OGH 3Ob553/81

OGH3Ob553/816.8.1981

SZ 54/113

Normen

GmbHG §16 Abs3 Satz 2
GmbHG §42 Abs4
GmbHG §16 Abs3 Satz 2
GmbHG §42 Abs4

 

Spruch:

An der Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung nach § 42 Abs. 4 GmbHG hat sich durch die Neufassung des § 16 Abs. 3 Satz 2 GmbHG durch die GmbHG-Novelle 1980 nichts geändert

OGH 6. August 1981, 3 Ob 553/81 (OLG Wien 2 R 48/81; HG Wien 37 Cg 188/81)

Text

Der Erstkläger, die Zweitklägerin Marialena und Dr. Ved N sind Gesellschafter der beklagten Partei. Nach Punkt 6 des Gesellschaftsvertrages hat die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer; sind mehrere Geschäftsführer bestellt, vertreten je zwei von ihnen die Gesellschaft gemeinschaftlich. Der Erstkläger wurde längstens für die Dauer seines Gesellschaftsverhältnisses zum Geschäftsführer bestellt; seine Enthebung sollte nur aus wichtigen Gründen über Beschluß der Gesellschafter zulässig sein. In der Generalversammlung vom 13. Juli 1979 wurde Bharat N zum weiteren Geschäftsführer bestellt.

In der Generalversammlung am 16. Feber 1981 wurde der Erstkläger als Geschäftsführer mit der Begründung abberufen, er habe laufend gegen das Konkurrenzverbot verstoßen. Die beiden Kläger waren bei der Versammlung vertreten und gaben ihren Widerspruch gegen diesen Beschluß zu Protokoll.

Mit einer am 26. Feber 1981 eingebrachten Klage begehren die beiden Kläger einerseits die Nichtigerklärung dieses Beschlusses aus verschiedenen formellen und materiellen Gründen (§ 41 Abs. 1 Z. 1 und 2 GmbHG) und andererseits die Abberufung des Geschäftsführers Bharat N (§ 16 Abs. 2 GmbHG).

Gleichzeitig mit der Klage stellte der Erstkläger den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Form einer Aufschiebung der Ausführung des angefochtenen Beschlusses.

Die beklagte Partei beantragte, den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abzuweisen, wobei sie u. a. geltend machte, die Verfügung könne schon deshalb nicht mehr erlassen werden, weil der Beschluß der Generalversammlung schon im Handelsregister durchgeführt worden sei.

Das Erstgericht wies den Antrag ohne Prüfung des Anspruches und der Gefährdung mit der Begründung ab, daß die durch die GmbHG-Novelle 1980 geschaffene Bestimmung des § 16 Abs. 3 zweiter Satz GmbHG als lex specialis der Regelung des § 42 Abs. 4 GmbHG vorgehe. Weil danach der Widerruf der Bestellung eines Gesellschafter-Geschäftsführers wirksam sei, solange nicht über seine Unwirksamkeit rechtskräftig entschieden sei, könne nach Durchführung des bekämpften Beschlusses der Generalversammlung im Handelsregister keine einstweilige Verfügung mehr erlassen werden, sondern die in § 16 Abs. 3 GmbHG normierte Wirksamkeit könne nur durch ein rechtskräftiges Urteil beseitigt werden.

Das Rekursgericht hob die Entscheidung des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es vertrat im Gegensatz zum Erstgericht die Auffassung, daß durch die GMbHG-Novelle 1980 die Möglichkeit der Aufschiebung der Ausführung eines Generalversammlungsbeschlusses auf Widerruf der Bestellung eines Geschäftsführers durch einstweilige Verfügung nicht ausgeschlossen werden sollte. Es müßten daher vom Erstgericht die sonstigen Voraussetzungen einer einstweiligen Verfügung geprüft werden.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Ansicht der beklagten Partei, daß aus der Abberufung eines Geschäftsführers der Gesellschaft nie ein unwiederbringlicher Nachteil im Sinne des § 42 Abs. 4 GmbHG entstehen könne, ist nicht zutreffend. Die Qualitäten eines bestimmten Geschäftsführers können vielmehr von solcher Art sein, daß durch die Beendigung seiner Tätigkeit für die Gesellschaft ein Umsatzrückgang oder eine Beeinträchtigung des Unternehmerrufes zu befürchten sind.

Die Bestimmung des § 16 Abs. 3 Satz 2 GmbHG steht der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht entgegen. Wie den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur GmbHG-Novelle 1980 zu entnehmen ist (5 Blg NR, XV. GP, 6), sollte durch den neuen zweiten Satz in § 16 Abs. 3 GmbHG dem Gericht nur eindeutig zur Pflicht gemacht werden, nicht nur die Erfüllung der formellen Voraussetzungen für eine gültige Beschlußfassung der Generalversammlung zu prüfen, sondern auch darüber zu entscheiden, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers tatsächlich vorliegt. Darauf hinzuweisen ist, daß auch nach der Rechtsprechung zur früheren Gesetzeslage von der sofortigen Wirksamkeit der Abberufung eines Geschäftsführers ausgegangen wurde, welche erst durch den Eintritt der Rechtskraft eines der Nichtigkeitsklage stattgebenden Urteils beseitigt werde (GesRZ 1976, 27; GesRZ 1980, 92 u. a.). Vor allem spricht der Umstand, daß in § 16 Abs. 3 Satz 2 GmbHG ausdrücklich die Anwendung des § 42 GmbHG ohne jede Einschränkung angeführt ist, gegen die von der beklagten Partei und vom Erstgericht vertretene Ansicht. Ohne Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 42 Abs. 4 GmbHG wird also der Widerruf der Bestellung eines Gesellschafter-Geschäftsführers sofort wirksam (Inhalt der Regelung des § 16 Abs. 3 Satz 2), im Falle der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 42 Abs. 4 GmbHG wird jedoch die Ausführung des angefochtenen Beschlusses aufgeschoben.

Die beklagte Partei führt in ihrem Rekurs weiters aus, daß der Antrag des Erstklägers nicht mit der Bestimmung des in § 42 Abs. 4 GmbHG erwähnten § 384 EO in Einklang gebracht werden könne, weil keine bestimmten von der beklagten Partei vorzunehmende oder zu unterlassende Handlungen angeführt würden. Zutreffend hat aber das Gericht zweiter Instanz erkannt, daß der Antrag des Erstklägers hinreichend deutlich und bestimmt ist. Der Inhalt einer einstweiligen Verfügung nach § 42 Abs. 4 GmbHG ist in dieser Sonderbestimmung damit umschrieben, daß die Ausführung des angefochtenen Beschlusses aufgeschoben wird. Die Anführung konkreter Ausführungshandlungen ist im Gesetz nicht vorgeschrieben. Der in § 42 Abs. 4 GmbHG normierte Hinweis auf § 384 EO bedeutet in diesem Zusammenhang nur, daß behufs der Durchführung der gerichtlichen Verfügung die Vorschriften der §§ 353 bis 358 EO entsprechend Anwendung zu finden haben, womit auch die von der Rekurswerberin vermißte Regelung der Vollstreckbarkeit einer einstweiligen Verfügung nach § 42 Abs. 4 GmbHG gegeben ist.

Unrichtig ist schließlich auch der Standpunkt der beklagten Partei, die einzige nach § 42 Abs. 4 GmbHG in Betracht kommende Handlung, die in Ausführung des angefochtenen Generalversammlungsbeschlusses ergehen könne, sei die Bekanntmachung des Erlöschens der Vertretungsbefugnis des Erstklägers im Handelsregister; da der angefochtene Beschluß im Handelsregister schon durchgeführt sei, könne die einstweilige Verfügung schon aus diesem Grund nicht mehr erlassen werden.

Ohne Erlassung einer einstweiligen Verfügung würden nach dem oben Gesagten dem verbleibenden Geschäftsführer Bharat N in Ausführung des Generalversammlungsbeschlusses vom 16. Feber 1981 alle Geschäftsführerpflichten allein obliegen. Im Falle der Aufschiebung der Ausführung des angefochtenen Beschlusses würde die Geschäftsführungsbefugnis des Erstklägers wieder aufleben und es würden daher Bestimmungen wie §§ 18, 20, 21 GmbHG u. a. wieder Bedeutung erlangen. Gemäß § 17 GmbHG wäre diese Änderung der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer der beklagten Partei trotz der schon erfolgten Durchführung des jetzt angefochtenen Generalversammlungsbeschlusses im Handelsregister nach Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung wieder zum Handelsregister anzumelden (vgl. dazu Gellis, Komm., 151, der die Anmerkung der einstweiligen Verfügung im Handelsregister gerade auch für den Fall der Abberufung eines Geschäftsführers erwähnt, oder Hachenburg, Großkomm., Anm. 187 zu § 47 Anh. GmbHG, der die Zurücknahme der schon erfolgten Anmeldung eines angefochtenen Beschlusses anführt). Die Wirksamkeit einer Änderung in der Geschäftsführung ist nach ständiger Rechtsprechung von der Eintragung im Handelsregister unabhängig (EvBl. 1975/106; EvBl. 1979/202), sodaß trotz der schon erfolgten Eintragung im Handelsregister die Aufschiebung der Ausführung des Beschlusses der Generalversammlung auf Abberufung des Erstklägers als Geschäftsführer ohne weiteres möglich ist.

Stichworte