Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die über Hans A verhängte Freiheitsstrafe auf 2 (zwei) Jahre und die über die Angeklagten Alfred C und Emil B verhängten Freiheitsstrafen auf je 1 1/2 (eineinhalb) Jahre erhöht werden. Die Angeklagten Hans A und Emil B werden mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.
Im übrigen wird der Berufung der Staatsanwaltschaft nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen den drei Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 31. Oktober 1951 geborene Sticker Hans A, der am 17. März 1954 geborene Elektriker Alfred C und der am 29. Juli 1952 geborene Tankstellenpächter Emil B des Verbrechens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs. 1 und Abs. 2 StGB, des Verbrechens der schweren Nötigung nach den §§ 105, 106 Abs. 1 Z 2 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB, Hans A und Emil B weiters des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und Hans A überdies des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. a WaffenG schuldig erkannt.
Mit ihren Nichtigkeitsbeschwerden bekämpfen der Angeklagte Hans A unter Anrufung der Nichtigkeitsgründe der Z 4 und 10 sowie der Angeklagte Emil B unter Anrufung der Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO der Sache nach nur ihre Schuldsprüche wegen der Verbrechen der Freiheitsentziehung (Punkt I des Urteilssatzes) und der schweren Nötigung (Punkt II des Urteilsspruches), der Angeklagte Emil B auch den Schuldspruch wegen Vergehens der Körperverletzung zu Punkt III/2 des Urteilssatzes.
Rechtliche Beurteilung
Die von den Beschwerdeführern unter dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund geltend gemachten Verfahrensmängel sind nicht gegeben.
Die vom Angeklagten Hans A gerügte Unterlassung der Beischaffung der Kurt D betreffenden Strafakten des Landesgerichtes Feldkirch und des zuständigen Schweizer Gerichtes konnte mangels Angabe eines entsprechenden Beweisthemas (sh S 504 und 505), somit schon aus formalen Gründen unterbleiben. Auch die neuerliche Einvernahme des Zeugen D war entgegen der in der Verfahrensrüge des Angeklagten A und B vertretenen Auffassung entbehrlich.
Über den Tathergang, auch was die Dauer und die näheren Modalitäten der Gefangenhaltung anlangt, machten das Tatopfer D und die Angeklagten im gesamten Verfahren im wesentlichen gleichlautende Angaben. Dem Vorbringen der Beschwerdeführer ist nicht zu entnehmen, inwiefern der in der Schweiz wohnhafte Zeuge D, der trotz Ladung nicht zur Hauptverhandlung erschien, im Vorverfahren unrichtig aussagte und von ihm im Fall nochmaliger Vernehmung andere Angaben zu erwarten waren.
Daß Kurt D über den Verbleib und das Vorhandensein der ihm übergebenen Gelder Mitteilung machte oder eine Rückzahlung zusagte, wurde vom Erstgericht im übrigen ohnehin nicht angenommen; ebensowenig ist festgestellt, daß Kurt D vom Angeklagten A zum Unterschreiben der Wechsel gezwungen wurde. Daß dies aber - wie konstatiert - auf Drängen (S 518 d.A) des Angeklagten A geschah, findet nicht nur in den Angaben des Kurt D (S 23 d.A), sondern auch in der Aussage des Hans A vor den Beamten der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Vorarlberg (S 127 d. A) Deckung. Aus den in der Hauptverhandlung verlesenen Angaben des Kurt D vor der Kantonspolizei und vor dem Untersuchungsrichteramt St. Gallen geht auch hervor, daß der Angeklagte B sich an der im Punkt II/2
des Schuldspruches bezeichneten (weiteren) Vorgangsweise des Mitangeklagten A nicht beteiligte und sich sogar dagegen aussprach (S 23 und 439 d.A), was in den Entscheidungsgründen auch festgehalten wurde (S 518 d.A).
Ob sich Kurt D seiner (behördlichen) Verfolgung zu entziehen versuchte und auch andere Personen in Österreich schädigte, ist für die rechtliche Beurteilung der Handlungsweise der Angeklagten ohne Einfluß, sodaß es auch diesbezüglich weder einer Einvernahme des Zeugen D noch der Zeuginnen Margarethe E und Margarethe F bedurfte. Desgleichen war die relevierte unterbliebene Einholung der beantragten medizinischen Sachverständigengutachten und die Befragung des Kurt D über das Ausmaß der laut Pkt III/2 des Urteilssatzes erlittenen Verletzungen und die Art seines durch die Einwirkungen der Beschwerdeführer herbeigeführten Zustandes entbehrlich, weil die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhalts unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Qualifikationsbestimmungen der §§ 99 Abs. 2 und 106 Abs. 1 Z 2
StGB als Lösung einer Rechtsfrage ausschließlich dem erkennenden Gericht oblag, und die Frage, ob die Gegenstand des Punktes III/2 des Schuldspruches bildenden Verletzungen mit einer Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit von mehr als dreitägiger Dauer verbunden waren, für eine Zurechnung nach dem § 83 StGB bedeutungslos ist. Ein auf die Annahme eines lediglich dem Tatbestand des § 88 StGB zu unterstellenden Verhaltens abzielender Beweisantrag wurde entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht eingebracht.
Durch die Ablehnung der in Rede stehenden Beweisanträge wurden daher Verteidigungsrechte der Angeklagten Hans A und Emil B nicht beeinträchtigt.
Ebensowenig haften dem Ersturteil die vom Angeklagten Emil B behaupteten formalen Begründungsmängel im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO an.
So ergibt sich aus dem Urteil unmißverständlich, daß die Angeklagten als Mittäter handelten und somit jeder von ihnen den gesamten eingetretenen Erfolg, soweit er im gemeinsamen Willen lag, zu verantworten hat (ÖJZ-LSK 1976/244; Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch2, RN 10 zu § 12).
Dem Umstand, daß der Beschwerdeführer mit den vom Angeklagten A angewandten Foltermethoden nicht einverstanden war, trug das Erstgericht ohnehin Rechnung und lastete dem Angeklagten B demgemäß zu Punkt II/2 des Schuldspruches nur die Gefangenhaltung des Kurt D vom 4. bis zum 6. März 1980, nicht aber die dort bezeichneten weiteren Handlungen des Mitangeklagten A an (S 512 d.A). Daß Kurt D die Wechsel in der Erkenntnis ausstellte, daß ansonsten seine Gefangenhaltung fortgesetzt werden würde, stellt in Anbetracht des konstatierten Geschehnisablaufes eine naheliegende Schlußfolgerung dar.
In rechtlicher Beziehung wenden sich die Beschwerdeführer unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z 10
des § 281 Abs. 1 StPO, der Angeklagte Emil B auch unter der Z 9 lit. a dieser Gesetzesstelle, zunächst gegen die Auffassung, die Freiheitsentziehung sei auf solche Weise begangen worden, daß sie dem Festgehaltenen besondere Qualen bereitete, sohin gegen die Anwendung der Qualifikationsbestimmung des § 99 Abs. 2 StGB. Die Rüge schlägt jedoch nicht durch.
Besondere Qualen im Sinn der eben genannten Gesetzesstelle liegen vor, wenn die durch die Freiheitsentziehung hervorgerufenen Empfindungen entweder schon wegen ihrer außergewöhnlichen Intensität das Opfer schwer treffen oder einen für eine gewisse Zeitspanne fortdauernden Zustand einer erheblichen physischen oder psychischen Beeinträchtigung bewirken (ÖJZ-LSK 1978/44).
Zumindest letzteres trifft auf die vorliegende Freiheitsentziehung zu; wurde Kurt D doch von den Angeklagten drei Tage lang, die meiste Zeit davon an Händen und Füßen gefesselt, den Kopf mit Klebestreifen und später mit einem Tuch umwickelt, zeitweilig auch geknebelt, während der Verbringung von der Schweiz nach Österreich im Kofferraum eines PKW und sodann in einem 4,4 Meter langen, 0,9 Meter breiten und 1,2 Meter hohen Abstellraum gefangen gehalten, wobei er wiederholt körperlichen Angriffen ausgesetzt war und sich teilweise vom Erstickungstod bedroht glaubte (S 522 d.A).
Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, die ihnen zur Last gelegte Nötigung sei mangels Bekanntgabe des Verbleibs und Rückzahlung des Geldes nicht über das Versuchsstadium hinausgediehen, ist ihnen zwar beizupflichten, daß Nötigung ein echtes Erfolgsdelikt darstellt, doch setzt Vollendung nur voraus, daß der Genötigte begonnen hat, sich in der vom Täter gewünschten Weise zu verhalten (SSt 46/79; siehe auch Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch2, RN 22 zu § 105), und zumindest dies ist sowohl durch die Duldung der Wegnahme seiner Barschaft als auch durch die Ausstellung mehrerer Wechsel und die Herausgabe mehrerer Porzellanteller seitens Kurt D geschehen. Der Anzahl der Wechsel und der Höhe der Wechselbeträge kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu.
Auf den Einwand, die Wegnahme des Geldes und die Ausstellung der Wechsel seien 'ohne nötigende Begleithandlung' geblieben, ist zu erwidern, daß das inkriminierte Verhalten der Angeklagten in seiner Gesamtheit auf Nötigung abzielte und die schließliche Bereitschaft des Kurt D zur Überlassung des Geldes, der Teller sowie zur Ausstellung der Wechsel auf der Grundlage der bei Beurteilung der Rechtsrüge allein maßgebenden Urteilsfeststellungen lediglich die Folge dieses Verhaltens und der von den Angeklagten hervorgerufenen Zwangslage war.
Was die vom Angeklagten Emil B vermißten Feststellungen über seinen Tatbeitrag im besonderen anlangt, wurde bereits in Behandlung der Mängelrüge darauf hingewiesen, daß die Angeklagten als Mittäter handelten und daher jeder von ihnen den gesamten vom gemeinsamen Vorsatz erfaßten Erfolg zu verantworten hat.
Soweit der Angeklagte B vermeint, daß auf ihn mangels Zurechenbarkeit der zu Punkt II/2 des Schuldspruches angeführten, vom Mitangeklagten A angewendeten Foltermethoden die Qualifikation nach § 106 Abs. 1 Z 2 StGB nicht anzuwenden sei, verkennt er, daß Kurt D schon durch die Modalitäten und die mehrtägige Dauer der vom Angeklagten B als Mittäter mitzuverantwortenden Gefangenhaltung längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt worden war, der die Beurteilung der Tat als schwere Nötigung im Sinn der erwähnten Gesetzesstelle Auf den Einwand, die Wegnahme des Geldes und die Ausstellung der Wechsel seien 'ohne nötigende Begleithandlung' geblieben, ist zu erwidern, daß das inkriminierte Verhalten der Angeklagten in seiner Gesamtheit auf Nötigung abzielte und die schließliche Bereitschaft des Kurt D zur Überlassung des Geldes, der Teller sowie zur Ausstellung der Wechsel auf der Grundlage der bei Beurteilung der Rechtsrüge allein maßgebenden Urteilsfeststellungen lediglich die Folge dieses Verhaltens und der von den Angeklagten hervorgerufenen Zwangslage war. Was die vom Angeklagten Emil B vermißten Feststellungen über seinen Tatbeitrag im besonderen anlangt, wurde bereits in Behandlung der Mängelrüge darauf hingewiesen, daß die Angeklagten als Mittäter handelten und daher jeder von ihnen den gesamten vom gemeinsamen Vorsatz erfaßten Erfolg zu verantworten hat.
Soweit der Angeklagte B vermeint, daß auf ihn mangels Zurechenbarkeit der zu Punkt II/2 des Schuldspruches angeführten, vom Mitangeklagten A angewendeten Foltermethoden die Qualifikation nach § 106 Abs. 1 Z 2 StGB nicht anzuwenden sei, verkennt er, daß Kurt D schon durch die Modalitäten und die mehrtägige Dauer der vom Angeklagten B als Mittäter mitzuverantwortenden Gefangenhaltung längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt worden war, der die Beurteilung der Tat als schwere Nötigung im Sinn der erwähnten Gesetzesstelle rechtfertigt (vgl. ÖJZ-LSK 1977/329). Fehl geht schließlich auch der Einwand der Beschwerdeführer, daß die Freiheitsentziehung durch die Nötigung, deren Mittel sie sei, konsumiert werde.
Idealkonkurrenz zwischen Freiheitsentziehung (§ 99 StGB) und Nötigung (§ 105 StGB) ist grundsätzlich möglich, zumal § 105 StGB nur Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, § 99 StGB aber Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vorsieht. Schwere Nötigung (§ 106 StGB) könnte allerdings auf Grund der höheren, auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren lautenden Strafdrohung den § 99 StGB allenfalls dann verdrängen, wenn keine - einen Strafsatz von einem bis zu zehn Jahren bedingenden - qualifizierenden Umstände nach § 99 Abs. 2 StGB vorliegen (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch2, RN 24 zu § 99). Da hier die Freiheitsentziehung durch solche strafsatzerhöhende Umstände beschwert ist, kommt ein Zurücktreten des Deliktes nach § 99 StGB keinesfalls in Betracht. Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Hans A und Emil B waren daher als zur Gänze unbegründet zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte nach dem § 99 Abs. 2
StGB unter Anwendung des § 28 StGB Freiheitsstrafen, und zwar über Hans A in der Dauer von eineinhalb Jahren sowie über Alfred C und Emil B in der Dauer von je einem Jahr. Gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB sah es diese den kann. Es erwies sich daher eine Erhöhung der Freiheitsstrafen im spruchgemäßen Umfang auf das jeweils tatschuldadäquate Ausmaß als geboten.
Allerdings war der Oberste Gerichtshof der Auffassung, daß für die von der Staatsanwaltschaft überdies begehrte Ausschaltung des Ausspruches nach dem § 43 Abs. 1 (beim Angeklagten A der Sache nach auch Abs. 2) StGB kein Anlaß besteht. Die Tathandlungen der unbescholtenen bzw. nur geringfügig vorbestraften (C) Angeklagten sind - wie das Schöffengericht zutreffend erkannte - aus einer besonderen Situation heraus entstanden und zu erklären, waren A, C und B doch - zumindest aus ihrer Sicht - Opfer eines Verbrechens geworden. Hält man dazu, daß sie sozial voll integriert sind, einen wenn auch nur kurzfristigen Freiheitsentzug als Folge ihres Verhaltens in Form der erlittenen Vorhaft bereits verspürten und sich seit ihrer Enthaftung wohl verhielten, dann erscheint aus besonderen Gründen Gewähr geboten, daß sich die Täter angesichts der in Schwebe bleibenden Strafdrohungen in Hinkunft wohlverhalten werden. Erwägungen der Generalpräävention treten nach der besonderen Lage des Falles in den Hintergrund.
Die Angeklagten A und B waren mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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