Spruch:
Ein Begehren auf Aufhebung der Gemeinschaft gemäß § 830 ABGB kann als zum Nachteil eines Miteigentümers gestellt derzeit unzulässig sein, wenn bei der Veräußerung der gemeinsamen Sache der Verkaufserlös oder ein Teil des Erlöses als Spekulationsgewinn zu versteuern wäre
OGH 24. März 1981, 5 Ob 748/80 (OLG Graz 2 R 140/80; LGZ Graz 23 Cg 274/78)
Text
Die Streitteile sind Eigentümer der Liegenschaft EZ 691 KG S. Die Beklagte hat einen 1/12-Miteigentumsanteil dieser Liegenschaft im Erbweg und einen weiteren 1/12-Miteigentumsanteil von ihrem Bruder (Kaufvertrag vom 24. März 1977), der Kläger seine 5/6- Miteigentumsanteile mit Kaufvertrag vom 14. Dezember 1977 (um 200 000 S) erworben. Im Zuge der vorprozessualen Verhandlungen zwischen den Streitteilen hat der Kläger es abgelehnt, die von der Beklagten für einen mit der Veräußerung der Liegenschaft allenfalls verbundenen Veräußerungsgewinn zu bezahlende Steuer zu übernehmen.
Der Kläger begehrte die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch Zivilteilung.
Die Beklagte bestritt den geltend gemachten Teilungsanspruch, weil Realteilung möglich sei und er zur Unzeit und zu ihrem Nachteil geltend gemacht werde. Zum Nachteil gerate ihr die Teilung insbesondere deshalb, weil sie für den Erwerb des zweiten 1/12- Anteiles erhebliche Kosten bezahlt habe und bei einer Veräußerung der Liegenschaft derzeit auch die Gefahr der Vorschreibung einer "Spekulationssteuer" bestunde.
Der Kläger bestritt das Vorliegen der behaupteten Teilungshindernisse.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es ging im wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus: Der Kläger hat die Absicht, auf der gegenständlichen Liegenschaft ein Wohnhaus zu errichten. Da auch die Beklagte am Erwerb der gesamten Liegenschaft interessiert ist, konnte von den Streitteilen die nur einvernehmlich mögliche Widmung der Liegenschaft als Baugrund noch nicht erwirkt werden. Die Beklagte hat ihrem Bruder - ohne daß dies im schriftlichen Kaufvertrag festgehalten worden wäre - zusätzlich zu dem von ihr für den 1/12-Liegenschaftsanteil bezahlten Kaufpreis von 15 000 S auch noch gestattet, so wie bisher schon, alljährlich einen kostenlosen Urlaub in Z verbringen. Die gegenständliche Liegenschaft ist 1081 m2 groß, liegt zwischen zwei Gebäuden in guter Wohn- und Verkehrslage und hat einen Verkehrswert von etwa 373 000 S. Eine Realteilung durch Bildung eines 5 m breiten und 36 m langen Streifens im westlichen Bereich der Liegenschaft wäre an sich möglich; wegen der Unmöglichkeit der Bebauung dieses Streifens und der bloß beschränkten Nutzung des anderen nur 890 m2 großen Teiles der Liegenschaft als Baugrund ist jedoch mit der Versagung der Bewilligung der Teilung gemäß § 35 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 zu rechnen. Außerdem würde eine solche Teilung wegen der Baubeschränkung zu einer erheblichen Wertminderung des 890 m2 großen Teilstückes führen. Auf dem Immobilienmarkt ist seit Mitte 1979 eine fühlbare Entspannung eingetreten, so daß die Veräußerung der gegenständlichen Liegenschaft durchaus möglich wäre.
Das Erstgericht erachtete das Begehren auf Zivilteilung an sich für berechtigt, weil mit einer Realteilung eine wesentliche Minderung des Wertes des Grundstückes verbunden wäre. Das Teilungshindernis der Unzeit sei nicht gegeben, wohl aber sei der Einwand berechtigt, daß die Teilung derzeit zum Nachteil der Beklagten begehrt werde; die Beklagte müßte derzeit mit Rücksicht auf den Kauf eines 1/12- Anteiles der Liegenschaft von ihrem Bruder zu einem Preis von 15 000 S und den jetzt für diesen Anteil erzielbaren Kaufpreis von rund 30 000 S im Falle einer öffentlichen Feilbietung in einem erheblichen Ausmaß (23% des Differenzbetrages von 15 000 S, § 33 Abs. 1 EStG 1972) Spekulationseinkünfte versteuern. Darin liege ein bloß vorübergehender Nachteil der Beklagten, der dem Teilungsbegehren wirksam entgegengesetzt werden könnte, zumal der Kläger es abgelehnt habe, die Beklagte bezüglich dieses drohenden Steuernachteils schadlos zu halten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es billigte die Ansicht des Erstgerichtes, wonach auch im Falle einer Zivilteilung einer Liegenschaft und der damit verbundenen Veräußerung im Wege einer öffentlichen Feilbietung eine Veräußerung im Sinne des § 30 EStG 1972 vorliege und eine mit einem Verkauf der Liegenschaft innerhalb der Fünfjahresfrist des § 30 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG 1972 verbundene höhere Steuerlast einen Aufschub der Teilung bis zum Ablauf dieser die Beklagte beschwerenden Frist rechtfertigen könne. Die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen reichten jedoch zur Beurteilung der Berechtigung der von der Beklagten diesbezüglich erhobenen Einwendung nicht aus. Die Einkünfte aus Spekulationsgeschäften ergäben sich als Unterschied zwischen dem Veräußerungserlös einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten anderseits (§ 30 Abs. 4 EStG 1972). Im vorliegenden Fall sei zwar der von der Beklagten bezahlte Barkaufpreis von 15 000 S festgestellt worden und sei es damit auch möglich, die Gründerwerbsteuer und die Eintragungsgebühr zu ermitteln. Es fehlten aber ein Parteienvorbringen sowie Feststellungen über die ebenfalls zu den Anschaffungskosten gehörigen Vertragserrichtungskosten und über die von der Beklagten ihrem Bruder eingeräumte jährliche unentgeltliche Urlaubsmöglichkeit, die von der Beklagten in ihrer Parteienaussage selbst als weiterer Kaufpreis bezeichnet worden sei. Zur Klärung der Frage, ob die Beklagte im Falle der Zivilteilung innerhalb der Fünfjahresfrist tatsächlich nach § 30 EStG 1972 steuerbare Einkünfte zu erwarten habe, seien daher auch noch eine ergänzende Erörterung des Sachverhaltes mit den Parteien und sodann Feststellungen darüber erforderlich, mit welchem Geldwert die Leistungen der Beklagten an ihren Bruder im Zusammenhang mit den kostenlosen Urlaubsaufenthalten den Anschaffungskosten zugerechnet werden müßten. Sollten sich daraus tatsächlich steuerbare Einkünfte ergeben, wäre das Verfahren auch noch dahin zu ergänzen, ob und inwieweit die Beklagte wegen dieser Einkünfte aus einem Spekulationsgeschäft mit Rücksicht auf ihre sonstigen Einkünfte auch mit einer nennenswerten Einkommensteuervorschreibung oder Vorschreibung einer wesentlich höheren Einkommensteuer zu rechnen habe, zumal der Beruf der Beklagten teils mit Hausfrau, teils aber mit Buchhalterin angegeben worden sei.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluß nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der unbedingte Teilungsanspruch des Miteigentümers nach § 830 ABGB (SZ 47/1; MietSlg 30067, 31 057 u. v. a.) wird insoweit eingeschränkt, als er u. a. nicht zum Nachteil der übrigen Miteigentümer geltend gemacht werden darf (Klang[2] III, 1098; MietSlg 31 057 u. a.), wobei ein Aufschub der Teilung aber nur dann gerechtfertigt ist, wenn der Teilung vorübergehende, einen Ausnahmezustand darstellende Hindernisse entgegenstehen (Klang[2] III, 1099; Koziol - Welser[5] II, 46; EvBl. 1976/138; MietSlg. 30 067, 31 057 u. a.). Die Frage des Nachteiles für die übrigen Teilhaber ist dabei nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen (5 Ob 141/67) und bestimmt sich nach dem Interesse aller Beteiligten an der bestmöglichen Verwertung (JBl. 1973, 466). Ein solches objektives Teilungshindernis kann - wie die Untergerichte zutreffend erkannt haben - auch darin liegen, daß bei einer Veräußerung der gemeinsamen Sache - eine verhältnismäßig hohe - nur während einer bestimmten Frist drohende - Steuerleistung zu erbringen wäre, was etwa dann der Fall sein kann, wenn der Verkaufserlös als Spekulationsgewinn zu versteuern ist (JBl 1965, 207 = EvBl 1965/253). Im Falle des Vorliegens von Umständen, die einen Nachteil für den anderen Miteigentümer mit sich bringen können, bedarf es nach ständiger Rechtsprechung des OGH außerdem einer Interessenabwägung (SZ 14/196; SZ 24/42; EvBl. 1976/138 u. a.). Eine Interessenabwägung hat aber auch zur Voraussetzung, daß Klarheit u.
a. über Art und Ausmaß der dem beklagten Miteigentümer im Zusammenhang mit der Teilung der gemeinschaftlichen Sache drohenden Nachteile besteht.
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich die Unrichtigkeit der von der Rekurswerberin vertretenen Ansicht, die außer Streit stehende Tatsache der Weigerung des Klägers, eine allfällige Spekulationssteuer auf sich zu nehmen, reiche allein schon zur Beurteilung des Klagsanspruches aus.
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