OGH 13Os111/81

OGH13Os111/8121.8.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.August 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, Dr. Schneider, Dr. Reisenleitner und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Larcher als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian A wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB. und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts Korneuburg als Jugendschöffengerichts vom 12. Mai 1981, GZ. 11 c Vr 242/80-22, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Gehart, und der Ausführungen des Verteidigers Dr. Heide Strauss zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB.

und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Marchegg verwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 29.Juli 1962 geborene, sohin zu den nachstehend angeführten Tatzeiten noch jugendliche Stahlbauschlossergeselle Christian A der Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB. und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB.

schuldig erkannt, weil er 1. am 28.April 1979 bei Zwerndorf auf der Bundesstraße Nr. 49 als Lenker eines Personenkraftwagens (der Marke 'BMW 2002') infolge unachtsamen Befahrens einer Kurve mit der Kurvengrenzgeschwindigkeit (von etwa 86 km/h) bei mangelnder Fahrpraxis und ohne im Besitz eines Führerscheins zu sein, von der Straße abkam, mit dem Fahrzeug gegen einen Baum prallte und solcherart aus schwerem Verschulden fahrlässig eine leichte Verletzung des Mitfahrers Hans B, nämlich eine Schädelprellung und Hautabschürfungen, herbeiführte und 2. am 27.April 1980 in Mannersdorf an der March vorsätzlich eine fremde Sache, und zwar die Antenne am Kraftwagen des Kurt C, durch Festhalten mit der Hand und Abknicken beschädigte, wobei der von ihm herbeigeführte Schade etwa 1.400 S betrug.

Von der weiteren, die Zuständigkeit des Gerichtshofs erster Instanz begründenden Anklage in Richtung des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 1 StGB. und von der Anklage des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB. wurde Christian A gemäß § 259 Z. 3 StPO. rechtskräftig freigesprochen.

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Christian A mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 4, 5 sowie 9 lit a und b StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch mit Berufung. Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt teilweise, und zwar insoweit, als sie sich gegen Punkt 1 des Schuldspruchs richtet, Berechtigung zu:

Mit Recht verweist der Beschwerdeführer in seiner Mängelrüge darauf, daß die Urteilsannahme, Hans B habe bei dem Verkehrsunfall eine leichte Körperverletzung in Form einer Schädelprellung und von Hautabschürfungen erlitten, einer ausreichenden Feststellungsgrundlage entbehre. In diesem Zusammenhang macht er auch zutreffend geltend, daß das Ersturteil u.a. eine Auseinandersetzung mit den Bekundungen des Vorgenannten, der (in den Hauptverhandlungen) eine eigene Verletzung gar nicht behauptet habe, vermissen lasse.

In der Verkehrsunfallsanzeige der Gendarmerie wird lediglich erwähnt, daß Hans B nach seinen eigenen Angaben eine Gehirnerschütterung und leichte Hautabschürfungen erlitten haben soll und nach Einlieferung in das Lorenz Bähler-Krankenhaus in Wien noch am selben Tag gegen Revers wieder entlassen wurde (S. 5). Hingegen erklärte Hans B anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der Gendarmerie am 28.April 1979 gegen 22,00 Uhr (also etwa sechs Stunden nach dem Unfall), daß im Lorenz Bähler-Krankenhaus bei ihm keine Verletzung festgestellt und er (sogleich) gegen Revers nach Hause entlassen worden sei (S. 39). Vor dem Bezirksgericht Marchegg verantwortete sich Hans B in dem zunächst gegen ihn geführten und mit rechtskräftigem Freispruch abgeschlossenen Strafverfahren wegen Vergehens nach § 88 Abs 1 und Abs 4 (erster Fall) StGB., AZ. U 76/79, in der Hauptverhandlung am 23. November 1979 als Beschuldigter dahin, sich bei diesem Verkehrsunfall den Kopf angeschlagen, ansonsten keine Verletzung davongetragen und sich auch nicht im Krankenstand befunden zu haben (S. 59). Im vorliegenden Strafverfahren gegen den Angeklagten Christian A bekräftigte Hans B als Zeuge in der Hauptverhandlung am 12. Mai 1981

seine ursprünglichen Angaben vor der Gendarmerie, nach seiner Erinnerung bei diesem Verkehrsunfall keine Verletzungen erlitten zu haben. Er halte es zwar für möglich, könne aber nicht konkret behaupten, daß er mit dem Kopf irgendwo angefallen sei, auch habe ihm (nach dem Unfall) 'nichts weh getan'; von erlittenen Hautabschürfungen wisse er nichts (S. 144/145), desgleichen auch nicht, ob er seinerzeit angegeben habe, bei diesem Unfall Hautabschürfungen und eine Gehirnerschütterung davongetragen zu haben (S. 146). Angesichts dieser einigermaßen bedenklichen Beweissituation beantragte übrigens der öffentliche Ankläger in der Hauptverhandlung die Beischaffung der den Zeugen B betreffenden Verletzungsanzeige des Lorenz Bähler-Krankenhauses zum Nachweis dafür, daß auch dieser Zeuge Verletzungen erlitten habe (S. 159), welchen Beweisantrag das Erstgericht in der Hauptverhandlung (ohne Begründung) abwies. Die Urteilsannahme, der auf dem Beifahrersitz befindliche Hans B habe bei dem Verkehrsunfall leichte Verletzungen, nämlich eine Schädelprellung und Hautabschürfungen, erlitten und weise als Folge des Schädeltraumas auch geringfügige Erinnerungslücken auf (S. 169), wird aber im Ersturteil nicht weiter begründet, obgleich vor allem die gegenteiligen Bekundungen des Zeugen B in den Hauptverhandlungen eine nähere Erörterung der bezüglichen Verfahrensergebnisse und eine eingehende Begründung der Feststellung der unfallsbedingten leichten Verletzungen dieses Zeugen im Ersturteil erfordert hätten.

Das Ersturteil ist demnach in seinem Ausspruch über diesen entscheidungswichtigen Umstand mit einem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Begründungsmangel (§ 281 Abs 1 Z. 5 StPO.) behaftet, der eine Aufhebung des unter Punkt 1 ergangenen Schuldspruchs wegen Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1

StGB. und demnach auch des Strafausspruchs erfordert, sodaß sich ein weiteres Eingehen auf das übrige, gegen diesen Schuldspruch gerichtete Beschwerdevorbringen erübrigt.

Rechtliche Beurteilung

In Ansehung des zu Punkt 2 ergangenen Schuldspruchs wegen Vergehens der Sachbeschädigung kommt der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Christian A keine Berechtigung zu:

Der vom Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt eines Begründungsmangels erhobene Einwand, den Urteilsgründen sei nicht zu entnehmen, woraus das Gericht auf ein vorsätzliches Abknicken der Autoantenne geschlossen habe, schlägt nicht durch. Das Erstgericht konnte die Feststellung des auf Sachbeschädigung gerichteten Vorsatzes des Beschwerdeführers nicht nur auf dessen Geständnis vor der Gendarmerie (S. 15 und 16 in ON. 10) und in der Hauptverhandlung (in welcher er sich in diesem Faktum ausdrücklich schuldig bekannte - S. 141) stützen; es konnte auch aus der (vom Angeklagten zugegebenen) Art der Tatausführung, wonach er die Autoantenne beim Vorübergehen mit der Hand (Faust) erfaßte und sodann abknickte (S. 141, 170, 172/173), denkrichtig und im Einklang mit den Lebenserfahrungen den Beschädigungsvorsatz ableiten. Soweit der Beschwerdeführer aber aus der von ihm behaupteten Alkoholisierung (vgl. S. 141) das Fehlen des Beschädigungsvorsatzes folgern will, bekämpft er nur die Beweiswürdigung des Schöffengerichts. Mit dem in seinen Berufungsausführungen vorgebrachten Einwand, es lägen die Voraussetzungen des § 42 StGB.

vor, macht der Beschwerdeführer inhaltlich punkto Sachbeschädigung den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO. geltend.

Es versagt aber auch diese Rüge.

Im Hinblick auf den nach den Urteilsfeststellungen durch die Sachbeschädigung herbeigeführten Schaden in der Höhe von rund 1.400 S (S. 170) fehlt es an der im § 42 Abs 1 Z. 2 StGB. geforderten Voraussetzung, daß die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen haben darf. Bei einem über etwa 500 S liegenden Schaden kann die Tatfolge nicht mehr als unbedeutend eingestuft werden (Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB.2, RN. 12 zu § 42 und die dort zitierte Judikatur).

Mit seiner - infolge Aufhebung des Strafausspruchs gegenstandslos gewordenen - Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Nach dem vom Kreisgericht Korneuburg gefällten Freispruch punkto § 288 StGB. erübrigen nur mehr strafbare Handlungen, die in die sachliche Zuständigkeit des Bezirksgerichts fallen. Der Oberste Gerichtshof hat sich, das Postulat der Verfahrensäkonomie im Auge behaltend, die herrschende Ansicht zunutze gemacht, daß die ausdehnende Auslegung strafprozessualer Normen, noch dazu, wenn sie dem Angeklagten nicht schadet, zulässig ist und hat die allein auf § 288 Abs 2 Z. 1 StPO. fußende teilweise Urteilsaufhebung mit dem Endstück der Z. 3

derselben Gesetzesstelle zwanglos verbunden, so zwar, daß die weitere Verfahrensführung dem Bezirksgericht Marchegg obliegt.

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