Normen
AngG §26 Z2
AngG §29 Abs1
AO §20a
IESG §1
IESG §8
KO §25
AngG §26 Z2
AngG §29 Abs1
AO §20a
IESG §1
IESG §8
KO §25
Spruch:
Kein Austrittsrecht des Arbeitnehmers nach § 26 Z. 2 AngG, wenn ihm nach der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über, das Vermögen seines Arbeitgebers das Arbeitsentgelt rechtzeitig, sei es als Insolvenz-Ausfallsgeld durch das Arbeitsamt, sei es im Wege der Vorfinanzierung dieses Insolvenz- Ausfallsgeldes durch ein Kreditinstitut, ausgezahlt wird, auch wenn im zweiten Fall eine Mitwirkung des Arbeitnehmers durch Eröffnung eines Gehaltskontos bei einem bestimmten Kreditinstitut und Abtretung der Ansprüche nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz an dieses Kreditinstitut notwendig ist, ihn aber sonst keine Belastung und kein Haftungsrisiko trifft
OGH 17. März 1981, 4 Ob 139 - 141/80 (DRdA 1981, 387 (Spielbüchler), ZAS 1982, 175 (Marhold)) (LG Klagenfurt 3 Cg 6-8/80; ArbG Spittal/Drau CR 48/79)
Text
Der Kläger Friedrich K war seit 8. April 1974, der Kläger Ing. Helmut M seit 1. August 1974 und der Kläger Norbert G seit 1. September 1968 Angestellter der beklagten Partei.
Über das Vermögen der beklagten Partei wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 22. Feber 1979 das Ausgleichsverfahren eröffnet. Die Filiale der beklagten Partei in Villach wurde im Laufe des Jahres 1979 aufgelöst; die meisten Kärntner Dienstnehmer wurden gekundigt. Die Kläger erklärten gegenüber der beklagten Partei den vorzeitigen Austritt. Auf Grund dieses vorzeitigen Austritts begehrten die Kläger ursprünglich von der beklagten Partei folgende Beträge: a) Der Erstkläger, Friedrich K, das Gehalt für die Monate April 1979 bis 25. Juli 1979, die aliquote Sonderzahlung für den Monat Juli 1979, eine Abfertigung im Ausmaß von drei Monatsgehältern sowie einen ungerechtfertigt einbehaltenen Vorschuß in der Höhe von 2629 S, insgesamt somit 125 555.50 S. Er brachte dazu vor, die Beklagte sei ihrer Verpflichtung zur Lohnzahlung für die Monate März und April 1979 nicht nachgekommen, weshalb er am 25. April 1979 den vorzeitigen Austritt erklärt habe. Seit Mai 1979 sei er wieder berufstätig, weshalb er nur die pauschalierte Kündigungsentschädigung begehre; b) Der Zweitkläger, Ing. Helmut M, das Gehalt für die Monate Juni 1979 bis 6. September 1979, die aliquote Sonderzahlung für die Zeit vom 1. Juli bis 6. September 1979 und eine Abfertigung in der Höhe von zwei Monatsgehältern, zusammen 155 866 S. Er brachte vor, daß er wegen Nichtzahlung des Gehaltes für die Monate März und April 1979 am 18. April 1979 seinen vorzeitigen Austritt angedroht und am 6. Juni 1979 sodann ausgesprochen habe. Er sei seit Juni 1979 wieder berufstätig; c) Der Drittkläger, Norbert G, das Gehalt für die Monate Juni 1979 bis 6. September 1979, die aliquote Sonderzahlung für die Zeit vom 1. Juli bis 6. September 1979, vier Monatsgehälter Abfertigung und 38 Tage Urlaubsentschädigung, zusammen 252 789 S. Auch er brachte vor, daß er den Lohn für die Monate März und April 1979 nicht erhalten habe und daher zunächst mit Schreiben vom 18. April 1979 den vorzeitigen Austritt angedroht und am 6. Juni 1979 diesen Austritt ausgesprochen habe. Seit Juni 1979 sei er wieder berufstätig.
In der Tagsatzung vom 8. Feber 1980 dehnten der Zweitkläger Ing. Helmut M sein Begehren um zwei weitere Gehälter an Abfertigung (56 000 S brutto) sowie um das Aprilgehalt 1979 von 28 000 S brutto auf nunmehr zusammen 239 866 S und der Drittkläger Norbert G um das Aprilgehalt 1979 im Betrag von 28 000 S brutto auf nunmehr zusammen 280 789 S aus.
Die beklagte Partei anerkannte zuletzt die Klagebegehren bezüglich der Aprilgehälter, und zwar des Erstklägers Friedrich K mit einem Betrag von 14 756.67 S (25/30 von 17 707 S) und des Zweit- und Drittklägers mit je 28 000 S, und hinsichtlich des Erstklägers Friedrich K den weiteren Teilbetrag von 2629 S an ungerechtfertigt einbehaltenem Vorschuß. Im übrigen bestritt sie das Klagebegehren und beantragte, es abzuweisen. Sie wendete ein, daß alle drei Kläger ungerechtfertigt ausgetreten seien. Die Beklagte habe alle notwendigen Vorkehrungen getroffen, um die Gehaltszahlungen an ihre Dienstnehmer termingerecht durch die A-Bank vorzunehmen. Bei einer Besprechung am 3. April 1979 in H, an der Vertreter der Beklagten, des Arbeitsamtes Innsbruck, des ÖGB Tirol und der A-Bank teilgenommen hätten, sei vereinbart worden, daß die A-Bank die Gelder auszahle, wobei die Dienstnehmer der Beklagten bei der A-Bank einen Kredit in Form einer Überziehung von Gehaltskonten beantragen hätten müssen. Die Dienstnehmer hätte weder eine persönliche Haftung für diesen Kredit noch eine Belastung durch Spesen, Zinsen oder Gebühren getroffen. Sie hätten als einzige Gegenleistung lediglich ihre Ansprüche auf Insolvenzausfallgeld an das Geldinstitut zedieren müssen. Die Kläger seien zu dieser Vorgangsweise nicht bereit gewesen und hätten es sich daher selbst zuzuschreiben, daß sie die Gehälter für März und April 1979 nicht erhalten hätten. Für alle übrigen Dienstnehmer der Beklagten sei das Märzgehalt (Auszahlung im nachhinein) am 6. April 1979, das Aprilgehalt am 27. April 1979 abrufbereit gewesen. Zu der vorgeschlagenen Vorgangsweise, die den Klägern zumutbar gewesen sei, seien sie auch im Rahmen ihrer Treuepflicht verpflichtet gewesen. Der Zweitkläger Ing. Helmut M und der Drittkläger Norbert G hätten ihr Dienstverhältnis in Wahrheit bereits am 24. April 1979 und nicht erst am 6. Juni 1979 beendet. Die Gehälter für April 1979 seien den Klägern vom Arbeitsamt ausgezahlt worden.
Zur Frage der Beendigung des Dienstverhältnisses brachten der Zweit- und Drittkläger noch vor, sie hätten aus Gründen der Schadensminderungspflicht auf Ersuchen des zuständigen Gebietsleiters tatsächlich bis 6. Juni 1979 auf Baustellen der Beklagten weitergearbeitet.
Das Erstgericht gab den Klagebegehren nur insoweit statt, als die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche der Kläger anerkannt hatte, also bezüglich des Erstklägers mit 17 385.67 S und bezüglich des Zweit- und Drittklägers mit je 28 000 S, und wies die Mehrbegehren ab. Es vertrat auf Grund des von ihm festgestellten Sachverhaltes die Auffassung, daß die Kläger aus ihrer Treuepflicht heraus verpflichtet gewesen wären, den Vorschlag der Beklagten hinsichtlich der Gehaltsauszahlung durch Überziehung von Gehaltskonten anzunehmen, da diese Vorgangsweise mit keinerlei finanzieller Belastung der Kläger verbunden gewesen wäre. In diesem Fall hätten sie aber die Gehälter so wie die anderen Dienstnehmer mit nur geringfügiger Verspätung ausgezahlt erhalten. Es liege daher kein Grund für einen vorzeitigen Austritt vor.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen der Kläger teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es dem Erstkläger Franz K 125 555.17 S, dem Zweitkläger Ing. Helmut M 168 000 S und dem Drittkläger Norbert G 241 589.67 S, jeweils brutto, samt Nebengebühren zusprach und die Mehrbegehren abwies. Das Berufungsgericht verhandelte gemäß § 25 Abs. 1 Z. 3 ArbGG die Streitsache von neuem und traf folgende Feststellungen:
Die Beklagte zahlte bis einschließlich Feber 1979 die Gelder an ihre Dienstnehmer im nachhinein, und zwar bis etwa zum 9. des Folgemonats aus. Weil nach der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens der Generalbevollmächtigte der Beklagten, Dr. Helmut C, erklärte, daß die Gehälter der Dienstnehmer nicht mehr sichergestellt werden könnten, wurde für den 3. April 1979 eine Betriebsversammlung einberufen. Daran nahmen zirka 100 Angestellte der Beklagten, darunter die drei Kläger, sowie Vertreter der Beklagten, der Ausgleichsverwalter, der Vertreter des ÖGB Tirol, der im Zusammenhang mit dem Ausgleich der Beklagten die Interessen der Dienstnehmer zu vertreten hatte, und der Sachbearbeiter des Landesarbeitsamtes Tirol teil. Die anwesenden Dienstnehmer wurden über ihre Rechte nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, BGBl. 324/1977 (IESG), informiert und davon in Kenntnis gesetzt, daß die Beklagte von sich aus für jeden Arbeitnehmer eine Kreditmöglichkeit bei der A-Bank vereinbart habe, weil das Insolvenzausfallgeld erst nach Monaten ausgezahlt werde. Die Verwirklichung dieser Kreditmöglichkeit, mit welcher die Gehälter der Dienstnehmer der Beklagten im Rahmen des IESG vorfinanziert werden sollten, um die Liquidität der Beklagten nicht allzusehr einzuschränken, hatte folgende Vorgangsweise zur Voraussetzung: Für jeden Dienstnehmer der Beklagten sollte auf seinen Antrag ein Gehaltskonto bei der A-Bank eingerichtet und mit diesem der weitere Antrag (Anbot mit Gegenbrief) auf Kreditgewährung in Form der Überziehung des Gehaltskontos bis zur maximalen Höhe des laufenden monatlichen Nettoentgeltsanspruches gegenüber der Beklagten für den Monat März bis zur Auszahlung dieser Entgeltforderung enUeder durch die Beklagte oder durch den Insolvenzausfallgeldfonds, längstens jedoch bis 31. Dezember 1979, verbunden werden. Eine Rückzahlung dieses Kredites durch die Dienstnehmer war nicht vorgesehen, sie sollte auch keine Belastung durch Zinsen, Spesen oder Gebühren irgend welcher Art treffen. Zur Sicherstellung dieses Kredites war die Abtretung der Ansprüche auf Zuerkennung des Insolvenzausfallgeldes gegen den Insolvenzausfallgeldfonds an die A-Bank mit der Verpflichtung des einzelnen Dienstnehmers vorgesehen, alle im Verfahren zur Erlangung des Insolvenzausfallgeldes notwendigen Erklärungen abzugeben und alle Veranlassungen zu treffen, die zu einer raschen Zuerkennung des Insolvenzausfallgeldes führen. Allfällige Ausfälle an Kapital, die sich auch aus der Nichtzuerkennung des Insolvenzausfallgeldes oder auf Grund des § 8 IESG ergeben könnten, sollten gegenüber der A-Bank von der Beklagten übernommen werden. Den Dienstnehmern der Beklagten wurden diese Umstände bei der Betriebsversammlung am 3. April 1979 mitgeteilt. Sie erhielten bei dieser Gelegenheit auch die entsprechenden, bereits auf den Namen des einzelnen Dienstnehmers lautenden Formblätter ausgehändigt. Bis auf die drei Kläger und einen vierten Angestellten machten alle Dienstnehmer der Beklagten von der vorgeschlagenen Art der Kreditgewährung Gebrauch, viele unterschrieben bereits bei der Betriebsversammlung am 3. April 1979 die Zessionserklärung. Für jene Dienstnehmer der Beklagten, die diese Kreditmöglichkeiten in Anspruch nahmen, war der dem Monatsgehalt entsprechende Betrag für März 1979 am 6. April 1979, für April 1979 am 27. April 1979 und für Mai 1979 am 30. Mai 1979 abrufbereit auf dem eingerichteten Gehaltskonto. Der Kläger Friedrich K hatte am 13. April 1979, die Kläger Ing. Helmut M und Norbert G haben am 17. April 1979 den Antrag auf Insolvenzausfallgeld für März 1979 gestellt. Friedrich K und Ing. Helmut M haben das Insolvenzausfallgeld für März 1979 am 19. Juni 1979, Norbert G am 26. Juni 1979 erhalten. Keiner der drei Kläger hat sich erkundigt, ob andere Dienstnehmer der Beklagten das Märzgehalt (im Weg der Kreditinanspruchnahme bei der A- Bank) erhalten haben. Sie haben sich auch nicht bei der A-Bank oder der Beklagten über das mit der Inanspruchnahme der vorgeschlagenen Aufnahme des Überziehungskredites verbundene Risiko erkundigt. Friedrich K hat die Beklagte mit Schreiben vom 18. April 1979 unter Hinweis auf das Recht zum vorzeitigen Austritt gemäß § 26 Z. 2 AngG aufgefordert, das Gehalt für März 1979 bis 24. April 1979 zu überweisen. Ing. Helmut M und Norbert G haben der Beklagten mit Schreiben des Klagevertreters vom selben Tag eine Nachfrist bis 20. April 1979 für diese Gehaltszahlung gesetzt. Ing. Helmut M und Norbert G haben mit Schreiben des Klagevertreters vom 23. April 1979 (bei der beklagten Partei eingelangt am 24. April 1979) mit Rücksicht auf das Nichteinlangen der Gehaltszahlung für März 1979 den vorzeitigen Austritt erklärt. Friedrich K hat diese Erklärung mit Schreiben des Klagevertreters vom 25. April 1979 abgegeben. Der von der Beklagten in der Tagsatzung vom 23. Mai 1979 vor dem Landesgericht Innsbruck abgeschlossene Ausgleich wurde mit Beschluß dieses Gerichtes vom 26. Juli 1979 bestätigt. Die Beklagte traf mit allen drei Klägern die Vereinbarung, daß die Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von beiden Vertragspartnern so zu erfolgen habe, daß die Beendigung des Angestelltenverhältnisses auf den 15. oder Letzten eines Kalendermonats fällt. Mit Ing. Helmut M traf die Beklagte am 24. Juni 1974 die Vereinbarung, daß nach einem Jahr Beschäftigungsdauer bei der Beklagten "die Vordienstzeiten von 8 Jahren auf Urlaub und Abfertigung anerkannt werden." Die Höhe der Monatsgehälter betrug hinsichtlich des Klägers Friedrich K 17 708 S, hinsichtlich der Kläger Ing. Helmut M und Norbert G je 28 000 S. Norbert G stand im Zeitpunkt des vorzeitigen Austritts ein Urlaubsanspruch von 38 Tagen zu.
Rechtlich beurteilte das Berufungsgericht diesen Sachverhalt dahin, daß die Auszahlung des Insolvenzausfallgeldes einer Auszahlung durch den Dienstgeber nicht gleichzuhalten sei. Das Recht zum vorzeitigen Austritt gemäß §§ 25, 26 (insbesondere Z. 2) AngG sei durch das IESG nicht berührt worden. Durch die Auszahlung des Insolvenzausfallgeldes für März 1979 sei daher eine der Entgeltzahlung durch die Beklagte gleichzusetzende Leistung nicht erfolgte. Abgesehen davon sei auf Grund des rechtskräftigen Teilzuspruches durch das Erstgericht davon auszugehen, daß die Kläger für April 1979 weder Gehalt noch Insolvenzausfallgeld erhalten hätten.
Die Beklagten seien aber auch nicht verpflichtet gewesen, vom Vorschlag der Klägerin über die Aufnahme eines Überziehungskredites Gebrauch zu machen. Es sei den Klägern nicht zumutbar gewesen, die dazu erforderlichen Schritte zu unternehmen, wenngleich mit der vorgeschlagenen Regelung keinerlei Haftung oder Belastung verbunden gewesen wäre. Eine solche Verpflichtung ergebe sich auch nicht aus der Treuepflicht, da es sich hiebei keineswegs um die Pflicht handle, sich allgemein für die Interessen des Dienstgebers und das Gedeihen des Betriebes einzusetzen. Wolle man eine derartige Verpflichtung annehmen, würde dies darauf hinauslaufen, daß der Dienstnehmer zur Antragstellung auf Gewährung des Insolvenzausfallgeldes verpflichtet wäre, was dem Gesetz und den Intentionen des Gesetzes nicht entnommen werden könne. Es würde hiedurch das Recht des Dienstnehmers auf vorzeitigen Austritt beschnitten werden. Die vorgeschlagene Regelung sei auch keineswegs eine Auszahlungsmodalität oder Vorfinanzierung der Gehälter, sondern bloß eine Vorfinanzierung des Insolvenzausfallgeldes. Die Beklagte habe daher den Klägern das Gehalt für März 1979 vorenthalten. Dabei sei einerseits in der Ausgleichseröffnung, andererseits in der erklärten Zahlungsunfähigkeit auch ein Verschulden der Beklagten zu erblicken. Der Mangel der erforderlichen Geldmittel entschuldige die Verzögerung der Gehaltsauszahlung nicht. Die Kläger, welche sich auch hinsichtlich der Gehaltsauszahlungen in den Folgemonaten im Unklaren befunden hätten, seien daher zum vorzeitigen Austritt berechtigt gewesen. Es stunden ihnen somit folgende Ansprüche zu: a) Dem Erstkläger Friedrich K das Gehalt für April 1979 von 17 708 S abzüglich des bereits rechtskräftig zugesprochenen Teilbetrages von 14 756.67 S sowie die Gehälter für Mai und Juni 1979 und im Hinblick auf sein Begehren (Zahlung nur bis 25. Juli 1979 verlangt) 25/30 des Junigehaltes und die anteilige Sonderzahlung für die Zeit vom 1. bis 25. Juli 1979, die jedoch nur im Betrag von 1921.50 S (statt richtig 2459.44 S) geltend gemacht worden sei. Insgesamt stehe ihm daher neben dem bereits rechtskräftig zugesprochenen Betrag von 17 385.67
S noch ein weiterer Betrag von 108 169.50 S zu. All dies ergebe sich daraus, daß die Kündigungsfrist für ihn gemäß § 20 Abs. 2 AngG drei Monate betragen hätte und eine Kündigung zum 15. oder Letzten eines jeden Kalendermonats, also zum 31. Juli 1979, möglich gewesen wäre.
b) Der Zweitkläger Ing. Helmut M habe entgegen seinem Vorbringen mit Schreiben vom 23. April 1979 seinen vorzeitigen Austritt erklärt, weshalb sein Dienstverhältnis mit 24. April 1979 geendet habe. Daran habe sich auch dadurch nichts geändert, daß der Kläger nach seinen Behauptungen bis 6. Juni 1979 auf der Baustelle verblieben sei. Die Kündigungsfrist betrage für diesen Kläger, da das Dienstverhältnis weniger als fünf Jahre gedauert habe, zwei Monate und hätte daher am 30. Juni 1979 geendet. Dem Kläger stehe neben dem bereits zugesprochenen Aprilgehalt noch das Gehalt für Juni 1979 im Betrag von 28 000 S sowie im Hinblick auf die Dauer des Dienstverhältnisses und die Anrechnung von Vordienstzeiten laut Vereinbarung eine Abfertigung in der Höhe von vier Monatsgehältern, somit 112 000 S, zu. Das Gehalt für Mai habe dieser Kläger hingegen nicht geltend gemacht. Neben dem bereits zugesprochenen Betrag von 28 000 S stehe dem Zweitkläger daher noch ein weiterer Betrag von 140 000 S zu. c)
Für den Drittkläger Norbert G gelte hinsichtlich der Beendigung des Dienstverhältnisses dasselbe wie für den Zweitkläger. Seine Kündigungsfrist habe drei Monate betragen und hätte daher am 31. Juli 1979 geendet. Es stunde ihm, da das Gehalt für April 1979 bereits zugesprochen worden sei und er das Gehalt für Mai 1979 nicht begehrt habe, noch die Gehälter für Juni und Juli 1979 von zusammen 56 000 S, die anteilige Sonderzahlung vom 1. bis 31. Juli 1979 von 4666.67 S und eine Abfertigung in der Höhe von vier Monatsgehältern, zusammen 112 000 S, sowie die Urlaubsentschädigung für den nichtverbrauchten Urlaub im Ausmaß von 38 Tagen in der begehrten Höhe von 40 923 S (statt richtig 41 337.77 S) zu. Neben dem bereits rechtskräftigen Zuspruch von 28 000 S sei diesem Kläger daher auch der Betrag von 213 589.67 S zuzusprechen gewesen.
Während die Revision des Zweitklägers und des Drittklägers erfolglos blieb, stellte der Oberste Gerichtshof infolge Revision der Beklagten das Urteil des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Entscheidend ist die Frage, ob den Klägern trotz des Vorschlages der Beklagten, das Insolvenzausfallgeld durch eine Kreditoperation, bezüglich deren die Kläger keine Haftung getroffen hätte und aus der ihnen auch keine Kosten oder Spesen erwachsen wären, vorfinanzieren zu lassen, um eine rechtzeitige Lohnauszahlung sicherzustellen, der Lohn ungebührlich geschmälert oder vorenthalten wurde und sie daher zum vorzeitigen Austritt berechtigt waren. Dies muß verneint werden:
Anders als § 25 Abs. 1 KO gewährt die Ausgleichsordnung dem Arbeitnehmer kein eigenes Lösungsrecht. Die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens ist für sich allein kein Grund zum vorzeitigen Austritt. Dem Arbeitnehmer bleiben aber die allgemeinen Losungsrechte, insbesonders das Recht zum vorzeitigen Austritt, wenn ihm fälliges Entgelt vorenthalten wird (Schwarz - Holzer - Holler,
Das Arbeitsverhältnis bei Konkurs und Ausgleich, 342; Grünberg, Das österr. Angestelltenrecht, 199; Fritscher, das Insolvenzentgelt-Sicherungsgesetz, RdA 1978, 114). Nur dann, wenn die Beklagte den Klägern das ihnen zustehende Entgelt ungebührlich geschmälert oder vorenthalten hätte, wäre daher gemäß § 26 Z. 2 AngG ihr vorzeitiger Austritt berechtigt gewesen. Das Berufungsgericht meint nun, die Auszahlung des Insolvenzausfallgeldes sei einer Entgeltzahlung durch den Arbeitgeber nicht gleichzusetzen, da das Recht zum vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers durch das Insolvenzentgeltsicherungsgesetz nicht berührt worden sei. Soweit sich das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auf Fritscher a. a.O. beruft, ist für seine Auffassung schon wegen der Begründung der Ansicht dieses Autors nichts zu gewinnen. Dieser meint nämlich, durch das IESG sei das Austrittsrecht gemäß § 26 Z. 2 AngG deshalb nicht berührt worden, weil § 3 Abs. 1 IESG nur die Entgelte bis zum Ende des dritten Monats nach der Ausgleichseröffnung sichere. Daraus kann keineswegs abgeleitet werden, daß - bei rechtzeitiger Auszahlung des Insolvenzausfallgeldes - ungeachtet der Tatsache, daß der Arbeitnehmer das ihm zustehende Entgelt, wenn auch nicht vom Arbeitgeber, sondern vom Arbeitsamt erhält, das vorzeitige Austrittsrecht bestunde. Vielmehr ist daraus nur abzuleiten, daß jedenfalls nach dem Ende einer solchen Entgeltzahlung durch das Arbeitsamt das Austrittsrecht bei weiterem Vorenthalten des Lohnes besteht. Würde man ein Austrittsrecht trotz rechtzeitiger Auszahlung bejahen, dann müßte ein solches auch bestehen, wenn ein anderer Dritter für den Arbeitgeber mit dessen Zustimmung die Zahlungen vornimmt, obgleich der Arbeitnehmer als Gläubiger gemäß § 1423 ABGB zur Annahme der Zahlung verpflichtet ist. Daß der Gesetzgeber bei der Einräumung der Möglichkeit, Insolvenzausfallgeld auch im Fall einer Ausgleichseröffnung zu gewähren, nicht nur die Interessen der Arbeitnehmer, sondern auch die Weiterführung des Betriebes im Auge hatte, geht eindeutig aus den Materialien zu diesem Gesetz hervor. In der Regierungsvorlage (464 BlgNR, XIV. GP, 6) heißt es nämlich, daß in der Erweiterung (auf das Ausgleichsverfahren) ein entscheidender Beitrag zur Erleichterung der Betriebsführung liege und damit eine wichtige Voraussetzung für die Effizienz derjenigen insolvenzrechtlichen Bestimmungen, die bereits heute die Betriebsfortführung ermöglichen. Gerade dieser dem Ausgleichsrecht zugrunde liegende Gedanke der Erhaltung des Betriebes, der auch bei der gesetzlichen Möglichkeit zur Gewährung von Insolvenzausfallgeld im Falle eines Ausgleichs eine wesentliche Rolle spielte, wäre aber gefährdet, wenn man dem Arbeitnehmer ungeachtet der Möglichkeit der Antragstellung nach dem IESG und selbst für den Fall der termingerechten Auszahlung dieser Gelder dennoch ein Recht auf vorzeitigen Austritt deswegen zugestehen würde, weil das Arbeitsentgelt nicht vom Arbeitgeber, sondern vom Arbeitsamt gezahlt worden sei. In diesem Zusammenhang muß auch beachtet werden, daß durch einen solchen vorzeitigen Austritt nicht nur die Interessen des Arbeitgebers, sondern auch jene der anderen Beschäftigten berührt würden, wäre doch die Betriebsfortführung und damit die Annahme des Ausgleichs und die Erhaltung der Arbeitsplätze durch den vorzeitigen Austritt eines Teiles der Arbeitnehmer häufig gefährdet. Es kann daher nicht gesagt werden, daß auch bei (rechtzeitiger) Zahlung des Gehaltes im Wege des Insolvenzausfallgeldes dem Arbeitnehmer dennoch das Recht zum vorzeitigen Austritt zustunde.
Es ist allerdings richtig, daß der Arbeitnehmer eine größere Überziehung der Termine für die Gehaltsauszahlung nicht hinnehmen muß, vielmehr dann, wenn das Insolvenzausfallgeld erst mit größerer Verspätung ausgezahlt wird, ungeachtet der Möglichkeit, auf diese Weise letzten Endes sein Gehalt zu erhalten, seinen vorzeitigen Austritt erklären kann. Da die Auszahlung des Insolvenzausfallgeldes regelmäßig erst längere Zeit nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit des Gehaltes erfolgt und damit ein wesentlicher Zweck des IESG, nämlich die weitere Betriebsführung zu ermöglichen, nicht erfüllt werden könnte, hat die Beklagte im vorliegenden Fall ein den Arbeitnehmer nicht belastendes System zur Vorfinanzierung des Insolvenzausfallgeldes durch ein Kreditinstitut entwickelt, wobei für den Arbeitnehmer keinerlei Belastung und auch kein Haftungsrisiko gegeben war. Von der Zahlung der Schuld durch einen Dritten mit Zustimmung des Schuldners (§ 1423 ABGB) unterscheidet sich der gewählte Vorgang nur dadurch, daß auch eine Mitwirkung des Arbeitnehmers in Form der Eröffnung eines Gehaltskontos bei einem bestimmten Kreditinstitut und die Abtretung seiner Ansprüche nach dem IESG an dieses Kreditinstitut notwendig ist, um eine Auszahlung seines Gehaltes durch das Kreditinstitut zu ermöglichen.
Bei der Beurteilung der Bedeutung dieser Mitwirkungsnotwendigkeit ist davon auszugehen, daß auch dem Arbeitnehmer (ebenso wie dem Arbeitgeber bei der Entlassung) das Recht zur sofortigen Auflösung des Dienstverhältnisses durch vorzeitigen Austritt nur unter der Voraussetzung zusteht, daß ihm die weitere Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses unter den gegebenen Umständen nicht zugemutet werden kann. Die Unzumutbarkeit einer weiteren Tätigkeit für diesen Arbeitgeber ist ein den gesetzlichen Austrittstatbeständen begrifflich immanentes Merkmal (Mayer - Maly, Österr. Arbeitsrecht, 135, 139 f.; Floretta in Floretta - Spielbüchler - Straßer, Arbeitsrecht I, 204; Arb. 7644, 9255 u. a., zuletzt etwa 4 Ob 51/80). Von einer solchen Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Kläger kann jedoch bei dem vorliegenden Sachverhalt nicht gesprochen werden.
Die Eröffnung eines Gehaltskontos bei einem bestimmten Kreditinstitut und die Überziehung dieses Kontos bis zur Höhe der jeweiligen Monatsgehälter hätte die Kläger in keiner Weise belastet, da eine Haftung ihrerseits sowohl für das Kapital als auch für Zinsen und Spesen durch die gewählte Form des Antrages an das Kreditinstitut von vornherein ausgeschlossen wurde. Die einzige Verpflichtung, die der Arbeitnehmer demgegenüber übernehmen mußte, war die Abtretung seiner Ansprüche auf Auszahlung von Insolvenzausfallgeld bis zur Höhe des kreditierten Betrages. Auch hiedurch konnte jedoch keine Belastung der Arbeitnehmer eintreten. Unter Abwägung der beiderseitigen Interessen war daher den Klägern zumutbar, die für die Vorfinanzierung des Insolvenzausfallgeldes und damit ihres Gehaltes notwendigen Schritte zu unternehmen. Da die Kläger diese ihnen zumutbaren Schritte unterlassen haben und feststeht, daß die vorgeschlagene Regelung eine Auszahlung der Gehälter ohne wesentliche Verzögerung ermöglicht hätte, können die Kläger nunmehr nicht mit Erfolg den Standpunkt vertreten, eine weitere Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses sei ihnen wegen der Nichtauszahlung der Gehälter durch den Arbeitgeber nicht zumutbar. Daher war der auf § 26 Z. 2 AngG wegen Vorenthaltens von Entgelt gestützte vorzeitige Austritt nicht gerechtfertigt. Diese Erwägungen gelten trotz des rechtskräftigen Zuspruches der Gehälter für April 1979 auch für diesen Monat, da die Kläger bei einer Antragstellung in der vorgesehenen Form ihre Gehälter auch für diesen Monat rechtzeitig erhalten hätten. Damit stehen den Klägern aber auch keine Ansprüche nach § 29 AngG zu.
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