Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf drei Jahre erhöht.
Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 23.August 1944 geborene, zuletzt beschäftigungslose Herbert A - von unbekämpft gebliebenen (Teil-)Freisprüchen abgesehen - (zu I) des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1
StGB., (zu II) des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt
nach dem § 269 Abs 1 StGB., (zu III) des Vergehens der Nötigung
nach dem § 105 (Abs 1) StGB., (zu IV) des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs 1 und 3 (§ 81 Z. 1) StGB., (zu V) des Vergehens der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach dem § 89 (§ 81 Z. 1) StGB., (zu VI) des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den §§ 125, 126 Abs 1 Z. 7 StGB. und (zu VII) des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs 1 und 3 (erster Fall) StGB. schuldig erkannt, weil er unter anderem am 6.Februar 1980
(zu II) in Altenmarkt im Pongau dadurch, daß er mit dem (von ihm unbefugt in Gebrauch genommenen) Personenkraftwagen (des Eduard B) anfuhr, als der Gendarmeriebeamte Bezirksinspektor Werner C, um ihn anzuhalten, die Hand an den Türgriff des Personenkraftwagens gelegt hatte, den Beamten mit Gewalt an dieser Amtshandlung hinderte, (zu III) nachstehende Personen durch Losfahren gegen sie mit dem vorgenannten Personenkraftwagen zur Freigabe der Fahrbahn zwecks Fortsetzung seiner Flucht nötigte, und zwar 1. in Altenmarkt im Pongau Alois D und 2. in Wagrain Josef E, (zu IV) durch die zu Punkt III 1 angeführte Tathandlung Alois D fahrlässig am Körper verletzte (Prellung der linken Hand), wobei die Tat unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen wurde, (zu V) durch die zu Punkt III 2 angeführte Tathandlung sowie in Altenmarkt im Pongau durch rücksichtsloses Vorbeifahren an Margarethe F unter besonders gefährlichen Verhältnissen fahrlässig eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeiführte und (zu VI) in Altenmarkt im Pongau dadurch fremde Sachen beschädigte, daß er mit dem mehrfach genannten Personenkraftwagen rücksichtslos gegen die Personenkraftwagen des Walter G und des Ing. Johann H fuhr, wodurch er an den Fahrzeugen einen Schaden von mindestens 21.732,53 S herbeiführte.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil im Schuldspruch, ausgenommen dessen Punkte I, III und VII (§§ 127 ff., 105 und 136 StGB.), mit einer auf die Z. 10 (sachlich auch 9 lit a) des § 281 Abs 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
In bezug auf das Faktum II negiert der Beschwerdeführer ein nach dem § 269 Abs 1 StGB. tatbestandsmäßiges Verhalten mit der - im übrigen (seinem Vorbringen zuwider) durch die Zeugenaussage des zweiten gegen ihn eingeschrittenen Gendarmeriebeamten Inspektor Erich I (S. 35/II) keineswegs gedeckten - Behauptung, er habe das Fahrzeug bereits in Bewegung gesetzt, bevor Bezirksinspektor Werner C den Türgriff erfassen konnte, und sich sohin zwar der Anhaltung entzogen, diese aber nicht mit (vorsätzlich angewendeter) Gewalt verhindert. Damit vergleicht er aber nicht, wie dies zur gesetzmäßigen Darstellung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrunds erforderlich wäre, den im Urteil festgestellten Sachverhalt mit dem darauf angewendeten Gesetz. Denn das Erstgericht hat - überdies mit mängelfreier, auf die in der Nichtigkeitsbeschwerde ins Treffen geführten Begleitumstände eingehender Begründung -
als erwiesen angenommen, daß der Angeklagte den Versuch des Bezirksinspektors C, durch Betätigen des Türgriffs die Seitentür des Personenkraftwagens zu öffnen, wahrnahm und daraufhin mit dem Vorsatz, seine Anhaltung dadurch zu verhindern, das Fahrzeug in Bewegung setzte, sodaß der Beamte, um nicht zu stürzen (oder gar mitgeschleift zu werden), den bereits von ihm festgehaltenen Türgriff loslassen mußte, worauf der Angeklagte davonfuhr (S. 56, 63/II). Ein solches Verhalten ist, worauf der Vollständigkeit halber noch hingewiesen werden kann, rechtlich als (die betreffende Amtshandlung tätergewollt hindernde) Anwendung von Gewalt im Sinn des § 269 Abs 1 StGB. zu beurteilen (vgl. RZ 1979/65). In Ansehung des Schuldspruchsfaktums IV (§ 88 Abs 1 und 3 /§ 81 Z. 1 / StGB.) wendet sich der Angeklagte zunächst gegen die Urteilskonstatierung, daß durch sein Deliktsverhalten Alois D eine Prellung der linken Hand erlitt, mit dem Einwand, diese Verletzung sei zwar von dem genannten Zeugen behauptet, aber durch keine (sonstigen) Beweise objektiviert worden. Abgesehen davon, daß - was der Beschwerdeführer übersieht - der die Einvernahme des Alois D am Abend des 6.Februar 1980 durchführende Gendarmeriebeamte eine Blauverfärbung und Schwellung von dessen linker Hand im Bereich des Daumenballens wahrnahm und in der Anzeige vermerkte (S. 77/I), läuft das bezügliche Beschwerdevorbringen auf einen unzulässigen und daher unbeachtlichen - keinen Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung bringenden - Angriff gegen die Würdigung des betreffenden Zeugenbeweises durch das Schöffengericht hinaus. Die vom Beschwerdeführer weiters aus der (wie er mangels gegenteiliger Konstatierungen unterstellen möchte) drei Tage nicht übersteigenden Dauer einer Gesundheitsstörung oder Berufsunfähigkeit bei Alois D reklamierte Straflosigkeit nach dem § 88 Abs 2 Z. 4 StGB. kommt - sofern den Täter (außerdem) kein schweres Verschulden trifft -
lediglich bei einer ansonsten bloß nach § 88 Abs 1 StGB. strafbaren Tat in Betracht; für ein nach § 88 Abs 3 (§ 81 Z. 1 oder 2) StGB. qualifiziertes Fahrlässigkeitsdelikt gilt diese Privilegierung weder direkt noch analog (Kienapfel BT. I RN. 445). Zu Unrecht wendet sich der Beschwerdeführer sodann gegen die das eben erörterte Körperverletzungsdelikt (Schuldspruchfaktum IV) qualifizierende und beim Schuldspruchfaktum V (§ 89 StGB.) seine Strafbarkeit begründende Annahme besonders gefährlicher Verhältnisse im Sinn des § 81 Z. 1 StGB.
Die hiefür erforderliche qualitativ verschärfte Gefahrenlage im Sinn einer außergewÄhnlich hohen Unfallswahrscheinlichkeit (SSt 48/24 u. a.) ist - wie der Beschwerdeführer sinngemäß selbst einräumt - beim Losfahren mit einem Personenkraftwagen auf einen anderen, der dieses Fahrzeug aufhalten will, geradezu beispielhaft gegeben (Kienapfel BT. I RN. 192; derselbe in ÖJZ. 1977, 657). Dagegen kann nicht mit Fug eingewendet werden, daß die unter solchen Umständen verletzte oder gefährdete Person durch ihr Verhalten, etwa indem sie sich dem herannahenden Fahrzeug in den Weg stellte, zur Entstehung der verschärften Gefahrenlage (entscheidend) beigetragen habe, es sei denn, daß der Täter dieses die Verschärfung der Situation bedingende Verhalten des anderen selbst bei gehöriger Sorgfalt nicht erkennen oder vorhersehen konnte, sodaß ihm in bezug auf die die Gefahrenlage (objektiv) qualifizierenden Umstände keine subjektive Sorgfaltswidrigkeit angelastet werden kann (vgl. Kienapfel BT. I RN. 205; Leukauf-Steininger StGB.2 § 81 RN. 16). Nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen näherte sich der Angeklagte dem in der erkennbaren Absicht, seine Flucht mit dem Personenkraftwagen zu verhindern, auf der Parkplatzausfahrt postierten Alois D anfangs nur langsam und fuhr erst aus 5 bis 6 Meter Entfernung mit Vollgas auf diesen zu, wobei es D gerade noch gelang, sich mit der (bei dieser Gelegenheit verletzten) linken Hand von dem auf ihn zukommenden Fahrzeug abstützend zur Seite zu springen, um nicht überfahren zu werden (S. 56, 57/II). Solcherart waren jene Umstände, welche im gegebenen Fall die besondere Gefährlichkeit der Verhältnisse bedingten, auch von der Schuld des Beschwerdeführers umfaßt. Nicht anders verhält es sich mit der Gefährdung der körperlichen Sicherheit des Josef E, die der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen dadurch herbeiführte, daß er auf den bei einer nur auf einem Fahrstreifen passierbaren Straßenbaustelle den Verkehr regelnden E - dessen Haltzeichen mißachtend - losfuhr, wobei dieser nur dank seiner rechtzeitigen Reaktion, indem er über die seitliche Leitschiene sprang, dem überfahrenwerden entging (S. 59/II). Josef E war sohin durch das Verhalten des Angeklagten einer konkreten Gefahr mit - im Sinn des oben zum Begriff der besonders gefährlichen Verhältnisse (§ 81 Z. 1 StGB.) Gesagten - außergewÄhnlich hoher Wahrscheinlichkeit eines Schadens an Leib und Leben ausgesetzt, wobei auch in diesem Fall die die besondere Gefährlichkeit bedingenden Umstände von der Fahrlässigkeitsschuld des Angeklagten umfaßt waren. Insoweit erging daher der Schuldspruch nach § 89 StGB. (Punkt V) zu Recht.
Soweit der Beschwerdeführer gegen den Schuldspruch nach § 89 StGB. wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit der Margarethe F vorbringt, das Erstgericht habe angesichts widersprüchlicher Beweisergebnisse keine zur Beurteilung des Vorhandenseins einer Gefahrenlage überhaupt ausreichenden Feststellungen über die Position der Genannten während des Tatgeschehens treffen können, unterläßt er wiederum eine prozeßordnungsgemäße Darstellung des angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrunds. Er vernachlässigt nämlich im Urteil enthaltene entscheidungswesentliche Feststellungen, nach welchen auf Grund der Aussagen der Zeugen Josef F und Karl J als erwiesen angenommen wurde, daß Margarethe F beim Anziehen ihrer Schischuhe in gebückter Haltung für den Angeklagten wahrnehmbar genau in dessen Fahrspur verweilte und nur deshalb nicht mit dem knapp an ihr vorbeifahrenden Personenkraftwagen in Berührung kam, weil sie sich auf einen Warnruf reagierend aufrichtete (S. 57, 64/II). Da der Beschwerdeführer insoweit nicht von dem im Urteil festgestellten Sachverhalt ausgeht, ist dieser Teil seines Beschwerdevorbringens unbeachtlich.
Mit Beziehung auf den nach §§ 125, 126 Abs 1 Z. 7
StGB. gefällten Schuldspruch (Punkt VI) wendet sich der Angeklagte gegen den erstgerichtlichen Ausspruch, er habe mit dem für den Tatbestand der (schweren) Sachbeschädigung erforderlichen (zumindest bedingten) Vorsatz gehandelt, indem er dartun will, daß er lediglich das Fluchtfahrzeug zwischen den von ihm beschädigten Fahrzeugen 'hindurchsteuern' wollte. Solcherart bekämpft er eine vom Erstgericht in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO.) getroffene und schlüssig begründete Tatsachenfeststellung, der zufolge er den Eintritt eines (selbst beträchtlichen) Sachschadens an den seiner Flucht im Weg stehenden Fahrzeugen als (naheliegende) Folge seines (gewollten) 'Durchbruchs' durch die ein ungehindertes Durchfahren unmöglich machende, nur etwa 1,5 Meter breite Lücke zwischen ihnen 'billigend in Kauf genommen', sich also bewußt und gewollt damit abgefunden hat (S. 58, 65/II). Auch dieser Teil des Beschwerdevorbringens läßt mithin die prozeßordnungsgemäße Ausführung einer Rechtsrüge vermissen.
Die in allen Punkten unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach den §§ 28, 129 StGB. eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, in deren Bemessung es als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen und den überaus raschen Rückfall des Angeklagten, das Zusammentreffen mehrerer Straftaten im Sinn des § 28 StGB., die mehrfache Diebstahlsqualifikation und die Tatwiederholung bei mehreren Delikten ansah, als mildernd hingegen die Sicherstellung des überwiegenden Teils des Diebsguts, das Teilgeständnis des Angeklagten und seine Bereitschaft zu weiterer Schadensgutmachung (durch Heranziehung eines einbehaltenen Bargeldbetrags) wertete. Diesen Strafausspruch bekämpfen die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte mit Berufung; erstere strebt eine schuldangemessene Erhöhung, letzterer eine ebensolche Herabsetzung des Strafmaßes an. Lediglich die Berufung der Staatsanwaltschaft erweist sich als berechtigt.
Wenn der Angeklagte die ungewÄhnliche Deliktskonkurrenz auf eine Panikreaktion im Zug seiner Flucht zurückführen und deshalb milder bewertet wissen will, so darf nicht übersehen werden, daß er - von den für zahlreiche frühere Rechtsbrüche erlittenen, teilweise empfindlichen Sanktionen offenbar vollkommen unbeeindruckt - nach Verbüßung einer letzten, langen Freiheitsstrafe am 6.November 1979 wieder keiner Arbeit nachging, sondern von Ersparnissen seiner Mutter lebte (S. 52/II). Schon am 4.Februar 1979 - also keine drei Monate nach seiner letzten Haftentlassung - tritt er bereits wieder kriminell in Erscheinung, indem er ein fremdes Fahrzeug unbefugt in Gebrauch nimmt und begeht in kurzer Folge einen Diebstahl aus abgestellten Fahrzeugen nach dem anderen (I 1-3). Das allein zeigt schon, daß es sich beim Angeklagten um einen wohl unverbesserlichen Rückfallstäter handelt, dessen Resozialisierung kaum mehr erhofft werden kann. Die sich schon in jenen ersten Taten offenbarende Geringschätzung fremden Eigentums steigert sich im Verlauf des Versuchs, sich seiner Anhaltung zu entziehen, zu einem in beispielloser Skrupellosigkeit auch Leib und Leben anderer mißachtenden Verhalten, das die ganze Dimension der schon in den Vorverfahren manifest gewordenen, ungewÄhnlichen Gefährlichkeit des Angeklagten in den vielfachen Potenzen seiner kriminellen Neigungen erkennen läßt, die hier alle zum Tragen kamen.
Alles, was die Verteidigung dagegen vorbringt, insbesondere auch die nicht allzu gravierende Verletzung zweier Zehen, die sich der Angeklagte durch seine Flucht nur selbst zuzuschreiben hat, hat nicht solches Gewicht, daß es die Argumente der Staatsanwaltschaft für eine Erhöhung des Strafmaßes entscheidend entkräften könnte. Wenn überhaupt, so ist nur noch von einem fühlbaren, für eine nachhaltige Einflußnahme auf den Angeklagten auch zeitlich ausreichenden Freiheitsentzug, der ihm als aktuell vollzogene Sanktion die Konsequenzen eines künftigen Rückfalls hinreichend drastisch vor Augen führt, sein künftiges Wohlverhalten zu erwarten. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
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