig.

Streitigkeiten, die Konkursforderungen zum Gegenstand haben, werden mit Eintritt der Konkurswirkungen unterbrochen, um vor weiterem Fortgang das Ergebnis des Prüfungsverfahrens (§§ 102 ff KO) abzuwarten. führt dieses zur Feststellung des Teilnahmeanspruchs, kann der Prozess während des Konkurses nicht fortgesetzt werden. Hat der Masseverwalter (oder ein Konkursgläubiger) die Richtigkeit der angemeldeten Forderung nach § 105 Abs 3 KO (§ 105 Abs 5 KO) bestritten, kann das unterbrochene Verfahren nach Abschluss der Prüfungsverhandlung aufgenommen werden (§ 7 Abs 3 KO). Ist wie hier der Schluss der Verhandlung erster Instanz vor der Konkurseröffnung erfolgt, kommt eine Klagsänderung nicht in Betracht (§ 483 Abs 3 ZPO). Als solche ist zwar nicht die auch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen zu beachtende Umwandlung des Leistungsbegehrens in das auf Feststellung der Richtigkeit der angemeldeten Forderung in einer bestimmten Rangordnung im Konkurs anzusehen (SZ 24/90; SZ 26/233; JBl 1978, 433 ua), wohl aber jede Ausdehnung des Klagebegehrens (Fasching III, 114), die nach Schluss der Verhandlung nicht stattfinden kann. Soweit der Gläubiger den Teilnahmeanspruch im Konkurs in weiterem Ausmaß geltend gemacht hat als im Rechtsstreit, würde die Aufnahme zu einer im Rechtsmittelverfahren ausgeschlossenen Klagsänderung führen. In dem Umfange, in welchem die angemeldete Konkursforderung den Gegenstand des nach Schluss der Verhandlung erster Instanz unterbrochenen Rechtsstreits überschreitet, bedarf es bei Bestreitung einer Neuklage (Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht, 593). Der Bereich der Aufnahme des Rechtsstreits ist damit einerseits, wie das Berufungsgericht richtig erkannte, durch die Unzulässigkeit der Aufnahme in Ansehung der im Konkurs wirksam festgestellten Teilforderung (SZ 39/64; EvBl 1968/427), andererseits aber auch durch die Unzulässigkeit einer Ausdehnung des Begehrens im Rechtsmittelverfahren gegen das am Tag vor Eröffnung des Konkurses erlassene Versäumungsurteil eingegrenzt. Die vom Berufungsgericht zu der analog § 240 Abs 3 ZPO jederzeit gebotenen Berücksichtigung der durch Anerkenntnis erfolgten Feststellung der Forderung im Konkurs veranlassten Erhebungen haben ergeben, dass der Beklagte das Kapital zur Gänze anerkannt hat. Damit war aber eine Fortsetzung des unterbrochenen Rechtsstreits nur in Ansehung des Zinsenbegehrens, das nur mit 4 % anerkannt wurde, und der Prozesskosten, die mit der von der Klägerin bisher nach der Aktenlage nicht entrichteten Entscheidungsgebühr streitig geblieben waren, denkbar. Das Berufungsgericht hat auch den Aufnahmeantrag im Umfange von 393.248 S an Kapital, 3.965,20 S Zinsen und 7.162,80 S sowie eines Differenzbetrags von 16,85 S - zusammen 404.392,85 S - zurückgewiesen. Es konnte danach nur mehr über das Zinsen- und Kostenersatzbegehren absprechen. Wenn es dennoch der Umwandlung des Klagebegehrens Rechnung tragend in Stattgebung der Berufung des Beklagten das Versäumungsurteil in dem von der Aufnahme des Verfahrens betroffenen Umfang dahin abänderte, dass das Begehren auf Feststellung der Richtigkeit der streitig gebliebenen Konkursforderung dritter Klasse von 60.000,10 S abgewiesen wird, hat es in Wahrheit nicht über den Betrag von 60.000,10 S abgesprochen, sondern nur über Zinsen und Kosten. Eine Überschreitung des Urteilsbegehrens im abweisenden Spruch des Gerichts begründet weder einen Verstoß gegen § 405 ZPO noch einen Verfahrensmangel, der insoweit fehlerhafte Spruch geht ins Leere (RZ 1974/91). Nach § 54 Abs 2 JN bleiben Zinsen und Kosten bei der Berechnung des Werts des Streitgegenstands unberücksichtigt. Dass sich das Begehren im Prüfungsprozess in einen Anspruch auf Feststellung der Richtigkeit der Forderung in dem Umfang, als sie nach Anmeldung im Konkurs streitig blieb, wandelt, ändert nichts daran, dass der Streitgegenstand in einer Geldsumme besteht, mag auch das Begehren auf Feststellung des Bestehens dieser Geldforderung gerichtet sein (SZ 31/159). Es bedarf daher bei Klagen nach § 110 KO nicht der Bewertung nach § 500 Abs 2 ZPO. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts über einen den Wert einer Bagatellsache nicht übersteigenden Teil eines Streitgegenstands ist nach dem § 502 Abs 2 Z 3 ZPO ein weiterer Rechtszug unzulässig. Da aus der Hauptforderung abgeleitete Forderungen an Zinsen und Kosten bei der Bemessung des Werts außer Betracht bleiben, Gegenstand des Berufungsverfahrens aber nur die Zinsen- und Kostenforderung der Klägerin sein konnte, greift die Anfechtungsbeschränkung des § 502 Abs 2 Z 3 ZPO ein. Die Klägerin kann daher die nur in Ansehung der Nebengebühren (Zinsen und Kosten) abändernde Entscheidung des Berufungsgerichts nicht bekämpfen (Fasching, Ergänzungsband, 91).

Auf diese zur Zurückweisung führende Unzulässigkeit der Revision hat der Beklagte nicht hingewiesen. Er hat deshalb keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten seiner Revisionsbeantwortung.

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