OGH 7Ob628/81

OGH7Ob628/8124.9.1981

SZ 54/131

Normen

ABGB §1041
ABGB §1041

 

Spruch:

Aufwendungen des Bestandnehmers auf die Bestandsache in der vereitelten Hoffnung, diese kaufen zu können, begrunden einen Anspruch nach § 1041 ABGB. Der Bereicherte bleibt ersatzpflichtig, wenn er die Sache anderweitig veräußert oder verschenkt; das Ausmaß des Ersatzanspruches richtet sich nach seiner Redlichkeit

OGH 24. September 1981, 7 Ob 628/81 (KG Korneuburg, 5 R 36/81; BG Retz C 155/80 )

Text

Mit der am 29. März 1977 eingelangten Klage begehrt der Kläger die Zahlung eines Betrages von 150 000 S samt Anhang und bringt vor, er habe mit Vertrag vom 25. März 1974 das Haus W-Dorf 114 vom Beklagten, der Eigentümer dieses Hauses gewesen sei, gemietet. Im Feber 1975 sei es zwischen den Streitteilen zum Abschluß eines mündlichen Kaufvertrages hinsichtlich der Liegenschaft gekommen. Der Kläger habe im Hinblick auf diesen Vertrag Investitionen über jenen Umfang hinaus getätigt, den er als bloßer Mieter gemacht hätte. Der Beklagte aber habe nicht nur im April 1976 erklärt, sich an den Kaufvertrag nicht mehr gebunden zu fühlen, sondern habe mit Vertrag vom 31. Dezember 1976 die Liegenschaft seiner Lebensgefährtin geschenkt und damit dem Kläger die rechtliche Möglichkeit genommen, ihn auf Zuhaltung des Vertrages zu klagen. Dieses Vorgehen sei bewußt arglistig erfolgt. Das Begehren grunde sich auf den Titel des Schadenersatzes, aber auch auf jenen der Bereicherung, da durch den Aufwand des Klägers eine objektive Wertsteigerung des Hauses eingetreten sei.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage und wendet ein, ein Kaufvertrag sei nicht zustande gekommen. Die vom Kläger durchgeführten Investitionen stellten keine Werterhöhung dar; der Kläger habe im übrigen nur jene Investitionen vorgenommen, die zur Genehmigung des von ihm beabsichtigten Gastwirtschaftsbetriebes erforderlich gewesen seien, und habe damit schon vor dem von ihm behaupteten Kaufvertragsabschluß begonnen. Dem Beklagten fehle die passive Klagelegitimation. Mit Schriftsatz vom 2. Dezember 1980 machte der Beklagte geltend, der Klageanspruch sei verjährt, da der Kläger das am 20. Juli 1978 unterbrochene Verfahren nicht gehörig fortgesetzt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf folgende Feststellungen:

Mit Schenkungsvertrag vom 31. Dezember 1976 hat der Beklagte die Liegenschaft in W-Dorf an seine Lebensgefährtin Theresia H übergeben.

Die Klage wurde am 29. März 1977 eingebracht. Mit Beschluß des Kreisgerichtes K vom 4. Juli 1978, 6 S 11/78, wurde über das Vermögen des Klägers der Konkurs eröffnet. Dadurch wurde das Verfahren gemäß § 7 Abs. 1 KO unterbrochen. Der Konkurs über das Vermögen des Klägers wurde mit Beschluß des Kreisgerichtes K vom 5. Mai 1979, 6 S 11/78-52, der am 20. Juni 1979 in Rechtskraft erwachsen ist, gemäß § 166 Abs. 2 KO aufgehoben. Am 23. Oktober 1980 brachte der Kläger beim Erstgericht den Antrag ein, das unterbrochene Verfahren fortzusetzen.

Das Erstgericht vertrat rechtlich die Auffassung, daß dem Kläger bereits im Frühjahr 1976 bekannt gewesen sei, daß der Beklagte den mündlichen Kaufvertrag aus dem Jahr 1975 nicht einhalten werde. Die Verjährungsfrist der Entschädigungsklage beginne mit dem Zeitpunkt, zu welchem der Schaden und die Person des Beschädigers dem Beschädigten bekannt werde. Die Klageeinbringung habe zwar zunächst die Verjährung unterbrochen, infolge nicht gehöriger Fortsetzung sei der Schadenersatzanspruch des Klägers jedoch dennoch verjährt. Zwischen der Konkurseröffnung vom 4. Juli 1978 und dem Fortsetzungsantrag des Klägers vom 23. Oktober 1980 lägen mehr als 2 1/4 Jahre, in welchem Zeitraum weder der Masseverwalter noch nach Aufhebung des Konkurses der Kläger selbst irgend etwas zur Fortsetzung des Verfahrens unternommen hätten. Zwar sei der Klageanspruch auch auf den Titel eines für einen anderen gemachten Aufwandes gestützt worden; das Klagebegehren müsse jedoch, da der Beklagte bei Klageeinbringung nicht mehr Eigentümer der Liegenschaft gewesen sei, mangels passiver Klagelegitimation abgewiesen werden.

Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf und führte aus, daß es zwar der Rechtsansicht, daß ein Schadenersatzanspruch des Klägers verjährt sei, weil der Kläger das Verfahren nach dessen Unterbrechung nicht gehörig fortgesetzt habe, beipflichte, daß aber das Klagebegehren, soweit es auf bereicherungsrechtliche Normen gestützt werde, nicht deswegen abgewiesen werden könne, weil nicht der Beklagte, sondern dessen von ihm beschenkte Lebensgefährtin bereichert sei. Der Kläger begehre den Ersatz von Investitionen, die er ganz offensichtlich vor der Schenkung vom 31. Dezember 1976 vorgenommen habe. Zu diesem Zeitpunkt sei der Beklagte noch Eigentümer der Liegenschaft gewesen, sodaß die Bereicherung in seinem Vermögen eingetreten sei. Da die Kondiktion nicht auf die Rückgabe der geleisteten Sache, sondern auf die Herausgabe des Nutzens einer Leistung ziele, die in Geld zu bewerten sei, bleibe die Ersatzpflicht auch bei nachträglichem Wegfall des Nutzens beim Bereicherten bestehen. Ein dem Kläger nach seinem Vorbringen, er habe die Investitionen lediglich im Vertrauen auf die Erfüllung eines mündlichen Kaufvertrages durch den Beklagten vorgenommen, in Analogie zu § 1435 ABGB zustehender Rückforderungsanspruch verjähre in 30 Jahren. Das Erstgericht werde daher über das Klagebegehren nach ergänzenden Beweisaufnahmen neuerlich zu entscheiden haben.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Kläger behauptet, er habe auf Grund eines mündlich abgeschlossenen Kaufvertrages - also offensichtlich in der Annahme, (bücherlicher) Eigentümer der Liegenschaft zu werden - Investitionen über jenen Umfang hinaus vorgenommen, wie er sie (auch) als Mieter getätigt hätte; das Haus des Beklagten habe hiedurch eine objektive Wertsteigerung erfahren. Er macht damit geltend, der Beklagte habe aus seinem Rechtsgut einen unrechtmäßigen Vorteil gezogen, ohne sich auf eine Leistung (das ist die bewußte Zuwendung des Verkürzten an einen anderen zur Erreichung eines bestimmten Zweckes, Koziol - Welser, Grundriß[5] I, 322) des Klägers stützen zu können (vgl. Wilburg in Klang[2] VI, 440). Mangels einer Leistung des Klägers kann deshalb ein Anspruch nach den §§ 1431 ff. ABGB, insbesondere auch nach § 1435 ABGB, nicht vorliegen; wohl aber vermöchte der vom Kläger geschilderte Sachverhalt - da die Vermögensverschiebung auch auf ein Verhalten des Entreicherten zurückgehen kann (Koziol - Welser, Grundriß[5] I, 325) - einen Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB zu begrunden. Es wird in Lehre (Stanzl in Klang[2] IV/1, 910) und Rechtsprechung (3 Ob 24/58, ähnlich 5 Ob 174/62) die Meinung vertreten, daß es sich dann, wenn die Parteien den Erwerb der Liegenschaft durch den Bestandnehmer beabsichtigt haben und dieser deswegen werterhöhende Aufwendungen gemacht hat, nicht um Aufwendungen handelt, die der Bestandnehmer für den Bestandgeber erbracht hat (§ 1097 ABGB), sondern um Aufwendungen auf eine fremde Sache, in der Hoffnung, diese erwerben zu können und sich damit den Vorteil dieser Aufwendungen selbst zuzuwenden, und daß der Bestandnehmer in einem derartigen Fall Ersatz nach § 1041 ABGB verlangen kann.

Die Ansicht des Beklagten, der Kläger grunde seinen Anspruch auf einen Kaufvertrag, ist verfehlt. Der nach dem Klagevorbringen mündlich zustande gekommene Kaufvertrag bezog sich nach der Darstellung des Klägers lediglich auf die Liegenschaft ohne die vom Kläger getätigten Aufwendungen; die Investitionen als solche dagegen wurden nach der Klageerzählung ohne vertragliche Grundlage gemacht; auch den Einwendungen des Beklagten kann nichts Gegenteiliges entnommen werden.

Die Herausgabe der Investitionen, die (unselbständiger) Bestandteil des Hauses geworden sind, im Wege einer Übertragung des Eigentums an der Liegenschaft an ihn kann der Kläger nach der Veräußerung der Liegenschaft durch den Beklagten, der sie seiner Lebensgefährtin geschenkt hat, nicht mehr verlangen; der Beklagte ist daher verbunden, dem Kläger den durch die Investitionen erlangten Vorteil zu vergüten, wenn diese, den Behauptungen des Klägers entsprechend, lediglich in der Annahme seines zukünftigen Eigentums gemacht wurden. Daß der Beklagte die Liegenschaft verschenkt, sie also "verbraucht", hat, rechtfertigt nicht die Annahme, er sei nicht mehr bereichert und daher passiv zur Klage nicht legitimiert. Wie ganz allgemein der Anspruch auf den Ersatz des Wertes bestehen bleibt, wenn der zunächst eingetretene Nutzen später wegfällt, ist auch jener Bereicherte ersatzpflichtig, der die Sache veräußert oder verschenkt hat (Koziol - Welser, Grundriß[5] I, 330 f.; Stanzl in Klang[2] IV/1, 920 ff.). Das Ausmaß des Ersatzanspruches richtet sich dabei nach der Redlichkeit des Bereicherten (Koziol - Welser a. a.O.; Ehrenzweig[2] II/1, 731; Bydlinski in JBl. 1969, 252 ff.); hat der redliche Bereicherte, wenn er die Sache wirksam verschenkt, lediglich den Aufwand herauszugeben, den er sich für das Geschenk erspart hat, so hat der unredlich Bereicherte den Verkehrswert zu ersetzen - und zwar nach Maßgabe des durch die fremde Sache erzielten Nutzens (Stanzl a.a.O., 920, Koziol - Welser a.a.O.,329), im vorliegenden Fall wäre dies also des durch den Aufwand des Klägers erhöhten Wertes der Liegenschaft (Stanzl a.a.O., 919 und 901 f.).

Verwendungsansprüche verjähren grundsätzlich in 30 Jahren (Stanzl a. a.O., 922); eine Verjährung des geltend gemachten Anspruches ist daher nicht eingetreten.

Die nicht mehr bekämpfte Ansicht der Untergerichte, eine allfällige Schadenersatzforderung des Klägers sei verjährt, ist unbedenklich.

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