OGH 12Os127/81

OGH12Os127/8110.9.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. September 1981

unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Steininger, Dr. Walenta und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Oberhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Manfred A und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 (erster Fall) StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Manfred A gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Linz vom 26. Juni 1981, GZ. 22 Vr 3392/80-50, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Blume, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 24. März 1945 geborene (beschäftigungslose) Manfred A auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des - in Gesellschaft des gleichzeitig abgeurteilten Beteiligten Peter B verübten - Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 (erster Fall) StGB. sowie weiters der Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB., der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB. und des Diebstahls nach § 127 Abs 1

StGB. schuldig erkannt. Daneben erging ein (unbekämpft gebliebener) Teilfreispruch.

Die vom Angeklagten Manfred A gegen dieses Urteil ergriffene, auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 6 und 8 des § 345 Abs 1 StPO. gestützte Nichtigkeitsbeschwerde richtet sich der Sache nach lediglich gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens des Raubes, in bezug auf das an die Geschwornen die nachangeführte - in der Folge von ihnen einstimmig bejahte - Hauptfrage (1./) gestellt worden war:

1./ Hauptfrage:

Ist Manfred A schuldig, am 11. Oktober 1980

in Linz in Gesellschaft des Peter B als Beteiligten (§ 12 StGB.) dadurch, daß er einem ca. 45-jährigen, 1,80 m großen, schlanken Mann mit graumeliertem Haar mehrere Faustschläge versetzte und diesen festhielt, während Peter B diesem einen Bargeldbetrag von 2.000 S samt Brieftasche aus der Gesäßtasche zog, sohin mit Gewalt gegen eine Person, dieser eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, durch deren Zueignung sich unrechtmäßig zu bereichern ?

Rechtliche Beurteilung

Den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z.6 StPO.

erblickt der Beschwerdeführer darin, daß den Geschwornen entgegen seiner Antragstellung in der Hauptverhandlung (vgl. S. 264) im Zusammenhang mit der Hauptfrage wegen Raubes keine Eventualfrage wegen Bedrängnisdiebstahls im Sinne des § 128 Abs 1 Z. 1 StGB. vorgelegt wurde. Eine solche Fragestellung war jedoch nach Lage des Falles nicht indiziert. Voraussetzung dafür wäre nämlich gemäß § 314 Abs 1

StPO das Vorbringen entsprechender Tatsachen - die, würden sie als erwiesen angenommen, die Subsumtion der Tat unter eine andere (nicht strengere) strafgesetzliche Bestimmung als die in der Anklageschrift angeführte bedingen würden -

in der Hauptverhandlung gewesen, was nur zuträfe, wenn das Beweisverfahren Umstände erbracht hätte, welche die Annahme solcher Tatsachen als zutreffend in den näheren Bereich der Möglichkeit gerückt hätten (vgl. EvBl 1978/119 u. a.). Dies war nicht der Fall. Der Beschwerdeführer selbst hat eine Tatbeteiligung überhaupt geleugnet und daher naturgemäß nichts vorgebracht, was eine andere Subsumtionsmöglichkeit (als die in der Anklageschrift angeführte) eröffnen würde. Der Mitangeklagte Peter B aber war in der Hauptverhandlung - der in der Nichtigkeitsbeschwerde vertretenen Ansicht zuwider übrigens durchaus in sinngemäßer Übereinstimmung mit seinen bezüglichen Angaben im Vorverfahren (vgl. insbesondere S. 23-25) - voll im Sinne der Anklage geständig (vgl. S. 224, 225). Somit begründete auch seine Darstellung des bezüglichen Tatgeschehens für den Schwurgerichtshof keine Verpflichtung, im gegebenen Zusammenhang eine Eventualfrage, sei es in der (begehrten) Richtung des § 128 Abs 1 Z. 1 StGB., sei es in irgendeiner anderen Richtung, zu stellen. Da sich auch aus den sonst in der Hauptverhandlung vorgeführten Beweismitteln nichts ergab, was über eine bloß denkmögliche Alternative hinaus das Vorhandensein von (für die Stellung einer Eventualfrage) relevanten Tatsachen in den näheren Bereich der Möglichkeit gerückt hätte (vgl. ÖJZ-LSK 1980/182), liegt eine Verletzung von die Fragestellung betreffenden Prozeßvorschriften mithin nicht vor.

Der Beschwerdeführer geht aber auch fehl, wenn er behauptet, das angefochtene Urteil sei mit dem Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z. 8 StPO. behaftet, weil den Geschwornen der zum Raub erforderliche Nötigungsvorsatz nicht näher erläutert und ihnen der Begriff des (im vorliegenden Fall durch das Gesellschaftsverhältnis bedingten) 'schweren Raubes' nicht erklärt worden sei, bei dem sich das Einverständnis der Beteiligten sowohl auf die Gewaltanwendung als auch auf die Wegnahme beziehen müsse. Denn abgesehen davon, daß diese Ausführungen nur den Vorwurf der Unvollständigkeit, nicht aber auch jenen der (nach § 345 Abs 1 Z. 8 StPO. allein maßgebenden) Unrichtigkeit beinhalten, entspricht die Rechtsbelehrung ohnedies durchaus den Erfordernissen des § 321 StPO. (vgl. S. 277 ff.). Darüber, was im gegebenen Zusammenhang unter Nötigungsvorsatz zu verstehen war, konnten für die Geschwornen nach Lage des Falles (bei dem die Sachwegnahme überdies mit Gewaltanwendung erfolgte) ebensowenig Zweifel entstehen wie über die (in der Rechtsbelehrung ohnedies ausführlich und zutreffend dargelegten) Voraussetzungen des schweren (Gesellschafts-)Raubes, zumal die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung nach ihrem (einheitlichen) Sinnzusammenhang und nicht - wie es der Beschwerdeführer versucht - nach ihren Teilstücken zu beurteilen ist.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Manfred A war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten Manfred A nach §§ 28, 143, erster Strafsatz, StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Jahren und ordnete sogleich seine Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter gemäß § 23 StGB. an. Bei der Strafzumessung nahm es als erschwerend das Zusammentreffen von mehreren strafbaren Handlungen, den außerordentlichen raschen Rückfall, die zum Teil einschlägigen, sehr empfindlichen Vorstrafen, welche die Rückfallsvoraussetzungen nach § 39 StGB. begründen, sowie den Umstand an, daß der Angeklagte Fürst Anstifter beim Raube war, wertete hingegen als mildernd das Geständnis hinsichtlich der Sachbeschädigung und die diesbezüglich erfolgte teilweise Schadensgutmachung, die objektive Schadensgutmachung beim Vergehen des Diebstahls sowie die nicht auszuschließende Provokation durch die Verletzte Rositta C bei der Körperverletzung an. Die Berufung des Angeklagten, der Strafherabsetzung und Abstandnahme vom angeordneten Maßnahmenvollzug begehrt, ist nicht begründet. Das beträchtliche Überwiegen und das Gewicht der erschwerenden Umstände (die Milderungsgründe beziehen sich allein auf die Vergehen nach §§ 83 Abs 1, 125 und 127 Abs 1 StGB.) rechtfertigen die Verhängung einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Jahren, die noch unterhalb der Mitte des Strafrahmens liegt, zumal die Berufung zusätzliche Milderungsgründe nicht darzutun vermag. Bei sachlicher Abwägung der gegebenen Strafzumessungsgründe unter Bedachtnahme auf die Erfolglosigkeit der bisher verhängten, längerdauernden Freiheitsstrafen, welche im Hinblick auf den Rückfall innerhalb einer Woche nach Verbüßung einer zwei Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe keine Wirkung gezeigt haben, wird die über den Angeklagten in erster Instanz verhängte Freiheitsstrafe seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB.) durchaus gerecht.

Aber auch die gegen den Maßnahmenvollzug gerichtete Berufung hält einer Überprüfung nicht stand.

Die Grundvoraussetzungen für die verfügte Unterbringung gemäß § 23 StGB. liegen vor. Die Annahme des Erstgerichtes über die Hangtätereigenschaft und die damit im Zusammenhang erstellte Zukunftsprognose sind auf Grund des kriminellen Vorlebens des Angeklagten und der Acceleration seines deliktischen Verhaltens unbedenklich und durch die Aktenlage gedeckt. Daß aus medizinischer Sicht die Begehung strafbarer Handlungen mit schweren Folgen auf Grund dieses Hanges nicht diagnostiziert werden konnte (S. 235 f. d. A.), spricht im Ergebnis nicht dagegen, da eine solche Entwicklung nach dem Gutachten des Sachverständigen keineswegs ausgeschlossen wird (S. 235 und 239 unten d.A.) und der Sachverständige selbst auf die enge Begrenzung der Beantwortungsmöglichkeit dieser Frage aus medizinischer Sicht hingewiesen hat (S. 236 unten d.A.). Die in der Berufung zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes betrifft einen grundsätzlich anders gelagerten Fall und ist demgemäß vorliegend nicht verwertbar.

Auch die längere Dauer des Freiheitsentzuges spricht nicht gegen die verfügte Einweisung (Mayerhofer-Rieder StGB.2 Nr. 33 a, 34 und 35 zu § 23).

Es war daher auch der Berufung ein Erfolg zur Gänze zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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