OGH 13Os75/81

OGH13Os75/819.7.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juli 1981 unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Walenta, Dr. Schneider, Dr. Friedrich und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mischer als Schriftführers in der Strafsache gegen Werner A und Robert B wegen des Verbrechens des Menschenhandels nach § 217 Abs 1 StGB. über die vom Angeklagten B gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengerichts vom 2.April 1981, GZ. 6 Vr 3636/80-28, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schlick und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Knob, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten Robert B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7.Jänner 1949 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Geschäftsführer Robert B des Verbrechens des Menschenhandels nach dem § 217 Abs 1 StGB. schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, weil er Anfang Dezember 1980 in Graz im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken mit dem gleichzeitig abgeurteilten Werner A die Prostitutierte Ursula C, die sich zuvor ständig in Graz aufgehalten und dort zuletzt die (geheime) Prostitution ausgeübt hatte, an ein Bordell in der Bundesrepublik Deutschland vermittelte. Nach den (kurz zusammengefaßt wiedergegebenen) Urteilsfeststellungen äußerte Ursula C gegenüber Werner A selbst den Wunsch, (in ihrem Gewerbe) im Ausland arbeiten zu wollen, worauf sich A an den Angeklagten Robert B wandte, der Kontakte zu Bordellkreisen in der Bundesrepublik Deutschland hat. In weiterer Folge trafen Ursula C, Werner A und Robert B in einem Kaffeehaus in Graz zusammen, wo Robert B der Ursula C einen Zettel mit einer Kontaktanschrift in Hamburg übergab und erklärte, Ursula C würde von den Kontaktpersonen in einem Bordell untergebracht werden. Er begleitete (gemeinsam mit Werner A) Ursula C am 2.Dezember 1980

auch noch zur Abfahrt dahin auf den Bahnhof und instruierte sie, wie sie sich verhalten solle, um von den Kontaktpersonen in Hamburg erkannt werden zu können. Bei ihrer Ankunft in Hamburg wurde Ursula C von diesen Kontaktpersonen bereits erwartet und sodann direkt nach Kiel in das Bordell 'Pif-Paf-Puf' gebracht, wo sie schließlich der gewerbsmäßigen Unzucht nachging.

Rechtliche Beurteilung

Seinen auf Grund dieser Feststellungen ergangenen, eingangs erwähnten Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Robert B mit einer auf die Gründe der Z. 5 und 9

lit a des § 281 Abs 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung nicht zukommt:

In Ausführung des erstgenannten Nichtigkeitsgrunds wendet er sich dagegen, daß das Schöffengericht im Zug der Urteilsbegründung auch der Annahme Ausdruck verlieh, er habe bei seiner Vermittlungstätigkeit 'in Gewinnstreben' gehandelt. Hierauf braucht jedoch schon deshalb nicht eingegangen zu werden, weil es zur Verwirklichung des (nicht gewerbsmäßig verübten) ersten Deliktsfalls des § 217 (Abs 1) StGB. gar nicht erforderlich ist, daß das Zuführen (oder Anwerben) zur gewerbsmäßigen Unzucht in einem anderen Staat um eines Vermögensvorteils des Täters willen erfolgt (Pallin in Wiener Kommentar, RZ 5 zu § 217), weswegen die gerügte Feststellung keine entscheidungswesentliche Tatsache betrifft. Es geht aber auch die Rechtsrüge fehlt, mit welcher der Beschwerdeführer unter Anrufung des Nichtigkeitsgrunds des § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. vermeint, daß die bezüglichen Urteilsfeststellungen - zumal Ursula C der gewerbsmäßigen Unzucht im Ausland aus eigenem Wunsch nachgehen wollte - nicht ausreichen, um das Tatbestandsmerkmal des 'Zuführens', das über eine bloße Verleitung oder Hilfeleistung hinausgehe, zu tragen. Zwar trifft es zu, daß 'Zuführen' im Sinne des § 217 Abs 1 StGB. eine Einflußnahme auf das Opfer mit Rat und Tat erfordert;

gerade eine solche ist aber im vorliegenden Fall der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht zuwider auch erfolgt; hat er doch Ursula C (im Zusammenwirken als Mittäter mit Werner A) durch Herstellung von Verbindungen in der Richtung der Prostitutionsausübung durch Erteilung entsprechender Instruktionen und durch Zusammenführung mit einschlägigen Kontaktpersonen in der Bundesrepublik Deutschland (die letztlich für eine Unterbringung in einem Bordell Sorge trugen) nicht nur beraten, sondern auch faktisch unterstützt und solcherart sehr wohl in der Bedeutung des § 217 Abs 1 StGB. der gewerbsmäßigen Unzucht in einem anderen Staat zugeführt (Pallin, a.a.O.; Leukauf-Steininger2, RN. 5 zu § 217). Der Umstand, daß es auch der eigene Wunsch der Prostituierten war, ihrem Gewerbe im Ausland nachzugehen, vermag hieran nichts zu ändern, da die Tathandlung nach dem ersten Absatz des § 217 StGB. eine zwar beeinflußte, aber letzten Endes freiwillige Bereitschaft der betreffenden Person - die nach den Eingangsworten dieser Gesetzesstelle auch bereits vorher der gewerbsmäßigen Unzucht ergeben sein kann - zur Prostitutionsausübung in einem anderen Land voraussetzt (Pallin, a.a.O.).

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten B nach dem ersten Strafsatz des § 217 Abs 1 StGB.

eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung das 'kriminell vorbelastete Vorleben' als erschwerend, hingegen das Geständnis und das Einverständnis der Betroffenen als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der genannte Angeklagte die Gewährung der außerordentlichen Strafmilderung und der bedingten Strafnachsicht sowie die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle der Freiheitsstrafe an.

Der Berufung kommt in keinem Punkt Berechtigung zu:

Im vorliegenden Fall wäre Voraussetzung für die Gewährung der außerordentlichen Strafmilderung (§ 41 Abs 1 StGB.) und der bedingten Strafnachsicht (§ 43 Abs 1 StGB.) sowie der Verhängung einer Geldstrafe an Stelle einer Freiheitsstrafe (§ 37 Abs 1 StGB.) u.a. die begründete Aussicht bzw. Annahme, daß der Täter auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden bzw. bedingt aufgeschobenen Freiheitsstrafe bzw. einer Geldstrafe von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten wäre. Unter Berücksichtigung der insgesamt zehn, vorwiegend wegen Eigentums- und Körperverletzungsdelikten erfolgten Vorverurteilungen, die zwar - im Gegensatz zur Meinung des Erstgerichts (S. 173) und des Berufungswerbers (S. 197) - nicht als Erschwerungsumstand ins Gewicht fallen, weil keine einzige auf gleicher schädlicher Neigung beruht (§§ 33 Z. 2, 71 StGB.), kann die von den §§ 37 Abs 1, 41 Abs 1 und 43 Abs 1

StGB. verlangte Wohlverhaltensprognose nicht erstellt werden. Schon aus diesem, also spezialpräventivem Grund verbietet sich sowohl die Herabsetzung der - mit dem gesetzlichen Mindestmaß bestimmten - Freiheitsstrafe als auch deren bedingte Nachsicht und die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle der Freiheitsstrafe.

Zu bemerken ist, daß - worauf der Berufungswerber richtig hinweist - die vom Erstgericht ins Treffen geführten generalpräventiven Erwägungen, die darin bestehen sollen, daß Robert B ein gewerbsmäßiger Zuhälter mit entsprechendem Einkommen ist, nach Lage des vorliegenden Falles nicht gegen die Anwendung des § 37 Abs 1 StGB.

gesprochen hätten.

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