OGH 7Ob523/81

OGH7Ob523/8121.5.1981

SZ 54/84

Normen

ABGB §1215
ABGB §1215

 

Spruch:

Eine Zweimanngesellschaft bürgerlichen Rechtes erlischt mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters. Die Eigentumsgemeinschaft dauert bis zur Real- oder Naturalteilung fort. Wenn aber die Gesellschafter vereinbaren, daß der verbleibende Gesellschafter den Anteil des Ausgeschiedenen übernimmt, so hat letzterer nur einen Anspruch auf Auszahlung des Wertes seines Gesellschaftsanteiles

OGH 21. Mai 1981, 7 Ob 523/81 (OLG Graz 1 R 159/80; LGZ Graz 10 Cg 43/79)

Text

Die Streitteile betrieben in den Jahren 1974 bis 1975 ein Friseurgeschäft in Graz. Sie pachteten von den bisherigen Betriebsinhabern Otto und Hildegard F mit Pachtvertrag vom 13. September 1974 das Geschäftslokal samt Einrichtung.

Mit seiner beim Erstgericht am 8. Feber 1979 eingebrachten Klage begehrt der Kläger die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft der Streitteile an den in den Punkten 1 bis 27 der Klagsschrift angeführten Inventargegenständen des vorgenannten Friseurgeschäftes durch Naturalteilung, allenfalls durch gerichtliche Feilbietung. Die zwischen den Streitteilen vereinbarte Gesellschaft bürgerlichen Rechtes sei mit Ende des Jahres 1975 einvernehmlich zur Auflösung gebracht worden. Da die Geschäftsanteile der Streitteile je 50% betragen hätten, sei auch das Geschäftsvermögen in diesem Verhältnis zu teilen.

Die Beklagte beantragt Klagsabweisung und behauptet, sie sei Alleineigentümerin der Anlagegüter des Geschäftes, die mit den von ihr zur Verfügung gestellten Geldmitteln angeschafft worden seien. Nur der Gewinn und der Verlust des Unternehmens sollten zwischen ihr und dem Kläger im Verhältnis 1 : 1 geteilt werden. Im Zeitpunkte der Geschäftseröffnung habe der Kläger keine Geldmittel besessen. Er habe auch seinen 50%igen Gewinnanteil übersteigende Beträge dem Geschäfte entnommen und daher zur Vermögensbildung nichts beigetragen. Bei seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft habe der Kläger der Beklagten das Geschäft überlassen und habe daher keinen Anspruch auf Liquidation des Unternehmens und Teilung des Gesellschaftsvermögens, selbst wenn er an diesem beteiligt gewesen sein sollte. Das Teilungsbegehren werde außerdem zur Unzeit und zum Nachteil der Beklagten erhoben. Eine Versteigerung der in der Klage angeführten Inventargegenstände würde nämlich der Klägerin eine Weiterführung des Friseurgeschäftes unmöglich machen oder unverhältnismäßig erschweren. Der Klagsanspruch sei schließlich auch verjährt.

Das Erstgericht hob die Eigentumsgemeinschaft der Streitteile an den Inventargegenständen der Gesellschaft (des Klägers zu einem Viertel und der Beklagten zu drei Vierteln) teils durch Naturalteilung, teils durch gerichtliche Feilbietung auf und wies das Mehrbegehren, die Teilung entsprechend einem gleichteiligen Miteigentumsverhältnis anzuordnen, ab.

Nach seinen Feststellungen beschlossen die Streitteile im Sommer 1974, den frei gewordenen Frisiersalon gemeinsam zu betreiben. Die im Geschäftslokal vorhandenen, den Verpächtern gehörigen, zum größten Teil unbrauchbaren Inventargegenstände entfernten die Streitteile. Sie vereinbarten, daß sie zu 50% am Gewinn beteiligt sein sollten. Eine Vereinbarung über ihre Beteiligung an der zum Betriebsvermögen gehörigen Geschäftseinrichtung kam nicht zustande. Vor Übernahme durch die Streitteile war das Geschäftslokal renovierungsbedürftig. Es mußten die Böden, die Installationen und die Heizung erneuert sowie das Mauerwerk ausgebessert werden. Die Renovierungsarbeiten wurden vom Vater und von Bekannten des Klägers vorgenommen, die zum Teil unentgeltlich arbeiteten und zum Teil entlohnt wurden. Der Kläger selbst beteiligte sich nur in geringem Umfange an den Renovierungsarbeiten. Die Höhe der reinen Arbeitskosten ist nicht mehr feststellbar. Die Beklagte brachte 115 000 S in das Geschäft ein, der Kläger stellte 35 000 S zur Verfügung. Mit seinen Barmitteln entlohnte der Kläger die Handwerker und sonstige an den Renovierungsarbeiten beteiligte Personen. Zu einem geringen Teil verwendete er seine Geldmittel zur Anschaffung der Geschäftseinrichtung. Die von der Beklagten eingebrachten Geldbeträge wurden für den Umbau des Geschäftslokales, die Zahlung der Ablöse an die Ehegatten Otto und Hildegard F und zur Anschaffung von Einrichtungsgegenständen für den Frisiersalon verwendet, die zum Teil auf Raten gekauft wurden. Die Anmeldung des Gewerbes auf den Namen des Klägers erfolgte während einer urlaubsbedingten Abwesenheit der Beklagten. Auch dem Finanzamt gegenüber wurde der Frisiersalon als vom Kläger geführtes Einzelunternehmen gemeldet, während die Beklagte als Dienstnehmerin aufschien. Die größeren Anschaffungen für das Geschäft erfolgten im Einvernehmen der Streitteile. Die Beklagte war als Betriebsleiterin des Friseurgeschäftes tätig und führte die Kassa, der Kläger war hingegen mit den eigentlichen Friseurarbeiten befaßt. Von den Betriebsangehörigen (zuletzt sieben Personen) erzielte er den weitaus größten Umsatz. Im Oktober 1975 ließ die Beklagte durch den Rechtsanwalt Dr. Egon J einen Vertragsentwurf über die Errichtung einer Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes zwischen den Streitteilen verfassen. Dieser sah eine Beteiligung der beiden Streitteile am Kapital der Gesellschaft im Verhältnis 40 : 60% zugunsten der Beklagten und am Gewinn und Verlust je zur Hälfte vor. Bei einer Besprechung bei Dr. Egon J erklärte sich der Kläger mit der vorgesehenen Kapitalaufteilung von 60 : 40% zugunsten der Beklagten nicht einverstanden und wünschte eine solche von 50 : 50%. Darauf ging jedoch die Beklagte nicht ein. Wegen dieser Differenzen bei der Vertragsverfassung kam es zwischen den ursprünglich miteinander befreundeten Streitteilen zu Unstimmigkeiten. Ende 1975 erklärte der Kläger der Beklagten, daß entweder sie das Geschäft allein weiterführen soll oder er. Hierauf erwiderte die Beklagte:

"Wenn du glaubst, daß jemand gehen soll, dann wirst es wohl du sein." Darauf beendete der Kläger am 31. Dezember 1975 seine Tätigkeit im Friseursalon. Seit 1. Jänner 1976 wird dieser von der Beklagten allein weitergeführt.

Nach Ansicht des Erstgerichtes verwandle sich eine Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes im Falle ihrer Auflösung in eine einfache Eigentumsgemeinschaft im Sinne der §§ 825 ff. ABGB, die Aufteilung des Gesellschaftsvermögens habe im Verhältnis der Anteile der Gesellschafter an diesem zu erfolgen. Im vorliegenden Falle sei eine Vereinbarung der Streitteile über ihre Anteile am Gesellschaftsvermögen nicht erfolgt. Maßgebend sei daher die Höhe der Einlagen der Streitteile, die hier im Verhältnis von 75% (Beklagte) zu 25% (Kläger) geleistet worden seien. Die Einrichtung des Friseursalons stehe daher zu drei Vierteln im Miteigentum der Beklagten und zu einem Viertel im Miteigentum des Klägers. Die von der Beklagten behaupteten Teilungshindernisse (Unzeit und Nachteil für die übrigen Teilhaber) seien nicht gegeben. Die Geschäftseinrichtung des Friseursalons sei daher im Verhältnis von 3 : 1 zugunsten der Beklagten zu teilen.

Das Berufungsgericht wies das Teilungsbegehren zur Gänze ab und sprach aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Streitgegenstandes 2000 S übersteigt. Es war der Ansicht, daß eine Auflösung der Gesellschaft bürgerlichen Rechtes nicht erfolgt sei. Der Kläger habe nämlich der Beklagten nach dem Auftreten von Unstimmigkeiten bei einer Unterredung angeboten, daß entweder sie oder er das Geschäft weiterführen sollten. Als hierauf die Beklagte erwidert habe: "Wenn du glaubst, daß jemand gehen soll, dann wirst es wohl du sein", sei der Kläger im Geschäft nicht mehr erschienen und habe auch keine Ansprüche gestellt. Die vom Kläger abgegebenen Erklärungen und sein lang andauerndes passives Verhalten (die Klagserhebung erfolgte erst am 8. Feber 1979) könnten nur so verstanden werden, daß der Kläger die Gesellschaft der Beklagten überlassen wollte und mit der Weiterführung des Geschäftes durch sie einverstanden gewesen sei. Der Kläger sei daher aus der Gesellschaft ausgeschieden, wodurch sein Anteil am Gesellschaftsvermögen auf die Beklagte übergegangen und die Zweimanngesellschaft erloschen sei. Dem Kläger stehe somit ein Teilungsanspruch nicht zu. Ob er im Zusammenhang mit seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft gegen die Beklagte eine Geldforderung erheben könnte, sei im Hinblick auf das von ihm erhobene Teilungsbegehren nicht zu prüfen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Dem Revisionswerber ist darin beizupflichten, daß eine Zweimanngesellschaft bürgerlichen Rechtes mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters erlischt (Wahle in Klang[2] V, 654). Dies führt jedoch nur mangels einer gegenteiligen Vereinbarung der Gesellschafter ohne Abwicklung zur Vollbeendigung des Gesellschaftsverhältnisses im Sinne des § 1215 ABGB. Nur in diesem Falle wird die bürgerliche Erwerbsgesellschaft mit ihrer Auflösung zu einer Miteigentumsgemeinschaft im Sinne des 16. Hauptstückes des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, weil durch den contrarius dissensus die Gesellschaft zwar beendet wird, die Eigentumsgemeinschaft aber fortdauert, bis auch sie durch Real- oder Naturalteilung ihr Ende findet (Wahle in Klang[2] V, 673 f.; SZ 26/145; SZ 28/120; SZ 36/100). Nach der im Schuldrecht geltenden Vertragsfreiheit können die Gesellschafter der Zweimanngesellschaft ihr Gesellschaftsverhältnis nach ihrem Willen regeln. Sie können daher auch im Sinne des im § 142 HGB verankerten Grundgedankens vereinbaren, daß der verbleibende Gesellschafter den Gesellschaftsanteil des ausscheidenden Gesellschafters übernimmt. Auch in diesem Falle erlischt zwar die Zweimanngesellschaft, jedoch geht mit dem Ausscheiden des einen Gesellschafters das Gesellschaftsvermögen zur Gänze auf den anderen über (Wahle in Klang[2] V, 654; vgl. auch Canter, "Das Recht auf Übernahme des Geschäfts der bürgerlich-rechtlichen Zweimanngesellschaft", NJW 1965 1553 ff., insbesondere 1557 f.). Liegt eine solche Vereinbarung der Gesellschafter vor, so hat der ausscheidende Gesellschafter nur einen Anspruch auf Auszahlung des Wertes seines Gesellschaftsanteiles (Wahle in Klang[2] V, 652).

Hier erklärte der Revisionswerber der Beklagten Ende 1975 nach dem Auftreten von Unstimmigkeiten, daß entweder sie oder er das Geschäft weiterführen solle. Diese als Anbot aufzufassende Erklärung des Revisionswerbers konnte die Beklagte nach Treu und Glauben nur so verstehen (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 404; RZ 1966, 148; MietSlg. 22 073, 23 080, 25 079 u. a.), daß einer der beiden Streitteile aus der Zweimanngesellschaft ausscheiden und der andere Gesellschafter unter Übernahme seines Geschäftsanteiles das Friseurgeschäft weiterführen soll. Die Äußerung der Beklagten: "Wenn jemand gehen soll, dann wirst es wohl du sein", enthält deren Gegenanbot, daß sie mit der Übernahme des Geschäftsanteiles des Revisionswerbers und der alleinigen Weiterführung des Friseurgeschäftes durch sie einverstanden sei. Der Revisionswerber stimmte diesem Vorschlag der Beklagten wohl nicht ausdrücklich zu, beendete aber mit 31. Dezember 1975 seine Tätigkeit in dem bisher von beiden Streitteilen geführten Friseurgeschäft, das in der Folge von der Beklagten allein weitergeführt wurde. Dieses konkludente Verhalten mußte aber die Beklagte dahin verstehen, daß der Revisionswerber mit der Übernahme seines Gesellschaftsanteiles und der Fortführung des Friseurgeschäftes durch sie einverstanden ist. Die Streitteile haben somit konkludent eine Vereinbarung getroffen, nach der der Revisionswerber aus der Zweimanngesellschaft ausschied und der Beklagten seinen Gesellschaftsanteil und das Friseurgeschäft zur Weiterführung überließ. Auf Grund dieser Vereinbarung steht dem Revisionswerber gegen die Beklagte, die ihrerseits mit dessen Ausscheiden aus der bürgerlichen Erwerbsgesellschaft zur Gänze Eigentümerin des Gesellschaftsvermögens wurde, nur ein Abfertigungsanspruch zu. Das vom Revisionswerber erhobene Teilungsbegehren ist daher schon dem Gründe nach nicht berechtigt. Welches Beteiligungsverhältnis der Streitteile am Gesellschaftsvermögen während der Zweimanngesellschaft bestanden hat, ist daher ohne Belang.

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